Zahra Mohammadzadeh
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die prekäre Lage von Angehörigen nationaler Minderheiten in Südeuropa und auch im Bürgerkrieg in Syrien sowie zahlreiche weitere bewaffnete Kämpfe und auch Menschenrechtsverletzungen in aller Welt verursachen diese Entwicklung und lassen die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Die Bundesrepublik Deutschland, aber auch Bremen und Bremerhaven und viele andere Städte waren auf diese Entwicklung nur unzureichend vorbereitet, aber sie war auch nicht vorhersehbar. Die zuständigen Ressorts befassen sich kontinuierlich mit diesem Thema, mit dieser Situation, und die Statistik in dieser Großen Anfrage zeigt, finde ich, auch nur Tendenzen auf und sollte auch ständig angepasst werden, damit wir auch mit diesen Entwicklungen Schritt halten.
Gerade jetzt bewahrheitet sich – das hat auch Frau Vogt angesprochen, wie wichtig und notwendig es war, gleich zu Beginn der Legislaturperiode dafür einzutreten, dass die Flüchtlinge nach drei Monaten dezentral untergebracht werden und in eigene Wohnungen ziehen dürfen. Wir schaffen das nicht bei je
dem Flüchtling wirklich nach drei Monaten, aber es ist ein zentrales Thema, dass sie es dürfen.
Es ist richtig, nicht nur deshalb, weil wir diese Plätze in den Übergangswohnheimen brauchen, denn alle Erfahrungen belegen, dass die dezentrale Unterbringung auch sehr wichtig für eine erfolgreiche soziale Teilhabe ist. Das ist die Grundvoraussetzung für die Integration von Anfang an.
Ich möchte Ihnen eine Zahl nennen: Seit dem Jahr 2011 sind 2 000 Flüchtlinge aus den Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen eingezogen, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Darüber freue ich mich.
Man muss aber sagen, die Kostenanalysen zeigen, dass die Vermittlung in eigene Wohnungen die öffentlichen Kassen auf lange Sicht spürbar entlastet, zudem entschärft sie auch Konflikte sowohl unter den Flüchtlingen als auch zwischen Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung. Die dezentrale Unterbringung wirkt sich also signifikant auf die psychosoziale Lage der Betroffenen aus und erleichtert damit auch die Gesundheitsversorgung, sie hat Auswirkungen auf alle Altersgruppen, insbesondere auf Kinder und Jugendliche.
Da wir diese Zusammenhänge auch frühzeitig erkannt haben, haben wir auch ein Beratungssystem aufgebaut und eingesetzt, das auch den Zugang zu geeigneten Wohnungen ermöglichen soll. Ich bin davon überzeugt, dass das Sozialressort die kontinuierlichen Anpassungen, von denen ich gesprochen habe, gerade in diesem Bereich immer besser bewältigen wird.
Unsere Instrumente und unsere Kompetenz für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen von Anfang an wachsen mit den Herausforderungen, und das müssen sie auch.
Mit großem Interesse habe ich aus den Antworten zu dieser Großen Anfrage zur Kenntnis genommen, dass fast ein Drittel der zunächst aufgenommenen Flüchtlinge – 312 Personen in der Steinsetzerstraße – diese Unterkunft nicht benötigen, sie werden bei Verwandten und Freunden aufgenommen. Das entlastet die Situation in der ZASt erheblich, und ich finde, das zeigt darüber hinaus auch – das findet wenig Aufmerksamkeit –, welche Vernetzungsmöglichkeiten auch in Communities selbst bestehen.
Ebenso freue ich mich, dass auch wir flexibel auf die Belegungssituation reagieren. Der Stellenschlüssel für die Betreuungsleistung in der Erstaufnahmestelle in der Steinsetzerstraße lag lange bei 2,5 je 100 Flüchtlingen. Darauf wurde reagiert, er wurde auf 4 Stellen je 100 Plätze erhöht.
Ich möchte auch anregen, bei dieser Vielfalt der Unterkünfte, die wir haben, über eine Unterkunft nur für Frauen nachzudenken.
In den Neunzigerjahren gab es eine Unterkunft für Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ich denke, daran sollten wir auch anknüpfen, um Frauen, die Gewalt, sexuelle Gewalt und Vergewaltigung im Krieg erlebt haben, auch einen besonderen Schutzraum geben zu können.
Wir freuen uns über die Information aus Bremerhaven, ich bekomme davon wenig mit, aber inzwischen weiß ich, dass wir dort zwei Unterkünfte mit 50 beziehungsweise 60 Plätzen haben. Mit Blick auf Bremerhaven halte ich es jedoch für problematisch, dass es dort kein Gesundheitsprogramm vor Ort gibt und bisher auch keine Einrichtung für traumatisierte Flüchtlinge eingerichtet wurde. Ich weiß, dass zurzeit Gespräche mit REFUGIO Bremen geführt werden, und darauf freue ich mich, das werden wir natürlich unterstützen.
Ich möchte am Ende meiner Rede unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ich finde es gut, dass Bremen an seiner Auffassung festhält, dass Wertgutscheine menschenunwürdig sind und wir trotz einer abträglichen bundesrechtlichen Situation am Bargeld festhalten. Ich begrüße die Positionierung des Bremer Senats sehr, dass er sich weiterhin für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes einsetzt. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern einige Aspekte ansprechen und auch auf die Frage von Frau Vogt eingehen. Auch ich möchte für die Grünen zum Ausdruck bringen, dass das Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge weiterhin eine Herausforderung bleibt, wenn man sich die Zahlen anschaut. Im Dezember kamen 80 von ihnen hier an, und im Januar und Februar ging es so weiter.
Wie auch Herr Möhle es gerade gesagt hat, glaube auch ich, dass es nur diese zwei Möglichkeiten gibt: Dass wir versuchen, in Bremen eine Erstaufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf den Weg zu bringen, ist schon die richtige Richtung, damit diese Mischung, die es in der zentralen Aufnahmestelle gibt, bald auch ein Ende hat. Ich hoffe, dass ab Ende April – zumindest ist es so vorgesehen – die erwachsenen Flüchtlinge und die Familien dann in der Alfred-Faust-Straße ankommen und nicht mehr in der Steinsetzerstraße. Das ist ein Weg, den wir gehen müssen.
Der zweite Aspekt ist natürlich ist die gerechte Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel, unter der Bedingung, dass es natürlich an das Jugendhilfegesetz gebunden ist. Ich glaube, einen anderen Ausweg gibt es nicht.
Ich finde, aus der Beantwortung der Großen Anfrage geht hervor, dass der Senat auch gezielt auf eine
breite Basis für die Probleme und überhaupt die Flüchtlingsversorgung setzt. Bisher sind wir mit diesen Fragen in fast jeder Sitzung der Bürgerschaft und der Innendeputation beschäftigt. Ich denke, es wird auch weiterhin so sein, dass sich die Situation in Zukunft nicht so schnell erholen oder verbessern wird, davon sollten wir ausgehen.
Es ist ja schon lange bekannt, dass wir in den zentralen Aufnahmestellen an die Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen, und deshalb haben wir uns auch auf den Weg gemacht, neue Unterkünfte wie die in der Alfred-Faust-Straße einzurichten. Ich möchte aber auch ansprechen, dass in der nächsten Woche, soweit ich weiß, einige Flüchtlinge in die Halle 4 und Halle 6 einziehen werden, das ist eine neue Stufe der Unterbringung. Wir sind uns bewusst, dass das eine neue Situation ist, aber wir wollen Flüchtlinge in Bremen aufnehmen und auch versuchen, so weit wie möglich für die Integration zu sorgen.
Also, wir müssen Plätze schaffen, und das tun wir, dieser Verantwortung kommen wir nach.
Zur Gesundheitsversorgung möchte ich sagen – ich beziehe mich hierbei auf Beantwortung der Fragen 29 und 30 –, dass die ärztliche Versorgung in den Unterkünften nicht zufällig ist, Frau Vogt, sie ist nicht willkürlich, indem man sich sozusagen irgendwo eine Unterkunft aussucht und dann Ärzte dorthin schickt. Nein, dafür gibt es Kriterien, und dazu zählen die Größe der Unterkunft und die Belegung, und natürlich ist es entscheidend, ob es eine Erstunterkunft ist, in der die Menschen noch keine Gesundheitskarte, also keinen Zugang zu einer ärztlichen Versorgung haben.
Das heißt, diese Frage ist auch beantwortet, es gibt dort keine Zufälligkeiten, ich finde, das ist ganz wichtig.
Wir hätten gern vielmehr Unterkünfte mit ärztlicher Versorgung, zumindest ist es das Konzept des Gesundheitsprogramms, aber wir haben das Problem, dass wir die vom Sozialressort geschaffenen offenen ärztlichen Stellen noch nicht besetzen können. Wenn Sie Ärzte kennen, die bereit sind, die Gesundheitsversorgung der zu übernehmen, stehen wir dem sehr offen gegenüber, darüber freue ich mich und laufe diesen Ärzten hinterher und versuche, sie für diese Zielgruppe zu gewinnen! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selten komme ich so guten Mutes zum Rednerpult wie heute. Der Abschlussbericht zum Entwicklungsplan Partizipation und Integration ist viel mehr als ein nüchterner Bericht. Dieser Bericht ist wie der Schlussakkord einer Symphonie, wie der Glockenschlag nach einem erschöpfenden, aber gelungenen Arbeitstag.
Er bestätigt und bekräftigt vier Jahre integrationspolitischen Handelns – erfolgreichen Handelns, wie ich hinzufügen darf – in Bremen und Bremerhaven.
Erinnern Sie sich noch, was wir vor drei Jahren gesagt haben? Unser Ziel war es, den Entwicklungsplan als Instrument der Diversitätspolitik zu nutzen. Genau das ist geschehen: Seite für Seite zeugt der Bericht des Senats davon, Seite für Seite liest er sich als ein Bekenntnis Bremens zur Diversität, zur Vielfalt der Gesellschaft. Ich gebe zu, dass es mich ein bisschen mit Stolz erfüllt, dass dieses Bekenntnis unmissverständlich die Handschrift der Grünen trägt.
Mein besonderer Dank gilt Frau Harth und ihrem Team in der Senatskanzlei.
Ein großer Dank gilt auch den Mitgliedern des Bremer Rates für Integration. Seine fachlichen Arbeitsgruppen haben das erste Konzept kommentiert und wichtige Impulse gegeben.
Expertenhearings und Wirtschaftstage sorgten dafür, dass die Perspektive der Migrantinnen und Migranten durchgängig in diesem Bericht einfließen. Herzlichen Dank für diese tolle ehrenamtliche Arbeit.
Es bleibt zu wünschen – das ist mein Wunsch –, dass diese Kritikpunkte, diese wertvollen Vorschläge des Rates für Integration auch ihren Weg in die künftigen Koalitionsvereinbarungen finden werden. Im Jahr 2012 haben wir von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Dieser Wechsel ist vollzogen worden. Gemeinsam haben wir für einen Prozess gesorgt, dass in Bremen Vielfalt als Normalität anerkannt wird.
Wir haben dafür gesorgt, dass Chancengleichheit und Teilhabe aller jetzt und künftig das Fundament des Zusammenlebens in unserer Stadt, in unserem Bundesland bilden. Sicher, vieles bleibt noch zu tun. Jetzt ist nicht die Zeit, sich auszuruhen. Zum Beispiel der Faktor Mehrfachbenachteiligung, die Kombination von Armut beziehungsweise sozioökonomischen Unsicherheiten, Wohnsituation und Migrationshintergrund summieren sich nach wie vor.
Die erheblichen Anstrengungen, die wir unternommen haben, um gegenzusteuern, fokussieren sich folgerichtig auf Maßnahmen der Stadtentwicklung und auf Zugangshilfen, vor allem zu Bildung, Ausbildung und Gesundheit sowie Transferleistungen und Arbeitsforderung. Hieran müssen wir weiter arbeiten.
Meine Damen und Herren, im Einklang mit dem Bericht zu dem Handlungsfeld Bildung hebt das Papier die Bedeutung der materiellen Lage für die Ausgrenzung und Benachteiligung hervor. Gender-Fragen wurden in diesem Bericht aufgegriffen, wenn auch vielleicht noch nicht systematisch genug. Ich habe das bereits an anderer Stelle gesagt: Integrationspolitik ist immer auch Gleichstellungspolitik.
Gender muss systematisch analysiert und in den Schlussfolgerungen diskutiert werden. Es ist gut, dass der Bericht die Debatte über die Willkommenskultur aufgreift. Wir müssen diesen Begriff endlich von seiner Schwammigkeit und Unschärfe befreien. Das können wir nur, indem wir konkret und so präzise wie möglich sagen, was wir wollen. Wir brauchen Kriterien der Willkommenskultur und müssen diese praktisch definieren. Wir brauchen Mehrsprachigkeit in den Behörden, die mit den Einwanderern zu tun haben. Wir brauchen den Abbau von Klischees, von Vorurteilen und von Ängsten in der Personalentwicklung. Wir brauchen ein Monitoring und die konsequente Bekämpfung von Diskriminierung. Daran wird sich zeigen, ob der „Entwicklungsplan Partizipation und Integration“ hält, was er verspricht. Perspektivisch sollten wir uns auch mit einem bremischen Partizipations- und Integrationsgesetz beschäftigen.
Damit können wir diese Querschnittaufgabe – ich komme zum Schluss – in einem Gesetz festschreiben. Mit einem solchen Gesetz können wir alles, was es in diesem Bereich an integrationspolitischen Vorgaben und Ansätzen gibt, zusammenbringen und dem einen übergreifenden verbindlichen Rahmen geben.
Sie sehen, es gibt viel zu tun – auch in der nächsten Legislaturperiode. Packen wir es an! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern mit zwei Anmerkungen in Richtung CDU bezüglich der Redebeiträge, die von ihnen kamen, beginnen.
Frau Grönert, der Rat für Integration hat sich nicht nur zu Geschehnissen auf der Straße oder in Unterkünften im Emigrationsbereich geäußert, sondern er ist auch voll beteiligt an vielen Gremien und Ausschüssen. Es wurden viele Diskussionen – auch mit Politikern – geführt, auch Workshops wurden durchgeführt. Dort wurde sozusagen geäußert, sowohl was draußen passiert als auch das, was die politische Ebene kommentiert – beides zusammen. Nur zu sagen „von draußen“, das stimmt einfach nicht.
Weil Sie die Frage der U3-Betreuung so hervorgehoben haben, Frau Häsler – das ist auch unser Anliegen, und wir kümmern uns auch darum –, müsste ich von Ihnen eigentlich auch einen kritischen Punkt zum Betreuungsgeld hören, das von Ihnen, von der CDU/CSU, eingeführt wurde.
Das haben Sie nicht, weil genau das dazu führt,
dass gerade die Migrantengruppen nicht an den Strukturen der frühkindlichen Bildung beteiligt sind.
Das nur zu den Anmerkungen, die ich am Anfang machen wollte!
Ich möchte mich gern zu ein paar Aspekten aus dem Zwischenbericht äußern, weil man sich die Mühe gemacht hat und ein Bericht vorgelegt worden ist. Ich denke, dieser Bericht beeindruckt mich weil sich durch diesen Bericht wie ein roter Faden zieht, dass bei der Integration diese zwei Bereiche Bildung und Ausbildung eine zentrale Rolle spielen. Zur gleichberechtigten Teilhabe sind natürlich die Deutschkenntnisse und eine fundierte vorschulische, schulische und berufliche Bildungsbeteiligung wichtige Voraussetzungen. Ich denke auch, dass die Bildung einen Weg in die Gesellschaft ebnet, damit die Menschen auch Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Also, Bildung ist ein Fundament für eine Selbstübernahme, eine Selbstverantwortung in ein gesichertes Leben.
Ich möchte dazu auch noch hervorheben, dass bei allen diesen Faktoren auch die Frage des Aufenthaltsrechts, die Regelung der Absicherung des Aufenthalts, eine zentrale Frage ist, und ob die Kinder und Jugendlichen unserer Gesellschaft auch mit einer gesicherten Aufenthaltserlaubnis durch diesen Prozess gehen können. Für die Bildungsintegration sind viele Unterfelder von entscheidender Bedeutung, und das wird meiner Ansicht nach in dem Bericht auch sehr deutlich dargestellt.
Ich finde, dass in dem Bericht eine wichtige und sehr mutige Aussage gemacht wird, von der ich möchte, dass sie nicht untergeht: In diesem Bericht wird bezogen auf Bildung gesagt, das System müsse sich an die Menschen anpassen, denen man dienlich sein will. Hier wird meiner Ansicht nach auch erstmals angesprochen, was Integrationspolitiker und Bildungsexperten schon lange wissen: Eine Anpassung des Bildungssystems ist bei uns überfällig, und zwar nicht nur an die demografische Realität, sondern auch an den Stand der Bildungswissenschaft und Pädagogik. Nicht nur mangelnde Deutschkenntnisse von Schülerinnen und Schülern, nicht nur der Bildungsstand der Eltern und die sozioökonomische Situationen der Familie, sondern auch Defizite in unserem Schulsystem beeinträchtigen die Bildungschancen und die Integration der Migranten. Insofern finde ich es sehr entscheidend, dass auch dieser Bericht zur Bildungssituation der Migrantinnen und Migranten in Bremen das Thema der Integration begleitet.
Ich möchte gern auch noch hervorheben, dass die Entwicklung des Integrationskonzepts in der Stadtgemeinde Bremerhaven etwas anders gewesen ist:
Sie hat das erste Integrationskonzept im Jahr 2013 verabschiedet und natürlich auch alle diese Themen hervorgehoben.
Einen letzten Punkt möchte ich noch anführen! In diesem Bericht gibt es leider keine Aussagen über Religionen, zu Kopftuchproblemen, zur Gewalt in den Schulen und auf dem Schulweg, zur Drogenproblematik, zum Waffeneinsatz, zu Rassismus, Antisemitismus und zur Behindertenfeindlichkeit, das habe ich in diesem Bericht vermisst. Ich denke aber, dass wir in Zukunft noch viel Zeit haben, im nächsten Bericht darauf einzugehen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die umfangreiche Antwort des Senats auf die Anfrage der Fraktion DIE LINKE zeigt eines ganz besonders deutlich, finde ich: Dass die Gesundheitsversorgung ein wesentlicher Bestandteil der Integration der Migrantinnen und Migranten ist!
Dabei geht es nicht nur um die rein medizinische Versorgung in Notfällen und Krankheiten, sondern es geht vor allem um das gesundheitliche Wohlbefinden dieser Menschen. Es geht um ihre psychosoziale Situation, es geht um die Aspekte der Lebensbedingungen, die Ernährung – meine Kollegin Frau Kappert-Gonther hat es genannt –, die Unterbringungssituation und viele andere Aspekte, die gesundheitsrelevant sind, relevant für die Gesundheit einer Bevölkerungsgruppe, die inzwischen rund ein Fünftel aller Menschen in Bremen und Bremerhaven umfasst.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern, das wurde auch von allen Beteiligten genannt, blicken wir auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit gesundheitlichen Fragen der Migrantinnen und Migranten zurück. Gesundheit für alle, das haben auch alle genannt, finde ich, hat in Bremen Tradition. Wir können uns freuen und alle gemeinsam fraktionsübergreifend auch stolz sein, dass Bremen in dieser Beziehung bisher so viel geleistet hat.
Bei manchen Fragen aber fallen die Antworten des Senats sehr kurz und knapp aus, relativ kurz, aber es ist auch ein Stück weit nachvollziehbar und verständlich, weil es nicht einfach ist, den Bedarf einer Personengruppe wie derjenigen der Papierlosen zu beziffern, zumal sie nicht nur in der humanitären Sprechstunde behandelt werden oder auch bei kooperierenden Ärzten und Ärztinnen, sondern sie werden auch direkt in Krankenhäusern und vielen Arztpraxen behandelt, ohne dass es sich in einer Statistik niederschlägt. Darüber hinaus ist es auch nicht möglich, dass man zum Beispiel Angehörigen einer Gruppe, die noch nicht im sozialen Sicherungssystem registriert und ohne Aufenthaltstitel sind, einen Krankenschein ausstellt. Das ist nicht möglich, zumindest bis heute nicht möglich.
Die personelle Ausstattung der Sozialdienste – darauf sind Sie, finde ich, sehr verkürzt eingegangen und haben nur das Problem genannt, aber diese Anfrage liegt einige Monate zurück – ist inzwischen verbessert worden. Man weiß, das ist wirklich meine tägliche Information, dass die Ausstellung von Chipkarten inzwischen wieder ungefähr zehn Tage bis zwei Wochen dauert, früher hat das drei Monate, sechs Wochen, acht Wochen gedauert, und inzwischen ist das durch Personalaufstockung verbessert worden.
Ich möchte in Bezug auf Duldungen, für die wir in Bremen Verbesserungen erreicht haben, sagen, dass
die Informationen waren, dass in Bremerhaven manchmal Duldungen für einen Monat ausgestellt werden, und das kann uns natürlich nicht befriedigen, das ist nicht schön. Dank all unserer Bemühungen in Bremen bei den Kettenduldungen kommen wir auf eine niedrige Zahl, ich hoffe, dass diese Diskussion inzwischen auch Bremerhaven erreicht.
Refugio wurde auch genannt, nicht nur diese tolle Arbeit, die Refugio seit 25 Jahren macht, sondern ich denke, hier wurde auch in der Politik und der Verwaltung Anerkennung gefunden, sodass auch eine Aufstockung erfolgt ist, aber wie es vorhin von meiner Kollegin Frau Kappert-Gonther betont worden ist, möchte auch ich es extra benennen: Es reicht nicht aus, dass für Refugio aufgestockt wird. Wir brauchen eine Verbesserung der Regelversorgung in diesem Bereich,
sodass auch die Traumatisierungsfälle in unserer Regelversorgung einen Raum finden. Gerade angesichts des Anstiegs der Flüchtlingszahlen und auch der zwangsläufig zunehmenden Zahl von Patientinnen und Patienten, die traumatisiert sind, die retraumatisiert werden, die posttraumatisiert sind, müssen wir durch mehrsprachige verankerte Angebote, psychiatrische Versorgung, Gesundheitsversorgung und interkulturelle Öffnung im Gesundheitssystem noch konsequenter handeln. Wir haben das Thema vor einem Jahr bereits hier diskutiert.
Bezogen auf die Krankenversicherung – ich komme zum Schluss! macht es uns die aktuelle Rechtsprechung nicht leichter. Ich glaube, wir brauchen weiterhin mehr Informationen, mehr Vernetzungen und Öffentlichkeitsarbeit, damit dieses Problem mehr Aufmerksamkeit gewinnt und die Personen, die davon betroffen sind, die Möglichkeit bekommen, sich entsprechend dazu zu verhalten.
Der öffentliche Gesundheitsdienst in Bremen wird alles tun, um einen sozialen Schutz und den Gesundheitsschutz für diese Personen zu gewährleisten. Ich glaube, dass uns die EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien weiterhin beschäftigen werden, und zwar nicht nur in Bezug auf den Gesundheitsbereich, sondern auch in allen anderen Bereichen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele ausländische Lehrerinnen und Lehrer haben seit dem Inkrafttreten des Bremischen Gesetzes über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, BremBQFG, im Februar 2014 Antrag auf Anerkennung gestellt?
Zweitens: Wie viele Anträge sind davon positiv, gegebenenfalls unter welchen Auflagen zur Nachqualifikation, beschieden worden?
Drittens: Wie bewertet der Senat die gegenwärtige Anerkennungspraxis von im Ausland ausgebildeten Lehrkräften, und wo sieht der Senat Bedarf zur Verbesserung?
Vielen Dank für diese ausführliche Antwort, Herr Staatsrat Kück! Ich habe Sie bezogen auf die Beantwortung der Frage 1 so verstanden, dass es 24 Anträge gibt, die entscheidungsreif sind, über die entschieden werden kann. Ist das bereits erfolgt?
Bezogen auf die Antwort auf die Frage 2 sprechen Sie von Rechtsgründen, die ein Hindernis für die Antragsentscheidung sind. Was sind diese Rechtsgründe? Wir haben bisher in diesem Bereich keine Rechtsverordnung, sie liegt ja nicht vor. Welche Rechtsgründe liegen vor?
Ich habe eine letzte Frage, und da beziehe ich mich auf die Antwort auf die Frage 3. Da sagen Sie, dass Änderungen vorgesehen sind. Wann kommen diese Änderungen, und wenn die Anträge bis dahin gestellt worden sind, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen wird dann entschieden?
Ich freue mich besonders, dass Sie vorhaben, die Informationsflüsse zwischen den verschiedenen Ressorts diesbezüglich zu verbessern; denn die Verbesserung der Situation der unbegleiteten Minderjährigen ist von verschiedenen Bereichen – Bildung, Soziales, Gesundheit und so weiter – abhängig. Meine Frage lautet: Wann und wie werden Sie diesen Informationsfluss verbessern? Was haben Sie vor?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Große Anfrage ist vor fast einem halben Jahr gestellt worden, aber ich freue mich, dass wir heute doch noch die Gelegenheit haben, sie zu diskutieren.
Wenn Fragen der Integration debattiert werden, steht immer auch die Forderung nach die Identifikation mit Deutschland im Raum. Von Migrantinnen und Migranten wird Identifikation mit der staatlichen Ordnung und dem gesellschaftlichen Wertesystem gefordert, das ist in Ordnung. Die Identifikation darf
aber nicht einseitig gefordert werden, sie muss wie die Integration gegenseitig sein. Dem Individuum muss vermittelt werden, dass ihm ein vollwertiger Platz im Gemeinwesen eingeräumt wird, und dieser Zusammenhang unterstreicht die Bedeutung der Einbürgerung für eine erfolgreiche Integrationspolitik.
Wenn der Staat den Migrantinnen und Migranten die Einbürgerung ermöglicht, dann tut er etwas, das selbstverständlich sein sollte. Er zeigt, dass er sich auch mit seinen Bürgerinnen und Bürgern identifiziert, er macht den entscheidenden Schritt auf sie zu. Ob aber dieser Hintergrund in der Politik und teilweise auch in der Verwaltung so richtig erkannt wird, bezweifle ich. Mir fehlt dieser entscheidende Schritt auf die Menschen zu, mir fehlt in den Unterlagen das Herzblut, mit dem dieses Thema behandelt werden sollte, denn wir führen hier keine Diskussion zu abstrakten staatrechtlichen Fragen. In dieser Debatte geht es um das Leben von Bremerinnen und Bremer, deren Kinder hier aufwachsen und zur Schule gehen, und die selbst durch ihre Arbeit zur Entwicklung und zum Wohlstand des Landes beitragen und hier Steuern zahlen.
Die deutsche Staatsbürgerschaft ist die Voraussetzung für die volle uneingeschränkte Mitgliedschaft und die Partizipation in der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zur Entwicklung der Einbürgerungszahlen nicht wirklich befriedigend. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Einbürgerungszahlen rückläufig, das wissen wir.
Die magische Zahl ist die Einbürgerungsquote, die im europäischen Vergleich in Deutschland aber erschreckend niedrig ist, sie betrug in den letzten Jahren im Durchschnitt nur 1,1 Prozent. In anderen europäischen Mitgliedsländern erreicht sie in der Regel 5 bis 6 Prozent. Am höchsten liegt die Quote mit 9 Prozent in den Niederlanden. Laut Vorlage lag unsere Einbürgerungsquote in Bremen im Jahr 2013 bei 1,73 Prozent. Damit stand Bremen im Vergleich der anderen Bundesländer auf dem sechsten Platz. Platz 6 unter vielen Schlusslichtern ist nicht gerade ein Platz auf dem Treppchen. Wir müssen uns also fragen, woran das liegt.
Bremen hat im Jahr 2010 eine Einbürgerungskampagne durchgeführt, 10 große Flächen, 25 Stadtteilplakate warben unter dem Motto „Lass Dich einbürgern, Bremen will Dich!“, das fand ich sehr schön. Postkarten wurden in den Umlauf gebracht, mit denen ebenfalls dazu aufgerufen wurde, Einbürgerungsanträge zu stellen. Radio Bremen gab Werbehinweise,
und auf den begleitenden öffentlichen Veranstaltungen wurde die Absicht verfolgt, die Informationen an diese Zielgruppe heranzubringen, auch an einem Internetauftritt hat es nicht gefehlt. Die Botschaft ist aber nicht so angekommen, wie zumindest wir es uns gewünscht haben.
Warum hatten diese Anstrengungen nicht mehr Erfolg, als wir erwartet haben? Warum haben sie nicht zu einer nachhaltigen Erhöhung der Einbürgerungszahlen geführt? Die Antwort des Senats enthält leider wenige Informationen zu diesen Fragen, zu dem schlechten Abschneiden bei den Einbürgerungszahlen. Inzwischen wissen wir, dass im Oktober eine zweite Kampagne, ich würde sagen eine Mini-Kampagne, unter dem Motto „Ja, ich will!“ gestartet wurde. Ich hoffe, dass diese Kampagne erfolgreicher sein wird beziehungsweise dass sie besser von der Zielgruppe wahrgenommen werden wird als im Jahr 2010, denn damals haben nur 45 Prozent der Zielgruppe die Kampagne überhaupt wahrgenommen.
Ein paar kritische Anmerkungen zu dieser neuen Kampagne werde ich in meinem zweiten Redebeitrag machen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht vorab drei Anmerkungen zu den Reden von Herrn Tuncel und auch Herrn Hinners.
Herr Tuncel, wir wissen inzwischen aus Informationen der Innenbehörde, dass im Zuge der Personalaufstockung die Einbürgerungsverfahren sechs, aber nicht mehr neun Monate dauern. Ich finde, es ist uns eine Beschleunigung des Verfahrens gelungen, und zwar auch mit der Unterstützung der Finanzsenatorin mit vier neuen Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich darüber, dass die Anträge nun viel schneller bearbeitet werden können.
Zu Herrn Hinners möchte ich sagen: Wenn Sie wirklich ernsthaftes Interesse an Einbürgerungen haben, dann müssten endlich die Hindernisse, die teilweise von Herrn Tuncel benannt worden sind, beseitigt werden. Einige Hindernisse werde auch ich nennen. Es sind die Gebühren, die bundesrechtlich zu regeln sind. Es sind die Voraussetzungen, um eingebürgert werden zu können, der Einbürgerungstest, der Umfang der Sprachanforderungen, und es ist auch die vorhandene Einkommenshürde. Die sind alle bundesgesetzliche Regelungen. Wenn Sie ein ernsthaftes Interesse haben, dann müssen Sie sich dafür einsetzen, diese Hindernisse zu beseitigen, und das sage ich insbesondere in Richtung der CDU.
Die Annahme der Staatsbürgerschaft heißt für mich dazuzugehören – das ist ganz wichtig, die bürgerlichen Grundrechte ausüben zu können, sich zum Beispiel an den Wahlen beteiligen und politisch mitbestimmen zu können. Gerade gestern haben wir eine richtig hitzige Debatte zum Wahlrecht geführt, nachdem das Urteil des Staatsgerichts Anfang 2014 ergangen ist. Gerade für Nichtdeutsche ist es nicht möglich, sich politisch zu beteiligen, sodass der Erwerb der Staatsangehörigkeit weiterhin die einzige Chance bleibt, um mitzubestimmen. Deshalb müssen wir uns fragen: Warum machen Migrantinnen und Migranten von diesem Recht keinen Gebrauch? Woran liegt das?
Zu den bundesrechtlichen Fragen habe ich einiges gesagt, und auch Herr Tuncel ist darauf eingegangen, aber ich möchte ausdrücklich sagen, dass die Koalition aus Union und SPD im Bund ja auch leider entschieden hat, das Staatsangehörigkeitsrecht vieles beim Alten zu lassen. Es wurde viel diskutiert und wenig verändert, gerade die ältere Generation der Einwanderer – ich meine die Gastarbeitergeneration –, die ja eine generelle Akzeptanz der Mehr
staatigkeit erhofft hat, ist darüber bitter enttäuscht. Trotzdem reicht das alles nicht aus, um das Zögern der Migrantinnen und Migranten zu erklären, meine Damen und Herren.
Zur neuen Einbürgerungskampagne! Herr Hinners, wir haben, seitdem Rot-Grün regiert, zwei Kampagnen durchgeführt, das muss man erst einmal vormachen. Ich finde, ein Zeichen dafür, dass wir uns ernsthaft für die Einbürgerungskampagne einsetzen, ist, dass wir diese Kampagne finanzieren und dass wir einen Rahmen für Diskussionen schaffen, wie wir die Hindernisse abbauen können. Es gibt mehrere Erlasse, die man auf der Homepage der Innenbehörde nachlesen kann, durch die es zum Bespiel gut integrierten Jugendlichen erleichtert wird, sich einbürgern zu lassen. Das ist alles unter Rot-Grün passiert, aber nicht, als Sie damals an der Regierung beteiligt waren.
Zu der Einbürgerungskampagne ist mir wichtig, vielleicht ein paar Aspekte zu nennen, die aus meiner Sicht kritikwürdig sind: Die Dauer der Kampagne auf zwei Wochen zu beschränken, das haben wir schon damals gesagt, ist zu kurz. Ich muss ehrlich sagen, ich musste suchen, um Plakate zu finden, denn sie waren nicht offensichtlich in der Stadt zu sehen.
Das Googlen nach der neuen Kampagne war auch nicht richtig ergiebig, nur wenn man die Internetadresse schon wusste, konnte man fündig werden. Ich möchte wirklich nicht kleinlich werden, aber das Motto „Ja, ich will“ stammt aus dem Jahr 2013 aus Nordrhein-Westfalen, und ich habe mich gefragt: Ist uns nichts Bremisches eingefallen? Wer wirbt hier um wen? Bremen will doch die Migrantinnen und Migranten, oder? Darum geht doch die ganze Werbung.
Ein Punkt ist mir wichtig zu sagen: Unter der Aufzählung, warum man Deutscher werden möchte, heißt es unter anderem: „mich wohlfühlen“. Kann man sich hier nur wohlfühlen, wenn man Deutscher ist? Was ist mit den Sympatieträgern aus der EU? Das sind die Kritikpunkte, die ich habe.
Einen letzten Punkt möchte ich noch zur Frage der Identifikationsfiguren sagen: Auf den Werbeplakaten könnte man ruhig alle Herkunftskontinente präsentieren. Ganz konkret meine ich, dass man auch ein afrikanisches Gesicht zeigen könnte.
Meine Damen und Herren, trotz all dieser Fragen glaube ich, dass wir im Kern einig sind, dass die Einbürgerungsfrage eine zentrale Frage der Integration ist. Ich glaube, dass wir bei dieser Frage in Bremen einiges machen, aber wir haben immer noch viel zu tun. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Wahljahr 2015 werden es fast 20 Jahre sein, seit EU-Wahlberechtigte zum ersten Mal bei einer Wahl in Deutschland mitwählen durften, nämlich bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin im Oktober 1995. Damals wurde die herrschende juristische Auffassung, dass das Wahlrecht an die Staatsangehörigkeit gekoppelt sein muss, meiner Meinung nach für immer durchbrochen. Das war
ein für die Entwicklung der Demokratie in diesem Land gewaltiger und doch nur ein halber Schritt, denn wie kann die in Artikel 3 des Grundgesetzes verbriefte Gleichheit vor dem Gesetz glaubwürdig sein, wenn die einen Migranten, die EU-Bürger, wählen dürfen, die anderen aber nicht?
Es stellt sich also die Frage: Wer ist das Volk? Sind es nur die Passinhaberinnen und -inhaber, oder sind es alle, die am Aufbau des Gemeinwesens, an seiner Weiterentwicklung, an der Finanzierung und dem harmonischen rechtsstaatlichen Miteinander mitwirken? Die Enttäuschung, mit der die meisten Migrantinnen und Migranten auf das Urteil reagiert haben, ist verständlich. Wir haben es mit einer Spaltung zwischen dem Volk im allgemeinen Sinn und Wahlvolk im Besonderen zu tun. Um diese Spaltung zu heilen, muss das Staatsangehörigkeitsrecht endlich modernisiert werden.
Diese Veränderungen sind meiner Ansicht nach nötig, um die Demokratie zu vollenden und für die Zukunft fit zu machen. Dafür setzen wir Grünen uns seit Jahrzehnten ein.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und sich das Verhältnis zwischen Einheimischen und Einwanderern weiter verschieben wird. Wer Wahlmündige außen vor hält, hat Angst vor Veränderung. Denken Sie nur an das Wahlrecht für die Frauen. In ihm wurde der Untergang des Abendlandes gesehen. Das Gegenteil ist der Fall. Das Frauenwahlrecht hat die Gesellschaft gestärkt und gerade auf der Ebene der Kommunen zu einer menschlicheren, sozialeren und demokratischeren Politik geführt.
Genauso wird es auch mit dem erweiterten Wahlrecht für Migrantinnen und Migranten sein. Die Wahlberechtigung ist ein Kernstück gesellschaftlicher Teilhabe und politischer Partizipation. Die Demokratie kann es sich nicht noch länger leisten, diese Menschen politisch auszugrenzen.
Eine Einwanderungsgesellschaft darf sich dem Anspruch auf politische Partizipation von nahezu einem Zehntel ihrer Einwohner nicht entziehen.
Wir respektieren das Urteil des Bremischen Staatsgerichtshofs. Dieses als letzte Instanz zuständige Ge
richt hat den Weg aus dem Dilemma gewiesen. Indem es auf das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes verwies, hat es die verfassungsrechtlich zulässige Änderung des Grundgesetzes in diesem Punkt nahegelegt. Wir greifen diesen höchstrichterlichen Hinweis auf, indem wir auch Initiativen auf Bundesebene anregen. Mein Kollege Dr. Kuhn, der Berichterstatter des Ausschusses, hat dies schon erwähnt.
Meine Damen und Herren, inzwischen beschäftigt sich auch die Verfassungskommission in NordrheinWestfalen mit diesem Thema, und Sie haben sicherlich auch mitbekommen, dass die Bremer Initiative bundesweit aufmerksam verfolgt wurde. Aus den Erfahrungen dieser Ereignisse und aus dem Antrag des Ausschusses folgt, dass die politische Notwendigkeit der Ausweitung des Wahlrechts trotz des Urteils des Staatsgerichtshofs bestehen bleibt. Es bleibt richtig, Bremer Bürgerinnen und Bürger aus EU-Staaten das Recht zur Wahl des Parlaments zuzuerkennen, und es bleibt ebenso richtig, Bremer Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU-Staaten, die langjährig hier leben und arbeiten und deren Lebensmittelpunkt Bremen ist, das Kommunalwahlrecht zu geben. Bitte unterstützen Sie uns auf diesem Weg. – Herzlichen Dank!
Herr Bürgermeister, wie Sie gesagt haben, unternehmen wir hier im Bundesland Bremen eine Menge, was den interreligiösen Dialog betrifft, aber das ersetzt keine Programme und Angebote für Jugendliche, die den Ausstieg betreffen. Gibt es gerade angesichts des Anstiegs sowohl des Rechtsextremismus, aber auch der radikalisierten Muslime Gespräche mit muslimischen Verbänden in Bremen, die dieses Thema konkret behandeln?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben wieder einen Antrag vor uns liegen, der auf dem ersten Blick ganz gewiss von vielen gutgeheißen wird und auch gute Absichten hat. Auf dem zweiten Blick aber wird erkennbar, dass er sehr problematisch ist.
Der Antrag knüpft an die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der CDU an. In der Anfrage ging es vor allem um strafpflichtig relevantes Verhalten, insbesondere Drogendelikte in den Jugendhilfeein
richtungen, in der ZASt. Ich möchte nicht verschweigen, dass unter anderem auch nach geschulten Ansprechpartnern für hilfesuchende, junge Flüchtlinge gefragt wurde. Im Wesentlichen aber ging es vor allem um das Vorkommen von Straftaten.
Die Antwort des Senats war sehr deutlich und hat bestätigt, dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge objektive Fluchtgründe haben, dass sie also nicht in erster Linie nach Deutschland und nach Bremen kommen, weil sie hier ungestört Straftaten verüben wollen.
Die Fluchtgründe sind laut Verwaltung – das wird also nicht nur durch Studien belegt, sondern auch die Verwaltung beschäftigt sich mit den Fluchtgründen, was mich sehr gefreut hat – in der Regel Kriege, die politische und ethnische Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen, massive Gewalterfahrungen in Form von physischer, sexueller und psychischer Gewalt und sonstige Verletzungen von Kinderrechten wie drohende Zwangsheirat, Ausbeutung, Naturkatastrophen, aber auch Armut.
Zu diesen Fluchtgründen kommt noch eine Fülle von erschreckenden und traumatisierenden Erfahrungen hinzu, die die Flüchtlinge unterwegs erleben. Ich habe selbst mit einigen Beratungsstellen telefoniert – auch seitdem diese Kleine Anfrage vorliegt –, die gesagt haben, dass diese Jugendlichen im Durchschnitt bis zu zwei Jahren unterwegs sind, bis sie von ihrem Zuhause, ihrem Heimatort hier in Bremen ankommen.
Der Senat bezog sich in der Antwort auch ganz konkret auf die Vermutungen, dass einige dieser Jugendlichen vielleicht mit dem Ziel des Drogenmissbrauchs oder Drogenhandels einreisen könnten. Der Senat stellt aber fest, dass das nur Vermutungen sind, die jeglicher Grundlage entbehren. Der weitaus überwiegende Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hat keinen Kontakt zur Drogenszene in Bremen. Im Klartext: In der Anfrage aufgebaute direkte Verknüpfungen zwischen Einreise, Unterbringung in der ZASt und strafrechtlichen Delikten wie auch dem Drogenhandel entbehren jeglicher Grundlage.
Ich möchte aber nicht falsch verstanden werden, oder wir sollten uns nicht missverstehen! Drogenbesitz, Drogenhandel an oder durch Jugendliche muss bekämpft werden,
wo auch immer das in der Gesellschaft stattfindet! Diese Bekämpfung kann aber nicht auf Grundlage der Unterstellungen oder vagen Vermutungen über Zusammenhänge erfolgen, schon gar nicht, wenn man damit anderes im Sinn hat.
Die gleichen Andeutungen und Unterstellungen, Frau Grönert, entfalten sich auch in Ihren Forderungen. Die Maßnahmen, die Sie in Ihrem Antrag fordern, sind offen repressiv, zum Beispiel Platzverweis, Kontaktverbote oder Sperrstunden in Wohneinrichtungen, und ob mit solchen Maßnahmen eine Integration gelingen kann, die Sie mit Ihrer guten Absicht ja erreichen wollen, würde ich ganz stark in Zweifel ziehen.
Meine Damen und Herren, aus integrationspolitischen, aber auch psychosozialen und rechtlichen Gesichtspunkten können wir mit derzeit verfügbaren Ressourcen keine wirklich vollkommen befriedigende Versorgung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge erreichen, das gebe ich zu. Die Versorgung dieser Jugendlichen bedarf weiterhin Verbesserungen und vor allem Stabilisierungen.
Die Unterbringung der Jugendlichen in der Gemeinschaftsunterkunft, in der ZASt darf sich nicht in die Länge ziehen, nur im Notfall, was aber in der Steinsetzerstraße immer wieder der Fall ist. Nach wie vor benötigen wir aber weitere zivilgesellschaftliche Träger, die in der Lage sind, die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge anzunehmen, und Pflegefamilien, die die familiäre Versorgung sicherstellen.
Ich komme zum Schluss! Ich meine, wir müssen weiter an diesen Fragen arbeiten und dabei aber menschlich und wahrhaftig bleiben. Ich glaube, Ihr Antrag leistet keinen Beitrag dazu. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte gern in meinem zweiten Redebeitrag noch einmal einige Anmerkungen zu Ihrem Antrag machen und vielleicht auch noch genauer sagen, was unser Problem mit Ihrem Antrag ist, Frau Grönert. In Ihrem zweiten Redebeitrag sind Sie kaum auf Ihren Antrag eingegangen, finde ich. Es geht nicht um die allgemeine Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge, darüber diskutieren wir ja in fast jeder Bürgerschaftssitzung und auch in vielen Ausschussund Deputationssitzungen, es geht um den Zusammenhang zwischen den unbegleiteten Minderjährigen und den Drogendelikten, und ich finde, Sie sind in Ihrem zweiten Redebeitrag nicht darauf eingegangen. Unser Problem ist, dass Ihr Antrag von Unterstellungen und Vorannahmen ausgeht.
Ich möchte meine Zeit nutzen, um meine eigenen Punkte anzusprechen. Es tut mir leid, Herr Hinners!
Unser zweiter Kritikpunkt an Ihrem Antrag ist, dass Sie nicht in erster Linie von schutzbedürftigen Jugendlichen sprechen, sondern von Tatverdächtigen. In der Diskussion ist es ja so: Auf Basis dieser Kleinen Anfrage geht es hier um ganze 28 Personen, die mit Drogenkriminalität in der Polizeistatistik aufgefallen sind, das ist für Sie anscheinend zu wenig, um dem erwünschten Antrag Nachdruck zu verleihen, deshalb greifen Sie wie gewohnt zu dieser Dunkelziffer. Zu der Dunkelziffer möchte ich sagen, auch ich habe wirklich durchgehend einmal im Gesundheitsamt mit den Kolleginnen von KIPSY und den Drogenberatungsstellen Gespräche geführt, aber auch mit anderen Beratungsstellen, unter anderem habe ich auch mit REFUGIO gesprochen. Diese Beratungsstellen bestätigen heute nicht, dass diese Dunkelziffer existiert, denn diese Jugendlichen sind intensiv in Betreuung, sogar besser als in den eigenen Familien, denn sie würden im Alltag auffallen, wenn sie Drogen konsumieren oder nicht zur Schule gehen würden, und dann würden sofort Telefonate geführt werden. Deshalb kann man hier nicht von einer Dunkelziffer sprechen. Außerdem gibt es keine Bestätigungen oder Statistiken – zumindest sind mir keine bekannt –, dass diese Gruppe überdurchschnittlich von Drogenmissbrauch betroffen ist. Wenn Sie den Drogengebrauch meinen, so ist diese Gruppe nicht überdurchschnittlich davon betroffen.
Ich möchte noch etwas zu den Herkunftsständen sagen, etwa zum Beispiel Senegal. Einige dieser Jugendlichen kommen aus dem Senegal. Der Senegal fungiert als Umschlagsplatz für Drogen aus Asien und Lateinamerika auf dem Weg nach Europa und in die USA, das erläutern Sie ja auch in Ihrem Antrag. Ich nehme an, dass diese Jugendlichen auch von Drogenkonzernen dafür angeworben werden, das kann sein, aber was hat das mit dem Rechtsverständnis dieser Länder zu tun? In Ihrem Antrag unterstellen Sie, dass diese Länder kein Rechtsverständnis für diese Fragen haben. Glauben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass die Jugendlichen nicht wissen, dass das Unrecht ist, oder meinen Sie, dass senegalesische Eltern das toll oder nicht so schlimm finden, wenn ihre Kinder als Kuriere mit Cannabis oder Kokain erwischt werden?
Meine Damen und Herren, im Senegal herrschen strenge Gesetze gegen den Drogenhandel, im Jahr 2006 wurden diese Gesetze noch verschärft. Ganz Westafrika arbeitet mit Frankreich und England zusammen im Kampf gegen die internationale Drogenkriminalität. Auch in den Schulen laufen Anti-Drogen-Kampagnen, und deshalb finde ich, diese Sätze in Ihrem Antrag sind eine Unterstellung, dass es hier um das Rechtsverständnis der anderen Länder geht, ich finde, es geht hier vielmehr um die 50 Prozent Arbeitslosigkeit und die verbreitete Kinderarbeit und
die gewalttätigen Auseinandersetzungen in den südlichen Provinzen, das hatte Frau Vogt auch schon unter dem Stichwort Kindersoldaten angesprochen.
Ich fasse zusammen: Meine Damen und Herren, der wesentliche Satz der Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage lautet, dass der weitaus überwiegende Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge keinen Kontakt zur Drogenszene in Bremen hat.
Darauf, Frau Grönert, gehen Sie nicht ein, dass der größte Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hier in Bremen versucht, die Chance der Migration zu nutzen, um Bildung zu erlangen und in Arbeit zu kommen.
Die Ausnahme in Ihrem Antrag bilden die drei Punkte, wo es um die Unterbringung in der Zentralen Aufnahmestelle geht, wo es um verstärkte Hilfen in diesem Bereich geht. Ich habe in meinem ersten Redebeitrag gesagt, uns geht es darum, dass wir viel in diesem Bereich machen, aber auch viel besser werden wollen in der Betreuung und in der Beratung. Wir kümmern uns täglich um die bessere Betreuung sowohl der unbegleiteten Flüchtlinge als auch der übrigen Flüchtlinge.
Außer diesen drei Punkten empfinden wir den restlichen Antrag als repressiven Umgang mit Jugendlichen, deshalb ist er nicht tragfähig und verzerrt in unzulässiger und gefährlicher Weise das Bild von schutzbedürftigen Jugendlichen. Deshalb werden wir diesen Antrag mit gutem Gewissen ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde, wie auch meine Kollegin Frau Grönert, den Schwerpunkt zunächst auf den Bericht des Senats legen.
Bulgarien und Rumänien gehören seit sieben Jahren zur Europäischen Gemeinschaft, so steht es auch im Senatsbericht. Das bekannte Sprichwort benennt das siebte Jahr einer Ehe als das kritische, und wenn man es hinter sich gebracht hat, dann ist man aus dem Gröbsten heraus, aber für die Akzeptanz beider osteuropäischen Länder als vollwertige Mitglieder der europäischen Staatengemeinschaft haben diese sieben Jahre nicht ausgereicht.
Eine schlichte Tatsache, die auch der Bericht des Senats nennt, ist, dass die Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger zu den Grundprinzipien der Europäischen Union gehört, und, meine Damen und Herren, die Menschen aus Bulgarien und Rumänien machen von diesem Recht Gebrauch. Es leben circa 350 000 dieser Menschen in Deutschland, davon knapp 6 000 in unserem Bundesland. Ernst zu nehmende Studien sagen uns, dass die große Mehrheit von ihnen arbeitet und Sozialversicherungsbeiträge zahlt und damit auch das Bruttosozialprodukt Deutschlands vergrößert und stärkt.
Nur eine kleine Minderheit muss Leistungen aus den Sozialkassen beziehen, und davon wiederum macht dies eine kleine, winzige Minderheit, ohne dazu berechtigt zu sein. Ich bin unserem Senat dafür dankbar, dass er einmal ganz klar sagt, die Situation in Bremen – und das möchte ich auch in Richtung CDU sagen – sei mit anderen Städten wie Dortmund und Duisburg nicht vergleichbar, aber wir sollten genauso wenig mit dem Finger dorthin zeigen, denn auch in Bremen gibt es Mietwucher. Auch hier gibt es illegale Beschäftigungsverhältnisse, und es gibt auch in Bremen Menschen, die die Notlage dieser Menschen ausnutzen und davon profitieren. Darauf müssen wir uns konzentrieren und Abhilfe schaffen.
Ich möchte noch einmal den Bericht des Senats loben. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass in dem Bericht die Einwanderer erst einmal als Neubürgerinnen und Neubürger bezeichnet werden, ich habe mich aber auch über die klare Aussage gefreut, dass wir es uns nicht leisten können, die Potenziale der Zuwanderer einfach brachliegen zu lassen.
Der Senatsbericht stellt konkret fest, dass es eine Gruppe von Einwanderern gibt, die in ihren Herkunftsländern schon seit Langem struktureller Diskriminierung ausgesetzt sind, und diese Minderhei
ten werden auch nicht ausreichend geschützt, das sind die Roma, um die es auch in Ihrem Antrag geht, Frau Grönert. Die Roma bilden die größte Minderheit in Europa. Sie leben meistens in Armut, haben vielfach keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung, aber auch zu Bildungssystemen, und auch keinen angemessenen Wohnraum. Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit gehören zur Lebensrealität dieser Menschen. Angesichts dieser Situation spricht der Senat in seinem Bericht von nachvollziehbaren Motivationsgründen, das ist völlig richtig, und ich möchte hinzufügen, dass diese Auswanderer eine Chance für ein besseres Leben suchen, und das ist auch nachvollziehbar.
Wir können nicht einfach sagen, dass das uns nichts angeht, wie viele Politiker es aus Kreisen der CDU sowohl in Bremen, aber auch im Bundestag und in anderen Bundesländern sagen, es ist nämlich ein europäisches Thema. Es ist richtig, das Problem der Roma ist eine europäische Herausforderung, und es geht hier nicht um den Wahlkampf, Frau Grönert.
Es ist ein europäisches Thema, und in drei Tagen wählen wir alle, und ich denke, dieses Problem können wir nicht einfach nur den Roma überlassen, sondern es gehört auch zur europäischen Gesellschaft.
Ich möchte noch ein paar Sätze zum Antrag der CDU sagen, bevor ich mich dann noch einmal melde. Ich stelle häufig eine ziemlich starke Diskrepanz fest zwischen unseren Diskussionen in der Bürgerschaft und dem, was die Bundespartei anstrebt, liebe Abgeordnete der CDU. In diesen Tagen hört man zum Beispiel, dass Ihr Innensenator plant, Entschuldigung, Ihr Innenminister plant, die gesetzliche Regelung der problematischen Abschiebepraxis zu verändern und zu verankern.
Gleichzeitig diskutieren aber Sie in Bremen eine Initiative, die meiner Ansicht nach durchaus mit dem Inhalt Ihres Antrags auch eine Perspektive für eine lange Integration zeigt. Deshalb möchte ich sagen, hier sehe ich Anknüpfungspunkte, die es auch zu unserem Antrag gibt. Ich denke aber, unser Antrag geht weiter, und wir ergänzen die bisherige Bremer Politik. In einem nächsten Beitrag werde ich noch etwas näher darauf eingehen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn der Eindruck richtig ist, dass wir uns alle einig sind, dass niemand etwas gegen Freizügigkeit hat und wir uns alle ohne Ausnahme dafür einsetzen, dann, finde ich, können wir auch davon ausgehen, dass diese Freizügigkeit nicht nur für Privilegierte und Reiche gilt, die nach Belieben in verschiedene europäische Länder reisen und sich dort niederlassen können, sondern für jeden Mann und jede Frau, auch für Menschen aus Bulgarien und Rumänien.
Die Frage ist: Stehen wir zu diesem Prinzip oder nicht, akzeptieren wir diese Menschen als Bürgerinnen und Bürger unserer europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft, oder stempeln wir sie als Menschen zweiter Klasse ab?
Ich habe zumindest im zweiten Redebeitrag erwartet, Frau Grönert, dass Sie deutlicher auf diese Frage eingehen. Das ist der erste Schritt, bevor wir dieser Zielgruppe hier vor Ort auch Integrationsmaßnahmen anbieten.
Bremen hat – Herr Tuncel hat es auch gesagt – immer von der Einwanderung profitiert. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen: Wie wäre die Situation bei Arbeitgebern wie Mercedes-Benz und der Flugzeugindustrie ohne Menschen aus Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei? Das sind wenige Beispiele, es gibt eine lange Liste. Es wurde auch von der aktuellen Studie berichtet, in der aufgezeigt wird, welche Länder Vorteile aus der Finanzkrise in den südeuropäischen und osteuropäischen Ländern ziehen, und danach ist zurzeit Deutschland Gewinner dieser Krise.
Meiner Ansicht nach benötigen wir Instrumente vor Ort, die die Entwicklungschancen der Familien, Kinder und Erwachsenen besser erfassen als bisher, damit wir viel schneller darauf reagieren können. Ansätze gibt es in Bremen, an der Universität Bremen gibt es Projekte, zum Beispiel ist „Lernen vor Ort“ ein gutes Beispiel, das im Stadtteil Gröpelingen ansetzt und versucht, die Eltern und alle Netzwerke einzubeziehen. Letzte Woche wurde ein Bericht vorgestellt, leider war von der CDU niemand anwesend.
Wie in anderen Bereichen der Integrationspolitik tun wir auch hier eine Menge – ich kann eine lange Liste der Projekte vor Ort nennen –, aber wir müssen und können besser werden, und unser Antrag knüpft hier an. Es ist kein defensives Verhalten, Frau Grönert, ich verstehe es nicht! In fast jeder Bürgerschaftssitzung diskutieren wir über Integration und Migrationsfragen. Es gibt durchgehend Initiativen zu diesen Themen, und es ist überhaupt nicht so, dass wir hier stehen und zusehen, aber ich denke, in dem Bereich der Beratung, der Migrationsberatungsstelle, ist es eine neue Zielgruppe vor Ort, und uns fehlen noch die Erfahrungen.
Mit unserem Antrag sagen wir, wir sollten in dieser Frage auch ruhig auf externe Beratungen zurück
greifen, zum Beispiel benötigen wir ganz konkret Kultur- und Sprachmittler. In Gröpelingen haben wir sie, aber wir wollen, dass diesen Fragen viel stärker nachgegangen wird, damit die Kommunikation mit den Familien hergestellt wird, damit wir diese Zielgruppe aktivieren können und sie einen besseren Zugang zu unseren Einrichtungen bekommen, die wir auch in vielen Stadtteilen adäquat vorhalten.
Die Situation der Wohnbedingungen wurde von allen Seiten genannt. Ich denke, wir können nicht so schlimme Zustände hier vor Ort haben, aber ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass keine Schadenfreude am Platze ist, wenn man feststellt, dass die nachhaltigsten Ausbeuter von Migranten manchmal selbst einen Migrationshintergrund haben.
Egal, wer das Opfer ist und egal, wer die Täter sind, gegen Mietwucher und Verletzungen der Menschenwürde durch Wohnung und Arbeit, von wem auch immer, muss vorgegangen werden, und das durch die Behörden.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht tatenlos zusehen, dass sich hier rassistische Klischees gegen Roma-Familien ausbreiten.
Wir müssen ihrer Vorbereitung und ihrer Verstetigung entgegenwirken! Wir müssen Projekte gegen Antiziganismus, aber auch allgemeine Antirassismusarbeit in den Schulen machen, das sind Inhalte unseres Antrags. Bei solchen Projekten müssen wir die Kooperation mit den zivilgesellschaftlichen Strukturen und die Zusammenarbeit mit Organisationen und engagierten Leuten suchen. Das machen wir im Hinblick auf Flüchtlinge vor. In jedem Stadtteil, in dem es Flüchtlingsheime gibt, gibt es runde Tische und Initiativen, die ganz eng zusammenarbeiten. Bezogen auf bulgarische und rumänische Einwanderer müssen wir das vielleicht sogar mit diesen Zielgruppen gemeinsam machen.
Bei allen diesen Ansätzen, das ist ein zentraler Punkt, muss jetzt aber der Bund stärker als bisher in die Pflicht genommen werden. Wir benötigen finanzielle Unterstützung, und in unserem Antrag schla
gen wir konkret die Bildung eines teilfinanzierten Fonds vor, sodass wir auch viel schneller im Gesundheitsbereich, beim Impfschutz und in vielen Fragen aktiv werden können.
Zu den Integrations- und den Sprachkursen möchte ich sagen, das ist richtig. Da 45 Prozent der EU-Bürger bisher teilgenommen haben, weiß man, dass sie das wollen, dass sie integrationswillig sind, Frau Grönert, aber einen Anspruch auf Integrationskurse zu haben, bedarf einer anderen rechtlichen Grundlage, und dafür stehen wir.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, da unser Antrag viel besser ist. Ich bitte um Ihre Zustimmung! – Herzlichen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Ist es richtig, dass es bei Anerkennungsverfahren im Hochschulbereich keiner beglaubigten deutschen Übersetzung bedarf, wenn die vorgelegten ausländischen Dokumente, also Zeugnisse, Diplome, Notenspiegel et cetera, in englischer Sprache verfasst sind?
Zweitens: Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, dass die Handelskammer Bremen Dokumente in englischer Sprache für das Anerkennungsverfahren akzeptiert, während das Bildungsressort im schulischen Bereich in jedem Fall auf beglaubigten deutschen Übersetzungen besteht?
Drittens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Dokumente in englischer Sprache einheitlich als ausreichend anzuerkennen, um sowohl Zeit als auch Übersetzungs- und Beglaubigungskosten zu sparen?
Herzlichen Dank für diese ausführliche und fundierte Antwort! Ich habe eine Frage, die sich auf die Antwort auf Frage zwei bezieht: Gibt es vonseiten der Senatorin für Bildung und Wissenschaft Regelungen, wer die Kosten der Übersetzung der Dokumente ins Deutsche übernehmen soll, weil sie fachlich komplex und nicht in englischer Sprache verständlich und nachvollziehbar sind?
Sehen Sie Handlungsbedarf, wenn von un
serem Ressort englischsprachige Dokumente als fachlich komplex eingestuft werden?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es um die Darstellung der bremischen Integrationspolitik ging, legte der Senat früher noch Berge von Tabellen vor, die die Projekte und Maßnahmen in diesem Bereich auflisteten. Einige von Ihnen können sich vielleicht daran erinnern, das nannte man damals dann lntegrationskonzeption. Ich bin heute daher froh, dass der vorliegende Bericht ein Beweis für die erfolgreiche Fortentwicklung der Integrationspolitik ist.
Ich möchte dies begründen, weil dieser Bericht nicht nur irgendwelche Tabellen und Programme auflistet, sondern fokussiert auf die Beschäftigung und den Arbeitsmarkt ein Strategiepapier auf Basis belastbarer statistischer Zahlen und Fakten vorlegt. Ich danke auch hier der Senatskanzlei dafür!
Dieser Bericht beschreibt Maßnahmenprojekte im Hinblick auf Teilhabechancen, und ich bin froh darüber, dass hier auch Aspekte der Benachteiligung und Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt benannt werden, diese Aspekte sind früher des Öfteren ausgeblendet worden.
Meine Damen und Herren, dieser Bericht kennzeichnet, ohne zu beschönigen, dass Partizipation in Bremen ungenügend stattfindet und verbesserungswürdig ist, und in Zukunft müssen wir an dem Punkt ansetzen. Was mir häufig fehlt, ist aber die Messbarkeit der Wirkung dieser Maßnahmen: Welche Instrumente sind wirklich effektiv? Welche sind sinnvoll? Welchen Wert beziehungsweise welchen Stellenwert hat die interkulturelle Öffnung wirklich? Welche Möglichkeiten gibt es, auch nicht öffentliche Arbeitgeber dazu zu verpflichten? Wir müssen uns weiter darum bemühen, dass interkulturelle Öffnung nicht zu einem leeren Schlagwort zu werden droht.
Es wird gehandelt wie ein Allheilmittel, aber ist das wirklich so? Erreichen wir die Zielzahlen, die auf dem Papier stehen, und wenn wir diese nicht erreichen, warum erreichen wir sie nicht? Viel Gutes wird auch über das Beschäftigungspolitische Aktionsprogramm, BAP gesagt, aber was ist das konkrete Ergebnis aller dieser guten Ansätze? All dies sind Fragen, deren Beantwortung ich mir von der zukünftigen Bearbeitung des Handlungsfeldes Beschäftigung erhoffe.
Zentral scheint mir aber die Überlegung zu sein, dass Arbeit und Wirtschaft einander bedingen. Für die Beschäftigungsproblematik ist die Erreichbarkeit der Migrantinnen und Migranten wichtig. Meiner Ansicht nach können hier auch mehr Migrantenorganisationen stärker als bisher ins Spiel gebracht werden. Wir brauchen einen Dialog zwischen den Arbeitgebern und den Gremien der Migranten unterstützende Projekte, Beratungseinrichtungen und natürlich die Jobcenter und die Bundesagenturen für Arbeit.
Zum Schluss möchte ich gern drei Punkte benennen, die mir perspektivisch wichtig erscheinen. Erstens, wir müssen eine Doppelstrategie verfolgen. Wir müssen dieses Thema und diese Ansätze als Querschnitt betrachten, weil der Aufenthalt auch den Zugang zum Arbeitsmarkt bewirkt, aber wir müssen auch zielgruppenorientierte Angebote machen.
Zweitens, die Senatskanzlei hat in diesem Papier sehr ausführlich beschrieben, dass die Diversity-Strategien fehlen und wir das genau an der Stelle nachholen müssen, wie es auch in diesem Papier steht, denn nur so kann die zukunftsweisende Öffnung der Bremer Unternehmen gegenüber unserer vielfältigen Gesellschaft erreicht werden.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass das Land Bremen als vorbildlicher Arbeitgeber vorangeht. Das Land Bremen hat das selbst gesteckte Ziel, 20 Prozent Auszubildende mit Migrationshintergrund einzustellen, überschritten,
wir haben 24 Prozent erreicht, dazu gratulieren wir!
In diesen Bereich fällt aber auch die Notwendigkeit, konsequenter gegen Diskriminierung und Rassismus auf dem Arbeitsmarkt vorzugehen. Hier ist viel zu tun, meine Damen und Herren, gerade auch gegen die unterschwelligen Vorurteile, Klischees und Diskriminierungen.
Als letzter Punkt! Mir ist Folgendes wichtig, uns wird oft gesagt, dass wir systematischer werden sollen, dazu gehört auch, das sind aktuelle Zahlen, dass im öffentlichen Dienst in Bremen 13,8 Prozent Men
schen mit Migrationshintergrund arbeiten, in Bremerhaven sind es sogar 15,6 Prozent: Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, sondern müssen weiterschauen, dass Migrantinnen und Migranten auf allen Verwaltungsund Besoldungsebenen tätig werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern ganz kurz in einem Punkt Frau Grönert widersprechen beziehungsweise ihn nicht so stehen lassen. Sie haben gesagt, dass bei denjenigen, die arbeitswillig sind, die Arbeitssuche oder der Zugang zum Arbeitsmarkt dann erfolgreich ist. In dem Bericht wird sehr ausführlich auf mehreren Seiten beschrieben, bei welchen Gruppen wir rechtliche Probleme haben, zum Beispiel bei den Flüchtlingen, aber auch bei denjenigen mit Residenzpflicht, weil sie nicht
in ein anderes Bundesland gehen können, um Arbeit zu finden. Auch die Dauer der Aufenthaltserlaubnis ist ein großes Hindernis bei der Arbeitssuche, denn die Arbeitgeber stellen sich nicht einfach so darauf ein, wenn Menschen nur eine kurzfristige Aufenthaltserlaubnis haben. Auch die Nachrangigkeit spielt eine Rolle, dass zuerst die Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit berücksichtigt werden.
Ich fand sehr gut, Frau Grönert, dass Sie gesagt haben – das kenne ich auch von meiner Arbeit im Gesundheitsamt –, man überlege, in den Behörden vielleicht stärker als bisher die Verbindlichkeit für Fortbildungen zur interkulturellen Öffnung einzuführen, das haben wir in der Ausländerbehörde auch getan. – Herzlichen Dank!
Herr Senator, eine Frage dazu: Wie werden die syrischen Flüchtlinge in Bremen über diese Möglichkeit, dass sie ihre Angehörigen im Rahmen dieses Beschlusses aufnehmen können auch – dazu hat es ja noch weitere Beschlüsse gegeben –, informiert?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine Willkommenskultur macht ein Land als Standort attraktiv, eine Willkommenskultur braucht Wertschätzung und Offenheit, und eine Willkommenskultur braucht nicht zuletzt Anerkennung,
und ich meine dabei nicht nur die Anerkennung unterschiedlicher Bedürfnisse, Werte, Sprachen und Lebensstile, sondern ganz konkret auch die Anerkennung des bereits Geleisteten von Menschen, die hier leben oder ins Land kommen und das mitbringen. Dazu gehört die Anerkennung von im Ausland erworbener Abschlüsse und Qualifikationen. Ihre Anerkennung ist nicht nur die Voraussetzung, sondern auch unersetzlicher Bestandteil der Integration und damit Teilhabe und Partizipation. Das ist auf den Punkt gebracht die Quintessenz des Gesetzes, das wir heute in zweiter Lesung beschließen. Genau so, wie es auch in der Einleitung zum Bericht steht, ist dieses Gesetz für Menschen mit Migrationshintergrund ein klares Signal, dass sie hier in unserem Bundesland willkommen sind.
Dieses Signal, das verspreche ich Ihnen, wird von vielen gehört werden. Dieses Signal wird nicht nur von dem berühmten Taxifahrer, der in Wirklichkeit Ingenieur oder Lehrer ist und seit Jahren seinen Lebensunterhalt damit verdient, Taxi zu fahren, gehört, nein, es wird auch über die Landesgrenzen gehört werden, von den Menschen, die noch unschlüssig sind, ob es eine gute Idee ist, die Einwanderung in dieses Land zu wagen beziehungsweise Bremen als ihren Lebensmittelpunkt zu wählen. Auch ich kam einst als junge Grundschullehrerin in dieses Land und musste ganz von vorn anfangen. Damals gab es noch keinerlei Regelungen, und gerade deshalb freue ich mich nach 36 Jahren in Deutschland und in Bremen, dass ein solches Gesetz, das ein zentrales Problem angeht, auf dem besten Weg ist, heute verabschiedet zu werden.
Ja, das Signal sagt uns heute, dass Deutschland sich verändert hat. Nur noch wenige halten an der exklusiven Haltung – ja, Entschuldigung: arroganten Haltung – fest, dass nur in Deutschland Gelerntes solide sein kann.
Das Anerkennungsgesetz ist besonders zu loben, weil es unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltstitel für alle zugänglich ist. Das ist eines der wichtigsten Merkmale der gesetzlichen Neuregelung: Es trifft auf eine Situation, meine Damen und Herren, in der wir viele Flüchtlinge haben, die ins Land kommen, nach Bremen kommen und selbstbestimmt leben und arbeiten wollen. Es trifft auf eine Situation, in der nach und nach das Arbeitsverbot für Flüchtlinge – das hoffe ich – gelockert wird. Da ergeben sich Möglichkeiten, von denen alle etwas haben; eine klassische Win-win-Situation. Das bremische Landesgesetz ist ein gutes, weil Bremen bewusst entschieden hat – die Kollegin Tuchel hat das schon erwähnt –, Berufe wie Lehrer und Erzieherinnen und Pädagoginnen in dieses Gesetz einzubeziehen, weil gerade diese Menschen mit Migrationshintergrund in diesen Berufen als Brückenbauer und Vorbilder von großer Bedeutung sind. Ihr Anteil im öffentlichen Dienst soll ja sowieso erhöht werden.
Das Gesetz wurde zwischen erster und zweiter Lesung überarbeitet, und dafür danke ich insbesondere der Verwaltung. Der Beratungsanspruch wurde angesprochen. Damit haben wir die Wirksamkeit des Gesetzes gesichert, weil meiner Meinung nach gute Beratung halbe Integration ist. Wir wollen die Evaluation nach zwei Jahren und nicht, wie im Bundesgesetz, nach vier Jahren, denn wir wollen frühzeitig nachsteuern und gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle nachbessern. Außerdem gibt es ein faires Verfahren, in dem Transparenz großschrieben wird. Wir Grüne hätten auch gerne die Architekten und Ingenieure einbezogen. Da war eine Einigung noch nicht möglich. Hier geben uns die zwei Jahre bis zur Evaluation Zeit, die Möglichkeit, genauer hinzuschauen und vielleicht belastbare Fakten zu sammeln. Eines darf man nicht übersehen: Dieses Gesetz kann nicht alles leisten, was noch fehlt. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und Anpassungsqualifikationen bei Teilanerkennungen und beruflichem Deutsch bleiben für uns trotz der erleichterten Anerkennung eine Herausforderung. Meine Damen und Herren, es ist so weit: Gehen wir an die Arbeit, bringen wir das Gesetz auf den Weg und entwickeln sein volles Potenzial in der nachhaltigen Umsetzung und Praxis!
Am Ende möchte ich sagen: Bekanntlich ist ein Gesetz nur immer so gut wie seine Umsetzung. Das dürfen wir nicht vergessen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Beantwortung dieser Großen Anfrage zuerst im Ganzen bewerten. Die Antwort des Senats ist meiner Ansicht nach ein wichtiges bildungspolitisches Dokument. Sie wiegelt nicht ab, sondern nennt die Dinge beim Namen. Einen solchen zusammenfassenden Bericht hat es bisher noch nicht gegeben. Er vermittelt einen sehr guten Überblick über die aktuelle Situation und die vorhandenen Angebote.
Über eines freue ich mich besonders, dass die genannten Problembereiche und Angebote nicht allein unter integrationspolitischem – ja, man könnte auch das unter integrationsproblematischem Blickwinkel beleuchten, das ist ja meistens der Fall – Blickwinkel beleuchtet werden, sondern sie im Rahmen der Bildungspolitik dargestellt werden. Hier wird deutlich, dass die Kernansätze bremischer Integrationspolitik in Verwaltung allmählich verankert werden, dass die Versorgung der Flüchtlinge eine Querschnittsaufgabe geworden ist und dass sie auf allen Sektoren der staatlichen Daseinsvorsorge eine reguläre Zielgruppe zu werden beginnt, meine Damen und Herren. Das wollten wir immer erreichen, und das ist auch gut so.
Es ist eine neue Qualität des Umgangs mit den Flüchtlingen in Bremen. Natürlich gibt es Unterschiede. Es gibt immer Bereiche, in denen es besser funktioniert, und Bereiche, in denen es schlechter läuft. Einige wenige Jugendliche haben zum Beispiel noch keinen Schulplatz, da ja erst die Schuleingangsuntersuchung erledigt werden soll. Dann können sie die Schule beginnen. Das ist für einige Schulen in manchen Stadtteilen eine besondere Herausforderung. Aber wir sollten wegen solcher einzelnen Fälle nicht das Ganze infrage stellen. Jede Betreuung, die noch Mängel aufweist, jedes Kind, das noch in der Schule untergebracht werden muss, jede Unterbringungssituation, die noch nicht akzeptabel ist, gibt uns – uns allen! – Gelegenheit, noch besser zu werden, und ich bin überzeugt, das ist auch in den Ressorts die inzwischen überwiegende Herangehensweise. Unseren Anspruch haben wir in mehreren Konzepten im Zusammenhang mit Flüchtlingen dargestellt. Es muss
so sein, und es ist auch so: Bildungsintegration von Anfang an!
Ich möchte gern etwas zu dem verbundenen Antrag der LINKEN zu Verpflegungsfragen, der inzwischen auch über die Deputation gelaufen ist, sagen. Es geht konkret um die Situation in der ZASt, Zentrale Aufnahmestelle, Steinsetzerstraße. Wir wissen, dass die Unterbringung von Menschen in Gemeinschaftsunterkünften immer problematisch ist. Deshalb haben wir auch dafür gesorgt, dass die Verweildauer in der ZASt und in Übergangswohnheimen soweit wie möglich kürzer ist. Es bleibt aber unvermeidbar, meine Damen und Herren, dass die Flüchtlinge eine gewisse Zeit dort wohnen müssen, und sie müssen dort auch ernährt werden.
Jeder, der schon einmal in einer Kantine gegessen hat, weiß, dass es dort nicht so schmeckt wie zu Hause oder auch, wenn man selber kocht. Bei 250 Menschen, die alle unterschiedliche Esskulturen und Ernährungsgewohnheiten haben, ist das nicht ganz einfach. Es leuchtet ja auch ein, dass das Essen nicht den Geschmack von jedem und jeder von ihnen trifft. Aus all diesen Gründen legen wir Wert darauf, dass, wie ich gesagt habe und betonen möchte, die Aufenthaltszeit in der ZASt kurz ist und dass man in den Übergangswohnheimen selber kochen darf.
In der ZASt ist eine Kantinenverpflegung unvermeidlich. Es muss bei diesen Klienten auch Regeln geben. Auch in der ZASt muss es eine Hausordnung geben, und sie gibt es. Dass zum Beispiel verderbliche Nahrung nicht mit auf das Zimmer genommen wird, gebietet die Hygiene, zumindest solange es keinen Kühlschrank in jedem Zimmer gibt. Es gibt selbstverständlich Ausnahmen bei Kranken und bei Wöchnerinnen.
Viele Punkte wurden inzwischen geprüft,
die Mahlzeitausgabe wurde erweitert, die Lieferung von Speisen kommt von einem zertifizierten Catering, und es gibt auch Nachschlag: Gemüse, Reis oder Kartoffeln!
Zum Schluss möchte ich betonen, meine Damen und Herren, dass uns sehr wichtig ist, dass die Küchensituation bei allen unseren Überlegungen und Planungen für eine neue Unterkunft für Flüchtlinge eine wichtige Rolle spielt, insbesondere in den Beiräten. Eine entscheidende Rolle spielt, dass diese Menschen dort selbst kochen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gerne auf zwei, drei Themen, die jetzt sowohl von Frau Grönert als auch von Ihnen, Frau Vogt, angesprochen worden sind, eingehen. Zur Frage der statistischen Daten. Ja, in der Großen Anfrage gibt es noch einige Lücken, aber es gibt auch Datenschutzbestimmungen und Probleme. Gerade in Bezug auf Asylsuchende und Flüchtlinge müssen wir sehr sensibel überlegen, um zu sehen, welche Daten wir praktisch neu noch in diesem Bereich aufnehmen. Es ist erkannt, dass es in einigen Bereichen bei der Datenaufnahme Voraussetzungen gibt, wie man das verbessern möchte. So habe ich das der Beantwortung der Großen Anfrage entnommen.
Zur Erhebung der Sprachen! Es wundert mich. Sie brauchen einfach nur in die Liste der Herkunftsländer schauen. Bekannt ist: Da gibt es die Statistiken. Das wird veröffentlicht, und das ist auch in den Deputationen vorgestellt worden. In der Regel kann man von den Herkunftsländern auch auf die Sprachen schließen.
In der Regel, habe ich gesagt! Natürlich gibt es in der Türkei die kurdische und die türkische Sprache, im
Iran gibt es noch drei andere und so weiter, aber in der Regel kann man darauf schließen. Dass sie diesen Anspruch erheben! Gerade in dem Bereich sind wir sehr gut in der Statistik, wenn man ihn mit anderen Bereichen mit Migrationshintergrund vergleicht. Da hat man einen guten Einblick, was die statistischen Daten anbetrifft.
Zweiter Punkt! Ich möchte zu Frau Grönert noch eine Anmerkung machen. Ich musste ein wenig zucken, als Sie gesagt haben, dass es in den Unterkünften eng ist und es noch enger wird. Ja, das wissen wir! Deswegen auch die ganzen Anstrengungen mit Mobilbauten und so weiter, um mehr Unterkünfte zu planen, in der Woche sehr oft zwei bis drei Beiratssitzungen, in denen ein Teil der Verwaltung mit der Senatorin und dem Staatsrat vor Ort ist und versucht, mit der Bevölkerung zu sprechen. Es gibt Einwohnerversammlungen, viele Abgeordnete sind vor Ort – Sie ja auch! –, weil wir wissen, dass es eng ist. Aber es gibt bisher keine Deputation, in der Sie irgendeiner Unterkunftsplanung zugestimmt haben. Das muss ich einfach sagen, wenn Sie sagen, dass alles eng ist. Wir planen ja Unterkünfte. Warum stimmen Sie nicht zu? Das ist für mich eine große Frage.
Als letzten Punkt möchte ich gerne etwas zur Sprachförderung sagen. Es ist richtig, finde ich, dass viele Bereiche, viele Ressorts von der Anzahl der Flüchtlinge, auch der unbegleiteten Minderjährigen, die im Vergleich zu anderen Bundesländern gehäuft nach Bremen kommen, betroffen sind. Sie sind dabei, sich nach und nach darauf einzustellen. Wir wissen aber, auch angesichts des Anstiegs der Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015/2016 – ich gehe davon aus, das ist klar –, dass auch die Sprachförderung, die Angebote in den Schulen gerade in Bezug auf die schulpflichtigen Kinder erhöht werden müssen. Im Zusammenhang mit Schule sprechen wir über die Sprachförderung, weil wir erkannt haben, dass Sprachkenntnisse der Schlüssel zum Bildungserfolg dieser Kinder sind. Ich gehe davon aus, dass wir uns da alle einig sind. Aber wir müssen sagen, dass wir uns zurzeit nicht in einer normalen Situation befinden. Am Ende bedanke ich mich für dieses Dokument und auch für diese Debatte.
Zu den Vorwürfen zu der Kantine in der ZASt und der allgemeinen Problematik, Frau Vogt! Ich muss sagen, dass es die Gegebenheiten vor Ort in der ZASt nicht zulassen, es anders zu lösen. Die Lösung ist – ich gehe davon aus, dass Frau Senatorin Stahmann etwas zu den grundsätzlichen Überlegungen sagen wird –, dass man die ZASt vielleicht in ein anderes Gebäude verlegt, damit wir die Räumlichkeiten ha
ben, die Kantine anders zu organisieren. Diese Bemühungen gibt es. Ich hoffe, dass das erfolgreich ist, und ich freue mich schon jetzt darauf! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!