Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Bewusstsein dafür nimmt angesichts der Globalisierung und der einfachen Erreichbarkeit aller Weltteile im Moment sogar wieder zu.

Wir sollten es nicht obskuren RTL-Soap-Operas überlassen, das Bild der Verschiedenheit der Menschen und der Völker zu veralbern, sondern wir sollten uns unserer Vergangenheit stellen und kommunizieren, woher unsere kulturellen Bilder und Erfahrungen kommen, wie diese entstanden sind und wie sie sich weiterentwickeln. Viel Geld wird das wahrscheinlich meist gar nicht kosten, anders als bei den teilweise hohen Werten der NS-Raubkunst. Das geht ein wenig über die Große Anfrage hinaus, daher höre ich nun auf, aber es war für uns Grüne eine Anregung, die sich daraus auch ergeben hat. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Staatsrätin Emigholz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bedanken uns ausdrücklich bei Ihnen für die Würdigung dieser Großen Anfrage, bei der wir uns sehr viel Mühe gegeben haben, seriös zu beantworten, was Bremen macht. Lassen Sie mich eines ganz offen sagen: Es ist manchmal mühsam, Fragen zusammenzustellen, und manchmal ist der Zeitpunkt auch nicht glücklich. In diesem Fall, das kann ich Ihnen ehrlich sagen, waren wir sehr froh, dass die CDU die Große Anfrage gestellt hat, weil wir uns als Haus gerade nach dem Gurlitt-Fall dieselbe Frage gestellt haben, nämlich wie Bremen in der Breite aufgestellt ist.

Man befasst sich sonst natürlich temporär mit einzelnen Aktivitäten und unterstützt die Einrichtung, aber einen Gesamtüberblick zu haben, um verantwortlich zu handeln, und auch die Rolle der Verwaltung im Verhältnis zu den Einrichtungen zu definieren, ist an dieser Stelle ganz und gar richtig, und das haben wir auch sehr gern gemacht.

Zu den einzeln gestellten Fragen, die hier noch geäußert worden sind, möchte ich noch etwas sagen: Wenn von Geschicklichkeit gesprochen wird, was das Geldverteilen angeht, möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Bundesregierung sowohl in der letzten als auch in der jetzt laufenden Legislaturperiode Geld für die Provenienzforschung zur Verfügung gestellt hat. Es ist auch Geld nach Bremen geflossen, und es wird auch weiterhin für die Projekte nach Bremen fließen.

Es gibt einen sehr guten Kontakt zu den Einrichtungen, wir unterstützen sie bei Antragstellungen und bei Aktivitäten, und somit ist es auch möglich, Gelder des Bundes abzurufen. Einiges tragen die Einrichtungen entweder über Spenden oder durch ihre Etats bei, und bei kleineren Projekten helfen wir. Das sind die Form und die Art der Finanzierung, die an dieser Stelle möglich und auch notwendig ist.

Dass wir es nötig haben, uns mit diesen Fragen zu beschäftigen, steht außer Zweifel. Viele der großen Themenkomplexe, das hat der Umgang mit der Gurlitt-Sammlung gezeigt, sind noch komplett im Dunkeln und noch unbefriedigend gelöst.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im europäischen Raum nicht allein sind. Ich finde, dass sich Deutschland vorbildlich mit Fragen der Provenienz auseinandersetzt. Wenn wir in Nachbarländer schauen, in denen wir selbst den einen oder anderen Restitutionsanspruch hätten – man denke an die verloren gegangenen Objekte in Berlin – dann wissen wir, dass wir hier insgesamt auf einem guten Weg sind, der ständig verbessert werden muss, aber der sich auch immer wieder kritisch einer internationalen Verantwortung stellen muss.

Die Frage, die Herr Werner angesprochen hat, nämlich die des Umgangs mit den Verfahren und den Strategien des Kolonialismus, möchte ich gern beantworten. Hier müssen wir der Regierung oder auch der

Opposition nicht erklären: erledigt. Im nächsten Bauabschnitt des Übersee-Museums wird es einen eigenen Ausstellungsbereich zu diesem Themenkomplex geben, weil gerade dieses Haus in einer ganz besonderen Art und Weise mit Erfahrungen und Strategien dieser Zeit befasst ist. Um die eigene Geschichte kommt man gar nicht umhin, wenn man sich um Völkerkunde, Handelskunde oder auch Naturkunde bemüht. Das wollte ich Ihnen nur sagen. Deswegen wird die Amerikaausstellung auch nur genauso groß werden wie die anderen Kontinentausstellungen, und der Rest der nächsten Etage geht an die Bewältigung dieser Fragestellung. Das für Sie zur Information!

Wir werden Ihnen gern auch über den weiteren Fortgang der in der Großen Anfrage aufgeführten Einzelfälle, die noch nicht entschieden sind, oder von aufkommenden Problematiken berichten, weil wir jede und jeden gern mit ins Boot holen, die sich mit einem sachgerechten Umgang mit dem Thema auseinandersetzen.

Wenn es um eine Strategie geht, Geschichte erfolgreich zu bewältigen, gehört unsere Freiheit und unsere Umgangsform mit der Kunst dazu und auch der verantwortungsvolle Umgang damit, wie wir insgesamt das Thema bewerten und welchen Stellenwert diese Arbeit in einer modernen Gesellschaft hat, nicht nur gegenwärtig, sondern auch zukünftig. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1417, auf die Große Anfrage der CDU Kenntnis.

Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses nach § 14 des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bürgerschaft vom 14. Mai 2014

(Drucksache 18/1400)

Die Beratung ist eröffnet.

Am Rednerpult steht bereits die nächste Rednerin.

Frau Piontkowski, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Entschuldigen Sie es, dass ich etwas voreilig zum Rednerpult geeilt bin. Ich möchte Ihnen den Bericht des Petitionsausschusses, der Ihnen ja auch schriftlich zugekommen ist, gern vorstellen, und zwar handelt es sich um den Bericht von Beginn dieser Legislaturperiode bis

zum April dieses Jahres, und zwar für die Stadtbürgerschaft und für das Land Bremen.

Die Grundlage für die Arbeit des Petitionsausschusses ist der Artikel 17 des Grundgesetzes. Danach hat jedermann das Recht, sich einzeln oder im Zusammenhang mit anderen – –.

(Abg. Frau N e u m e y e r [CDU]: Jede Frau auch!)

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Jede Frau auch!)

Ja, jede Frau auch, gut! Danach haben jeder Mann und jede Frau das Recht, sich einzeln oder im Zusammenhang mit anderen schriftlich mit Bitten, Anregungen oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Ich hoffe, dass ich jetzt allen Männern und Frauen gerecht geworden bin.

(Zuruf des Abg. R u p p [DIE LINKE])

Das denke ich auch!

Der Petitionsausschuss kontrolliert in einer gewissen Weise die Verwaltung. Er hat eine wichtige Mittlerrolle zwischen Bürger und Staat. Durch den Petitionsausschuss wird Politik hautnah erlebbar, und zwar für beide Seiten, sowohl für die Abgeordneten, die mit den Bürgern sprechen, als auch für die Bürger, die sich mit ihren Sorgen und Nöten den Abgeordneten anvertrauen.

Die Abgeordneten können auch sehen, wo sich im Einzelfall gesetzliche Regelungen, die sie selbst beschlossen haben, bewähren oder eben auch nicht. In gewisser Weise ist der Petitionsausschuss auch so etwas wie der Anwalt der Bürger, jedenfalls wenn es um die Beziehung des Bürgers zum Staat geht. Oftmals ist er auch die letzte Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger, die bereits alle Möglichkeiten und Hilfen ausgenutzt haben, um Unterstützung zu suchen.

Viele Petitionen stehen nicht im Mittelpunkt des medialen Interesses. Der Petitionsausschuss befasst sich mit konkreten, manchmal mit kleinen Problemen der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel mit Baugenehmigungen, mit dem Arbeitslosengeld, der Rundfunkgebührenordnung – das war relativ häufig in der letzten Zeit –, mit der Schaffung von Hundeauslaufflächen oder mit Verkehrslärm in den einzelnen Stadtteilen. Zunehmend haben wir aber auch mit öffentlichkeitswirksamen Petitionen zu tun. Sie haben ja die Debatte beispielsweise um das Privatschulgesetz hier heute verfolgt, und auch dazu gibt es eine Petition oder aber zur Schließung des Unibads.

Der Petitionsausschuss führt in den einzelnen Ortsamtsbereichen der Stadtgemeinde Bremen Bürgersprechstunden durch. In dem Zusammenhang kön

nen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern ihre Anliegen erörtern und manchmal dort schon konkrete Lösungen auf den Weg bringen. In dem Zusammenhang wird den Bürgern auch geholfen, wenn sie zum Beispiel eine Petition unmittelbar vor Ort verfassen wollen. Ergänzend dazu werden Gespräche mit den Petenten geführt – auch diese Woche haben wir ein Gespräch geführt –, um zum Beispiel Sachverhalte im Einzelnen aufzuklären und um den Petenten das Gefühl zu geben, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Sache, um den Bürgern auch das Gefühl zu geben, dass sie ernst genommen und wahrgenommen werden und sie nicht nur vor einer Staatsgewalt stehen, die sowieso macht, was sie will. (Beifall)

Zunehmende Bedeutung erlangen in letzter Zeit auch die öffentlichen Petitionen, und zwar haben die Petenten hier die Möglichkeit, in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses auch öffentlich vorzutragen, was sie belastet. Auch die Behörde wird zu diesen öffentlichen Sitzungen eingeladen, in denen sie dann entsprechend Stellung nehmen muss. Das ist auch eine Sache, die sehr wichtig ist für die öffentliche Wahrnehmung des Petitionsausschusses. Ich hätte mir gewünscht, wenn wir jetzt diesen Punkt hier diskutieren, dass noch ein paar Pressevertreter anwesend wären, sodass diese über unseren Petitionsausschuss auch etwas hätten schreiben können.

Was gab es noch? Im April 2013 – da war ich noch nicht die Vorsitzende des Petitionsausschusses – reiste der Petitionsausschuss, damals noch mit Frau Motschmann an der Spitze, nach München, um sich über das dortige Petitionsrecht zu informieren. Da wurde festgestellt, dass sich die Behandlung von Petitionen in Bayern entscheidend zu der in der Stadtgemeinde und dem Bundesland Bremen unterscheidet. Der dortige Eingabenausschuss entscheidet nämlich abschließend über die Behandlung der Petitionen. Sitzungen und Ortsbesichtigungen finden grundsätzlich öffentlich statt, das ist hier anders, das Regelausnahmeverhältnis ist hier ein anderes. Pro Petition gibt es in Bayern zwei Berichterstatter, einen von der Regierungskoalition und einen von der Opposition.

Die Erkenntnisse aus diesem Besuch in Bayern waren dann auch Anlass für die Überprüfung des Bremer Petitionsrechts. Zu diesem Zweck wurde eigens ein eigener Unterausschuss mit dem Vorsitzenden Herrn Oppermann gegründet. Der Unterausschuss hat sich mit der Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie zusammengesetzt, die ebenfalls Vorschläge eingebracht hat. Dort wurden verschiedene Vorschläge diskutiert. Es ist noch nicht ausdiskutiert worden, aber einige Vorstellungen, die auch bereits in Bayern Gesetz geworden sind, wurden hier auch erörtert. Wir können gespannt sein, wie diese Diskussion ausgehen wird. Ich hoffe, dass wir noch in der laufenden Legislaturperiode zu einem Ergebnis kommen.

Vom 8. Juni 2011 bis zum 30. April 2014 wurden insgesamt 354 Eingaben an den Petitionsausschuss des Landtags und 274 Petitionen an den Petitionsausschuss der Stadtbürgerschaft gerichtet. Damit ist die Zahl der Petitionseingänge im Vergleich zu der vorangegangenen Legislaturperiode in etwa gleichgeblieben. Was die Petitionen an den Landtag angeht, so sind diese in etwa gleichmäßig auf die Ressorts verteilt. Ein Großteil der Petitionen aus der Stadtbürgerschaft entfällt auf den Bereich Umwelt, Bau und Verkehr.

Viele Petitionen werden mittlerweile auch online über ein auf der Homepage der Bremischen Bürgerschaft zu findendes Formular eingereicht. Zusätzlich wird mittlerweile häufig die Veröffentlichung von Petitionen gewünscht. Im Berichtszeitraum haben 156 Petentinnen und Petenten den Wunsch geäußert, dass ihr Anliegen veröffentlicht wird. In 83 Fällen hat der Petitionsausschuss diese Veröffentlichung abgelehnt. Das lag daran, dass es sich dabei um Einzelfallbeschwerden handelte oder um Beschwerden, die bereits in der parlamentarischen Prüfung sind, oder es bestand keine Zuständigkeit des bremischen Petitionsausschusses. Im Einzelnen können sie im Petitionsgesetz nachlesen, weswegen Petitionen nicht veröffentlicht werden können.

Bis zum 19. März 2014 haben beide Petitionsausschüsse insgesamt 510 Petitionen erledigt, dabei sind die Massenpetitionen nicht eingeschlossen. Bei relativ wenigen Petitionen ist es erforderlich, dass der Senat förmlich Abhilfe schafft und wir förmlich um Abhilfe bitten. Bei vielen Petitionen ist es dem Petitionsausschuss auch gelungen, im Vorfeld positive Ergebnisse über das Gespräch – manchmal war das Gespräch auch etwas intensiver – mit den Behörden und mit den Petenten zu finden. In vielen Fällen hat sich auch der Senat sehr kooperativ gezeigt und ist auf die Petenten zugegangen, wenn wir diese Gespräche vermittelt haben. Insoweit danke ich an dieser Stelle auch dem Senat noch einmal dafür, dass er so konstruktiv mit dem Petitionsausschuss zusammengearbeitet hat! (Beifall)

Auch wenn eine Petition im Sinne des Petenten nicht zum Erfolg führt, so haben wir als Petitionsausschuss immerhin die Möglichkeit, dem Petenten zu erklären, wie diese behördliche Entscheidung zustandegekommen ist. Manchmal haben wir es so gelöst, dass wir, nachdem wir eine Petition schon abgeschlossen hatten, noch einmal ein Gespräch vermittelt haben, wenn der Petent diesen Ausgang nicht verstanden hat. Ich glaube, dass sich die Petenten auch dann sehr gut aufgehoben gefühlt haben und das auch ein Beitrag dazu ist, die Entscheidungen der Behörde zu akzeptieren und zu verstehen.

Im Petitionsausschuss selbst haben wir in der Regel sehr sachorientiert diskutiert, haben überwiegend einvernehmlich und fraktionsübergreifend entschie

den. Insofern bedanke ich mich auch ganz herzlich bei allen Mitgliedern des Petitionsausschusses für die konstruktive Atmosphäre im Ausschuss!

(Beifall)

Sie müssen sich das einmal vorstellen, ich bin im November 2013 zur Vorsitzenden des Petitionsausschusses gewählt worden, und innerhalb kürzester Zeit habe ich bis jetzt schon vier Aktenordner in meinen Regalen zu Hause stehen, in denen ich die ganzen Petitionen sammle! Das zeigt auch, dass es eine mühevolle Kleinarbeit ist, für die wir alle hier Zeit aufwenden, um uns um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern. Was wären die Mitglieder des Petitionsausschusses, wenn es nicht auch die Verwaltung gäbe, in diesem Fall die Bürgerschaftsverwaltung, insbesondere Frau Schneider, die Ausschussassistenz? Sie und ihre Mitarbeiterinnen leisten alle eine sehr gute Arbeit, und in diesem Zusammenhang bedanke ich mich ganz herzlich bei Frau Schneider und ihren Mitarbeiterinnen. (Beifall)

Abschließend sei gesagt: Ich bin erst kurze Zeit im Petitionsausschuss, und mir hat die Arbeit in der Vergangenheit sehr viel Spaß gemacht. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft noch eine sehr angenehme Atmosphäre sein wird. Mir persönlich ist sehr wichtig, dass man sich wirklich um die Bürgerinnen und Bürger kümmern kann, und die Verwaltung ist sehr viel zugänglicher, wenn man ihr in einem persönlichen Gespräch gegenübertritt. Letztlich ist mir auch wichtig, dass man auf diese Art und Weise für die Bürgerinnen und Bürger sehr viel erreichen kann. Gerade das ist Ansporn, jedenfalls für meine politische Arbeit, und es wirkt auch ein wenig der Politikverdrossenheit entgegen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit!

(Beifall)