Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/957 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Angemessene pädagogische Begleitung sowie Wohnmöglichkeiten für minderjährige Flüchtlinge sofort sicherstellen!
Angemessene pädagogische Begleitung sowie Wohnmöglichkeiten für minderjährige Flüchtlinge sofort sicherstellen!
Bericht der staatlichen Deputation für Soziales, Kinder und Jugend vom 17. Juni 2013 (Drucksache 18/960)
Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion DIE LINKE, „Angemessene pädagogische Begleitung sowie Wohnmöglichkeiten für minderjährige Flüchtlinge sofort sicherstellen“ vom 5. April 2013, Drucksache 18/843, ist von der Bürgerschaft (Land- tag) in ihrer 39. Sitzung am 17. April 2013 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Soziales, Kinder und Jugend überwiesen worden. Diese Deputation legt mit der DrucksachenNummer 18/960 ihren Bericht dazu heute vor.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier den Bericht der Sozialdeputation und einen Antrag, den wir Anfang April gestellt haben. Die CDU hat wenige Tage später auch einen Antrag gestellt, der in der Stadtbürgerschaft behandelt wurde. Er hätte eigentlich nicht in die Stadtbürgerschaft gehört, weil er auch die ZASt betrifft. Daher wäre es sinnvoll gewesen, beide Anträge im Landtag zu diskutieren. Ich hätte das auch ganz gut gefunden, weil beide Anträge sich sinnvoll ergänzen, muss ich an dieser Stelle einmal sagen. Sie sind nicht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
komplett identisch, aber im Hinblick auf das, was wir hier im Land Bremen zu tun haben, gehören beide Anträge zusammengefasst, wie ich finde. Deswegen werde ich mich im Zweifelsfall auch auf den Antrag der CDU beziehen.
Wir haben einen steigenden Prozentsatz von Kindern und Jugendlichen, die nach Bremen fliehen. Wir kennen die Zahlen, sie haben in den letzten anderthalb Jahren zugenommen. Zurzeit pendelt sich die Zahl bei ungefähr 20 unbegleiteten Flüchtlingen im Monat ein, die trotz der Überfüllung der ZASt, der Zentralen Aufnahmestelle, auch durchaus länger dort bleiben als sie eigentlich sollten. Ich war im Sommer noch einmal in der ZASt und habe mit Betreuern und auch mit Jugendlichen gesprochen, die zum Teil seit März dort waren, also seit vier, fünf Monaten. Die Zustände sind tatsächlich nicht schön, und das hat uns ja auch im Frühjahr schon zu diesem Antrag veranlasst.
Wir sind der Auffassung, um bestimmte Situationen zu regeln, deren Dramatik vielleicht auch tatsächlich vor einem Jahr noch nicht absehbar war, brauchen wir eine Notkonferenz, weil es bei der vorherigen Behandlung des Themas minderjährige Flüchtlinge nachweislich nicht so war, dass der Senat beziehungsweise die Behörde rechtzeitig Konzepte gefunden haben. Seit dem Jahr 2005 fordert der Nationale Aktionsplan „Für ein kindgerechtes Deutschland 2005 – 2010“ der Bundesregierung spezielle Clearingeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige.
Diesen Forderungen sind bislang leider nur wenige Bundesländer gefolgt. Bremen ist eines der Länder, in denen die Standards für ein angemessenes Clearing immer noch nicht umgesetzt wurden, obwohl Bremen schon mehrfach für sein Verfahren der Erstaufnahme von Flüchtlingen, die ohne Eltern nach Bremen kommen, kritisiert worden ist. Bremen hat bislang – wir konnten dem Senatskonzept, das jetzt vorgelegt wurde, entnehmen, dass sich das im nächsten Frühjahr ändern soll – weder angemessene Räumlichkeiten noch genügend psychologisches Personal noch eine kindgerechte Alterseinschätzung. Das ist eigentlich unter dem aktuell steigenden Zustrom von unbegleiteten Kindern nach Bremen nicht mehr hinnehmbar.
Wir haben weiterhin gesagt, es ist dringend zu prüfen, wie Bremen diese neuen Herausforderungen finanziell bewältigen kann. Wir gehen natürlich davon aus, und das auch aus den Erfahrungen in den letzten 20 Jahren, dass diese Jugendlichen und Kinder zum großen Teil in Bremen bleiben werden. Bremen hat im Moment noch nicht so gut organisiert, wie es mit der Betreuung, auch mit psychisch-sozialer Betreuung, mit der Beschulung und der Ausbildung weitergeht. Bremen muss eine nachhaltige Integration dieser Jugendlichen anstreben. Damit das gelingt, brauchen wir einfach gründliche Veränderungen in den aktuellen Verhältnissen.
Folgendes muss nach Meinung der Fraktion der LINKEN unbedingt bei der Erstellung des Gesamtkonzeptes, das der Senat hier noch vorlegen will, beachtet werden: Es muss wirklich genügend Geld in den Haushalt eingestellt werden. Das ist das Allerwichtigste, weil sonst nicht genügend Geld für das Allermindeste vorhanden ist. Wir brauchen nicht nur Vorkurse und Alphabetisierungskurse in ausreichender Zahl, sondern wir müssen uns natürlich darum kümmern, an welchen Schulen und zu welchen Bedingungen die Jugendlichen hinterher in Bremen bleiben. Wir haben eine Situation, in der Jugendliche über 16 Jahren überwiegend von der Behörde an die Allgemeine Berufsschule überwiesen werden, da gehören sie zum Teil gar nicht hin, denn nicht alle Jugendlichen, die nach Bremen flüchten, sind Jugendliche, die nie eine Schule von innen gesehen oder schlechte Bildungsstandards haben. Es gibt durchaus auch allein geflüchtete Jugendliche, die sehr wohl in der Lage wären, hier eine andere Schulform zu besuchen als die Allgemeine Berufsschule, da müssen wir uns dringend etwas überlegen.
Wir brauchen natürlich auch eine verstärkte psychologische Betreuung. Wie wir alle wissen, hat REFUGIO sehr lange Wartelisten, und es gibt nicht genügend Plätze, wir haben das hier schon öfter diskutiert, und an dieser Situation müssen wir etwas ändern. Die Wohnmöglichkeiten müssen verbessert werden. Jugendliche müssen sich wohlfühlen. Ich habe am Anfang meiner Rede schon darauf hingewiesen, die monatelange Unterbringung in der ZASt, für unbegleitete Jugendliche auch gar nicht vorgesehen und jetzt irgendwie aus der Not geboren, ist natürlich unerträglich. Ich hätte mir zum Beispiel in der Debatte, die wir in den letzten Monaten und auch im letzten Monat hier geführt haben, durchaus noch einmal gewünscht, zu überlegen, ob man Jugendliche nicht doch dezentral in Immobilien in den Stadtteilen besser unterbringen kann, als das im Moment der Fall ist. Ich hoffe, dass der Senat da noch nachbessert.
Ich möchte abschließend noch einmal etwas sagen: Wir haben auch mit dem Verein Fluchtraum Bremen e. V. gesprochen, und uns wurde gesagt, dass fast alle unbegleiteten Minderjährigen sehr stark unter dieser Belastung des ungesicherten Aufenthalts leiden, der unklaren Situation im Hinblick auf ihre Asylanträge. Zudem haben sie zum Teil wirklich Dramatisches erlebt; nicht alle, aber ein großer Prozentsatz dieser Jugendlichen hat wirklich Dramatisches erlebt, sowohl in den Herkunftsländern als auch auf der Flucht. Im Moment ist es so, dass Jugendliche tatsächlich aufgrund der unbefriedigenden Situation, vor allen Dingen in der ZASt, schwere Depressionen bekommen.
ändern, wenn es Personen des Vertrauens gäbe, also ehrenamtliche Vormünder, Einzelvormünder, die die Jugendlichen nicht nur in rechtlicher Hinsicht und im Hinblick darauf beraten würden, wie man hier in der Gesellschaft ankommt, sondern den Jugendlichen, die zum Teil schwer traumatisiert sind, vor allen Dingen Sicherheit und Vertrauen schenken würden. Eine solche Verbindung von Vormund und Mündel wirkt sich zudem sehr positiv auf die Integration und das Netzwerk aus, das um die unbegleiteten Flüchtlinge herum ist, das wissen wir. Wir finden, die Arbeit von Einrichtungen wie im Verein Fluchtraum Bremen e. V. sollte der Senat auch gezielt stärken. Fluchtraum hat sehr viel Netzwerkarbeit geleistet und dafür gesorgt, dass immer mehr Menschen in Bremen auch bereit sind, Vormundschaften für unbegleitete Jugendliche zu übernehmen. Ich glaube, wir müssen auch solchen Einrichtungen mehr Aufmerksamkeit schenken und sie auch absichern.
Abschließend möchte ich hier sagen, ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum die Sozialdeputation beide Anträge, sowohl den der CDU als auch unseren im Juni, mit der Begründung abgelehnt hat, Bremen hätte alles unternommen. Wir haben hier in den letzten Monaten gemerkt, dass das eben nicht der Fall war, und ich hätte mir gewünscht, dass die Koalition in der Sozialdeputation einmal den Mut gehabt und gesagt hätte, dass die beiden Anträge inhaltlich berechtigt sind, dass man daran gemeinsam weiter arbeiten muss und den Anträgen einfach zugestimmt hätte. Dass das nicht geschehen ist, bedauere ich an dieser Stelle, aber ich hoffe, dass sich das zukünftig ändert. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute wieder über das Thema Flüchtlinge in Bremen, insbesondere über die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, darüber haben wir öfter in diesem Haus diskutiert. Wir wissen, dass die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge auch in der letzten Zeit in der Zentralen Aufnahmestelle angekommen sind, sie werden jedoch nicht ordentlich und ihrem Alter entsprechend untergebracht und betreut. Uns fehlen dezentrale Wohnformen, uns fehlen Träger von jugendgerechten Einrichtungen, und uns fehlt das geeignete Betreuungspersonal.
Nicht nur der Bericht der zuständigen Deputation, sondern auch ausführliche Informationen von Frau Senatorin Stahmann und das aktuelle Gesamtkonzept des Senats bestätigen aber, dass seither eine Menge unternommen wurde, um die Situation zu entschärfen. Das Gesamtkonzept des Senats stellt klar, dass die jetzige Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in der Steinsetzerstraße, und das sage ich ausdrücklich, nur eine reine Notlösung ist. Das betrifft sowohl die Anzahl als auch die Verweildauer der Jugendlichen, und wir müssen uns der Tatsache stellen, dass es weder geeignete Gebäude gibt noch das qualifizierte Betreuungspersonal in ausreichender Anzahl, das die Forderung des Fachkräftegebots erfüllen würde. Hinzu kommt noch, dass weiterhin unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bremen kommen, Bremen ist ein bevorzugtes Bundesland, eine bevorzugte Stadt für sie. Noch wichtiger ist aber, dass sie keinem bundesweiten Verteilungsverfahren unterliegen – das ist der Unterschied zu den erwachsenen Flüchtlingen –, und sie werden in der Regel vom Jugendamt in Obhut genommen, zumindest soll es so sein.
Zu den Zahlen, zur Verdoppelung beziehungsweise Verdreifachung der Zahlen der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, hat Frau Vogt schon Stellung bezogen. Wichtig zu wissen ist aber, dass uns sowohl für die Bundesrepublik als auch für die Bundesländer keine belastbaren Schätzungen vorliegen. Wir können im Augenblick deshalb nur das tun, was die Sozialsenatorin kräftig und konsequent macht,
nämlich die Planung zur Erweiterung der Platzkapazitäten in Einrichtungen und auch in der Familienpflege, betreute Wohnformen durch Akquise von Wohnraum sowie das Einwerben und die Qualifizierung von Fachkräften vorzuschreiben. Das ist es, worum sich die Senatorin zurzeit praktisch hauptsächlich bemüht.
Zu den Forderungen in dem Antrag ist Folgendes zu sagen: Zu der Forderung, eine Notkonferenz einzurichten, muss ich sagen, sowohl in der Bürgerschaft (Landtag) als auch in der Stadtbürgerschaft haben wir uns in mehreren Sitzungen mit dem Thema Flüchtlinge befasst. Der gesamte Senat ist damit beschäftigt, und die Senatorin hat uns auch mitgeteilt, dass zurzeit auch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe nach tragfähigen Lösungen sucht, unter Mitwirkung fachlich und politisch seriöser Initiativen, NGOs und bremischer Einrichtungen. Seit Januar gibt es auch noch eine Redaktionsgruppe von Behördenmitarbeitern, freien Trägern und auch fachspezifischen NGOs, REFUGIO ist auch dabei. Nach meinen Informationen arbeiten alle an diesem Problem.
In dieser Situation noch ein Gremium einzurichten, finde ich schlicht und einfach redundant, es ist überflüssig.
Die Suche nach Vormundschaften – das muss ich auch dazu sagen – ist kein neues Problem, und wir müssen diese Jugendlichen auch nicht erst seit April 2003 betreuen und Jugendhilfeträgern zuweisen. Die zuständigen Stellen sind bereits seit den Neunzigerjahren auf der Suche nach geeigneten institutionellen und auch Einzelvormundschaften, um damit auch möglichst kurzfristig diesen Bedarf zu decken.
Zu der letzten Forderung in Bezug auf den angemessenen Finanzrahmen möchte ich Folgendes sagen: Ich weiß nicht, was Sie angesichts der bestehenden Haushaltssituation für angemessen halten. Ganz unabhängig davon, dass auch für diesen Bereich ein Budget vorhanden sein muss und auch im Rahmen des geltenden Haushalts in dieser Hinsicht geleistet werden kann und auch vom Senat geleistet wird: Ich finde, die Beschlüsse der Sozialdeputation und des Haushalts- und Finanzausschusses zeigen – das haben wir gestern und vorgestern ja im Rahmen der Haushaltsdebatte diskutiert –, dass dieser Bereich auch hervorgehoben wurde. Sie sind alle ein Beweis für den tatkräftigen Umgang mit den Herausforderungen, die sich gerade stellen.
Ich möchte zum Schluss betonen, dass wir selbstverständlich noch besser werden sollten und noch besser werden können. Wir können und müssen bei der Bevölkerung in der Stadt, in der Nachbarschaft und in den Stadtteilen, stärker um Unterstützung für die Notwendigkeiten und für die humanitäre Verpflichtung Bremens werben, damit wir praktisch mehr Raum für diese Personengruppe, für diese Zielgruppe schaffen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den Antrag der Fraktion DIE LINKE lehnen wir ab und folgen der Empfehlung der Deputation für Soziales, Kinder und Jugend. Warum das so ist, haben wir sehr ausführlich in mehreren Sitzungen der Deputation für Soziales, Kinder und Jugend diskutiert, und das werden wir heute noch einmal an dieser Stelle sagen. Natürlich ist es uns wichtig, dass die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge hier ein Zuhause finden, dass sie gut begleitet werden, aber der Zustrom unbegleiteter minderjähriger ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Flüchtlinge stellt sowohl das Jugendhilfesystem als auch das Schulsystem vor große Herausforderungen.