Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen sicher alle den Satz: Gesundheit ist das höchste Gut! Wenn wir uns mit dem immer stärker zunehmenden Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen beschäftigen, können wir das nur begrüßen.

Die Verantwortung für die Gesundheit unserer Kinder liegt bei uns Erwachsenen. Studien belegen, unsere Kinder essen das, was wir essen. Dazu kommt, dass der Grundstein für Fettleibigkeit in den jüngsten Jahren unserer Kinder gelegt wird. Die Kinder haben in diesem Alter keine Wahlmöglichkeit und sind einer krank machenden Ernährung schutzlos ausgeliefert.

Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft „Adipositas“ geht davon aus, dass 10 bis 18 Prozent der Kinder und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Jugendlichen in Deutschland übergewichtig sind. Davon sind wiederum circa vier bis acht Prozent adipös. Die Zahlen in Bremen sind noch höher und machen deutlich, dass es für Bremen einen besonders großen Handlungsbedarf gibt.

Studien zu diesem Thema bemängeln, dass die Gesundheitsförderung häufig mittelschichtorientiert arbeitet, wobei seit Langem sicher gesagt werden kann, dass insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche betroffen sind. Da die Probleme meist schon in den ersten Lebensjahren beginnen, sind die Maßnahmen, die in den Kindertageseinrichtungen getroffen werden, zwar wichtig, aber Eltern müssen frühzeitig über die Risiken einer ungesunden Ernährung für sich selbst und ihre Kinder informiert werden.

Wir finden die Forderungen nach einer besseren Vernetzung und gezielter Arbeit in diesem Bereich wichtig. Primär- und Sekundärprävention müssen sinnvoll kombiniert und aufeinander abgestimmt werden. Insbesondere muss ein größeres Augenmerk auf die Brennpunkte gelegt werden, in denen deutlich mehr Kinder betroffen sind als in anderen Stadtteilen. Wir stimmen der Überweisung zu! – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Schulte-Sasse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zu den inhaltlichen Fragen heute hier jetzt gar nicht allzu viel ausführen, weil ich glaube, das Meiste ist gesagt, und wir werden ja dann in der Gesundheitsdeputation Gelegenheit haben, zu diesem ganzen Themenkomplex noch einmal intensiv zu diskutieren.

Ich finde die Hinweise richtig, die hier ja mehrfach gegeben worden sind, dass dieses Thema eben keine einfache Thematik darstellt, weil es eine ausgesprochen komplexe Zusammenhangswirkung zwischen sozialen, gesundheitlichen und familiären Faktoren gibt. Hier darf man eine schnelle Wirkung durch einfache Programme überhaupt nicht erwarten. Jeder, der diesen Eindruck erwecken würde, würde damit auch dem Thema keinen Gefallen tun, weil er damit nicht nur nichts bewirkt, sondern gegebenenfalls auch falsche Hoffnungen weckt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte noch einmal auf einen Punkt hinweisen, weil hier vorgetragen worden ist, dass die Zahl der übergewichtigen Kinder in Bremen zugenommen hat. Nein, das ist nicht der Fall! Wir bewegen uns seit einigen Jahren auf einem zugegebenermaßen viel zu hohen Niveau, aber wir halten dieses Niveau eini

germaßen. Eine Zunahme gibt es nicht. Trotzdem haben wir, und daran kann ja gar kein Zweifel bestehen, viel zu viele übergewichtige Kinder, und dass wir hier natürlich initiativ werden müssen und bereits seit vielen Jahren initiativ geworden sind, ist auch schon vorgetragen worden.

Ich darf zum Abschluss vielleicht einen Punkt erwähnen, der in Richtung Bundesregierung zielt! Ich selbst bin Anfang des letzten Jahrzehnts Mitglied einer Bund-Länder-Kommission zur Vorbereitung und Ausarbeitung eines Präventionsgesetzes gewesen. Wir hatten im Jahr 2005 zwischen den Bundesländern und der damaligen Bundesregierung bereits eine weitgehende Übereinstimmung über die Grundzüge eines Bundespräventionsgesetzes als rechtliche Grundlage für solche Aktivitäten, über die wir heute sprechen, erzielt. Dann ist leider Gottes aus politischen Gründen, weil die damalige CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat einen solchen politischen Erfolg nicht wollte, das damalige Präventionsgesetz gekippt worden mit der Folge, dass wir acht Jahre später immer noch ohne ein bundesweites Präventionsgesetz als rechtliche Grundlage für solche Aktivitäten in allen Ländern und auch als eine Grundlage, die die finanzielle Beteiligung des Sozialversicherungssystems geklärt hätte, sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich hoffe, dass sich an dieser Situation rasch etwas ändert, zurzeit stehen die Zeichen ja durchaus auf grün. Würde die Bundesregierung in diesem Fall ihre Ankündigungen wirklich einhalten, dann wäre der Intention, die richtig ist und die hinter dem CDU-Antrag zu erkennen ist, sehr geholfen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Hier ist Überweisung an die staatliche Deputation für Gesundheit vorgesehen.

Wer der Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/725 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Gesundheit seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist entsprechend. (Einstimmig)

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst des Landes Bremen (Landesgleichstellungsgesetz)

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 4. Februar 2013 (Drucksache 18/753) 1. Lesung

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Frehe.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert, dass die Senatorenbank gerade leer ist, ich hoffe, das bleibt nicht so!

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Sexistische Werbung besteht nicht nur darin, dass Frauen mit knappen Bikinis auf Plakaten erscheinen. Sie besteht auch darin, dass man in der Öffentlichkeit darstellt, dass die Macher in dieser Gesellschaft im Wesentlichen Männer sind und es keinen Platz für Frauen gibt. Eine derartige Werbeveranstaltung findet bei uns jedes Jahr statt, das ist das Schaffermahl, wie Sie sicher alle wissen, und es ist auch nicht die einzige Veranstaltung. Es gibt das Tabak-Collegium, es gibt die Eiswette, aber wir möchten uns in dem Zusammenhang auf das Schaffermahl beziehen, weil es im Rathaus stattfindet, es insofern die höchste öffentliche Aufmerksamkeit erfährt und in den Medien entsprechend auch dargestellt wird. Das konnten wir dieses Jahr wieder besonders hautnah verfolgen. Wir wollen nicht, dass solche Werbeveranstaltungen weiterhin in diesem Raum stattfinden.

Als der spanische Justizminister im Jahr 2007 zu einem Vortrag an der Hochschule von Riad eingeladen war, bekam er die Mitteilung, dass seine vier Journalistinnen und auch Teilnehmerinnen der Delegation nicht erwünscht sind. Daraufhin hat er den Vortrag dort abgesagt. Das, finde ich, ist eine solidarische und richtige Reaktion auf Frauenausschluss.

Wir haben ein anderes Beispiel, dass in diesen Tagen sehr interessant ist: Die UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge hat gerade den GazaMarathon abgesagt, der sollte am 10. April stattfinden. Die Hamas hatte festgestellt, dass es auf keinen Fall infrage kommt, dass 269 Frauen daran teilnehmen dürfen. Daraufhin wurde der gesamte Marathon abgesagt. Auch das, finde ich, ist eine bemerkenswerte Reaktion; vor allem vor dem Hintergrund, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

damit durchaus viel Geld und auch Spendentätigkeiten verbunden sind, finde ich, ist das durchaus anerkennenswert.

Ich meine, für Frauenausschluss – das kennen wir aus den letzten Jahrzehnten – ist an sich keine Argumentation zu dämlich, das kann man einmal so zusammenfassen. Hier nur ein paar Beispiele: Im Jahr 1955 hat der DFB festgestellt, dass der Frauenfußball Anstand und Sittlichkeit verletzt. Im Jahr 1971 war die Frauenteilnahme an der Fußballweltmeisterschaft sogar noch verboten, und im Jahr 1976 hieß es noch, dass Frauen Trikots tragen, sei letztendlich indiskutabel, denn sie wären nicht dafür geeignet. Das ist an Absurdität kaum zu überbieten.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf ähnlichem Niveau befindet sich auch die „Bild“Zeitung, die in einem Artikel dieses Jahres noch einmal durchdekliniert hat, wie sehr es Frauen auf die Hüften schlagen würde, wenn sie am Schaffermahl teilnehmen würden. Die Stiftung Haus Seefahrt, also Dr. Jens Meier-Hedde, begründet den Frauenausschluss mit Traditionen, insofern könnte man daran wenig ändern. Wenn wir uns dieses Argument anschauen, dann könnte man auch sagen, die Monarchie, die Atomkraftwerke oder die Besteuerung von Flugbenzin wären letztendlich Traditionen gewesen, die man aufrechterhalten müsste. Wir wissen alle, die Geschichte hat sehr viele Absurditäten hervorgebracht, die glücklicherweise nicht mehr Bestand haben.

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Das Schaffermahl ist gewollt und findet statt, und es gibt nichts, das sich in den Strukturen nicht verändern ließe. Es kommen 100 kaufmännische Schaffer, es gibt 100 geladene Gäste, und es gibt inzwischen zwei Kapitäninnen, die normal daran teilnehmen durften. Wir hatten eine weitere Ausnahme, das wissen Sie alle, das ist unsere Bundeskanzlerin. Das ist ein Zustand, der wirklich nur aufgehoben werden kann. Auch der Verweis auf die Tradition ist bewusst irreführend, denn es ist durchaus so, dass im 19. Jahrhundert eine ganze Reihe von Frauen teilgenommen haben, das wurde aber im Jahr 1875 restriktiv wieder aufgehoben, weil man festgestellt hat, dass es den konservativen Mitgliedern nicht passte.

Ich möchte zusammenfassen: Wir wollen keine Lex Schaffermahl. Es geht darum, dass man sagt, dass wir in unseren öffentlichen Einrichtungen keinen Frauenausschluss haben wollen. Das ist der Punkt! Wir haben uns überlegt, mit welchem Schritt man dem ein Stück näher kommen könnte. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Protesten, auch im Laufe der letzten Jahre, von der Gründung des Schafferinnenmahls bis hin zu den Aktionen, die wir dieses Jahr hatten. Es ist auch so, dass unser Bürgermeister das

Vorschlagsrecht nicht mehr in Anspruch nimmt. Das sind alles Zeichen, Symbole und Mitteilungen, die unterstützenswert sind.

Sie müssen aber zugeben, wir kommen an dem Punkt nicht richtig weiter. Deswegen geht es uns darum, dass wir dieses Recht auf Chancengleichheit und diesen eklatanten Verstoß gegen das Gleichheitsgebot, der dort begangen wird, doch einmal bei den Hörnern packen müssen. Es ist durchaus so, dass viele Kolleginnen hier an diesen Aktionen teilgenommen haben und sich auch grüne Politikerinnen dazu geäußert haben, dass diese Veranstaltung in diesen Räumlichkeiten nicht akzeptabel ist.

Deshalb appelliere ich auch insbesondere an die männlichen Kollegen, diesen Antrag nicht einfach abzulehnen, sondern ihn aufzunehmen und dazu beizutragen, dass man in Bremen dieses reaktionäre Relikt beseitigt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag der LINKEN zur Gesetzesänderung des Landesgleichstellungsgesetzes eingehe, möchte ich auf das Schaffermahl und das Stiftungsfest der Eiswette eingehen, denn das sind ja die Gründe, weshalb DIE LINKE hier einen Antrag zur Gesetzesänderung eingebracht hat.

Beides sind Veranstaltungen, die über Bremen hinaus Beachtung finden und auch als Aushängeschild gelten. Frauen sind bei diesen Veranstaltungen meistens ausgeschlossen und nur ausnahmsweise geladen. Meine persönliche Meinung dazu ist: Wo Frauen benachteiligt werden, geht es nicht gerecht zu!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)