Martin Korol
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Last Statements
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Fälle von Blendungen durch
Laserpointer sind im Jahr 2014 in Bremen zur An zeige gebracht worden, wie hat sich die Zahl dieser Vorfälle seit dem Jahr 2010 entwickelt, und wie viele Menschen sind dabei zu Schaden gekommen, bitte getrennt nach Jahren ausweisen.
Zweitens: In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2014
Laserpointer gegen Vollzugsbeamte eingesetzt, und wie häufig kam es zu Blendungen von Piloten im Bremer Luftraum, und wie hat sich die Zahl dieser Vorfälle seit 2010 entwickelt, bitte getrennt nach Jahren ausweisen.
Drittens: Wie bewertet der Senat die Forderung
der Landesregierung von Baden-Württemberg, star ke Laserpointer bundesweit zu verbieten, und wird das Land Bremen diese Initiative im Bundesrat un terstützen?
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 18. Janu ar 2015 hielt Pastor Olaf Latzel in der evangelischen St. Martin-Gemeinde eine Predigt.
Unser Grundgesetz und ebenso unsere Bremische
Landesverfassung garantieren jeweils in Artikel 4 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Pastor Latzel wurde dennoch wegen dieser Predigt in der Öffentlichkeit scharf attackiert.
Dagegen gegen richtet sich unser Antrag. Beden
ken Sie bitte zudem:
dass in St. Martini seit Jahr und Tag so gepredigt wird,
nämlich kraftvoll, prägnant und wider den Stachel des Mainstreams löckend, also nichts Neues.
Doch nun stehen wir kurz vor einer Bürgerschafts
wahl; da kochen politische Kreise gern einmal ein Süppchen mit religiösen Zutaten auf Kosten von Kirche und von konservativ eingestellten Gläubigen.
In der parlamentarischen Debatte darüber hier
in diesem Hohen Haus im Februar 2015 hatte ich eine große Bandbreite von Meinungen erwartet, doch tatsächlich zeigten sich alle Fraktionen über die Aussagen von Pastor Latzel empört.
Sogar der Fraktionsvorsitzende der Christlich
Demokratischen Union!
Unser Bürgermeister hielt, fand ich, eine kluge
Rede zum Thema. Sie blieb folgenlos. Bei genaue rem Hinsehen scheint Bremen also doch nicht bunt und tolerant zu sein, eher dann schon ziemlich trist, schwarz-weiß, engstirnig und verklemmt.
Aus meiner Sicht brauchen wir zur demokratischen
Debatte ein ausgeprägtes bürgerliches Selbstbe wusstsein. Bremen ist eine Stadt mit einer solchen Tradition, auch auf religiösem Gebiet, ich darf daran erinnern. Am 9. November 1522 hielt Heinrich von Zütphen in der Kirche St. Ansgari die erste protes tantische Predigt in Bremen. Mit der Übernahme der Reformation von 1517 zog auch in Bremen ein selbstbewusstes, zur gedanklichen Weiterentwicklung befreites Christentum ein, und dessen hohe Moral und Toleranz beeinflusste das Denken der Bürger positiv. Sie wussten diesen religiösen Wandel auch zu schätzen. Die Stadt erblühte. Nun galt zum Beispiel der Handschlag bei Geschäften als unwiderrufliche Urkunde eines Vertrages.
Natürlich gab es auch im reformierten Bremen
Korruption, Mord und Totschlag. Es gab Elend, Armut, Lug und Trug. Aber ein an der Reformation ausge richteter religiöser und kulturell geprägter Kompass gab den Stadtvätern die Richtung ihrer Politik vor, sehr zum Wohle Bremens. Als Maxime galt das Apostelwort: „Da ist nicht Jude noch Grieche, nicht Knecht noch Freier, nicht Mann noch Weib, sondern sie sind alles Eins in Jesus Christus.“ Existiert dieser Kompass noch? Ich fürchte, immer weniger.
Der verbindliche Handschlag ist aus der Mode.
Der Einfluss internationaler Konzerne auf die Geschi cke unserer Stadt wird immer größer, während der Einfluss der lokalen Bremer Wirtschaft und Politik schwindet. Karl Marx prophezeite das. Er schrieb 1848 im manifest der „Kommunistischen Partei“ - ich zitiere –: „Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört“. Des Weiteren „Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeu tung gesetzt.“ Wir erleben das täglich mehr. Einige wenige Bürger werden immer reicher und umgeben sich angstvoll mit Bodyguards.
Danke schön! Die Anzahl der Armen und der Tafelgänger steigt
stetig, auch die Kinder- und Altersarmut. Zufällig sprachen wir vorhin darüber.
Genau so! Das von christlicher Moral geprägte Ge sellschaftsbild verfällt. Die zumeist ergrauten Gottes dienstbesucher können mittlerweile in vielen Kirchen bequem auf einer einzigen Bank Platz nehmen. Die Bibel als Heilige Schrift wird bestenfalls als nostalgi sches Märchenbuch geduldet, das im Regal verstaubt, bis es irgendwann auf dem Flohmarkt landet.
Die Offenbarung des Johannes spricht von falschen
Propheten. Wir erleben solche Propheten täglich. Sie reden einer hemmungslosen Ökonomisierung aller Lebensbereiche das Wort und verkaufen uns das missionarisch als Sozialpolitik. Was uns da alles versprochen wird! Der Himmel auf Erden. Das Volk hingegen spürt, dass es nur noch schlechter werden kann. Der religiöse Sozialist Leonhard Ragaz sagte 1929 - ich zitiere –: „Marx hat Recht. Religion darf nicht Opium sein. Aber die wahre Religion ist nicht Opium“, und weiter: „nicht Opium der Welt, das die Menschen einschläfert, sie Not und Unrecht als göttliche Weltordnung betrachten lässt, sondern das Dynamit, und zwar das einzige, das die Weltordnun gen und Weltreiche sprengt.“
So sehe ich das auch. Texte, Reden und Predigten,
auch diese meine wider den Zeitgeist, gefallen nicht jedem, auch nicht Ihnen. Das müssen sie auch nicht, aber sie sind zu tolerieren. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag von BÜRGER IN WUT zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren! Vorgestern nahm unser Senator für Inneres und Sport zu der Flücht lingskatastrophe im Mittelmeer Stellung. Er nannte drei Punkte. Erstens seien die Fluchtursachen in den Heimatländern zu bekämpfen. Zweitens sei eine maritime Rettungstruppe vom Typ Mare Nostrum wieder auf dem Mittelmeer zu installieren. Drittens empfahl Senator Mäurer, die legalen Möglichkeiten zur Einwanderung nach Europa zu überprüfen und zu erweitern. Das sind doch einsichtige Vorschläge.
Morgen soll in Brüssel ein Sondergipfel zur Flücht
lingspolitik stattfinden, vier Schwerpunkte sollen diskutiert werden. Erstens: Wie sind die Menschen schmuggler zu stoppen? Zweitens: Wie können die Bemühungen zur Rettung von Menschen in Not ver stärkt werden? Drittens: Wie kann den am stärksten betroffenen europäischen Mitgliedsländern besser geholfen werden? Viertens: Wie kann die Zusam menarbeit mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge gestärkt werden?
Man sieht und hört, dass diese Katastrophe viele
Aspekte mit tausendsten Details zu beachten hat. Ich selbst stehe noch ratlos davor. Nur ein Beispiel! Vorgestern – Frau Vogt hat es erwähnt – protestierten rund Tausend Menschen auf dem Bremer Markt platz gegen das Sterbenlassen auf dem Mittelmeer. Dazu – ich schaute und las im Netz nach – fordert die Flüchtlingsinitiative „Watch the Med“: „Das Sterben muss ein Ende haben: Wir fordern eine sofort einzurichtende direkte Fährverbindung für Flücht linge aus Tripolis und anderen Orten Nordafrikas nach Europa. Wir fordern sichere und legale Wege, um Zufluchtsorte zu erreichen, ohne sich in tödliche Gefahren begeben zu müssen.“
Mich interessierte sofort die Frage, warum es, so
die Aussage, keine normalen Fährverbindungen zwischen Afrika und den lateineuropäischen Ländern gibt. Wir Bremer wissen sogar von regelmäßigen Flugverbindungen zwischen Bremen und Nordafri ka. Ich las im Netz, das es bundesweit mehr als ein Dutzend Flugverbindungen nach Nordafrika gibt, nicht nur nach Tunesien, Algerien und Ägypten. Ich lese von wenigstens sechs Orten in Nordafrika, vor allen Dingen in Algerien und Tunesien, mit Verbindungen nach Europa, und ich frage mich und generell, warum sind diese Wege nach Europa über das Meer und durch die Luft versperrt?
Als ich hilflos dastand, versuchte ich, etwa die
Frage, ob da keine Visa erteilt werden, und wie das möglich ist, in Reisebüros zu klären. Auch die Be suche in drei seriösen Reisebüros konnten, für mich jedenfalls, die Frage nicht klären, und ich wäre froh, wenn jemand von Ihnen besser Bescheid wüsste. Von Tausend Aspekten kennen wir nur wenige, und wir haben neugierig zu sein und zu bleiben.
Wie ist unsere Lage in Bremen? Wir in Bremen kön
nen Maßnahmen gegen die Flüchtlingskatastrophe anregen, aber mehr steht nicht in unserer Macht. Ich war sechs Jahre unter der Regie des Auswärtigen Amtes beruflich im Ausland tätig, deshalb von meiner Seite ein Hinweis dazu. Deutschland hat in fast allen Ländern der Welt diplomatische Vertretungen, seien es Botschaften oder Konsulate. Meine Frage lautet, wie viele Anträge auf Aufnahme in Deutschland als Asylbewerber oder auf Vermittlung einer Arbeit können vor Ort gestellt werden? Ich weiß es nicht, könnte mir aber vorstellen, dass Deutschland hier insofern aktiver wird, als auch deutsche Stellen wie das Goethe-Institut oder die GIZ als Anlauf- und Beratungsstellen tätig werden. Das würde voraus setzen, dass endlich der Gedanke anerkannt wird, dass die Grundidee einer diplomatischen Vertretung durch Botschaften im Sinne von Gesandtschaften in das 19. Jahrhundert gehört und schon im Juli und August 1914 scheiterte.
Frau Dr. Mohammadzadeh, das gilt für jedes eu
ropäische Land mit seinen vielfältigen Auslands vertretungen und auch für die EU selbst. Sie alle könnten eine führende Rolle dabei spielen, über die Verhältnisse vor Ort zu informieren und vor Ort die ersten Schritte durchzuführen. Frau Vogt hat ja das schweizerische Modell skizziert.
Das bisherige Vorgehen Bremens in der Flücht
lingsfrage und in der Integration von Flüchtlingen ist meines Erachtens durch drei Momente gekenn zeichnet.
Erstens: Als Philologe sage ich, dass die Politik
den Begriff der Willkommenskultur erfand, ohne ihn zu definieren. Er diente eher dazu – so sehe ich das –, mögliche Kritiker der eigenen Politik zu diskriminieren und einzuschüchtern.
Zweitens: Die Sozialbehörde war in vielem erfolg
reich, ging aber zum Teil auch rätselhafte Wege bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Ich verweise hier nur auf das Boomen der Containerindustrie.
Drittens: Aus meiner Sicht wurde die Bevölke
rung Bremens nur oberflächlich in die Lösung des Flüchtlingsproblems eingebunden. Beschlüsse von Beiräten dienten meiner bescheidenen Erfahrung nach häufig eher dazu, der Politik zu akklamieren, und nur wenige Bürger hatten den Mut, dagegen zu opponieren.
Ich meine, nur dann, wenn es gelingt, die Bevöl
kerung in die Flüchtlingspolitik ehrlich einzubinden, kann Politik erfolgreich sein. Darum möchte ich bitten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsi
dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Weth! Wegen der Verzögerungen und der enormen Kostensteigerungen beim Ersatzneubau am Klini kum Bremen-Mitte beantragte die CDU am 19. Juni 2014 gemeinsam mit der Gruppe BÜRGER IN WUT, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss kurz PUA, einzusetzen. Der Antrag wurde am 1. Juli 2014 von der Bremischen Bürgerschaft beschlossen.
Für die BÜRGER IN WUT nahm ich als stellvertre
tendes Mitglied an den Sitzungen des PUA teil. In der Verfahrensordnung zum PUA heißt es über die Rechte der stellvertretenden Mitglieder:
„Die stellvertretenden Mitglieder können an den nicht öffentlichen Sitzungen mit beratender Stimme teilnehmen. Bei den öffentlichen Beweisaufnahmen haben sie grundsätzlich kein Fragerecht, es sei denn, sie vertreten ein Mitglied.“ Dieses Glück hatte ich mehrfach. Ich freue mich sehr darüber, beim PUA dabei gewesen zu sein, eine Welt voll neuer Erfah rungen, verbunden mit vielen neuen Einsichten.
Der Bericht des PUA vom 13. April 2015 liegt
nun vor, sehr umfänglich, sehr lesenswert. Bevor ich darauf zu sprechen komme, habe ich eine Bitte. Zum ersten Mal – jedenfalls meines Wissens – wur den die Kosten des PUA erwähnt. Ich hörte eben gerade 600 000 Euro. Wenn ich vielleicht eine Liste bekommen könnte, die diese Kosten aufzeigt, wäre ich sehr verbunden!
Ansonsten habe ich einige Anmerkungen, schlag
lichtartig. Der Bericht des Ausschusses endet mit Empfehlungen, unter anderem zur Baukostenplanung, zum Finanzierungsmodell, zur Projektvorbereitung und zur Bedarfsplanung. Diese Empfehlungen sind sehr allgemein gehalten, von einer Ausnahme ab gesehen, der Kollege Fecker ist eben darauf zu sprechen gekommen. Diese Ausnahme möchte ich zitieren. Auf Seite 165 des Berichtes heißt es: „Die Abteilungsleiterstelle der Abteilung 5 ‚Kommunale Kliniken‘ im Gesundheitsressort sollte zeitnah besetzt werden.“ Diese Empfehlung leuchtet unmittelbar ein, wenn man sich dazu den Hintergrund anschaut, und den möchte ich etwas beleuchten.
Am 10. Oktober 2014 schrieb Christian Weth im
„Weser-Kurier“ unter dem Titel „ Ex-Rechnungs hofchef wirft Ressort fehlenden Sachverstand vor“. Er sagte über die Arbeit des PUA Folgendes, Lo thar Spielhoff als ehemaliger Präsident des Lan desrechnungshofes sei im Zeugenstand des Unter suchungsausschusses mit folgenden Äußerungen bemerkenswerter Art aufgefallen: Er hat gesagt, in der Gesundheitsbehörde sei niemand gewesen, der Entscheidungen infrage gestellt hätte. Wörtlich wird Spielhoff zitiert: „Weil der Sachverstand in den Ressorts fehlt, wurde alles an uns, den Rechnungshof, weitergeleitet, ohne es zu hinterfragen.“ Habe der Rechnungshof Fragen gestellt, seien aus der Behörde der damaligen Gesundheitssenatorin Ingelore Rosen kötter (SPD) keine Antworten gekommen.
Spielhoff kritisierte nicht nur die Inkompetenz des
Gesundheitsressorts, eine alternativlose Planung und fehlende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, sondern stellte auch fest, dass Widerworte des Rechnungshofs bei der Koalition nicht erwünscht gewesen seien, und dann zitiert ihn der „Weser-Kurier“ mit dem Satz: „Der öffentliche Dienst hatte den Sachverstand aus der Hand gegeben.“ Ich muss sagen, eine derart heftige Kritik an einer Ministerialbürokratie hatte ich,
jedenfalls in Bremen, bis dahin nicht vernommen. Damit schließt sich der Kreis. Die erwähnte vakante Abteilungsleiterstelle in der Gesundheitsbehörde ist nun aber, wie wir eben gerade erfahren haben, immer noch nicht besetzt. Damit ist wohl auch die ministerielle Kompetenzlücke immer noch nicht geschlossen. Ich kann da nur staunen.
Eine weitere Kritik am Sachverstand der behörd
lichen Planer fand ich ebenfalls bemerkenswert. Vorhin kamen wir auf Herrn Professor Dr. Hansen zu sprechen. Herr Fecker machte ihn nur schlecht. Ist das richtig, oder war das die Kollegin Grotheer? Vielleicht habe ich das verwechselt.
Beide! Danke schön! Nichtsdestoweniger äußerte auch er sich im Untersuchungsausschuss. Dabei berichtete er über ein Gespräch mit dem damaligen Staatsrat für Gesundheit, Dr. Joachim Schuster, der inzwischen Mitglied des Europaparlaments ist. Der Kollege Bensch deutete diese Angelegenheit schon an.
Herr Schuster gehörte dem Aufsichtsrat der Ge
sundheit Nord, kurz GeNo, an. Das Gespräch zwi schen Hansen und Schuster ist im Minderheitenvotum der CDU-Bürgerschaftsfraktion auf den Seiten 94 und 95 zum Teil wortwörtlich wiedergegeben. Nach einer Aufsichtsratssitzung habe Herr Schuster Herrn Hansen gefragt, warum die GeNo kein weiteres Personal einstelle. Herr Hansen habe erwidert, dass der Wirtschaftsplan solche Ausgaben nicht vorsehe. Daraufhin habe Herr Schuster zu ihm gesagt: „Herr Hansen, dann verbrauchen sie doch das Eigenkapital, das macht doch nichts.“ Auf die Einwände, dass ein solches Vorgehen ungesetzlich sei und die Politik beschlossen habe, dass die Gesundheit Nord ihr Personal selbst bezahlen müsse, habe Herr Schuster geantwortet: „Herr Hansen, das ist doch egal, ob Bremen zwölf oder 13 Milliarden Euro Schulden hat. Die werden das schon bezahlen. Geben Sie das Geld nur aus.“ Herr Hansen merkte jedenfalls laut Bericht an, selbst einem politisch nur mäßig interessierten Zeitgenossen hätte im Jahr 2011 bekannt gewesen sein sollen, dass sich der Schuldenstand des Landes Bremen seinerzeit nicht auf 12 oder 13 Milliarden Euro belief, wie Herr Schuster meinte, sondern 19 Milliarden Euro betrug.
Ich bin Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Mir
liegt persönlich viel daran, dass Politiker ein posi tives Bild in der Öffentlichkeit abgeben. Das wird dauerhaft aber nur mit Transparenz und Ehrlichkeit möglich sein. Deshalb finde ich es richtig, dass die CDU-Fraktion diese Unterredung in ihrem Sonder votum ungeschminkt dokumentiert hat.
Es fehlt mir die Zeit, mich ausführlich zu den
Streitigkeiten der Fraktionen über die festgestellten Mängel bei der Planung und Bauausführung am Klinikum Bremen-Mitte zu äußern. So viel nur: Für mich ist noch immer nicht nachvollziehbar, warum dieses Projekt an der St.-Jürgen-Straße im Jahre 2005 mit der alleinigen Begründung genehmigt wurde, die Krankenhausangestellten müssten zu viel Zeit damit verbringen, die Wegstrecken zwischen den einzelnen Gebäuden zurückzulegen. Gab es dazu eine detaillierte Untersuchung? Mir jedenfalls ist davon nichts bekannt.
Zum Zweiten stellt sich für mich die Frage, warum
dieses ursprünglich als Teilersatzneubau geplante Gebäude, aus dem dann ein vollständiger Teilneubau wurde, auf dem bisherigen Platz errichtet werden sollte. Mir ist nicht bekannt, dass der Standort von den Verantwortlichen überprüft und ein alternativer Standort geprüft worden wäre. Das Gelände an der St.-Jürgen-Straße ist schon wegen seiner ungünstigen Verkehrslage für das Bauprojekt wenig geeignet. Außerdem stören sich Bau- und Krankenhausbe trieb gegenseitig, weil man das alte Gebäude nutzt, während das neue errichtet wird.
Man lese in diesem Zusammenhang das Gut
achten von Dr. Rothe zur Gründung einer Bremer Universität aus dem Jahre 1961. Schon dieses Papier sah auf dem Campus der heutigen Universität eine Universitätsklinik vor.
Lassen sich mich kurz auf die Öffentlichkeitsar
beit des Untersuchungsausschusses eingehen! Die Verfahrensordnung des PUA legte fest, dass die Medien entweder durch gemeinsame Presseerklä rungen der Fraktionen oder durch Pressekonferen zen zu informieren waren, an denen alle Mitglieder des Ausschusses und ihre Stellvertreter teilnehmen konnten. Eine solche Pressekonferenz habe ich zu mindest nicht erlebt.
Ich komme zum Schluss. Ich gehe davon aus, dass so wohl die Ausschussmitglieder als auch die Redakteure ein lebhaftes Interesse daran hatten, die fraglichen Sachverhalte vollumfänglich aufzuklären. Dennoch habe ich nie einen angeregten und anregenden Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedern des PUA und den Medienvertretern erlebt. Das war für mich verschwendeter Geist. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Ich ergänze
meine Ausführungen von vorhin in einzelnen Punk ten, die mir am Herzen liegen. Mich berührt zum Beispiel das überaus geringe Interesse der Bürger an dem Thema Krankenhausneubau. Bereits die Frage, wie die Kosten für den Teilneubau des Klinikums Bremen-Mitte von den geplanten 200 Millionen Euro auf 300 Millionen Euro emporschnellen konnten, sollte eigentlich jeden Steuerzahler interessieren. Zumindest einige der 145 000 Bremer Senioren hät ten sicherlich auch die erforderliche Tagesfreizeit gehabt, um hin und wieder eine Sitzung des PUA zu besuchen.
Doch von solchen Besuchen war wenig zu sehen.
An keiner öffentlichen Sitzung nahm mehr als eine Handvoll Bürger teil.
Fünf Gerechte, wird deswegen Ninive gerettet
werden? Es waren auch fast immer dieselben. Das geringe Interesse der Öffentlichkeit war jedoch in keiner Ausschusssitzung Thema. Dabei kennen wir dasselbe Problem schon aus der Bürgerschaft. Auch zu den Sitzungen von Landtag und Stadtpar lament kommen einzelne Personen nur sehr selten. Mehrheitlich handelt es sich bei den Besuchern um organisierte Gruppen,
die aber nie so groß sind, dass es auf den Zuschau errängen eng werden würde.
Ein Untersuchungsausschuss arbeitet nach den
Regeln der Strafprozessordnung. Rechte und Pflich ten im Ausschuss müssen genauso exakt festgelegt sein wie der Umgang der Mitglieder miteinander.
Anderenfalls würde Willkür herrschen, wenn ich das Verhalten einiger der Kolleginnen und Kollegen verlängere. Dazu kann ich sagen: Der Umgang des Ausschussvorsitzenden mit den Beteiligten und der
aller Ausschussmitglieder untereinander war unbe dingt korrekt. Aber die Gruppendynamik des Aus schusses ist im Grunde genommen dieselbe gewesen wie in der Bürgerschaft, und das bedeutet: Über den Tellerrand hinwegschauen, wäre ja eine Idee, die vielleicht fruchtbar sein könnte. Das bedeutet: Die teilnehmenden Politiker tauschten sich untereinander nur insoweit aus, als sie zur selben Partei oder zur Regierungskoalition gehörten.
Eine intensive Zusammenarbeit – subjektiver Ein druck; das bitte ich zu entschuldigen – der Aus schussmitglieder über Parteigrenzen hinweg habe ich dagegen wenig oder kaum wahrnehmen können.
Das liegt gewisslich in erster Linie an mir und meiner Wahrnehmung.
Der Untersuchungsausschuss hätte meines Er
achtens – um einen weiteren Punkt anzuschneiden – im Interesse einer möglichst effizienten Aufga benbewältigung mit einer Schulung zu folgenden Themenbereichen beginnen können:
Verwaltungsstruktur des Krankenhauses, Bauverga berecht, Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten, methodisches Vorgehen eines Untersuchungsaus schusses, rechtlicher Rahmen der Arbeit, Vorgehen bei der Vernehmung der einzelnen Zeugen und Sachverständigen.
Das war nicht der Fall. Ich jedenfalls fühlte mich auf diese wichtige Aufgabe nicht sehr gut vorbereitet. Nun sehe ich allerdings genau diese Themen im Bericht des Untersuchungsausschusses angesprochen und zum Teil sehr informativ dargestellt. Das hätte ich mir als Einstieg in die Arbeit des Ausschusses gewünscht.
Von den zwölf Mitgliedern des Untersuchungs
ausschusses und ihren zwölf Vertretern kamen nur wenige zu Wort. Einige Mitglieder sagten nie etwas. Auch das halte ich für eine Vergeudung von Kompe tenz und Ressourcen. Sinnvoller wäre es aus meiner Sicht gewesen,
wenn sich jedes PUA-Mitglied mit einem Teilaspekt beschäftigt und damit einen eigenen Beitrag zum Untersuchungsergebnis geleistet hätte.
Zu guter Letzt: Wer ist denn nun für die Verzöge
rung und die Kostenexplosion beim Krankenhaus neubau verantwortlich? Mir fiel Folgendes auf, und hier sind wir wieder bei den ganz, ganz wenigen, die eine Ausnahme darstellen: Nur einer von insgesamt 33 Zeugen räumte ein, dieses oder jenes wäre besser gelaufen, wenn er selbst dieses oder jenes anders gesagt, getan oder entschieden hätte. Er war der Einzige. Alle anderen Befragten erklärten, dass sie in keiner Weise für die Misere verantwortlich gemacht werden könnten, entweder weil sie zu diesem Zeit punkt nicht mehr im Amt gewesen seien oder ihren Posten noch gar nicht bekleidet hätten oder weil sie mit der Angelegenheit nicht oder nur am Rande be fasst gewesen seien, weshalb die eigentliche Schuld dieser oder jene trage.
Ich sehe das anders. Aus meiner Sicht hat jeder, der mit diesem Bauprojekt in irgendeiner Weise befasst war, in irgendeiner Weise daran auch seinen Anteil Schuld. Aber das ist mein Menschenbild.
Ich komme zum Schluss. Ich würde mir wünschen,
dass künftige Untersuchungsausschüsse nicht mehr so tun, als ginge es nur darum, Sachverhalte aufzu klären und das Verhalten von Personen und Insti tutionen zu hinterfragen. Vielmehr sollten sie auch mit größtmöglicher Offenheit das eigene Vorgehen – reflektieren.
Nur das lohnt die Mühe und den Aufwand, nur
das bringt Ergebnisse.
Ich bedanke mich für Ihre
Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von uns aus, von mir aus drei Bemerkungen zur Debatte über den bremischen
Staatshaushalt; erstens, was die Zahlen angeht, zweitens die Erklärung dieses Phänomens und drittens die Frage der Krise und der Umkehr! Zu den Zahlen! Sie sehen grob gesehen aus wie folgt: Pro Jahr 3 Milliarden Euro Einnahmen, 4 Milliarden Euro Ausgaben, 20 Milliarden Euro Schulden, 650 Millionen Euro Zinsen, 300 Millionen Euro Zuwendungen aus Berlin und 170 Millionen Euro Zuwendungen aus Brüssel. Damit man sich das vorstellen kann als Arbeitnehmer, Rentner, Pensionär oder als einer, der sonst wie ein Einkommen bezieht, in einem zugegebenermaßen etwas schiefen Bild, aber immerhin ist es ein Bild: Ich habe 3 000 Euro im Monat und gebe 4 000 Euro aus, ich habe 20 000 Euro Schulden und bekomme noch ab und zu Zuwendungen von Tante Grete aus Brüssel und Onkel Heinz aus Berlin. Das Ergebnis ist, ich habe eine Privatinsolvenz anzumelden. Aussicht: Hoffen und Bangen. Bezogen auf Bremen: Ein Schicksal droht wie im Jahr 1989 der DDR und wie jetzt Griechenland, mit dem Unterschied, dass es Bremen gelungen ist, das Image des Sozialen zu bekommen. In dieses Bundesland zu investieren oder Hilfe dorthin zu geben, das lohne sich, da es ein soziales Land ist. In Wirklichkeit war das Anhäufen von Schulden unsozial. Der Staat ist bewegungsunfähig geworden, er kann nicht mehr helfen. Zweitens: Wie war das alles möglich? War das, um da anzuknüpfen, Herr Dr. Kuhn, Teufelswerk, oder waren es böse Dritte, oder waren es wir selbst, gibt es ein Eingeständnis von Schuld? Seit Jahren gehe ich dieser Frage nach, ich frage diesen und jenen, ich frage Wissenschaftler, ich frage Psychologen.
Wie war das möglich? Es ist ja nicht nur in Bremen passiert, es ist nicht nur in Deutschland passiert, es ist in ganz Europa passiert, in Japan, in den USA, um nur diese Länder zu nennen. Ich habe auf diese Frage keine Antwort, mir bleibt allein Nietzsche: Die Geschichte zeigt, dass der Irrsinn unter Gruppen, Völkern und Parteien verbreiteter ist als bei Einzelnen. Es war ein Irrsinn, diese Verschuldung. Drittens: Bemerkungen über das, was Herr Kuhn als Offenheit, Transparenz und Klarheit bezeichnet hat und wozu Herr Rupp, aus meiner Sicht völlig zu Recht, entgegnete: Nebel, Vernebelung findet statt! Worüber reden wir eigentlich? Wo kann ich als Bürger, als Abgeordneter den bremischen Haushalt so lesen, dass ich ihn verstehe? Sieben Kilo Papier – unlesbar! –, Gott sei Dank im Internet als PDF-Datei erhältlich! Kann ich diese Datei lesen? Nein, sie ist in der Tat nebulös, ich blicke nicht durch. Vielleicht liegt das an meinem beschränkten Verstand.
Das wäre die erste Möglichkeit. Die Lösung allerdings ist klar, und um diese Lösung habe ich unsere Finanzsenatorin und Bürgermeisterin vor sieben Jahren beim Neujahrsempfang gebeten, nämlich ob ich den bremischen Haushalt als Excel-Datei bekommen könnte.
Sie sagte es zu, doch das ist bis heute nicht erfolgt.
Wir werden praktisch, Herr Güldner – ob das überhaupt möglich ist, das bezweifeln Sie, aber es ist ganz einfach –: Wenn Sie sich den bremischen Haushalt im Kulturbereich anschauen, dann ist er in einer ExcelDatei so formuliert, dass ich ihn verstehe. Damit kann ich spielen,
und erst dann, wenn ich mit einem Haushalt spielen kann, dann habe ich etwas begriffen. Das ist beim Kulturhaushalt der Fall, aber nicht beim bremischen Staatshaushalt. Solange das nicht der Fall ist, weiß ich überhaupt nicht, worüber wir reden. Wenn Sie das endlich als erste Schwäche eingestehen würden, dann wäre auch die Möglichkeit zur Umkehr gegeben.
Ansonsten sehe ich nur den Niedergang bis hin zum Untergang. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
hielten sich zu Stichtag 31. Dezember 2014 im Land Bremen auf – bitte getrennt nach Bremen und Bre merhaven ausweisen! –, wie hat sich deren Zahl seit 2010 entwickelt, und welche sind die fünf wichtigsten Herkunftsländer der im Land Bremen befindlichen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge?
Zweite Frage: Wie viele unbegleitete minder
jährige Flüchtlinge im Land Bremen besitzen eine Aufenthaltserlaubnis nach Paragraf 25 Absatz 1 oder 2 oder eine Niederlassungserlaubnis nach Paragraf 26 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz, und in wie vielen dieser Fälle wurde für den Familiennachzug der Eltern oder sonstiger Familienangehöriger von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eine Aufenthaltser laubnis gemäß Paragraf 36 Aufenthaltsgesetz erteilt?
Dritte Frage: Wie hoch sind die monatlichen Kosten,
die insbesondere für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings im Land Bremen durchschnittlich an fallen, und welche Gebietskörperschaft hat diese Kosten zu tragen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 18. Januar 2015 predigte Pastor Olaf Latzel in der evangelischen SanktMartini-Kirche in Bremen-Mitte unter dem Titel „An Gideon die Reinigung von den fremden Göttern lernen“ über eine Passage aus dem Alten Testament. Diese Predigt wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Nun liegt uns dazu – wir haben es gerade gehört – ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor, Titel: „Bremen ist bunt – gegen Hasspredigten und Diskriminierung von der Kanzel“.
Wir BÜRGER IN WUT brachten ebenfalls einen Antrag dazu ein. Dessen Titel lautet: „Grundgesetz achten, Glaubens- und Bekenntnisfreiheit respektieren!“. Sein Inhalt:
„Die Bremische Bürgerschaft erklärt: Wir bekennen uns zu der in Artikel 4 Grundgesetz garantierten Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses.“
Wir hatten gehofft, dass DIE LINKE einer Verbindung beider Anträge zustimmt würde; das tat sie leider nicht.
Worum geht es in dem Antrag der LINKEN? Er fordert, kurz gesagt, dass Bremen sich gegen Hetzpredigten wehre, gleich welcher Konfession. Die Bremische Bürgerschaft, so der Antrag, solle sich von allen Versuchen distanzieren, „unter dem Deckmantel von Predigt und Schriftauslegung Hass gegen Anders- und Nichtgläubige zu verbreiten.“ Wir BÜRGER IN WUT sehen das nicht anders.
Nach diesen humanistischen Ansprüchen an die Welt in hehren Worten wird die Fraktion DIE LINKE konkret. Nun schießt sie gegen die oben erwähnte Predigt von Pastor Latzel. Sie müsse für ihn Konsequenzen haben.
Nein! Für uns ist die Predigt Latzels keine Hetzpredigt, sondern absolut diskutabel. Von einzelnen Passagen, die auf deutliche Kritik gestoßen sind, hat sich Latzel inzwischen distanziert. Wir BÜRGER IN WUT überlassen es dem Pastor, der Kirche und den Gläubigen, daraus Konsequenzen zu ziehen. Wir distanzieren uns von allen Versuchen der Politik, unter dem Deckmantel von angemaßter Predigt- und Schriftauslegung gegen Geistliche, gleich welcher Religion, zu agitieren. Eben in dieser Gefahr sehen wir die LINKEN durch ihren Antrag und dadurch, dass sie unter den Beschäftigten der Bremischen Evangelischen Kirche Unfrieden stiften.
Sie sind ja gleich noch einmal dran, Frau Vogt.
Ich rufe in Erinnerung, wie das Erste Gebot im Alten Testament lautet: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Jede der drei monotheistischen Weltreligionen – Judentum, Christentum, Islam – erhebt einen Alleinvertretungsanspruch in Bezug auf göttliche Wahrheiten. Nur auf dieser Basis ist der Toleranzgedanke der Aufklärung sinnvoll. Nur so bekommt Lessings „Nathan der Weise“ revolutionären Charakter. Deswegen ist Ökumene harte Arbeit. Nichts anderes sagte Pastor Latzel.
Die Zeitschrift „Junge Freiheit“ vom 30. Januar 2015 zitiert ihn mit folgenden Sätzen:
„Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben. Das ist Sünde. Das darf nicht sein. Davon müssen wir uns reinigen. Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“
Das ist zweifellos starker Tobak. Solche Aussagen von der Kanzel sind selten geworden. Deswegen sind sie nicht a priori falsch. Kirchensprecherin Jeanette Querfurt verurteilte sie dennoch als nicht mit dem evangelischen Glauben übereinstimmend. „Hier wird Hass gepredigt!“, sagte sie.
Die Kategorie der Liebe ist nützlich, aber nicht die des Hasses. Wir sind bunt. Latzels Predigt ist ein Farbtupfer unter vielen.
Bremen diskutiert über eine Predigt. Das gab es meines Wissens zuletzt, als der Jesuitenpater Johannes Leppich nicht nur in Kirchen, sondern auch auf Plätzen und in Zirkussen predigte. Ich erlebte ihn in Sankt Johann Mitte der Sechzigerjahre – vor der Tür; die Kirche war überfüllt.
Diesem Prediger widmete der katholische Sender „Domradio“ vorgestern eine Sendung. Darüber hieß es im Programmheft: „,Christliche Etappenspießer und religiöse Blindschleichen‘ waren noch gemäßigte Ausdrücke, mit denen Pater Leppich in seinen Predigten in den Fünfzigern und Sechzigern arbeitete.“ Er war der „Star unter den Predigern“. „Er hatte Erfolg: Seine gesamte Zuhörerschar aus damaliger Zeit wird auf circa 15 Millionen Menschen geschätzt.“
Auch über den inkriminierten Pastor Latzel lässt sich sagen, was „Domradio“ über Pater Leppich schrieb: „Er legte dem Volk die Bibel aus und mit seiner Art und Weise nahe ans Herz.“
„Das Evangelium ist nun mal kein Schlafpulver, sondern Dynamit“, das war sein Wahlspruch. Er bekämpfte, wie er es nannte, „eine Kirche der Krämerseelen“. Soweit „Domradio“ über Pater Leppich. In der Rolle sehen wir auch Pastor Latzel.
Wir „Bürger in Wut“ lehnen den Antrag der LINKEN ab, er ist uns zu intolerant und zu extrem, die Folgeschäden, die er verursacht, sind uns zu groß. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Programme gegen Extremismus im Land Bremen gibt es, und mit welchen Finanzmitteln sind diese Programme ausgestattet? Bitte differenzieren nach Programmen gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus und religiösen Extremismus!
Zweitens: Welche Projekte und Initiativen erhielten im Jahr 2014 Unterstützung aus diesen Programmen? Bitte unter Angabe der jeweils gewährten Mittel ausweisen!
Drittens: Ist für das Jahr 2015 eine Ausweitung der bestehenden Programme gegen Extremismus oder die Auflage neuer Programme geplant, und wenn ja, welche zusätzlichen Mittel werden dafür bereitgestellt?
Frau Senatorin, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es keine Differenzierung nach politischen Richtungen in diesem Programm, aber Sie erwähnten sehr viele Projekte gegen Rechtsextremismus, obwohl wir ja in Bremen eine starke linksorientierte extremistische Szene haben. Ich erinnere nur an Attentate auf Häuser und Wohnungen von Abgeordneten dieses Hauses aus dieser Richtung. Ist dort nicht auch ein gewisser Nachholbedarf festzustellen?
Herr Präsident, meine Da
men und Herren! In Paris wurden vor zwei Wochen Mitglieder der Redaktion eines Satiremagazins aus politischen Gründen ermordet. In Paris wurden vor zwei Wochen Kunden und Verkäufer eines jüdischen Supermarktes und nebenbei Polizisten ermordet und auch das aus politischen und religiösen Gründen.
Kann es dafür politische und religiöse Gründe
geben? Nein! Wir haben scharf zwischen Gründen, Rechfertigungen und Ausreden zu unterscheiden. Das gilt auch für all solche Morde und Massenmorde in aller Welt, von denen meine Kolleginnen Frau Vogt und Frau Dr. Mohammadzadeh sprachen. Das alles
ist unfassbar. Ich reagiere in einem ersten Anlauf mit dem Hinweis auf das Ideal des Christentums: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, liebe deine Feinde.“ Das ist nie erreichbar, bleibt aber ein Ideal.
Ich reagiere mit den Worten von Heinrich Heine
darauf, er war Jude, Deutscher, Franzose, Weltbürger, Intellektueller, Demokrat und Flüchtling – Zitat –:
„Die alten, bösen Lieder, die Träume schlimm
und arg, die lasst uns jetzt begraben, holt einen großen Sarg. Hinein leg ich gar Manches, doch sag ich noch nicht was; der Sarg muß sein viel größer wies Heidelberger Faß. Und holt eine Totenbahre, von Brettern fest und dick: auch muß sie sein noch länger als wie zu Mainz die Brück. Und holt mir auch zwölf Riesen, die müssen noch stärker sein als wie der heilige Christoph im Dom zu Köln am Rhein.
Die sollen den Sarg forttragen und senken ins
Meer hinab, denn solchem großen Sarge gebührt ein großes Grab. Wißt ihr, warum der Sarg wohl so groß und schwer mag sein? Ich legt auch meine Liebe und meinen Schmerz hinein.“ – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke sehr, Herr Präsident! – Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viel Prozent aller Kinder und Jugendlichen – bis 18 Jahren – im Land Bremen wurden 2013 Opfer von Mobbingattacken im Internet, und wie sehr sind davon Mädchen betroffen?
Zweitens: Kam es aufgrund von Cybermobbing zu Suiziden oder Suizidversuchen bei Kindern und Jugendlichen im Land Bremen, und wenn ja, wie viele solcher Fälle sind dem Senat bekannt?
Drittens: Welche Hilfsangebote für minderjährige Opfer von Cybermobbing gibt es in Bremen und Bremerhaven, und was wird zur Prävention von Cybermobbing getan?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Gegen Antisemitismus, Fanatismus und Hassparolen vorzugehen, ist ein großes Vorhaben. Alle Fraktionen dieses Hohen Hauses wirkten an dieser Entschließung mit. Wir, Gruppe Bürger in Wut, blieben dabei außen vor. Das finden wir schade. Wir finden Ihren Antrag gelungen. Er ist politisch. Er ist inhaltlich klar und treffend formuliert, ist ausgewogen, setzt hohe Normen, benennt das Übel, das es anzugehen gilt, verzichtet aber auf Feindbilder und benennt Schwierigkeiten, das Vorhaben im Alltag umzusetzen. Sie möchten, dass fünf Punkte beschlossen werden. Jeder dieser Punkte ist es wert. Mich selber hat besonders Punkt drei interessiert – ich zitiere –: „Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) sieht in der Vielfalt von religiösen Bekenntnissen eine Bereicherung unserer christlich abendländischen Lebenswirklichkeit, die über lange Zeit vom Christentum, antiker Philosophie, Humanismus, römischen Recht und der Aufklärung geprägt wurde.“ Zu ergänzen wäre: und vom Judentum!
Weiter heißt es im Antrag:
Ja, darum geht es. Das ist auch unser Anliegen.
Wie dahin kommen? Sie sprechen die antike Philosophie an. Im Geist jener Philosophie scheint mir in Ihrem Antrag der erste Absatz gestaltet worden zu sein. Dort heißt es:
„Die Welt schaut ratlos, aber auch zunehmend verständnislos auf einen seit Jahrzehnten insbesondere zwischen Israel und Palästinensern andauernden Konflikt,...“
Dieses Eingeständnis von Ratlosigkeit ist eine Stärke, stärker als jeder belehrende oder gar moralisierende Satz. Dieses Eingeständnis von eigener Schwäche steht ganz in der Tradition der griechischen Philosophie, des griechischen Philosophen Sokrates, der sogar sagte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Das – bitte schön! – nur in der immerwährenden Auseinandersetzung mit der Welt und mit den Menschen! Paradox, aber wahr!
Kampf gegen Vorurteile und Schubladen – darum geht es!“
Wichtig fand ich auch die Aussage über das Recht auf Meinungsäußerung laut Artikel 5 Grundgesetz im dritten Absatz des Antrags. Dort heißt es:
„Das Recht auf Meinungsäußerung eröffnet hierfür ein breites Spektrum, dem jedoch durch unsere Rechtsordnung, aber auch durch unsere kulturellhistorisch gewachsene Verantwortung Grenzen gesetzt sind.“
Einen dritten Satz möchte ich noch zitieren, weil er mir gefallen hat. Er steht im letzten Absatz der Vorrede des Antrags – ich zitiere –:
„Toleranz und Offenheit für Menschen aus aller Welt bedeuten aber nicht die Bereitschaft zum Import von Hass und Gewaltpotenzial. Unsere Bürgergesellschaft ist und bleibt aufgebaut auf friedlicher Konfliktbewältigung.“
Kein Zweifel, dass ein so anspruchsvoller Text ungeheure Kraft aller Beteiligten erfordert, um auch nur annährend Wirklichkeit zu werden! Banal gesagt: Dieser Text wird im Alltag immer wieder den Stresstest bestehen müssen, oder – anders gesagt –: Dieser Text darf kein Fetzen Papier bleiben. Anderenfalls würden sich die Menschen dieser Stadt mit Grausen von uns abwenden. Das möge nicht passieren!
Was meine ich mit „Fetzen Papier“? Ich darf in diesem Zusammenhang an den Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren erinnern. Die deutsche Armee marschierte am 2. August 1914 in das neutrale Luxemburg ein und
in das ebenfalls neutrale Belgien einen Tag später. Der deutsche Reichskanzler Bethmann Hollweg begründete den deutschen Einmarsch und die Verletzung der Neutralität mit einem – wie er sagte – „Gebot der Not“ und erklärte die belgische Neutralität gar zu einem „Fetzen Papier“.
Von dieser deutschen Tradition distanzieren wir uns. Es ist unsere Aufgabe als Parlamentarier, diese Erklärung gegen Antisemitismus, Fanatismus und Hassparolen mutig und tatkräftig im Alltag Wirklichkeit werden zu lassen. Ebenso gefordert sind die Exekutive und die Judikative, kurz: der gesamte Bremer öffentliche Dienst.
In diesem Sinne wollen auch wir Bürger in Wut uns an diesem höchst anspruchsvollen Projekt beteiligen. Wir stimmen Ihrem Antrag zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: In wie vielen Fällen ist es im Land Bremen
während der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft und der daran anschließenden Siegesfeierlichkeiten zu gewalttätigen Übergriffen auf Besucher öffentli cher Veranstaltungen anlässlich dieses sportlichen Großereignisses, wie zum Beispiel Freiluftfernsehen, Public Viewing, gekommen, und wie viele Tatver dächtige konnten bislang ermittelt werden?
Zweitens: Wie viele Personen sind bei solchen
Übergriffen verletzt oder gar getötet worden, und welcher Sachschaden ist entstanden?
Drittens: Wie viele der Tatverdächtigen haben
nach den Erkenntnissen der Polizei tatsächlich oder mutmaßlich einen Migrationshintergrund, und aus welchen bisher ermittelten Motiven haben diese Personen gehandelt?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele im Land Bremen lebende Kinder
und Jugendliche gelten als hochbegabt, und wie werden Hochbegabungen definiert und erkannt?
Zweitens: Was unternimmt der Senat, um hochbe
gabte Kinder und Jugendliche im Land Bremen zu fördern, und wie hoch waren die öffentlichen Mittel, die in den Jahren 2012 und 2013 für diesen Zweck jeweils aufgewendet wurden?