Protokoll der Sitzung vom 31.08.2011

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächste erhält das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Vogt, Sie müssen deshalb hier so herumfilibustern, weil eigentlich in der Deputation alles aufgeklärt war und Sie den Antrag hätten eigentlich zurückziehen müssen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will es Ihnen gleich auch noch einmal erläutern, Sie wollten sozusagen einen kleinen Entlarvungsakt hier vollziehen. Das sieht man doch an dem Antrag, es ist schon darauf hingewiesen worden, Dringlichkeitsantrag, der darauf hinweisen sollte, dass wir zum 1. August auf 50 festgelegt haben und nur 32 eingestellt haben. Wenn Sie mir in der Deputation zugehört haben, dann macht das klar, was eigentlich an solchen Einstellungsterminen los ist. Lehrerinnen und Lehrer, die das erste Examen oder den Masterabschluss haben, bewerben sich inzwischen in der ganzen Bundesrepublik, sie sind zu diesem Zeitpunkt noch relativ mobil. Später ist das ein bisschen anders.

Zum Einstellungstermin 1. August waren in der Tat 50 vorgesehen, das habe ich Ihnen gesagt, aber das LIS hat Erfahrungen gesammelt. Wenn Sie sagen, dass wir nicht zuverlässig sind, an der Stelle sind auch die Bewerber nicht zuverlässig. Wissen Sie warum? Das

Landesinstitut hat dann, wie immer zum 1. August leicht überbucht, weil sie wissen, dass wir ungeheuer viele Absagen bekommen und haben 70 Plätze ausgeschrieben. Von den 70 Personen, die angenommen worden wären, haben nur 32 den zugesagten Platz angenommen, und 38 Personen haben abgesagt. So sieht das Leben im Augenblick aus.

Der Lehrer oder die Lehrerin ist ein scheues Reh, das wir mit verschiedensten Terminen und verschiedensten Angeboten umwerben müssen. Das schönste Angebot ist die Stadt Bremen, das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

leider Bremerhaven nicht ganz so. Wenn es uns gelingt, diesen Standort nicht schlechtzureden, es ist schon schwierig bei dieser Stadt, finde ich, aber wir sollten uns gemeinsam vornehmen, dass wir das nicht tun. Zum 1. August sind also in der Tat nicht 50, die ursprünglich angedacht waren, sondern nur 32 vorhanden. Da wollten Sie uns jetzt entlarven.

Jetzt kommt das Komplizierte an diesem ganzen System, und ich glaube, in der Deputation haben Sie alle durchaus nachvollziehen können, was ich Ihnen da vorgerechnet habe. Je nachdem, wann Sie einstellen, ist der Referendar natürlich unterschiedlich teuer, es wird auf den Monat umgerechnet. Wenn zum 1. Februar ganz viele eingestellt worden sind, sind die teurer.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Das habe ich doch gerade gesagt!)

Das alles haben Sie mit nachvollzogen, deshalb sage ich ja, Sie hätten Ihren Antrag auch zurückziehen können. Das meine ich ja! Von daher haben wir dann den Durchschnitt gerechnet und sind der Meinung gewesen, dass wir zum 1. November nicht einstellen sollten, weil wir schon das vorgesehene Budget von 530 – und das ist das erhöhte Budget – überzogen haben.

(Zuruf der Abg. Frau V o g t [DIE LINKEN])

Ja, wir haben überzogen! Im Durchschnitt – Herr Güngör hat es gesagt – kommen im Augenblick, wenn man alle Köpfe auf alle Monate rechnet, 532 im Durchschnitt heraus. Das hat dazu geführt!

Nun will ich deutlich sagen, ich werde der Deputation trotzdem vier Termine wieder vorschlagen. Ob wir alle in Anspruch nehmen, muss sich jetzt im Laufe der Zeit auch zeigen. Der Einstellungstermin 1. November war früher einmal ein ganz starker Einstellungstermin. Er wird immer schwächer, weil die Masterabschlüsse erst zum 1. Februar auf den Markt kommen – das hatte ich Ihnen auch dargestellt –, dann gibt es wesentlich mehr, vor allem aber die richtigen

Fächerkombinationen, insbesondere Sonderpädagogik, die wir benötigen, aber ja nicht nur benötigen, sondern auch andere Fächerkombinationen. Deshalb werde ich selbstverständlich wieder eine Kapazitätsverordnung vorlegen, wenn der Termin nötig ist.

Ich will hier auch gleich ankündigen, das müssen wir in der Deputation noch sorgfältig besprechen, wir sollten vielleicht sogar überlegen, wenn es technisch für uns machbar ist, ob wir nicht sogar vor den 1. Februar gehen. Erstens, weil Niedersachsen, denn die wollten wir ja letztes Jahr letztlich mit diesem Termin toppen, auf den 24. gerutscht ist, warum auch immer. Von daher muss man, denke ich, noch einmal darüber nachdenken, ob man nicht auch hier mit der neuen Kapazitätsverordnung etwas anderes macht.

Frau Vogt, ich denke, manchmal tut es gut, dass man einfach die Größe hat und sagt, es ist eigentlich alles aufgeklärt, ich ziehe zurück. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/36 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Keine Amnestie für Steuerflucht

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 25. August 2011 (Drucksache 18/39)

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 30. August 2011

(Drucksache 18/41)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur Begründung unseres gemeinsamen Antrags, dem geplanten Steuerfluchtamnestiegesetz-Abkommen mit der Schweiz, nicht zuzustimmen, möchte ich zwei allgemeine Vorbemerkungen machen.

Erstens: Ich verspreche, ich sage voraus, dass wir in diesem Hause in den kommenden Jahren öfter über Entscheidungen im Bund und in Europa sprechen werden, und ich sage voraus, das sind keine Ausflüge und schon gar keine Ausflüchte in Entlegenes oder Fernes, sondern das, was im Bund und in Europa entschieden wird, betrifft oft im Kern unsere politischen Gestaltungsmöglichkeiten, und deswegen müssen wir dazu Stellung nehmen und uns an der politischen Meinungsbildung beteiligen. Das ist auch unsere Verantwortung als Landtag. Wir klagen sie immer ein, dann müssen wir sie auch wahrnehmen!

Zweitens: Diese Debatte wird mit Sicherheit nur der Auftakt für eine Reihe von Debatten über die Steuerpolitik in Deutschland sein, weil Bremens Chancen, aus der Schuldenfalle herauszukommen, einerseits natürlich an einer sparsamen Haushaltsführung liegen, andererseits aber natürlich auch an den Einnahmen, das ist der erste Grund.

Der zweite Grund ist: In der Steuerfrage entscheidet sich eine zentrale Frage gesellschaftlichen Zusammenhalts, die Frage der Gerechtigkeit. Viele von uns werden nicht die Forderungen teilen, die Herr Professor Kirchhof nach seiner langjährigen Forschungsarbeit über Steuerfragen in Deutschland vorgelegt hat, aber seine analytische Zusammenfassung dessen, was er immer gemacht hat, finde ich richtig, ich darf zitieren: „Wir verteilen von arm zu reich!“ Meine Damen und Herren, wir, diese Koalition, wollen das verändern!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auch deshalb, und das ist der Zusammenhang, fordern Grüne und Sozialdemokraten den Senat auf, dem zwischen der Schweiz und Deutschland ausgehandelten Steuerabkommen im Bundesrat nicht zuzustimmen.

Dieses Ankommen sieht vor, dass die Inhaber von Schweizer Konten weiterhin und auf Dauer anonym bleiben. Sie müssen nicht angeben, woher ihr Geld stammt, sie werden für ihre Steuerflucht nicht zur Verantwortung gezogen, es gibt keine Kontrolle darüber, wer dann mithilfe der Schweizer Spezialisten in die nächste vielleicht noch offene und komfortablere Steueroase weiterzieht. Die Steuerflucht vieler Jahrzehnte, und das ist eine Summe von ungefähr, so wird geschätzt, 130 Milliarden Euro, wäre mit einem Schlag legalisiert, die Täter freigesprochen, die weitere Strafverfolgung, zum Beispiel über sogenannte SteuerCDs, faktisch eingestellt.

Die Gegenrechnung ist natürlich, so sagt es die schwarz-gelbe Bundesregierung, die Schweiz soll in Zukunft von den Gewinnen eine Abgeltungssteuer bezahlen und sie pauschal an Deutschland überweisen, pauschal, ohne Angaben von Namen derjenigen, die ihr Vermögen dort haben, in einem gewissen Umfang auch rückwirkend für zehn Jahre. Es ist ganz klar, dass alle Finanzminister in Deutschland anfangen nachzudenken, zu prüfen und natürlich zu rechnen, wie viel von dieser Schwarzgeldzinsen-Steuer in ihren Kassen landen könnte. Wir finden es umso besser, wenn sie dann wie Frau Bürgermeisterin Linnert gemeinsam mit Bürgermeister Böhrnsen über den Tag hinaus denken und daran erinnern, welcher Schaden durch ein solches Abkommen eintreten würde: Schaden für das Gefühl und das Ansehen von Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit, Schaden für den Kampf gegen Steueroasen und Steuerflucht – das hatten wir uns doch eigentlich, zumindest seit der letzen Finanzkrise, alle auf die Fahnen geschrieben – und Schaden auch für die Bemühungen der USA und der Europäischen Union insgesamt, gemeinsam zu größerer Transparenz und grundsätzlichem automatischen Informationsaustausch mit allen wichtigen Finanzländern zu kommen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aus all diesen Gründen, meine Damen und Herren, darf nach unserer Auffassung der Bundesrat diesem Schwarzgeld- und Geldwäscheabkommen nicht zustimmen. DIE LINKE hat einen Änderungsantrag gestellt, vielleicht gehe ich nachher noch einmal darauf ein. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Dr. Kuhn hat gerade schon wesentliche Elemente dieses Steuerabkommens mit der Schweiz erläutert. Vorhandene Vermögen sollen pauschal mit 19 bis 34 Prozent besteuert werden, künftige Kapitaleinkünfte mit circa 26 Prozent. Beide Steuersätze sind meines Erachtens deutlich unter dem möglichen Spitzensteuersatz, und für mich gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund, warum Kapitalerträge anders besteuert werden sollen als Erträge aus nicht selbstständiger Arbeit, weil diese eine andere Progression haben als die Kapitalerträge. Das ist ein Aspekt, warum dieses Abkommen im Bundesrat unserer Meinung nach abgelehnt gehört. Der andere Aspekt ist, dass von einer Offenlegung der Finanzströme nicht mehr die Rede sein kann. An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

fragen sind zahlenmäßig begrenzt, es soll also nur eine begrenzte Anzahl von Konten offengelegt werden können, und nur dann, wenn begründete Verdachtsmomente bestehen. Nach diesem Abkommen ist es nicht mehr möglich, dass sich Steuerfahnder Daten über CDs, über diese berühmt-berüchtigten Schweizer CDs, beschaffen, um damit Schwerstkriminellen auf die Spur zu kommen.