Meine Damen und Herren, bevor ich Herrn Kollegen Imhoff das Wort erteile, begrüße ich auf der Tribüne recht herzlich Studierende des International Graduate Center der Hochschule Bremen. – Seien Sie herzlich willkommen!
Danke, Herr Präsident! Ich war eben bei den Arzneimitteln stehen geblieben. Ich möchte noch einmal erklären, wie das überhaupt läuft. Wenn ich ein oder mehrere kranke Tiere im Stall habe, dann rufe ich einen Tierarzt an, der kommt, und dann wird erst einmal untersucht. Man muss ja die Diagnose haben, bevor irgendein Medikament an ein Tier verabreicht wird. Der Tierarzt muss eine Diagnose gestellt haben und muss vorher auch festgestellt haben, womit das Tier behandelt werden kann, damit es wirkt.
Dafür gibt es so schöne Zettel. Die alle werden vom Tierarzt ausgefüllt. Dann muss ich selber Buch führen, weil ich jederzeit lückenlos beweisen können muss, wo ich wann irgendwelche Tropfen oder irgendeine Tablette gelassen habe. Wenn ich eine Kuh oder ein anderes Tier zum Schlachter bringe, muss ich wieder komplett ausfüllen, dass sich darin kein Antibiotikum mehr befindet oder sonst irgendetwas.
Wenn ich eine Kuh nach dem Kalben praktisch in die Kanne gemolken habe, muss ich vorher untersuchen – dafür habe ich ein Probeentnahmegeräte –, ob die Milch in Ordnung ist. Sie glauben gar nicht, was für einen Aufwand wir da momentan schon betreiben. Ich will mich darüber zwar nicht beklagen. Aber ich glaube, das wissen hier viele einfach nicht. Deswegen wollte ich es noch einmal erzählen.
Herr Saffe und Frau Bernhard haben die Antibiotikaresistenz noch einmal angesprochen. Keine Frage, dass der Antibiotikaeinsatz bei den Tieren mit zu einer Resistenz führt. Aber dass Sie allein im Untersuchungsausschuss aufgedeckt hätten, dass das so wäre, das glaube ich nun nicht so ganz. Denn eigentlich ist das nur deshalb in den Abschlussbericht hineingekommen, weil die Grünen darauf so gedrängt haben,
denn auf eine Anfrage der Grünen an den Senat vor gut anderthalb Jahren zu Antibiotika hat der Senat schriftlich geantwortet, dass ein Großteil der Antibiotikaresistenz durch unsere eigene Medizin und durch die Verabreichung an uns Menschen hervortritt. Auch das darf man bei der Diskussion nicht vergessen. Das musste ich einmal sagen.
Herr Jägers, Sie sprachen an, ich solle Ihnen hier keine Idylle vorspielen. Nein, das will ich auch gar nicht. Wir haben schon öfter solche Debatten geführt, und ich habe Ihnen auch gesagt, was ich mag und was ich nicht mag. Ich will Ihnen keine Idylle vorspielen, sondern ich will Ihnen nur die Augen öffnen, dass es diese Idylle nicht mehr gibt. Die Idylle in Kinderbüchern mit den 10 Hühnern hinter dem Haus und mit den 20 Kühen vorne im Stall gibt es nicht mehr, die ist vorbei. Das muss man auch akzeptieren. Nichtsdestotrotz hat das nichts mit dem Tier an sich zu tun. Für mich ist Tierwohl, wenn sich das einzelne Tier im Stall wohl fühlt und wenn ihm nichts fehlt. Das ist Tierwohl bei mir, unabhängig von der Tierzahl.
Beide Redner sind auf regionale Produkte eingegangen. Wir haben vor fast einem Jahr einen Antrag mit dem Inhalt, regionale Produkte zu stärken und eine Kampagne „Bremer essen regional“ zu führen, eingebracht, der dann von uns allen beschlossen wurde. Irgendwie hat man aber das Gefühl, das eine Ressort schiebt es zum nächsten Ressort. Jetzt ist es zum Wirtschaftsressort hinübergekommen. Ich weiß nicht, ob das dort überhaupt schon angekommen ist, ob das dort schon mal angeguckt worden ist. Der Senator für Bau und Umwelt hat es ja ewig lange liegen lassen. Da passiert also auch nicht viel. Ich finde, da kann man mehr machen, und da muss auch der Senat in der Pflicht sein. Wenn wir uns als Parlament hier verständigen und einen Auftrag geben, haben die etwas zu tun.
dern und Strukturen fördern, das ist richtig. Wir sind ja mit Bremen eine Zahlstelle, in Niedersachsen haben wir zusammen, auch für die Förderstellen – –. Wenn man sich jetzt die neuen Ideen von Herrn Meyer in Niedersachen anguckt, dann sieht man, dass sich das ziemlich negativ auch auf die Bremer Landwirte auswirken kann, denn es soll bei Stallneubauten oder sonst irgendwie nur noch gefördert werden, wenn man unter zwei GV pro Hektar ist, also unter zwei Kühen pro Hektar. Das ist nichts. Dann ist eigentlich kaum mehr ein Landwirt in Bremen förderfähig, der hier Kühe hat. Deshalb müssen wir schon überlegen, ob der Senator vielleicht ein Wort an Niedersachsen richtet und sich für unsere Bauern einsetzt.
Gut, aber kommen wir dann noch ganz kurz – wahrscheinlich bin ich wieder gleich am Ende – zum Baurecht zurück. Die landwirtschaftlichen Privilegien für die gewerblichen Tierhaltungsanlagen sind schon im letzten Jahr bei der Baugesetznovellierung weggefallen. Momentan ist es ja so: Für Ställe mit mehr als 1 500 Mastschweinen, 560 Sauen, 4 500 Ferkeln, 500 Kälber, 600 Rinder, 30 000 Hähnchen oder 15 000 Hennen muss ein Extra-Bebauungsplan gemacht werden, wenn die wollen, oder ein Vorhaben- und Erschließungsplan eingereicht werden. Das muss gemacht werden. Insofern haben wir hier Fortschritte gemacht: Das neue Arzneimittelgesetz tritt in fünf Wochen in Kraft. Das Baugesetzbuch ist schon geändert. Meines Erachtens ist dieser Antrag überflüssig, weil wir erst einmal abwarten müssen, wie sich diese ganzen Maßnahmen praktisch auswirken.
Eine Kurzintervention! Die Grenzen zum Beispiel mit den 30 000 Hähnchen und den 1 500 Schweinen sind ein richtiger Schritt. Es wurde also etwas gemacht. Das sind ja die Grenzen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Danach richtet sich die Novellierung des Baugesetzbuches in Paragraf 35. Das alles ist ja schön und gut. Aber was ist unter 30 000 Hähnchen, unter 1 500 Schweinen? Die Besatzdichte ist die Gleiche. Es sind immer noch 22 Hühner auf einem Quadratmeter. Mir geht es um die Tiere. Wenn es auch Ihnen um das einzelne Tier geht, dem es gut gehen soll: Was ist mit den Tieren unter 30 000? Es geht um eine andere Besatzdichte. Da muss etwas getan werden. Das ist für mich eine Einschränkung eines Privilegs, aber noch lange nicht die Abschaffung. Ich finde, die Besatzdichte gehört komplett anders geregelt, mindestens die Hälfte.
Okay, wenn Sie die Besatzdichte ändern möchten, hätten Sie einen anderen Antrag stellen müssen, denn Sie sagen ja, Sie möchten die Privilegien im Baurecht weg haben. Die Privilegien im Baurecht besagen ja nicht, wie viele Quadratmeter für das einzelne Tier da sein müssen. Ich will Ihnen nur sagen: Ich kenne genug Betriebe, kleine Betriebe – kleine Betriebe in Anführungsstrichen –, die 90 000 Hähnchen und noch einen Acker haben. Aber davon leben die, mehr nicht. 30 000 Hähnchen: Das ist heute ein Stall. Hamburg verbraucht pro Tag 40 000 Hähnchen. Klar sagen Sie: Wir müssen das jetzt einschränken. Aber zurzeit verbrauchen sie die eben. Wenn der Markt das nachfragt, ist es doch wohl ganz normal, dass die Landwirtschaft das auch produziert. Insofern kann ich nicht verstehen, dass Sie nicht einen Antrag zum Tierwohl, sondern einen allgemeinen Antrag machen.
Wir sehen Ihren Antrag – na ja, „überflüssig“ will ich nicht sagen – als nicht beschlussfähig an, weil er inhaltlich nicht stark genug ist und weil er einfach am Thema vorbeiläuft. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vonseiten des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr muss ich sagen. Wir sehen den Antrag nicht als überflüssig oder nicht als nicht zielführend an, sondern ganz im Gegenteil. Ich finde es sehr wichtig, dass dieses Thema präzisiert worden ist. Für mich sind die Punkte, die aufgeführt worden sind, nicht abschließend, sondern es sind Möglichkeiten, die aufgezählt worden sind, dieses Thema zu bearbeiten. Dem kann man Themen, die dazu gehören, durchaus hinzufügen. Da sind wir frei.
Ich denke, die Debatte hat gezeigt, wie vielfältig dieses Thema ist und wie viele unterschiedliche Module bearbeitet werden müssen. Deswegen ist es auch kein Thema, was nur in einem Ressort verortet ist, sondern es ist übergreifend auf verschiedene Senatsressorts verteilt. Deshalb werden wir diesen Antrag gemeinsam bearbeiten.
Sie haben verschiedene Planungsthemen angesprochen, und dazu möchte ich kurz darauf hinweisen, dass es die von Ihnen hier zitierte gemeinsame Landesplanung formal in der Form seit 2005 leider nicht mehr gibt. Sie ist durch die Metropolregion Bremen/ Oldenburg ersetzt worden. Das macht in der Qualität der Arbeit insofern einen Unterschied, als dass bei der gemeinsamen Landesplanung eine formale Pla
nungsarbeit möglich war. Jetzt gibt es einen informellen Austausch zu den unterschiedlichen Themen. Es gibt den Arbeitskreis Raumstruktur, der sich bei der Novellierung des Baugesetzbuches sehr intensiv eingebracht hat, was auch hier schon angesprochen worden ist, und insofern versucht hat, dieses Thema noch präziser in das Baugesetzbuch und in das Gesetzgebungsverfahren mit einzubringen.
Nun ist es immer so, dass bei einer Novellierung letztendlich ein Kompromiss gefunden werden muss. Deswegen ist die Formulierung im Baugesetzbuch, die die Privilegierung zwar einschränkt, aber eben nicht ganz abschafft, ein Kompromiss, der gefunden worden ist. Ich denke aber, Bremen hat sich hierzu in der Vergangenheit sehr eindeutig positioniert, und es lohnt sich im Hinblick auf die Strukturierung des ländlichen Raums, sich weiter zu engagieren.
Die andere Möglichkeit, die wir haben, betrifft das Planungsrecht bei konkreten Bauvorhaben. Auch das wurde in der Debatte kurz erwähnt. Hier haben wir die Möglichkeit, über die ganz normale Beteiligung der Träger öffentlicher Belange – das ist im Paragraf 4 des Baugesetzbuchs geregelt – unsere Stellungnahmen abzugeben. Bei solchen Bauvorhaben spielt in der Regel auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz eine Rolle. Auch so können wir Stellungnahmen im Genehmigungsverfahren abgeben. Aber wenn wir ehrlich sind, sind das natürlich nicht die tiefen Steuerungsmöglichkeiten, sondern es sind Möglichkeiten, die Auswirkungen zu begrenzen.
Sie haben in Ihrem Antrag noch andere Themen angesprochen, die für dieses Thema wichtig sind: Medikamente, der Einfluss der Antibiotika oder eben auch die Beschaffung. Ich denke, es ist sehr lohnenswert, gerade dieses Thema intensiver aufzugreifen und zu versuchen, in den öffentlichen Kantinen, in den Schulen und überall dort, wo gemeinschaftlich Essen angeboten wird, die Beschaffung zu konzentrieren.
Ich glaube, das ist ein wichtiges Thema, weil immer wieder zu Recht moniert wird, dass die biologisch erzeugten oder auch naturnah erzeugten Lebensmittel etwas teurer sind – klar – und dass sich viele Menschen das nicht leisten können. Ich denke, wir können aber mit einer gemeinsamen Beschaffung durchaus auch auf Preise einwirken und dazu kommen, gesundes Essen zu einem vernünftigen, ordentlichen Preis in den öffentlichen Einrichtungen anzubieten.
Ich meine, dass es insgesamt viele verschiedene Module gibt, die zu diesem Thema einen guten Beitrag leisten.
Herr Imhoff, ich muss das so sagen: Ich habe immer gedacht, gerade die Landwirte, die für mich einen un
heimlich vertrauensvollen und auch ethischen Beruf haben, müssen doch ein ganz großes Interessen daran haben, diese Methoden der Intensivtierhaltung abzulehnen und zu bekämpfen, denn es ruiniert doch eigentlich ihren Ruf. Ich bin ganz erstaunt, dass Sie zwar sagen, Sie sind für das Tierwohl, was ich auch gar nicht anders angenommen habe, aber auf der anderen Seite dann doch zu erkennen geben, dass Sie mit dem Antrag nicht so wirklich etwas anfangen können. Ich habe gedacht, Sie sagen: Jawohl, hier müssen wir sehr viel stärker zusammenarbeiten. Es geht nicht um eine pauschale Kritik oder Schlechtmachung der Landwirtschaft oder der Landwirte. Das ist hier eben gerade nicht gemeint.
Deswegen werbe ich noch einmal dafür: Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir bei diesem wichtigen Thema wirklich gute Möglichkeiten der Einflussnahme finden und die verschiedenen Möglichkeiten, die es gibt, optimal ausnutzen! – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/1048 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen!