Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

zeugend. Es zeugt eher von der Schwierigkeit, sich einzugestehen, dass in Bremen die Mittel für ein solches Projekt von der Größenordnung „Inklusion“ erst mühsam zusammengebracht werden sollten, bevor man sich vollmundig daran macht und sich möglicherweise dabei übernimmt. Können wir das wirklich stemmen? Ich wiederhole, sehr verehrte Damen und Herren, gönnen Sie sich und uns eine Denkpause! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zwar jetzt nicht den Eindruck, dass wir hier heute eine grundsätzliche Debatte über Inklusion führen wollen, aber an dieser Stelle möchte ich schon sagen, Herr Korol, die Inklusion in diesem Zusammenhang als Holzweg zu bezeichnen, das ist nicht meine Auffassung!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Sie haben recht, die Inklusion ist in den vergangenen Jahren materiell im öffentlichen System nicht ausreichend abgestützt worden, materiell und personell, das ist wahr. Da hat es Schwierigkeiten gegeben, aber ich glaube, das politische Ziel, Inklusion zu verwirklichen, so weit es nur irgend geht, ist in diesem Hause bisher eigentlich unstrittig gewesen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Abg. D r. K o r o l [BIW] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Herr Dr. vom Bruch, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich möchte jetzt ganz gern meine Ausführungen hier zu Ende bringen.

Was allerdings richtig ist: Diese Diskussion – und darauf ist ja verwiesen worden – ist auch im Zusammenhang mit Schulen in freier Trägerschaft zu führen, und zwar nicht nur als eine Diskussion, ihnen diese Ziele aufzugeben und vorzugeben, wogegen ich grundsätzlich nichts habe,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und die Schulen in freier Träger- schaft haben auch gar nichts dagegen!)

sondern Ziel muss es doch sein, auch diese Schulen ebenso wie das öffentliche System in die Lage zu versetzen, Inklusion zu verwirklichen. Das muss doch hier unser Ziel sein, und darauf zielt unser Vorschlag ab, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte sehr gern, dass diese Schulen auch zukünftig in der Mitte der Gesellschaft bleiben, und deshalb möchte ich diese Schulen auch in die Lage versetzen, dass sie sich weiterentwickeln können, nicht nur in Bezug auf Inklusion, nicht nur in Bezug auf eine verstärkte Wahrnehmung von sozialer Verantwortung, sondern auch in der Wahrnehmung und in der Entwicklung hin zu Ganztagsangeboten. Das ist uns wichtig, aber wie gesagt, daran muss man eben auch die Bedingungen des Staates entsprechend ausrichten.

Meine Damen und Herren, ich möchte gern auf etwas hinweisen, was Frau Vogt zur Sprache gebracht hat: Frau Vogt, Sie haben sinngemäß hier zum Ausdruck gebracht, dass Sie sehr wohl irgendwie zwischen Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien unterscheiden. Ich kann für diese Unterscheidung überhaupt keine inhaltliche Begründung wahrnehmen, uns sind alle Schulen gleich wichtig, auch im Übrigen nicht differenziert zwischen öffentlichen und Schulen in privater, in freier Trägerschaft. Wir wollen, dass diese Schulen grundsätzlich gleichbehandelt werden und sie einheitlich und unabhängig davon, in welcher Trägerschaft sie sich befinden, eine Perspektive für die Zukunft haben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Güngör, Sie haben heute irgendwie auf mich den Eindruck gemacht, dass Sie nicht ein einziges Wort der Wertschätzung diesen Schulen gegenüber hier zum Ausdruck gebracht haben.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Im Gegen- teil! – Abg. G ü n g ö r [SPD]: Das ist ja Quatsch! Sie haben es wieder geschafft, nicht zuzuhören!)

Sie haben im Grunde das wiederholt, was Sie in der Deputation schon zum Ausdruck gebracht haben, und das ist eben das Gegenteil von dem, was wir wollen.

Wir wollen die Kreativität, die Innovationskraft dieser Schulen nutzen, weil es auch im Ergebnis im Interesse des öffentlichen Systems ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. G ü n g ö r [SPD])

Diese mangelnde Wertschätzung, darauf würde ich gern noch hinweisen, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass Sie sich strikt geweigert haben, dieses Gesetz, so wie es ist und wie es bisher benannt worden ist, nämlich Privatschulgesetz, umzubenennen. Wir glauben, dass es der richtige und der zeitgemäße Weg wäre, diese Schulen danach zu benennen, was sie nämlich in Wahrheit sind: Schulen in freier Trägerschaft!

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Wovon sind sie denn befreit?)

Das ist ein großer Unterschied zu dem, was wir hier meinen. Sie haben sich in der Gesetzesnovelle durchaus in der Lage gesehen, die ehemals Volksschulen genannten Grundschulen entsprechend umzubenennen. Dass Sie das im Gesetz selbst und insgesamt für die Schulen in freier Trägerschaft verneinen, ist ein Zeichen, dass Ihnen diese Unterscheidung insgeheim behagt!

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Sagen Sie doch einmal einen inhaltlichen Punkt aus dem Ge- setz!)

Das teilen wir ausdrücklich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, vielleicht noch einen Hinweis auf das, was Sie gesagt haben, Herr Güngör: Sie haben kritisiert, dass wir die finanzielle Ausrichtung der Tobias-Schule an der finanziellen Ausrichtung der Schule an der Fritz-Gansberg-Straße orientieren wollen. Das ist schlicht dem Umstand geschuldet, dass Förderschulen in dieser Stadt ja nun nicht mehr existieren und die Schule an der FritzGansberg-Straße „die Schule“ ist, die dieser Schulform am nächsten kommt. Insofern ist das eine rein technische Frage.

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Haben Sie das Ge- setz überhaupt gelesen?)

Wir glauben, dass wir mit unserem Vorschlag hier durchaus eine Diskussionsgrundlage geschaffen haben. Wir haben ja auch noch, das sei hier angemerkt, eine Experimentierklausel vorgeschlagen, eine Klausel, die auch zukünftig diesen Schulen in freier Trägerschaft eine Weiterentwicklung auch außerhalb der Strukturen des öffentlichen Systems dann ermöglichen soll, wenn eine entsprechende Genehmigung vorliegt. Wir glauben, dass die Andersartigkeit dieser Schulen nicht nur eine gesetzliche Auflage ist, wir wollen sie, sondern wir glauben, dass sich Pädagogik auf diese Art und Weise insgesamt weiterentwickelt, und davon profitieren im Ergebnis alle. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dogan.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich bin ja immer ein Fan davon, dass man, wenn man etwas in seiner Rede erklärt, das auch immer schön mit Fakten belegt, nachdem ich eben

den Vorwurf von Herrn Dr. Korol hörte, mit dem, was ich behauptet habe, dass wir in Bremen im Mittelfeld stehen, nicht richtig zu liegen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Im Unterschied zu ihm können wir es beweisen!)

Dankenswerterweise hat Herr Dr. vom Bruch am 4. Juni 2013 hier eine Kleine Anfrage gestellt, und die Antwort des Senats kann man nachlesen. Da steht zum Beispiel auf die Frage, wie sich staatliche Zuschüsse an Schulen in freier Trägerschaft in den übrigen 15 Bundesländern darstellen, eine Tabelle. Diese Tabelle ist leicht verständlich. Wenn man sich andere Bundesländer anschaut, ich nehme einmal den Betrag, der hier jetzt in Rede steht, nämlich 3 135 Euro für die Grundschulen, und nenne ihnen Länder, in denen es eben nicht so ist, zum Beispiel in RheinlandPfalz, dort beträgt der Zuschuss nur 2 488 Euro und in Sachsen 2 745 Euro, und es gibt auch noch andere Länder, die die Grundschulen nicht so ausstatten wie wir.

Soeben ist ja auf die Inklusion eingegangen worden. Wir haben uns als Koalition darauf verständigt, den Zuschuss bei den Grundschulen auf jeden Fall beizubehalten, weil die Zielvereinbarung ist, dass sich alle Schulen zu inklusiven Schulen weiterentwickeln, und sogar bei den Oberschulen die Zuschüsse zu erhöhen, um die Inklusion auch umzusetzen.

Herr Dr. vom Bruch, Sie nennen die Schule an der Fritz-Gansberg-Straße und die Tobias-Schule. Das ist ein gewaltiger Unterschied!

(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Ja, das ist ein Unterschied, aber Sie sind auch noch so ähnlich, dass Sie noch vergleichbar sind!)

Ich habe beide Schulen besucht, aber ich teile – lassen Sie mich bitte ausreden, weil wir vielleicht gar nicht auseinander liegen – die Auffassung, dass man sich vielleicht in den nächsten Jahren noch genauer anschauen muss, wie sich die Inklusion sowohl an den staatlichen Schulen als auch an den Schulen in freier Trägerschaft entwickelt. Das geht auch aus den Unterlagen hervor, die wir in der Deputation von der Senatorin bekommen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Güngör hat ja eben auch noch einmal darauf Bezug genommen, weil ja von vielen jetzt in dieser kontroversen Diskussion eine Gefahr heraufbeschworen wird: Meine Damen und Herren, ich bitte darum, dass diese Diskussion versachlicht wird! Wenn man sich diese Antwort anschaut, die ich auch heute sehr hilfreich für die Diskussion fand, dann erkennt man auch anhand der Fakten, dass sich seit dem Jahr 2003 mit 16,93 Millionen Euro Ausgaben in einer Lage, in

der jetzt im Grundgesetz die Schuldenbremse verankert ist und wir Haushaltsnotlageland sind, dieses Volumen extrem auf 25 Millionen Euro ausgeweitet hat. Da kann man nicht davon reden, finde ich, dass wir als Koalition hier nichts für die Schulen in freier Trägerschaft tun.

Ich glaube, es ist jetzt auch ein bisschen deutlicher geworden, dass man die Grundschulen und Oberschulen gut ausstattet, es leider an den gymnasialen Oberstufen zu Erhöhungen kommt, aber die Tobias-Schule auch noch einmal den Status quo erhält. Ich bitte darum, dies bei dieser kontroversen Diskussion, die geführt wird, auch in den Blick zu nehmen! – Ich bedanke mich noch einmal für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine lebhafte und auch intensive Auseinandersetzung um die künftige Finanzierung der Privatschulen, die mittels Privatschulgesetz geregelt wird. Mein Wunsch ist aber, dass wir nicht nur über die Finanzierung sprechen, sondern auch noch einmal darüber, was wir damit auch anderes Sinnvolles tun, und vor allem auch noch einmal darüber, was es uns auch für die Zukunft ermöglicht, wenn wir dieses Privatschulgesetz haben.

Ich meine, ein wichtiger Punkt ist, dass wir jetzt ein Privatschulgesetz vorlegen, das das bremische Schulsystem insgesamt abbildet. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, dass wir das seit dem Jahr 2009 bestehende Schulsystem, das Zwei-Säulen-System aus Oberschule und Gymnasium, das gemeinsame längere Lernen, die inklusive Beschulung, jetzt auch für die Privatschulen umsetzen, und es ist positiv, dass wir uns das jetzt erarbeitet haben!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich finde, ein zweiter sehr wichtiger Schritt ist, dass wir mit den Privatschulen, mit der LandesArbeitsGemeinschaft eine Übergangsfrist vereinbart haben. Wir haben Anpassungsschritte bis zum Jahr 2017 vereinbart. Diese Übergangsfristen beziehen sich ja nicht nur auf die Finanzierung, sondern sie beziehen sich auch auf die Umsetzung dieses Zwei-Säulen-Modells. Das heißt, wir sind auch da auf einem Weg, auf dem alle gemeinsam auch entsprechend ihren Möglichkeiten, ihrer Entwicklungsgeschwindigkeit jetzt Dinge vorbereiten und dann umsetzen können.

Dies trifft natürlich dann auch für die Finanzierung zu. Wir haben nämlich festgelegt, dass für die Schü

lerinnen und Schüler, die im System sind, die gleichen alten Sätze gezahlt werden und erst für die Schüler, die jetzt in die fünfte Klasse beziehungsweise in die elfte Klasse einmünden, dann die geänderten Sätze zum Tragen kommen. Auch hier möchte ich sagen, es kommen die Sätze zum Tragen, die dann für die Privatschulen die besseren sind. Wir senken also nicht ab, zum Beispiel für die Gymnasien, sondern wir belassen es dann auf dem Niveau, wie es ist.