Was den Einsatz von Medikamenten betrifft, finde ich den Antrag, ehrlich gesagt, schon sehr zurückhaltend. Dass nicht derselbe Tierarzt die Antibioti
ka verschreiben und verkaufen darf, ist zwar ein richtiger Schritt. Notwendig wäre aber, dass das standardmäßige Verabreichen – also nicht dann, wenn eine Erkrankung vorliegt, sondern sozusagen schon prophylaktisch – verboten werden müsste. Das geht einfach nicht. Das würde die betriebswirtschaftliche Kalkulation betreffen. Das ist faktisch natürlich auch aus der Kostenperspektive ein Problem. Aber insofern finde ich den Punkt sehr gut, dass bei der Beschaffung angesetzt wird. Das ist nicht einfach, weil es auch eine Kostenfrage ist. Das sind immer ökonomische Gesichtspunkte.
Andererseits haben wir auch in diesem Bereich Fälle erlebt, bei denen die Schulversorgung durch globalisierte Versorgung ein Problem wurde. Die chinesischen Erdbeeren waren ein Beispiel dafür.
Hier zielt der Antrag in der Tat darauf, eine Art Korridor zu definieren, also den Anteil von Produkten aus nicht intensiver Tierhaltung kontinuierlich zu steigern. Ich finde es richtig, dass wir sagen: Was ist mit unseren Krankenhäusern, unseren Kitas, unseren Schulen? Was ist mit den Kantinen der Eigenbetriebe, auch der städtischen Gesellschaften? All das muss in den Fokus genommen werden. Dabei gibt es zwar kleine erste Schritte. Aber das reicht bei Weitem nicht aus.
Der Beschluss ist natürlich nur so viel wert wie die Umsetzung; das ist klar. Aber der Bereich ist wichtig, und wir müssen hier eine enorme Hartnäckigkeit an den Tag legen und das weiterhin verfolgen. Insofern finde ich, dass das ein sehr guter Antrag ist. – Ich danke Ihnen!
Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Kollegen Saffe jetzt aufrufe, begrüße ich recht herzlich die Besuchergruppe Artikel 5 Grundgesetz. – Herzlich willkommen!
Lieber Frank Imhoff, ich habe nicht die Landwirtinnen und Landwirte für die Skandale schuldig gesprochen. Ich habe vielmehr geäußert, was immer mehr Demonstranten, Verbraucherinnen und Verbraucher zum Beispiel in Berlin auf der Grünen Woche – –.
Ja, ganz genau, und die fordern das! Natürlich sind es die großen industriellen Agrarkonzerne, die alles kaputt machen.
Wir müssen zwei Bereitschaften haben. Die eine Grundbedingung – das hat Frau Bernhard eben schon angedeutet –, ohne die es nicht gehen wird, ist: Wir müssen unseren Fleischkonsum wirklich deutlich reduzieren. Das ist keine fiese grüne Verbotsidee, mit der wir den Leuten den Spaß am Leben verhageln wollen. Es geht einfach nicht anders. Wenn man den Antrag ernst meint, wenn man jegliches Bestreben zu einer Agrar- und Ernährungswende ernst meint, müssen wir da herunter.
Derzeit haben 74 Prozent der Deutschen jeden Tag ein Stück Fleisch auf dem Tisch. Es geht einfach nicht mehr, dass wir an jedem Tag der Woche Fleisch essen. Wir müssen es reduzieren.
Ja, warum nicht? Es ist etwas Schönes, wenn man sich überlegt, nur jeden dritten, vierten Tag oder am Wochenende den berühmten Sonntagsbraten zu essen, sich wieder darauf zu freuen, wie das früher war. Bei mir zu Hause war das wirklich so! Man ehrt und achtet das Tier, wenn es anständig aufgezogen wird. Man ehrt und achtet auch die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte. Ich finde, das ist eine ganz wichtige Sache.
Das Zweite ist, dass wir unbedingt bereit sein müssen, mehr als die 11 Prozent unseres Durchschnittseinkommens für Lebensmittel zu zahlen. Das halte ich für eine Schande. Das ist eine Missachtung der guten Arbeit der Bäuerinnen und Bauern. Ernährung sollte uns deutlich mehr wert sein.
Es ist ganz schwer was faul im Staate. Im „WeserKurier“ war vor ein paar Tagen eine Werbeanzeige: Lidl, ein Kilo Kasslernacken 4,99 Euro. Da kann irgendetwas nicht stimmen. Dieser Preis sagt aus, wie Menschen, Tiere und Umwelt ausgebeutet werden.
Anständig geht das nicht unter 14 Euro. Das gibt es. Das können wir uns leisten, wenn wir den Fleischkonsum herunterfahren.
Kein Thema ist so buchstäblich in uns drin, ja, wirklich tief in uns drin, wie die Ernährung, mehrfach am Tag. Sie sollte uns wirklich mehr wert sein.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zwei, drei Anmerkungen noch, vielleicht auch noch eine mehr, mal gucken!
Herr Imhoff, ich bin mit meiner Rede ja nicht fertig geworden. Nachweislich steht hier, dass ich selbstverständlich dafür bin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft erhalten bleibt. Das ist doch klar. Ich weiß, dass es in der engeren Landwirtschaft etwas über 870 000 Beschäftigte gibt. Das ist kein kleiner Bereich. Das ist viermal Stahlindustrie oder so. Das ist also schon etwas.
Wir haben einen Dissens darin, dass Sie versuchen, uns so eine kleinbäuerliche Idylle vorzuführen, bei der im Sonnenuntergang – ich überzeichne das jetzt – der Landmann seine Scholle verlässt und sozusagen glücklich nach Hause geht. Das gibt es nicht mehr so richtig. Das mag es noch geben. Aber so richtig viele gibt es davon nicht mehr.
Ich kenne in der Landwirtschaft diverse Industriebetriebe, die knallhart kalkulieren und knallhart sagen: Wir erzeugen hier Lebensmittel, und zwar zu Bedingungen, dass wir auf dem Weltmarkt mithalten können, auch zu jedem Preis. – Ich kenne Betriebe, die in der Erntezeit 1 000 Erntehelfer haben – 1 000 Erntehelfer! –, die sie mit ausgedienten Bussen aus dem öffentlichen Personennahverkehr von Acker zu Acker fahren, damit sie den Spargel einsammeln. Es sind nicht irgendwelche kleinen Buden mit drei oder fünf Leuten, sondern richtig große Betriebe.
Ich kenne auch die Schicksale von Wanderarbeitern, die in der Landwirtschaft rund um uns eingesetzt werden und die zu erbärmlichen Bedingungen arbeiten müssen.
Ich wiederhole das noch einmal: Wer schon mit den Menschen so umgeht, wie geht der erst mit seinen Tieren um?
Ich weiß, die CDU treibt da, zumindest auf Bundesebene, eine knallharte Klientelpolitik. Der Deutsche Bauernverband stellt sozusagen die Spitzen in der CDU-Bundestagsfraktion. Wer das Sagen hat, das ist der Deutsche Bauernverband direkt. Er kann ja Klientelpolitik machen. Aber man muss das wissen. Ich kann offenlegen, wer welche Funktion in den Bauerverbänden und im Deutschen Bundestag hat.
Themen gegeben: Antibiotikaeinsatz reduzieren, klare Regelungen für die Intensivtierhaltung, effizientes Tierarzneimittelgesetz schaffen, 28. Februar 2013, SPD, da kommt es her. Die Dinge sind immer von der CDU – damals noch in einer anderen Koalition – abgelehnt worden. Unsere Dinge sind immer schlicht abgelehnt worden, und man hat nicht danach geguckt, was denn da ist.
Ich will noch ausführen, was wir machen können. Wir müssen die ländlichen Räume entwickeln. Das ist das Ziel. Ich weiß, dass es durchaus unser gemeinsames Ziel ist, ländliche Räume weiterzuentwickeln. Wir müssen ländliche Strukturen fördern, weil in solchen Strukturen die Massentierhaltung nicht so viele Chancen hat.
Wir brauchen – ich wiederhole das noch einmal – die Demokratie des Einkaufskorbes. Man muss wissen, was man kauft. Man muss aber auch wissen, dass sich nicht jeder das leisten kann, weil nicht jeder viel Geld verdient und viel Geld hat. Manche müssen eben das kaufen, was da ist, und das sind nicht manche, sondern das sind ganz, ganz viele, und auch diese Menschen haben Anspruch auf gesunde Nahrungsmittel zum Verzehr.
Wir brauchen regionale Produkte. Dass Mitmenschen Wasser aus Italien oder Wein aus Frankreich trinken müssen, sei ihnen unbenommen. Aber ich finde, wer das Zeugs hierher karrt, der muss auch die Kosten für das Herkarren bezahlen, und zwar inklusive Umweltkosten!
Es fördert eine traditionelle regionale Landwirtschaft, wenn wir dafür sorgen, dass die Landwirte eine Chance haben, ihre guten Produkte regional zu vermarkten. Auch ich gehe doch lieber dorthin, von wo ich weiß, woher das Schwein gekommen ist, wie es gehalten worden ist und wie damit umgegangen worden ist, und kaufe dort. Das tue ich auch! Ich stelle noch nicht einmal fest, dass die nun deutlich teurer sind. Wer auf den Wochenmarkt geht, der kann feststellen: Die Stände gibt es dort seit 10, 20, 30 Jahren. Die Verkäufer genießen das Vertrauen der Kunden. Dahin kann man gehen. Die sind auch nicht teurer als der Discounter um die Ecke, bei dem man nicht so genau weiß, woher das alles so kommt. Also: Auch wir können etwas tun.
Wir müssen die bäuerliche Landwirtschaft deutlich stärken – ich wiederhole das noch einmal –, und zwar die Art und Weise, wie verantwortungsvoll umgegan
gen wird. Wir brauchen Erzeugergemeinschaften, wir brauchen hofnahe Kreisläufe, und wir dürfen nicht vergessen, dass die Landwirtschaft einen großen Teil unserer Kulturflächen hält. Die Landwirtschaft gehört zu unserem Kulturkreis. Vor 2 000 Jahren war hier alles mit Wäldern bedeckt. Das ist aber nicht mehr. Jetzt haben wir eben die Landwirtschaft, weil es auch mehr Menschen gibt, die ernährt werden müssen.
Von daher habe ich hier nicht gegen die Landwirtschaft gesprochen, sondern ich spreche dafür, dass wir gemeinsam mit der Landwirtschaft dafür sorgen, dass die Produktionsmethoden so sind, dass wir alle damit leben können. – Schönen Dank!