Für einen oftmals beklagten, jedoch nie belegten verbreiteten Missbrauch gibt es keine Anhaltspunkte, dabei will ich nicht verleugnen, dass es auch Menschen gibt, die nur aus purer Armut ihre Heimat verlassen, um in Deutschland und damit in einem der reichsten Länder der Welt eine bessere Zukunft für sich und ihre Familie zu suchen. Millionen von Deutschen haben im 19. und 20. Jahrhundert nichts anderes getan, als sie über Bremerhaven den Weg nach Amerika auf sich nahmen, um der Armut hierzulande zu entfliehen, und die USA waren zur damaligen Zeit nicht so reich, wie Deutschland es heutzutage ist. Niemand verlässt aus lauter Langeweile seine Heimat und lässt seine Freunde, sein vertrautes Umfeld, seine Wurzeln, seine Sprache und seine Kultur zurück, das macht niemand, meine Damen und Herren!
Natürlich müssen sich alle Länder auf die verstärkte Zuwanderung vorbereiten, seit gestern wissen wir, dass Deutschland auf Platz 2 der beliebtesten Einwanderungsländer liegt. Daher bedanken wir uns beim Senat für seinen ausführlichen Bericht zum aktuellen Stand in Bezug auf die Maßnahmen zur Aufnahme und Integration von Bürgerinnen und Bürgern aus Bulgarien und Rumänien im Land Bremen. Auf den
38 Seiten wird aber auch deutlich, dass noch nicht die Zeit zum Schulterklopfen gekommen ist, und dass Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, gestern noch einen Dringlichkeitsantrag mit weiteren konkreten Schritten vorgelegt haben, verstärkt den Eindruck, dass auch Ihnen das sehr wohl bewusst ist.
Polizei- und Medienberichte belegen, dass viele der zugewanderten Menschen aus Rumänien und Bulgarien in Bremen in ausbeuterische Arbeits- und Wohnverhältnisse rutschen. Hier fordern wir ein ressortübergreifendes Handeln, um eine Verbesserung der Lebens- und Wohnsituation zu erreichen, und wir begrüßen den Vorschlag, nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen Mindestanforderungen für Wohnraum gesetzlich zu verankern.
Wir werden die im Bericht angekündigten Maßnahmen und Unterstützungsangebote der einzelnen Ressorts im Hinblick auf ihre tatsächliche Umsetzung sehr genau im Blick behalten, besonders, was ihre finanzielle Unterfütterung betrifft.
DIE LINKE bedauert, dass der druckfrische Antrag der Koalition wenig Greifbares und Zählbares auf Bremer Ebene enthält; hier und da eine Prüfung oder eine Hinzuziehung von Experten, und ansonsten wird alles, was Geld kostet, an den Bund delegiert. Da hätten wir uns mehr Substanz gewünscht, aber wir werden Ihrem Antrag zustimmen.
Zum Antrag der CDU für einen ergänzenden Aktionsplan zur Integration ausländischer Roma möchte ich sagen: In Ihrem Begründungstext schreiben Sie, dass Sie nicht verallgemeinern und stigmatisieren wollen, indem Sie einen speziell auf ausländische Roma angelegten Aktionsplan fordern, dennoch machen Sie meiner Meinung nach damit genau das.
Mir erscheint hier ein spezieller Aktionsplan für eine einzelne Volksgruppe nicht plausibel, dafür sind die Probleme zu individuell und auch für Roma nicht holzschnittartig zu verallgemeinern. Daher halten wir diese Ausrichtung des Antrags für falsch und werden ihn ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie ich vorhin schon gesagt habe, habe ich bei der Lektüre des Berichts festgestellt, dass mit „Maßnahmen“ leider eigentlich maßgeblich Abläufe gemeint sind, die es schon gibt und die zum Teil
auch gesetzlich vorgeschrieben sind, zum Beispiel wird der gesetzliche Schutzauftrag der Kindeswohlsicherung, der für alle Kinder gilt, als Maßnahme genannt. Mir ist es auch zu wenig, wenn unter dem Punkt „Maßnahmen zur gesundheitlichen Situation“ lediglich steht, dass etwas immer noch geprüft wird oder dass Gespräche über eine mögliche Angebotserweiterung stattfinden. Wir haben bereits Ergebnisse der Prüfungen erwartet, die dann Handlungsspielräume eröffnen.
Eine ganze Anzahl wunderbarer Ziele werden vom Senat unter aufgelistet. Dort steht dann unter „Maßnahme: Teilkonzept öffentliche Sicherheit und Ordnung“ geradezu visionär: „Die Neubürgerinnen und Neubürger kennen die einschlägigen Normen und Regeln für ein gedeihliches Zusammenleben und halten diese auch ein.“ Ein weiterer Punkt lautet: „Bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung werden frühzeitig erkannt, und geeignete Abwehrmaßnahmen können seitens der zuständigen Stellen schnell und flexibel getroffen werden.“ Aussagen darüber, wie das erreicht werden soll? Fehlanzeige, und das, obwohl über diesem Punkt extra noch einmal „Maßnahme“ und „Teilkonzept“ steht! Wenn ich lediglich von besseren Zeiten träumen will, meine Damen und Herren, dann kaufe ich mir, ehrlich gesagt, lieber einen Roman zum Lesen.
Zustandsbeschreibungen gehören sicher auch in einen Bericht, aber ich will doch nicht nur wissen, dass zum Beispiel die Meldebehörde die Möglichkeit hat, über GeoInformation den Eigentümer einer Immobilie festzustellen. Ich will wissen, warum das in Ihrem Bericht steht. Nutzt die Meldebehörde diese Möglichkeit nach Ihrem Eindruck bisher zu wenig, oder dauern die Auskünfte zu lange? Wie oft wird diese Möglichkeit genutzt? Was passiert nach der Eigentümerfeststellung? Das sind doch alles Fragen, die wir eigentlich beantwortet haben wollen.
Besonders spannend finde ich auch, wie der Senat in seinem Bericht um das Thema Beratungsstelle kreist. SPD und Grüne forderten noch vor einem Jahr eine einheitliche, durch Ressourcenbündelung finanzierte Beratungsstelle für die Stadt Bremen, nun wollen sie in ihrem neuen Antrag nur noch die bestehenden Beratungsstellen auf veränderte Herausforderungen ausrichten, bei Bedarf, was immer das dann praktisch auch heißen soll.
Wir fordern mit unserem Antrag die Einrichtung einer mobilen Beratungsstelle mit auch muttersprachlichen Angeboten wie Erstorientierung, Vermittlung in soziale Einrichtungen, Beratung in Wohnungsangelegenheiten und so weiter. Durch die von Ihnen auch schon benannte Ressourcenbündelung wäre das sicher zu schaffen. Dass man die Probleme in den betroffenen Stadtteilen nicht allein mit Flyern lösen kann, hat der Senat ja bereits erkannt. Selbst muttersprach
Wir fordern auch die aktive Stärkung der Selbsthilfestrukturen lokaler Romaorganisationen und sind nicht zufrieden damit, wenn der Senat in seinem Bericht feststellt, dass man da noch eine Menge tun könnte. Um Statusklärungen in der medizinischen Versorgung durchzuführen und die Finanzierung von Geburten und Notfallversorgungen zu klären, muss endlich ein Netzwerk zwischen verschiedenen Akteuren, der Politik und den Krankenkassen gebildet werden.
Ganz wichtig ist es uns zudem, ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen – das hat Herr Tuncel eben auch schon erwähnt – die Mindestanforderungen für Wohnraum festzuschreiben, um unzumutbare Überbelegungen und unseriöse Vermietungspraktiken einzudämmen oder ganz zu verhindern. Im Bericht des Senats steht dazu lediglich: „Haushaltsgrößen sind gesetzlich nicht geregelt.“ Dann holen Sie das doch nach! Wir dürfen die Probleme nicht länger verschleppen und den Entwicklungen ständig hinterherhinken.
Der jetzige Koalitionsantrag bleibt in einigen Punkten weit hinter unseren Forderungen zurück. Weil es der CDU-Fraktion aber um die Integration der Menschen aus Osteuropa geht, maßgeblich um die Roma, die bei uns in Bremen unter schwierigen Bedingungen leben, werden wir Ihrem neuen Antrag bis auf zwei Punkte zustimmen.
Die Forderung nach einem Rechtsanspruch für EUBürger auf Integrationskurse können wir nicht mittragen, weil die bestehenden Zugänge bereits weitreichend sind. Nach einem Bericht des Bundes unter der Federführung von Andrea Nahles sind schon heute fast 45 Prozent der Kursteilnehmer EU-Bürger, davon wiederum kamen gut zehn Prozent aus Bulgarien und Rumänien.
Weiter steht in demselben Bundesbericht ganz eindeutig, dass für Regelungen in der Gesundheitsversorgung die Kommunen zuständig sind, sie sollen zum Beispiel Schutzimpfungen am besten in den Schulen organisieren. Da muss Bremen seine Hausaufgaben machen.
Uns allen ist die europäische Freizügigkeit unbestritten wichtig. Wir müssen also auch viel dafür tun, damit das Zusammenleben vor Ort gelingt. Dafür sollten bestehende Regeln und Gesetze konsequent umgesetzt werden und natürlich auch in Bremen alles für die Integration der Menschen, die sich berechtigt hier aufhalten, getan werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass die europäische Freizügigkeit über alle Fraktionen hinweg unterstützt und gewollt wird, diesbezüglich sind wir uns ja einig.
Die Frage ist natürlich, unter welchen Gesichtspunkten wir diese Freizügigkeit tatsächlich begleiten oder ob einige Fraktionen nur so tun, als ob. Genau das ist der Fall beim Antrag der CDU.
In der Überschrift „Bremer Aktionsplan zur Integration ausländischer Roma“ greift die CDU eine kleine Minderheit auf, die nicht einmal statistisch erfasst wird,
und sie versucht es hier so darzustellen, als ob für diese Gruppe etwas zu verbessern ist. Die CDU formuliert die Forderungen und zeigt uns eigentlich, dass sie die Integration der europäischen Bürgerinnen und Bürger im Land Bremen nicht unterstützt.
(Beifall bei der SPD – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Kennen Sie das Positionspapier der Gröpelinger Kindergärten, das explizit zu diesem Punkt auch Stellung nimmt? Dann würde ich Ihnen das nämlich sehr empfeh- len!)
Das ist sehr gut, aber wir sprechen jetzt gerade von dem Antrag der CDU! Sie können natürlich von anderen Stellungnahmen sprechen, aber hier sprechen wir über die CDU, über den CDU-Antrag!
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Deswegen ja! – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Ja, dann fangen Sie einmal an, beim Thema zu blei- ben!)
Der Senat hat seine Grundlinien zur Integration und Partizipation von Zugewanderten sowie zum Zusammenleben im Land Bremen im Entwicklungsplan Partizipation und Integration dargelegt.
Diese Position ignoriert nicht, dass es Roma-Familien gibt, die in den im Antrag genannten Problemlagen leben, sie macht aber deutlich, dass ethnische Zugehörigkeit nicht die Ursache ist,
doch das wird immer wieder in den Forderungen des CDU-Antrags betont. Dieser Antrag stellt eine Gruppe von Menschen heraus, und diese Fokussierung auf Roma könnte eine übersteigerte Problemzuordnung in der Öffentlichkeit fördern.
Ich frage mich auch, wie soll das praktisch gehen. Diese Gruppe ist ja ohnehin statistisch nicht erfasst. Es darf aber nicht sein, dass wir die Menschen, die im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Deutschland kommen, in Menschen erster und zweiter Klasse einteilen.
Die CDU hat bis heute immer noch nicht begriffen, dass es nicht das Ziel der Integrationspolitik ist, ethnisch bezogene integrationspolitische Ansätze zu verfolgen, sondern den Menschen je nach Lebens- und Problemlagen konkrete Unterstützungen und Problemlösungen zu bieten.