Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Unabhängig davon, dass der Bericht der Deputation mehrheitlich beschlossen worden ist, finden wir, dass man es sich in dem Bericht etwas einfach gemacht hat. Man hat das Problem als solches negiert nach dem Motto, es gibt EDV, es ist überhaupt kein Problem, und dann wurde dort auch noch geschrieben, dass die Wirtschaftsministerkonferenz ja nichts beschlossen hat und wir deswegen auch nichts zu beschließen haben. Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir unser eigenes Handeln in der Deputation und im Parlament davon abhängig machten, was die Wirtschaftsminister in Gänze auf Bundesebene beraten, ich muss sagen, das wäre ein Armutszeugnis, und deswegen haben wir dem Bericht auch so nicht zugestimmt.

(Beifall bei der CDU)

Wir bitten Sie deswegen, Ihr Votum noch einmal zu überdenken – aber ich weiß, das wäre eher, wie Eulen nach Athen zu tragen –, das auch als Signal zu verstehen, wenn die Gelegenheit und auch die sachlichen Möglichkeiten existieren, den Bürokratieaufwand für die kleinen und mittelständischen Handwerksbetriebe zu reduzieren, zu vereinfachen, dies wieder aufzugreifen! In dem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und hoffe, dass es zumindest in den Herzen weitergetragen wird! – Danke schön! (Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Reinken, Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich sinnvoll – auch wir haben das getan –, dass man sich mit solch einer Frage, Herr Kastendiek, ganz intensiv beschäftigt und die Frage des Bürokratieabbaus nicht auf die leichte Schulter nimmt.

Ich will aber noch eine Vorbemerkung machen. Es wird ja jetzt seit dem Jahr 2005, wie Sie es richtiger

weise auch in Ihrer Antragsbegründung schreiben, so verfahren. Wir hatten seit dem Jahr 2005 eine ausgesprochen tief gehende wirtschaftliche Krise in unserem Land, nämlich in den Jahren 2008/2009, und wir haben danach einen ausgesprochen steilen Wiederaufschwung gehabt. Das heißt, die große ökonomische Linie unseres Landes scheint weder im kleinbetrieblichen Bereich noch im KMU-Bereich oder im großbetrieblichen Bereich, weder im inlandsorientierten noch im exportorientierten Bereich, von dieser Frage so sehr tangiert worden sein.

Richtig ist, dass damals sozusagen auf der Ebene der Liquidität den Unternehmen ein Beitrag abverlangt worden ist, der aber die deutsche Wirtschaft scheinbar nicht ruiniert hat. Mit Beiträgen, die abverlangt werden, ist es dann eben oft so, dass es zu dem Zeitpunkt, zu dem sie abverlangt werden, für diejenigen, die sie dann erbringen sollen, schwierig, aber nötig ist. Es ist ja auch nicht so, dass die Unternehmen dadurch generell doppelte Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, sondern es war von der Liquidität her in dem einen Jahr der dreizehnte Beitrag, der sonst im Jahr 2006 geschuldet worden wäre. Das wurde ja alles soweit auch richtig beschrieben.

Die zweite Bemerkung, die ich dazu machen will, lautet: Bürokratie ja, aber da geht in der Tat das Leben ein wenig weiter. Ich kann mich erinnern, dass ich in den ersten Ausbildungs- und Arbeitsjahren immer noch diese langen handgeschriebenen Lohnstreifen hatte – ich weiß nicht, ob die Älteren das noch kennen –,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja!)

auf denen zunächst die Ausbildungsvergütung, später das Entgelt und auch die Sozialversicherungsbeiträge standen. Das ist sehr lange her. Zwischenzeitlich hat sich vieles auch im Bereich der Abrechnungstechnik von Löhnen und Gehältern sehr deutlich weiterentwickelt. Nach unserer Auffassung ist es keine Hürde, heute das vereinfachte Beitragszahlungsverfahren, das zum Beispiel die Krankenkassen auf ihren Arbeitgeberserviceseiten sehr detailliert beschreiben, von Steuerberatern, die das auch für die kleinen Unternehmen machen, oder von dafür beauftragten Unternehmen vornehmen zu lassen oder auch als Arbeitgeber selbst durchzuführen. Das ist keine komplexe, nicht beherrschbare Aufgabe mehr, wir glauben, dass diese Aufgabe für die Unternehmen beherrschbar ist und auch von ihnen erwartet werden kann. Deswegen sehen wir nicht, dass wir diese seit dem Jahr 2005 erfolgreich und ohne Schaden durchgeführte Maßnahme jetzt verändern und den Unternehmen einen erneuten Liquiditätsvorteil geben müssen.

Vorletzte Bemerkung: Wir sind im Moment ja in der Diskussion, bundespolitisch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu senken, allerdings

mit dem Makel – das will ich für uns einmal ganz deutlich sagen, obwohl es momentan nicht zu ändern ist –, dass das, was dann möglicherweise später an Zusatzbeiträgen und weiteren Kostensteigerungen entsteht, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von den Versicherten allein getragen wird. Ich glaube, wenn man das einmal ehrlich diskutiert, sollte man dieses Pfund, dass Kostensteigerungen, die im Gesundheitswesen kommen werden, heutzutage von den Versicherten allein getragen werden, auch auf der Seite der Unternehmen, die sich über Bürokratie und Liquiditätsverlust beklagen, noch einmal deutlich erwähnen. Ich halte das nach wie vor nicht für gut,

(Beifall bei der SPD)

weil ich fest davon überzeugt bin, dass es nicht immer so bleiben wird, auch wenn wir im Moment in der GKV leichte Liquiditätspolster haben. Spätestens ein kleiner Konjunktureinbruch, aber auch die weiter steigenden Kosten im Gesundheitswesen werden dazu führen, dass die Arbeitnehmer übermäßig belastet werden. Ich glaube, das ist ein Punkt, den man nicht ganz aus dem Auge verlieren sollte. Das ist ein Punkt, über den man weiter nachdenken muss, und wenn man über Belastungen der Wirtschaft spricht, sollte man das nicht vergessen.

Letzte Bemerkung! Ich will nur eines sagen, das hat jetzt nicht unbedingt etwas mit der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge zu tun, aber ich kenne es sehr genau: Es ist ja so, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Beispiel darunter zu leiden haben, wenn sie variable Lohn- und Entgeltbestandteile haben, dass diese erst im folgenden Monat überhaupt abgerechnet werden, weil die Arbeitgeber nicht in der Lage sind, zum Monatsende punktgenau Überstunden und Ähnliches abzurechnen. Dann wird darauf verwiesen, dass sie das dann im nächsten Monat mit der nächsten Lohnabrechnung bekommen. Deshalb könnte man vielleicht auch einmal den Weg gehen zu sagen, was den Menschen im Bereich der volkswirtschaftlichen Liquidität eigentlich für vier Wochen vorenthalten wird, weil die Abrechnungssysteme nicht so genau funktionieren, dass sie ihr Geld dann bekommen, wenn sie Anspruch darauf haben. Ich glaube, das alles sind Themen, die viel wichtiger wären.

Aus diesem Grund haben Sie völlig recht, Herr Kastendiek: Wir schlagen vor, Ihren Antrag abzulehnen und der Beschlussempfehlung der Deputation zu folgen, weil das sachgerecht ist. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Saxe, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir werden uns genauso verhalten wie unser Koalitionspartner, das ist vollkommen klar. Ich finde das auch, ehrlich gesagt, etwas lustig, dass sie uns jetzt hier auffordern, im Bundesrat in Ihrem Sinne tätig zu werden. Es ist bei der schwarz-gelben Bundesregierung vier Jahre lang nichts passiert. Ich habe auch nicht gelesen, dass in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD diesbezüglich irgendetwas steht, und daher finde ich es wirklich lustig, dass wir uns jetzt nach Ihrem Vorschlag von Bremen aus aufmachen sollen, denen irgendwie Beine zu machen oder Eulen nach Athen zu tragen. Das Bild hat mir im Übrigen gut gefallen mit den Eulen nach Athen. Es wird immer mehr ein Haus der nicht ganz passenden Metaphern hier, aber das nur am Rande!

Ich glaube, Sie haben den bürokratischen Aufwand zu Recht erwähnt, er ist eingetreten, als das umgestellt worden ist. Wenn wir das jetzt wieder umstellen würden, würde es erneut einen bürokratischen Aufwand geben. Ich weiß wirklich nicht, wo darin der Sinn wäre. Es ist in der Regel so, dass Unternehmen ihre Löhne zum Ende des Monats zahlen, und die Sozialversicherungsbeiträge sind zwei Tage vorher fällig, das finde ich alles nicht so sehr schlimm.

Sie haben diese kleinen Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten erwähnt. Ich habe nun zufällig so einen Betrieb mit bis zu zehn Beschäftigten, und es ist wirklich überhaupt kein Aufwand. Selbst wenn es da einmal Schwankungen in den Gehältern gibt, dann können Sie eine Beitragsschätzung machen, das eben pauschal abführen, und bei der nächsten Berechnung wird dann alles wieder ins Lot gebracht. Ich sehe überhaupt nicht, wo jetzt der Vorteil darin bestehen sollte, das funktioniert alles gut, und die Veränderungen, die es von den langen Lohnstreifen bis zu dem, was wir heute in der elektronischen Lohnanmeldung haben, hat Herr Reinken schon zu Recht erwähnt, das ist selbst bei den kleinen Handwerkern und Weinhändlern so. Diese Argumente mit der Bürokratie treffen einfach nicht zu, ganz im Gegenteil, es würde ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand durch eine erneute Umstellung erfolgen.

Wo Sie recht haben, ist klar, die Liquidität würde verbessert werden. Das ist vielleicht auch die einzige Schwäche dieses Berichts der Deputation, dieser Bericht geht auf dieses Argument gar nicht ein, dass natürlich dann bei den Unternehmen eine zusätzliche Liquidität geschaffen würde, aber das kommt mir irgendwie vor wie Wirtschaftsförderung nach einem ineffektiven Gießkannenprinzip. Ich glaube, wenn wir 20 Milliarden Euro für Wirtschaftsförderung ausgeben wollten, dann könnten wir das ganz bestimmt sehr viel besser tun als so.

Es ist schon erwähnt worden, es hat sich in dem halben Jahr ein bisschen verändert. Durch die Rücknahme wäre einfach eine Gefährdung der Liquidität der Sozialversicherungsträger gegeben, und es

wäre eben auch die Gefahr, dass dann die Beiträge einmal wieder steigen und einmal wieder gesenkt werden, was wieder zu zusätzlichem Bürokratieaufwand führen würde. Ich glaube, die Mühe lohnt sich nicht. Wenn wir Wirtschaftsförderung machen wollen, dann suchen wir uns etwas Besseres aus als diese Maßnahme. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2005 hat die deutsche Wirtschaft den Sozialversicherungsträgern einen Kredit über 20 Milliarden Euro eingeräumt, um aus einer finanziellen Klemme herauszukommen. Ich finde, es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, dass es einfach zurückgezahlt wird. Ich fand den Antrag, dass man diese Vorfälligkeit wieder auf die ursprünglichen Daten zurückführt, plausibel.

Ich wage nicht zu beurteilen, inwieweit es einen Bürokratieabbau bei großen, kleinen und mittelständischen Unternehmen gibt. Welchen Umfang das hat, das kann ich jetzt so aus dem Stegreif nicht beurteilen, aber ich bin relativ sicher, dass es für viele unter anderem auch deswegen eine Entlastung ist, weil sie einfach die Rechnungen, die sie schreiben, erst im Folgemonat bekommen. Wenn es jetzt einen kleinen Aufschub geben würde, denke ich einmal, würde es vielen kleinen und mittleren Handwerksbetrieben nutzen. Deswegen fand ich eigentlich den Ansatz, das neu zu regeln oder vielleicht auch Sonderregelungen für Betriebe bis zu einer bestimmten Größe zu treffen, ausgesprochen plausibel.

Ich finde es eigentlich schade, dass man an dieser Stelle jetzt sagt, es hat keine Wirtschaftskrise gegeben, als wir es so gemacht haben, und es wird keine Wirtschaftskrise geben, weil wir es jetzt anders machen oder so etwas Ähnliches, und wir haben heute keinen Lohnstreifen mehr. Das sind doch aber alles, ich sage einmal, Einlassungen auf dieses Thema, die jetzt eigentlich überflüssig sind, weil niemand gesagt hat, dass wir dadurch irgendeine Form von Wirtschaftskrise verhindern oder auslösen oder was weiß ich, sondern der Antrag besagt, macht das wie früher, damit die Betriebe etwas Liquidität bekommen, weil es ja ihr Geld ist, das sie da eingezahlt haben, und nicht eine Anfrage nach Wirtschaftsförderung!

Wenn es dann in vielen Betrieben ein Rückgang von Bürokratie ist, kann man das gern mitnehmen. Deswegen finde ich es nicht sachgerecht, nicht angemessen, einfach zu sagen, der Antrag interessiert uns nicht, wir lassen es am besten so, wie es ist, weil es sich in den letzten neun Jahren bewährt hat. Das finde ich zu kurz gedacht, und deswegen werden wir

erstens dem Antrag der CDU zustimmen und zweitens den Bericht der staatlichen Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, die meint, wir brauchen uns um dieses Thema nicht zu kümmern, ablehnen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kastendiek, ich finde, dass Ihr Antrag einen falschen Eindruck erweckt. Er erweckt den Eindruck, als gehe es nur darum, die Fälligkeit vom dritten Tag des endenden Monats auf den fünfzehnten des Folgemonats zu verschieben. Das ist nicht allein Gegenstand der Maßnahme gewesen. Gegenstand der Maßnahme war vor allen Dingen eine Entbürokratisierung.

Wir haben nämlich vorher drei Fälligkeitstermine gehabt. Die, die sozusagen am Monatsende bekommen, da wurde zum fünfzehnten des Folgemonats abgerechnet, bei denen, die am fünfzehnten bekommen haben, dann zu einem anderen Termin, und es gab eine dritte Gruppe. Diese drei Gruppen sind für den Fälligkeitstermin zusammengeführt worden. Das hat zu einer wesentlichen Entbürokratisierung geführt, allerdings mit einem gewissen Vorziehen des Fälligkeitstermins, das muss man zugeben. Das Wesentliche aber war ein einheitliches Verfahren. Also auf Entbürokratisierung kann sich die alte Regelung auf keinen Fall beziehen, das Gegenteil ist richtig. Entbürokratisiert hat die neue Regelung. Ich glaube, es spricht auch nicht viel dafür, diese Regelung, die jetzt seit dem Jahr 2006 gilt, wieder aufzuheben und zu der alten Regelung zurückzukehren, die alles viel komplizierter macht.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Vielleicht kann man ja eine neue Regelung finden! – Zuruf des Abg. K a s t e n d i e k [CDU])

Ich glaube, dass Etliches deutlich gegen diesen Vorschlag spricht und es nicht so schlecht ist, was die Deputation vorgetragen hat. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/978 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, DIE LINKE und BIW)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Drucksache 18/1243, Kenntnis.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und sehen uns um 14.30 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung 12.58 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.