Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Zweiter Punkt, wir haben auch heute Morgen schon herausgearbeitet, dass die NSA sich nicht ordentlich verhält.

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da gibt es nichts zu lachen, ich finde, das ist nicht ordentlich.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Friedensnobelpreisträger sollten sich nicht gegenseitig ausspionieren, das ist meine Meinung an dieser Stelle. Daher haben wir in den Antrag hineingeschrieben, wir möchten gern, dass das SWIFT-Abkommen ausgesetzt wird – das ist dieser Datenaustausch für Bankdaten –, um ein gewisses Druckmittel aufzubauen.

Drittens möchten wir gern, dass dieser Senat sich ordentlich dafür einsetzt, die EU-Datenschutz-Grundverordnung endlich umzusetzen. Wir wissen, dass die alte Bundesregierung, teilweise auch die jetzige Bundesregierung, aktiv gegen diese Datenschutz-Grundverordnung arbeitet, das ist meines Erachtens ein Skandal!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn die Bremer CDU jetzt sagt, jawohl, wir müssen in die Richtung gehen, und sich dafür auch einsetzt, dann finden wir das gut. Noch einmal: Lob an dieser Stelle ausdrücklich, dass die CDU dieses Thema für sich entdeckt hat!

Zur Grundschutzverordnung will ich nur einen Aspekt aufgreifen, den wir sehr gut finden. Ich bin der Meinung, dass man mit Bußgeldern Verhaltensänderungen erreichen kann. Im Jahr 2008 ist die Firma Lidl für ihre Bespitzelung von Arbeitnehmern durch Videokameras zu einem Bußgeld von 1,5 Millionen Euro verurteilt worden. Die Firma Lidl hat weltweit einen Umsatz von ungefähr 30 Milliarden Euro, 1,5 Millionen Euro sind ein Messfehler. In dem jetzigen Entwurf der EU-Kommission wird gesagt, dass es einen prozentualen Anteil geben und das Bußgeld prozentual nach dem Umsatz berechnet werden soll. Das kann in diesem Fall bis zu 640 Millionen Euro kosten, so ist es ausgerechnet worden. Das ist dann wirklich schon ein Anlass, sich mit diesen Gesetzmäßigkeiten vernünftig zu beschäftigen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Kommen wir jetzt zu einem Punkt, den wir Sozialdemokraten und die Grünen ganz wichtig finden, das ist das Thema Vorratsdatenspeicherung. Hier gilt es erst einmal, mit Begriffen richtig zu arbeiten: Das ist keine Vorratsdatenspeicherung, das ist eine anlasslose Massenüberwachung, man muss die Begriffe auch richtig benennen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vorsicht, Herr Kollege Fecker, der Tisch!

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich freue mich über jeden, der das so klar formuliert!)

Ja! „Klartext“ ist doch die Kampagne im letzten Wahlkampf gewesen!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: War das die erfolgreiche Kampagne?)

Teilweise, Herr Kollege! Hier in Bremen ja!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

Sicherheitsbehörden finden das gut, aber hier gilt das Wort eines ehemaligen FDP-Ministers: Wenn man einen Teich trockenlegt, dann darf man nicht die Frösche fragen. Daher dürfen Sie die Sicherheitsbehörden zuletzt fragen, wenn Sie mit Bürgerrechten etwas machen wollen.

Es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege für Erfolge der Vorratsdatenspeicherung. Es gibt ein Gutachten des Max-Planck-Instituts, das genau aussagt, dass sie eben nicht erfolgreich ist. Das BKA spricht von ungefähr 880 Fällen, die eventuell hätten aufgeklärt werden können, 880 Fälle!

(Zuruf der Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU])

Melden Sie sich zu Wort, dann können wir darüber diskutieren, nicht dazwischenrufen!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei ungefähr sechs Millionen Straftaten sind 880 Fälle ein Messfehler, deshalb stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.

Ich möchte ein Zitat aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes von Februar 2011 vortragen, das kennen Sie von der CDU natürlich auch. Der Wissenschaftliche Dienst stellt Folgendes fest –

(Glocke)

ich komme sofort zum Schluss, Entschuldigung! – zur Vereinbarkeit der Richtlinien über Vorratsdatenspeicherung von Daten mit der Europäischen Grundrechtscharta: Es gibt keine zweifelsfreie Ausgestaltungsmöglichkeit, diese Richtlinie umzusetzen. Es gibt keine Vereinbarkeit mit der Grundrechtecharta.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Dazu gibt es aber auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts!)

Nicht dazwischenrufen, melden Sie sich doch einfach! Zweck und Mittel stehen hier zumindest nicht in einem ausgewogenen Verhältnis. Die Vorratsdatenspeicherung hat in keinem EU-Land zu einer signifikanten Änderung der Aufklärungsquote bei Straftaten geführt.

Die CDU-Volkspartei ist die Volkspartei der Volksüberwachung. Wir wollen das nicht.

(Unruhe bei der CDU)

Wir laden Sie ein, unserem Antrag zuzustimmen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Öztürk, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal bitte folgendes Bild vor: Regierungsbeamte der NSA, Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen stehen bei Ihnen im Wohnzimmer, in der Küche, vor dem Briefkasten, Briten, Amerikaner, vielleicht Chinesen und Russen, und der eine fischt die Post heraus, der andere schaut auf Ihre Finger, wie Sie Ihre E-Mail tippen oder ein Passwort eingeben. Was würden wir da persönlich machen?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Und was ist mit den Deutschen? – Zuruf des Abg. R u p p [DIE LINKE])

Die Deutschen genauso, ich sage ja, die Sicherheitsdienste!

Was würde jeder von uns persönlich da tun?

(Abg. S e n k a l [SPD]: Das Passwort wechseln!)

Die Fantasie überlasse ich jedem von Ihnen. Ich möchte jetzt hier nicht ausführen, wie jeder von uns handeln würde.

Mit Edward Snowden ist dieser unglaubliche Geheimdienstskandal an die Öffentlichkeit gekommen, seitdem kennen wir Begriffe wie Tempora, Prism und alle möglichen Programme, die Tag für Tag an das Tageslicht kommen. Was wir erleben, meine Damen und Herren, ist ein historischer Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Traurige daran ist, dass dieser historische Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat von einer Demokratie ausgeht.

Ich hatte im Studium immer gelernt, Demokratien führen untereinander keine Kriege, sondern Demokratien führen durchaus Kriege gegen nicht demokratische Staaten, so ist das in der analogen Welt, so ist das auf einem Kriegsschauplatz. In der digitalen Welt sind diese Grenzen aufgehoben, die Unschuldsvermutung gilt leider nicht mehr, man hat diese Last komplett umgekehrt. Jeden Tag werden Millionen Bürger bespitzelt, unter Generalverdacht gestellt, und an dieser Stelle besitzt die CDU aus Bremen noch die Frechheit, uns hier einen Antrag im Haus vorzulegen, in dem sie die Vorratsdatenspeicherung fordert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Sie müssen sich einmal vorstellen, und da richte ich das Wort explizit an die Fraktion der CDU, bitte stellen Sie sich einmal vor – –. Da steht eine Kollegin von uns, die gerade eine Frage stellen möchte.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Piontkowski?

Gleich gern, jetzt nicht! Sie kann aber gern stehen bleiben. interjection: (Heiterkeit)

Das macht man nur, wenn die Frage gestellt ist. Sie kann sich wieder setzen.

Frau Kollegin Piontkowski, das höchste Organ in unserem Land ist das Bundesverfassungsgericht.