Wir möchten dieses Ziel mit der Ausbildung zur einer generalistisch ausgerichteten Gesundheits- und Krankenpflegehilfe unterstützen. Pflege muss künftig mehr als heute die Ressourcen und Potenziale kranker und pflegebedürftiger Menschen fördern und sie somit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben befähigen.
Diese Entwicklung und die Frage nach einer neuen Arbeitsteilung innerhalb der Heilberufe stellen die berufliche Pflege vor große Aufgaben, aber auch vielfältige Chancen in einer neuen Ausbildung. Deshalb – mein Kollege hat es schon gesagt – halten wir die generalistische Ausbildung für den richtigen Weg und die richtige Weiterentwicklung dieses Berufsbildes. Mit dem Gesetz über die generalistisch ausgerichtete Gesundheits- und Krankenpflegehilfe beschreiten wir diesen Weg. Das künftige Aufgabenspektrum spiegelt sich in den Ausbildungsinhalten wider. Herr Brumma ist ausführlich darauf eingegangen. Es ist ein neues Berufsbild in Form einer berufsübergreifenden Pflegeausbildung geschaffen worden, sodass die beruflich Pflegenden für die Versorgung von Menschen aller Altersgruppen in allen Betreuungsformen qualifiziert werden. Das befähigt sie, Menschen in allen Lebensbereichen zu pflegen und auch an verschiedenen Orten, und ich denke, das ist in der Zukunft der richtige Weg, den wir gehen müssen.
Es gab im Vorfeld viel Kritik an dieser Ausbildung. Wir haben uns intensiv in beiden Deputationen damit auseinandergesetzt, sowohl in der Gesundheitsdeputation als auch in der Sozialdeputation. Es gibt viele Helferberufe, Krankenpflegehilfen mit Ausbildungszeiten von vier Wochen über ein paar Monate bis hin zu einem Jahr. Diese Ausbildung soll aber zum ersten Mal diese Helferberufe zusammenfassen und dementsprechend auch Menschen eine Möglichkeit geben, in diese Berufswelt einzusteigen, für die die Anforderungen der anderen dreijährigen Ausbildung
zu hoch sind. Ich denke, das ist richtig. Manche befinden sich im Leben nicht gleich auf der Autobahn, sie sind vielleicht noch einmal auf der Landstraße oder auf dem Feldweg, aber wir wollen sie mitnehmen, und sie müssen dann auch die Möglichkeit haben, weiter durchstarten zu können bis hin zur Universität.
Zusätzlich zu dieser Ausbildung besteht auch die Möglichkeit, einen höheren Schulabschluss zu erwerben – das finden wir auch sehr sinnvoll –, und diese Ausbildung wird durch sozialpädagogische Unterstützung begleitet. Die Durchlässigkeit ist auch ein Bereich, wobei uns sehr wichtig war, dass der Durchstieg organisiert ist, und es ist auch gewährleistet, dass es eine Anerkennung dieses Berufsbildes in anderen Bundesländern gibt.
Es kommt wahrscheinlich noch von Frau Bernhard der Vorwurf, dass wir hier einen weiteren prekären Beruf erschaffen, der besonders auch Frauen betrifft. Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Natürlich finde ich, dass alle in den Pflegebereichen Beschäftigten nicht so bezahlt werden, wie es nötig wäre, aber das können wir mit diesem Gesetz nicht ändern. Wir brauchen aber diese Menschen in der Pflege, die uns sonst verloren gehen, und wir geben ihnen hiermit auch eine Möglichkeit.
Über welche Dimensionen reden wir? Wir reden hier über 20 Ausbildungsplätze, die wir für diese Menschen bereitstellen. Ich denke, das ist ein sinnvoller Weg, und ich hoffe, dass Sie dieses Gesetz auch mit uns hier beschließen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion kann ich kurz und knapp erklären: Wir stehen voll und ganz zu dem, was die Vorredner Herr Brumma und Frau Hoch gesagt haben. Wir sind der Meinung, mit diesem neuen Gesetz wird eine Grundlage geschaffen, damit wir nicht noch mehr Häuptlinge in der Pflege haben, sondern auch ein paar Indianer. Wir wollen diesen Weg mitgehen und dieses Gesetz mittragen.
Wichtig ist für uns, an dieser Stelle noch einmal drei Dinge zu betonen, die aus Sicht des Arbeitsmarktes außerordentlich bedeutsam sind: Es wird auch der Bedarf an bestimmten Pflegekräften gedeckt. Aus ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Etwas, was noch nicht so deutlich gesagt wurde, ist die Beteiligung: Bei der Erstellung dieses Gesetzes wurden auch die wesentlichen Träger der Pflegebranche, einschließlich des Bremer Pflegerats, beteiligt. Dort hat es auch kritische Stimmen gegeben, aber insgesamt gibt es für dieses Gesetz eine sehr breite Zustimmung. Darüber freuen wir uns, und auch das, was die Vorredner gesagt haben, darf nicht überhört werden, Stichwort Evaluation: Wenn wir sehen, es läuft doch nicht so, wie wir uns das vorstellen, dann können wir nachsteuern.
Insofern vielen Dank dafür, dass wir hier gemeinsam eine breite Mehrheit für dieses Gesetz haben! Ich freue mich darüber ganz persönlich, und wenn wir später dann auch die Erfolge in der Pflegelandschaft bei den Betroffenen sehen, dann dürfen wir uns noch ein zweites Mal freuen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hoch hat ja schon antizipiert, was ich zu sagen gedenke,
trotzdem werde ich das doch noch einmal mit ein paar Sätzen ausführen, gerade in einer Diskussion über die Qualifizierung von Frauen. Wir haben die Auseinandersetzung, dass wir hier in Bremen unter dem Stichwort Equal Pay natürlich besonders schlechte Zahlen haben, und in dem Zusammenhang finde ich – und das muss man mit reflektieren, das halte ich auch nicht für falsch –, dass man ein Auge darauf haben muss, ob das wieder eine Ausbildung wird, die selbstverständlich zu prekären Beschäftigungsverhältnissen führt.
Ich meine, man kann sich doch nicht hinstellen und sagen, wir brauchen sehr viele Fachkräfte, dieser Mangel ist eklatant, und jetzt schauen wir einmal auf der anderen Seite, wie wir sie relativ schnell und günstig ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
bekommen, aber es werden keine Fachkräfte in dem Sinne, wie wir sie bräuchten. Das finde ich wichtig.
(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Noch nicht! Die Ausbildung ist doch durchlässig!)
Wenn man sich das einmal ansieht, dann haben wir aktuell in der Arbeitslosenstatistik in der Krankenpflege 102 arbeitslose Menschen, und es gibt elf Stellen. Es gibt 424 arbeitslose Hilfskräfte in der Altenpflege, und es gibt 33 Stellen. Aktuell machen in diesem Modellprojekt 20 Frauen diese Ausbildung, zwei haben sie abgebrochen. Bereits über ein Drittel macht einen Abschluss unterhalb seiner Möglichkeiten. Sie haben einen mittleren Bildungsabschluss, zwei von ihnen haben sogar einen Fachhochschulabschluss. Da muss man einmal sehen, wie wir gerade mit dem Modellprojekt verfahren. Ich halte es letztendlich für wichtig, dass wir sagen, es handelt sich um ein Modell, und wir müssen uns erst einmal ansehen, was dabei herauskommt.
Gerade Mitarbeiterinnen, deren Stellen über Bildungsgutscheine finanziert werden, kommen meistens in sehr prekäre Verhältnisse, diese Zahlen liegen auch vor. Ich finde, diese Art von Modellprojekt ist höchst fragwürdig, und es ist so, dass diese Kritik von der ZGF, von ver.di und der Arbeitnehmerkammer zwar diskutiert, aber beileibe nicht in allen Punkten aufgenommen worden ist. Da wurde gesagt, wir machen jetzt ein Modell, und damit das anerkannt wird, brauchen wir eine Gesetzesänderung, und dann haben wir ja hier auch noch das Geld aus dem ESF.
Wie wird denn überhaupt weiter finanziert? Das ist ja noch nicht einmal geklärt. Momentan hat die Behörde respektive die Senatorin für Soziales das Geld bis 2014 zusammengesammelt, und wir wissen gar nicht, wie es danach weitergeht. Das heißt also, dass das wiederum von der ESF-Kofinanzierung abhängt, weil das Ganze insgesamt auf wackeligen Füßen steht. Deswegen finde ich es richtig, dass wir das kritisch diskutiert haben, ich habe es auch in der Deputation mehrmals gesagt, und ich finde es richtig, dass wir uns anschauen, was dabei herauskommt. Es ist zumindest ein Fortschritt, dass wir jetzt in diese Vorlage aufgenommen haben zu sagen, wir schauen uns das danach an und dass dieses Gesetz nicht in Stein gemeißelt sein kann, sondern wir uns das Ergebnis genau ansehen.
Die Perspektive in dem Sinne, dass wir hier entsprechend günstige Arbeitskräfte brauchen, finde ich sehr bedenklich. In der Bremer Vereinbarung der Pflegeinitiative steht doch gleich am Anfang, dass es darum geht, kostengünstige Berufsprofile zu entwickeln. Ich meine, deutlicher kann man doch diesen Eindruck gar nicht gewinnen, als wenn man sich das einmal anschaut!
Als letzten Punkt möchte ich mit ansprechen, dass auf Bundesebene lediglich ein Entwurf existiert, es
ist nicht so, dass wir hier in irgendeiner Weise gleichziehen würden. Schon jetzt ist es so, dass wir beispielsweise gegenüber der Ausbildung in Hamburg weitaus weniger Stunden in unserem aktuellen Modell haben, das heißt also, bereits da gibt es Defizite. Das müssen wir auch sehen. Das heißt also, innerhalb der Bundesrepublik gibt es dann sehr unterschiedliche Standards, und ich glaube nicht, dass Bremen sich damit hervortun muss, schlechte Standards zu haben, davon haben wir bisher genug. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gründe, die den Senat bewogen haben, diesen Gesetzentwurf ins parlamentarische Beratungsverfahren zu geben, sind, glaube ich, hinreichend beschrieben worden. Es ist auf der einen Seite der sich abzeichnende Fachkräftemangel, auf der anderen Seite die Chance, die sich ergibt, so man denn eine Helferausbildung auf den Weg bringt, auch qualitative Veränderungen herbeizuführen.
Frau Bernhard, Sie weisen zu Recht darauf hin, dass es auch Schwachstellen gibt – die sollen auch gar nicht geleugnet werden –, aber ich glaube dennoch, dass auch bei dem Umfang der beabsichtigten Ausbildung die Gefahr relativ gering ist, hier in einen neuen Niedriglohnsektor zu investieren. Das Entscheidende ist tatsächlich die Durchlässigkeit, die hervorgehoben werden muss, um den Menschen, die bisher völlig von diesen Ausbildungssystemen ferngehalten werden, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllen, eine Chance zu geben einzusteigen mit einem hohen Maß an Durchlässigkeit hin zu qualifizierten Berufen.
Die Alternative muss man doch auch einmal sehen: Die Alternative ist, dass überhaupt nicht qualifizierte Menschen in genau diesen Bereichen eingesetzt werden.
Da ist eine zweijährige Ausbildung allemal sehr viel besser, als ohne Ausbildung auf Menschen in ihren jeweiligen Lebenslagen – ich sage das einmal so despektierlich – losgelassen zu werden, aber so ist es manchmal. Wir haben dort in einem nicht unerheblichen Umfang Menschen in Beschäftigung, die über überhaupt keine Qualifikation verfügen, und das wollen wir ändern.
Ich glaube, es ist gelungen, auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Kritik sowohl von ver.di als auch der ZGF – das ist ja alles benannt worden –, einen Entwurf vorzulegen, der sehr vieles aufnimmt, der anpassungsfähig ist, auch nach einer Evaluation, wenn wir wissen, was wir denn damit geschaffen haben,
und der selbstverständlich auch reflektiert, was auf Bundesebene passiert, so denn endlich eine bundeseinheitliche Regelung geschaffen wird. Solange wir diese aber nicht haben, glaube ich, ist es notwendig, auch für die Menschen, die sich jetzt schon auf den Weg in diese Ausbildung gemacht haben, einen Abschluss sicherzustellen. Dazu bedarf es einer landesgesetzlichen Regelung, und ich bitte Sie ganz herzlich, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen! – Vielen Dank!
Wer das Bremische Gesetz über die generalistisch ausgerichtete Gesundheits- und Krankenpflegehilfe, Drucksache 18/884, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Abg. D r. K o r o l [fraktionslos] und Abg. T i m k e [BIW])