Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Auch die Massenproteste in Brasilien möchte ich

hier nicht ausklammern. Olympia nach Hamburg zu holen, koste es, was es wolle, passt nicht mehr in unsere Zeit.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Stimmt!)

Darum wollen wir Hamburg trotzdem unterstüt

zen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Eine echte Bürgerbeteiligung, eine finanzielle Absicherung, Bescheidenheit statt Gigantomanie und eine volle Portion Transparenz. Der Sport muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, denn die Hamburger und wir Norddeutschen sind ein tolles Sportpublikum. Wir sollten die Bewerbung Hamburgs von Bremen aus begrüßen und unterstützen. Die Bewerbung sollte auch über das Jahr 2024 hinaus gelten. Die Bewerbung sollte nur im Schulterschluss des Bundes und aller fünf norddeutschen Länder, den Verbänden des organisierten Sports sowie der Wirtschaft und der Bevölkerung erfolgen.

Natürlich sollen neben Hamburg als Hauptaus

tragungsort der Sommerspiele und der Paralympics auch die vier anderen norddeutschen Länder nach Verhandlungen mit Hamburg für Wettbewerbe wie beispielsweise Segeln, Surfen, Freiwasserschwimmen, Wasserspringen, Reitsport und Kampfsport einge bunden werden. Auch Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball oder Volleyball könnten in allen fünf Ländern ausgetragen werden. Ich bitte Sie, un terstützen Sie unseren Antrag, damit unterstützen Sie Hamburg, damit unterstützen Sie Norddeutschland!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das

Wort die Abgeordnete Frau Rosenkötter.

Sehr geehrter

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir kennen sie, und wir lieben sie, diese sportlichen Großereignisse und -veranstaltungen. Ich glaube, die Fußballweltmeister schaft in Brasilien hat gezeigt, mit welcher Faszina tion und Freude wir auf dem Rasen und auch neben dem Spielfeld dabei gewesen sind. Das Gleiche gilt sicherlich auch für die Olympischen Spiele.

Ich darf aus eigener Erfahrung sprechen, ich durfte

als Besucherin 1972 dabei sein und habe seinerzeit als Sportfunktionärin ein bisschen mitbekommen, als wir in den Jahren 2003, 2004 sowie 2005 die Bewerbungen für die Olympischen Spiele 2012 ge sichtet und dann abgegeben haben. Damals war die Entscheidung Leipzig und nicht Hamburg, auch damals hatte es bereits eine Bewerbung Hamburgs gegeben, die übrigens sehr viel Charme hatte. Diese Bewerbung Hamburgs wird jetzt erneut für das Jahr 2024 oder 2028, möglicherweise auch früher oder später, wieder auf die Agenda geholt.

Die Veranstalter dieser sportlichen Großveranstal

tung, wir kennen sie, ich brauche sie nicht zu nennen, sind milliardenschwere, im Ausland beheimatete Vereine, die, ich sage das einmal ganz vorsichtig, sehr schwierig sind und sich wenig in die Karten schauen lassen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin ja sehr bei Ihnen, Herr Knäpper, zu sagen,

wir brauchen Transparenz. Genau die brauchen wir nämlich, wenn es um diese sportlichen Großveran staltungen geht, auch schon bei den Bewerbungen und auch schon bei den Abstimmungen darüber, in welches Land, in welche Region oder in welche Stadt Olympische Spiele oder Sportgroßereignisse vergeben werden.

Ich darf Ihnen auch eines sagen, die Verteilung der

Risiken ist zumindest bisher eine sehr besondere. In aller Regel sind die wirtschaftlichen Ergebnisse und das Einfahren von wirtschaftlichen Ergebnissen eher nicht in den Ausrichterstädten, auch da braucht es also zumindest eine Balance, wenn wir darüber reden, dass die Risiken nicht einseitig auf Ausrichterstädte verlagert werden sollen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wer da ein bisschen hineingeschaut hat, der weiß,

dass so ein Pflichtenheft für eine Bewerbung einer Stadt als Austragungsort für Olympia den Umfang,

den Inhalt und auch die Detailschärfe eines Histori enromans hat. Das sind keine kleinen Hefte, sondern ganze Bücher, das sind Hunderte von Seiten, die auch durch eine sich für Olympia bewerbende Stadt abzuarbeiten sind.

Damit sind wir beim eigentlichen Thema. Ich glau

be, wir alle würden uns freuen, wenn in der Region die Olympischen Spiele stattfinden würden, weil wir uns gern die sportlichen Ereignisse anschauen, weil wir auch dieses Flair, diese Atmosphäre ganz sicherlich lieben, weil wir von solchen sportlichen Großveranstaltungen eingenommen sind, wenn wir dabei sein dürfen.

Eines ist aber auch klar, bewerben kann sich nicht

eine Region, und wenn Sie von Hamburg und den fünf norddeutschen Ländern sprechen: Bewerben muss sich dann ganz allein Hamburg! Hamburg hat eine Leitidee oder ein Leitmotiv für seine Bewerbung, das ein wenig dagegen spricht, dass wir, ich sage das einmal sehr salopp, etwas abbekommen. Die Leitidee heißt „City-Olympics im Herzen der Weltstadt“, und wer sich dieses Konzept einmal angeschaut hat – es gibt ja aus dem Jahr 2012 durchaus Pläne, die im Internet zu sehen sind –, der weiß, dass sehr konzentriert und sehr komprimiert die HafenCity eine Rolle spielen wird, nicht nur bezogen auf die Sportanlagen, sondern auch auf die Unterbringung sowohl der Sportlerinnen und Sportler als auch der Mediengäste und anderer Gäste. Man wird, und das finde ich sehr charmant, auf Nachhaltigkeit setzen, und man wird darauf setzen, dass nicht in einem Gigantismus dort Sportanlagen und sonstige Anlagen gebaut werden, sondern so, dass man sie im Nachhinein nutzen kann und es dort zum Beispiel auch Möglichkeiten der Unterbringung auf Kreuz fahrtschiffen gibt.

Gleichwohl, und ich glaube, das muss hier einfach

deutlich sein: Wenn ich das jetzt einmal aus der großen Welt des Sports zurückführe auf Bremen und Bremerhaven, dann haben wir sicherlich die Aufgabe, hier im Sinne des Sports in Bremen und Bremerhaven, im Sinne der Vereine vor Ort, der Menschen, der Bürgerinnen und Bürger, die hier Sport treiben, immer wieder dafür zu sorgen, dass wir eine Sportinfrastruktur haben, die dies auch möglich macht, die sicher und modern ist und durch die es uns Spaß macht, Sport zu treiben. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist auch ganz sicher, dass der

Leistungssport hier in Bremen eine Rolle spielen muss, und da können wir, glaube ich, noch sehr viel tun. Ich will ganz deutlich machen, bevor wir hier überhaupt die Möglichkeit haben, uns zu beteiligen, gestatten Sie mir, dass ich die Beschlusspunkte Ihres Antrags noch einmal zur Hand nehme: Ich habe bezogen auf Hamburg und die norddeutschen Länder gesagt: Hamburg muss sich bewerben, wenn es denn zu dem Entschluss kommt, dass es sich bewerben will.

(Glocke)

Es wird nicht um Sportstätten in einem Umfeld von

100 Kilometern oder weiter gehen – Herr Präsident, jawohl, ich habe es gehört! –, ich glaube, davon müssen wir uns ganz deutlich verabschieden.

Klar ist auch die Nachhaltigkeit, natürlich geben

die IOC-Richtlinien und das Pflichtenheft vor, dass diese Spiele, wenn sie denn hier stattfinden sollen, nachhaltig sein müssen. Bevor ich hier heute sage, Bremen beteiligt sich an den Olympischen Spielen – so eine Entscheidung steht, glaube ich, überhaupt nicht an und auch nicht im Raum –, sollten wir uns einmal damit beschäftigen, welche Voraussetzungen und Bedingungen wir für Sportgroßveranstaltungen aus gesellschaftlicher und aus politischer Sicht gegenüber den Veranstaltern haben und in welche Richtung wir dort gehen, denn genau da liegen, glaube ich, sehr viele Probleme, wenn wir über Sportgroßveranstal tungen reden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Präsident Weber. Als nächster Redner hat das Wort

der Abgeordnete Tuncel.

Sehr geehrter Herr

Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im No vember 2013 durften die Bewohner in München, in Garmisch-Partenkirchen, im Berchtesgadener Land und im Landkreis Taunusstein in einem Bürgerent scheid über die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 abstimmen. Eine Mehrheit stimmte gegen die Bewerbung. München wird die Winter spiele nicht austragen. Richtig geärgert haben sich darüber eigentlich nur die Bauwirtschaft und einige wenige Großkonzerne.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD – Unruhe bei der CDU)

Obwohl das Projekt in München krachend ge

scheitert ist, prüfen jetzt Hamburg und Berlin eine Bewerbung für die Sommerspiele 2024 oder 2028. Der Berliner Staatsrat für Sport, Herr Statzkowski von der CDU, hat dem Berliner Abgeordnetenhaus vor Kurzem mitgeteilt, dass allein die zweijährige Bewerbungsphase 50 bis 60 Millionen Euro kosten würde. Die Kosten für den Bau von Sportstätten und die sonstigen Anlagen für die Athleten bezifferte er auf „einige Milliarden Euro“. Das ist noch vorsichtig geschätzt, die letzten Sommerspiele in London haben offiziell insgesamt 11,5 Milliarden Euro gekostet.

Insgesamt lässt sich für die Olympischen Spiele der

letzten Jahrzehnte Folgendes feststellen: Erstens, die tatsächlichen Kosten überstiegen die kalkulierten Kos ten immer deutlich. Städte und Länder verschuldeten sich massiv. Während das Internationale Olympische

Komitee, IOC, sich vertraglich alle Gewinne zusichert, bleiben die Kosten und Risiken bei der öffentlichen Hand. Zweitens, für den Arbeitsmarkt gab es nur sehr kurzfristig befristete Effekte. Drittens, auch Gastronomie und Hotels hatten nur sehr kurzfristig höhere Einnahmen. Im Wesentlichen profitieren in ternationale Großkonzerne und die Finanzindustrie.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Viertens, fast immer war die Klimabilanz der Spie