Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Beifall bei der CDU)

Alle, meine Damen und Herren, spüren längst die Knechtschaft leerer Kassen, von der auch Sie, Herr Dr. Kuhn, sprechen, nachdem man hier inzwischen wirklich nachhaltig einnahmeüberschreitende Dauerausgaben beschlossen und verkündet hat. Dabei richtet sich im Moment mein besorgter Blick nur auf

das Hier und Heute. Von unseren Altschulden aus dieser Art des angeblichen Haushaltens wollen wir noch gar nicht sprechen. Es rächt sich eben morgen, Herr Dr. Kuhn, was heute falsch entschieden wird.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das waren Sie! – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Diese Fi- nanzsenatorin hat sie alle geerbt!)

Das ist bei Regierungswechseln immer so, dass die Vorgängerregierung schuld ist.

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen – Glocke – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Die heißen Altschulden, weil sie alt sind!)

Herr Dr. Güldner, lassen Sie uns regieren, und ich übernehme dann anschließend Ihre Probleme!

(Unruhe – Glocke)

Herr Kollege Kau, Sie haben das Wort! Bitte, meine Damen und Herren! – Meine Damen und Herren!

In einer modernen bargeldlosen Gesellschaft landet die finanzielle Auswirkung jeder Fehlentscheidung nun einmal auf irgendeinem Konto oder eben auf irgendeiner Haushaltsstelle. Wie spottet bekanntlich der Banker beim Kreditausfall? Das Geld ist nicht weg, es hat nur jemand anders! Bezüglich der Schulden, die unsere Generation absehbar hinterlassen wird, ist dies eben kein Spaß mehr, Herr Dr. Güldner; denn jene, die sie abtragen sollen, sind die kommenden Generationen. Wer Kinder hat und über den eigenen Lebensrand hinausschaut, muss dem Schuldenmachen Einhalt gebieten. Das sind wir den kommenden Generationen schuldig.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von Bünd- nis 90/Die Grünen)

Herr Dr. Güldner, ein bisschen zuhören können Sie doch auch!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie machen nur Sprüche! Sie ma- chen nur große Sprüche!)

Warten Sie es doch ab! Nein, das ist die Wahrheit!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Keine einzige Aussage! Ein Kalau- er nach dem anderen! Was ist das für eine Haushaltsrede? – Glocke)

Herr Dr. Güldner, warum sind Sie so?

Die verabredete Schuldenbremse ist ein Befreiungsschlag für die nach uns Kommenden, und sie wird eines Tages im Rückblick als finanzpolitischer Wendepunkt in die staatliche Haushaltsgeschichte eingehen; da bin ich mir sicher.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu Ihnen, Frau Bürgermeisterin Linnert. Haushaltsberatungen sind die Stunde der Opposition. Von daher: Herzlich willkommen in der Schuldnerberatung! Friedrich Schiller, der Autor von „Die Räuber“, sagt:

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Ein Kaulaner nach dem anderen!)

„Ein schwankendes Gebäude braucht des Erdbebens nicht!“ Das Kartenhaus, das Sie vorweihnachtlich zusammengebastelt haben, steht weder auf einem sicheren Einnahmefundament noch ist das Ausgabengerüst stabil. Auf beiden Seiten kann Ihnen der Wind jederzeit durch den Zahlenwald fegen. Als letztes, bildlich übertragenes Beispiel dafür kommt mir der Orkan Xaver in Erinnerung.

(Zuruf des Abg. F e c k e r [Bündnis 90/ Die Grünen])

Das fällt aber echt schwer, Herr Fecker, einfach einmal andere Meinungen zu hören.

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Uns fällt es auch schwer, Ihnen zuzuhören!)

Da drängt das Weserhochwasser sturmbedingt bis an den Rand der über Jahre erhöhten und befestigten Deiche, die ein Überschwemmen des Weserstadions verhindern können. Hier gab es also wenigstens schon einmal einen Sicherheitsabstand, und niemand käme auch nur auf die Idee, diesen aufzugeben. Eher würde man beim Deichverband an ein Aufstocken denken. Sicherheitspuffer sind nämlich durchaus sinnvoll und helfen auch anderen.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das machen wir, Herr Kau! 32 Millionen für den Küstenschutz!)

Wenn Sie den Strudel eines Abstiegskampfes verhindern wollen, dann ist jeder Punkt Sicherheitspolster bis zum Relegationsplatz Gold wert. Was beim akuten Hochwasserschutz und beim Bundesligaklassenerhalt gilt, das sollte auch auf dem Konsolidierungspfad eines Haushaltnotlagelandes beachtet werden. Da hilft eben die neueste Parole, sich zu verschanzen, wenig. Herr Dutt empfiehlt in der Situation, die Ohren auf Durchzug zu stellen. Er will die Schotten herunterlassen. Frau Bürgermeisterin Linnert, einen ähn

lichen Eindruck hatten wir auch von Ihnen in Bezug auf die – –.

(Unruhe – Glocke)

Meine Damen und Herren, der Kollege Kau hat das Wort! Ich bitte doch, dem Redner Aufmerksamkeit zu schenken. – Bitte!

Den gleichen Eindruck, Frau Bürgermeisterin Linnert, hatten wir auch in Bezug auf die besorgt vorgetragene Kritik und die Ihnen bekannte, wenn auch nicht formale Rüge des Stabilitätsrats. Wir fanden es schon bemerkenswert: Da steht uns das Wasser bis zum Halse, und wir wissen nicht mehr, uns selbst aus dem Sumpf der Defizite und Schulden zu befreien. Dann hilft man uns mit großzügigen Mitteln über einen verlässlichen Zeitraum von mehreren Jahren und schickt uns auf einen steinigen, aber gangbaren Konsolidierungspfad. Am Ende wollen wir noch – Herr Böhrnsen hat es erwähnt –, dass zum Beispiel die Altschulden in einem gemeinsamen Fonds landen und wir von den im wahrsten Sinne des Wortes lästigen Zinslasten befreit werden.

Aufgrund Ihres Berichts vom 15. September stellt der Stabilitätsrat fest, dass die Maßnahmen nicht zu einer hinreichenden Entlastung der bremischen Haushalte führen und eine Verstärkung des Konsolidierungskurses bislang nicht erkennbar ist. Der Stabilitätsrat sieht den erfolgreichen Abschluss des vereinbarten Sanierungsprogramms sogar als gefährdet an und fordert die Verantwortlichen in Bremen klar zu einer Verstärkung des Konsolidierungskurses auf. Das ist verständlich; denn Ihr Sicherheitsabstand schmilzt von 2014 bis 2018 von 140 Millionen Euro auf dann nur noch 27 Millionen Euro ab. Ob der Deich dann noch hält, um uns allen gegebenenfalls das Schuldenwasser von der Oberkante Unterlippe beziehungsweise das Bundesland Bremen vom Abstiegsplatz in die Unselbstständigkeit fernzuhalten, weiß ich momentan nicht.

(Beifall bei der CDU)

Uns wäre es lieber, Sie würden diese Rüge ernsthaft beherzigen, statt auf eine Wagenburgmentalität zu setzen. Andere sprechen bei Ihnen sogar von übersichtlichem Unrechtsbewusstsein.

Statt Asche auf Ihr Haupt zu streuen, beklagen Sie sich im Interview mit Unschuldsmiene, lediglich am eigentlichen Thema vorbei, über die angebliche Verschärfung des Tons. Dabei haben Sie eigentlich alle Voraussetzungen, Frau Bürgermeisterin Linnert, sich an die Haushaltssanierung zu machen: Die Steuerquellen sprudeln. Die Wirtschaftsprognosen stehen günstig. Sie haben klare Mehrheiten, die Sie für all Ihre Beschlüsse nutzen können; denn in den Jahren 2013 und 2014 stehen in Bremen keine Wahlen an. Selbst die Opposition, zumindest meine Fraktion, würde Sie unterstützen. Die Zinsen sind nach wie vor his

torisch niedrig, und obendrein haben Sie, nein, wir gar keine andere Wahl, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Nun haben wir Ihnen nicht nur Gespräche angeboten, sondern einen eigenen Haushaltsantrag vorgelegt. Sie werden ihn – wir haben es ja schon gehört – routinemäßig belächeln, schlechtreden und reflexartig ablehnen. Ich erläutere ihn, Herr Dr. Güldner, trotzdem!

In Übereinstimmung mit meiner CDU-Fraktion müsste eigentlich jeder hier im Hause diesen Haushalt ablehnen, der den Stabilitätsrat respektiert und künftig noch Freundschaftsdienste anderer Bundesländer in Anspruch nehmen möchte, wenn es um die notwendige Neuregelung der Länderfinanzen und die ungeklärte Altschuldenthematik geht. Machen Sie sich also an die Arbeit, überarbeiten Sie Ihr Stückwerk, gehen Sie endlich an eine ergebnisoffene Aufgabenkritik, und seien Sie mutiger beim Abbau von Doppelstrukturen! Man kann sich in schwierigen Zeiten und bei knappen Kassen eben nicht alles leisten, und schon gar nicht doppelt.

Die anstehende Kammerfusion halten wir für ein vorbildliches Beispiel. Erstens: Der Personalbestand in den Produktplänen Bundes- und Europaangelegenheiten, Arbeit und Allgemeine Finanzen sollte unseres Erachtens nicht noch über den jetzigen hinaus aufgestockt werden. Die Sozialleistungen sollte man an die durchschnittlichen Leistungen auf Bundesebene beziehungsweise anderer Großstädte anpassen. Schaffen Sie das Stadtticket ab, und investieren Sie das eingesparte Geld lieber für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher! Das ist eine sinnvolle Zukunftsinvestition, die auch ihre soziale Rendite abwerfen wird.

(Beifall bei der CDU)

Bauen Sie lieber die Ganztagsschulen zügig aus, und verzichten Sie auf den freiwilligen Zuschuss zum Mittagessen, und sprechen Sie vor allem auch in Ihrem eigenen Interesse unverzüglich mit den Tarifpartnern und Personalräten im öffentlichen Dienst über eine verlässliche, zeitlich befristete Vereinbarung zur Einkommensentwicklung. Den Leuten ist sicherlich der Spatz in der Hand lieber als keine Taube auf dem Dach ihres Hauses.

(Beifall bei der CDU)

Unter dem Thema „wachsende Stadt“ stellen Sie bitte attraktive Bauflächen für jährlich 500 junge Familien zur Verfügung, damit wir Neubürger in die Stadt bekommen, und verzichten Sie – das ist mir ganz wichtig! – auf jegliche Art der völlig unnötigen Beteiligung an einer Netzgesellschaft. Diesen Zukauf wie auch andere überflüssige Rekommunalisierungs

vorhaben versteht kein Mensch mehr in dieser Stadt und in einem Haushaltsnotlageland.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen weniger Staat in Bereichen, die nach dem hier in Bremen leider vernachlässigten Subsidiaritätsprinzip auch in privater Hand gut aufgehoben sind oder sein können.

Zu Ihrem Thema Großveranstaltungen! Herr Dr. Kuhn, das befindet sich doch seit 10 Jahren in der Prüfung, und bis heute wurde keine ordentliche rechtliche Grundlage geschaffen. Zu fragen ist: Wen wollen Sie einbeziehen, wen wollen Sie nicht einbeziehen? Die schwierige Frage für die Polizei lautet nach dem Kostenstellenprinzip: Wo hört allgemeine Gefahrenabwehr auf, und wo beginnt besondere Gewaltprävention? Wie wollen Sie denn bei einem Polizisten, der einen Tag mit Werder unterwegs ist, unterscheiden, wofür er gerade tätig ist? Ich halte das nicht für den richtigen Weg.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie kennen die Antwort schon, wir ken- nen die Antwort nicht!)

Last, but not least, um Ihre Aufregung zu vervollständigen:

(Heiterkeit)