Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

der konzeptionellen Ausrichtung gerückt. Dadurch haben auch die Bemühungen für psychisch, geistig und mehrfach behinderte Menschen, einen Arbeits platz außerhalb einer Werkstatt zu finden, enorm zugenommen.

Der Bremer Senat schöpft nach eigener Aussage

alle gesetzlichen Vorschriften aus, um Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Zielgruppe anzubieten. Es wird – ich zitiere – „bei fachlich nachweislich sinnvollen und politisch gewollten Angeboten auf der Ebene von Modellprojekten ge arbeitet“, wobei politisch gewollt natürlich immer eine Mehrheitsfrage ist.

Es ist keine neue Information, dass wir in Bremen

verschiedene Angebote haben, um Schritte aus der Werkstatt in den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen. Viele dieser Angebote greifen auch schon präventiv, sodass Betroffene gar nicht erst in einer Werkstatt ankommen. Es gibt zum Beispiel die unterstützte Beschäftigung, spezielle berufliche Bildungsmaßnah men, das JobBudget und eben auch Integrationsbe triebe. Zudem hat die Leitung einer Werkstatt für alle, die dort arbeiten, die Pflichtaufgabe, wie der Senat hier antwortet, den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einschließlich zu einem Integrationsprojekt zu fördern.

Die Werkstatt muss auch Übergangsgruppen,

besondere Förderangebote und Außenarbeitsplät ze anbieten, ja sogar individuelle Förderpläne und Trainingsmaßnahmen erarbeiten. Auffällig ist, dass der Senat auf diese Große Anfrage keine Antwort hinsichtlich der Möglichkeiten des Budgets für Arbeit gibt, die Frau Dr. Kappert-Gonther gleich zu Anfang erwähnt hat, darauf die Antwort letztlich verweigert und lediglich auf das zweite Thema, das JobBudget, eingeht. Dabei hat die Bremer Koalition in ihrem Ko alitionsvertrag die Erprobung des Budgets für Arbeit für behinderte Menschen für diese Legislaturperiode versprochen. Es wird nun aber auch allerhöchste Zeit, mit der Umsetzung anzufangen!

(Beifall bei der CDU)

Viele in dieser Großen Anfrage gemachten Aussa

gen sind aus anderen Zusammenhängen und Diskus sionen bekannt. Ich will mich hier jetzt eigentlich nur noch mit dem für mich wichtigsten Teil beschäftigen, wo Frau Dr. Kappert-Gonther in ihrem Einleitungstext feststellt, dass die existierenden Bremer Angebote nicht in einem Netzwerk miteinander verknüpft sind. Zudem, schreibt sie, sind die Zugangswege zu den Angeboten und den speziellen Fördermöglichkeiten oft unklar. Wenn Ihnen, Frau Dr. Kappert-Gonther, und Herr Brumma hat ja auch unterschrieben, schon beim Einreichen der Großen Anfrage klar war, dass ein Netzwerk fehlt und die Strukturen ziemlich un klar und nebulös sind, warum haben Sie dann nicht direkt einen Antrag auf Änderung der Missstände eingereicht?

Der Senat bemüht sich in der Antwort zwar redlich,

die Feststellung des Einleitungstextes zu relativie ren, aber so ganz gelingt es ihm nicht. Es wird zwar hier und dort deutlich, dass es Netzwerke zwischen einzelnen Angeboten gibt und sich die Akteure sehr zum Wohl der behinderten Menschen bemühen, doch so richtig rund läuft es nicht. Ich hoffe, dass Frau Dr. Kappert-Gonther nicht aufgibt und das fehlende Netzwerk weiterhin einfordert.

(Abg. Frau D r. K a p p e r t - G o n t h e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Können wir ja zusammen machen! Unterstützen Sie uns!)

Der Weg, behinderte Menschen, wo immer möglich,

in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu begleiten, muss wie eine Autobahn vor allen Be teiligten liegen. Wer sie nutzen will, erkennt sofort, was er tun muss. Vielleicht fährt so mancher bald wieder auf eine Ausfahrt und setzt seinen Weg etwas langsamer auf einer Landstraße fort, alles ist jedoch deutlich ausgeschildert und nutzbar. Ein Pfad in den Dschungel, wie wir ihn hier bisher haben, hilft dage gen kaum weiter. Man entdeckt ihn eher selten, traut sich nicht, ihn zu benutzen und landet schlimmsten falls mitten im undurchdringlichen Dickicht. Selbst der Weg zurück ist dann schwer zu finden. So geht es zurzeit leider noch vielen Menschen mit Beein trächtigungen und ihren Angehörigen. Machen Sie weiter, Frau Dr. Kappert-Gonther – meinetwegen in Zusammenarbeit –, und belassen Sie es bitte nicht bei der Großen Anfrage!

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau N e u m e y e r [CDU]: Fahrradstraße!)

Das wollte ich auch gerade sagen! Wir brauchen

Autobahnen im Dschungel der Angebote, auch wenn Ihnen als Grüne-Politiker das Beispiel vielleicht nicht ganz passt!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrte Frau

Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich vorwegschicken, ich glaube, wir haben in Bremen eine durchaus besondere und auch eine besonders gute Situation, und zwar nicht erst seit der Behindertenrechtskonvention, sondern schon viel länger! Ich glaube, das ist auch ein Verdienst von Herrn Frehe. Bei der ganzen Geschichte ist Inklusion für geistig wie auch körperlich behinderte Menschen sehr weit oben auf der Agenda in Bremen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist etwas Gutes, finde ich. Ich betone, Inklu

sion beinhaltet aber auch die Absicht, so wenig wie möglich dieser gehandicapten Menschen in eine Werkstatt oder ins betreute Wohnen zu drängen. Wenn sie dort sind, sollen sie die Möglichkeit haben, gut und schnell herauszukommen, sie sollen selbst bestimmt leben und entscheiden können. Daher wird in Bremen durchaus viel versucht und viel getan, um im Grunde eine Alternative zur Werkstatt zu schaffen, und ich glaube, vor dem Hintergrund sollte man jetzt auch diese Große Anfrage sehen.

In der Antwort auf die Große Anfrage, wenn ich

Ihr Augenmerk vielleicht einmal auf die erste Seite lenken könnte, steht ganz deutlich: „Die Angebote der unterstützten Arbeit im Land Bremen als Alter native“ – wohlgemerkt als Alternative! – „zur Be schäftigung in einer WfbM für chronisch psychisch Kranke und Suchtkranke sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen“.

Wenn man sich diese Übersicht anschaut, stellt

man fest, dass es sehr viele in der Regel private oder konfessionell gebundene Träger gibt, und wenn man dann der Antwort folgt, wird man feststellen, dass man 309 Menschen an diese Träger vermittelt hat mit dem Ziel, eine Alternative zur Werkstatt oder eben zum ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Dann kommt man auf das in der Antwort bezifferte Ergebnis, nämlich dass es 18 Menschen – möglicherweise sogar auch nur vorübergehend, darüber gibt es in der Antwort keine Aussage – tatsächlich in den ersten Arbeits markt geschafft haben, also 18 von 309 Menschen.

Insgesamt muss man jedoch feststellen, dass alle

Bemühungen, die sich ja dadurch auch ausdrücken, dass es immerhin so viele Träger und Projekte ge geben hat, Alternativen zur Werkstatt zu schaffen, nicht besonders erfolgreich waren. Die Werkstätten sozusagen als eine große Keimzelle für körperlich und geistig behinderte Menschen sind in Bremen trotz des Inklusionsgedanken immer noch sehr wichtig, nachdem man gesagt hat, dass man doch Wege dort hinaus oder gar nicht erst hinein schaffen muss.

Wenn man sich dann noch einmal die Tabelle

anschaut – darauf möchte ich auch noch einmal ihr Augenmerk lenken –, kann man dieser auch deut lich entnehmen, welche Art von Maßnahmen dort erfolgen. Die meisten dieser Maßnahmen sind akti vierende Hilfen mit Tagesstruktur und Ähnliches, in der Regel aber immer nur für drei Stunden am Tag. Auch dazu – ich habe noch einmal nachgeschaut – gibt es einen Bericht zum Verlauf des Modellprojekts „Aktivierende und tagesstrukturierende Beschäfti gungsmöglichkeiten“. Darin wird auch noch einmal deutlich gesagt, dass die meisten Menschen, die diese aktivierenden Hilfen bekommen, tatsächlich in der Fallgruppe I sind, das heißt also, in der Fallgruppe, in der sie also tatsächlich nur drei Stunden einer leichten Tätigkeit nachgehen können. Ein Wechsel in eine andere, höher qualifizierte Fallgruppe findet in der Regel nicht statt. Auch insofern muss man

feststellen, dass die Bemühungen, Alternativen zur Werkstatt zu schaffen, sehr schwierig und in weiten Teilen bisher noch nicht geglückt sind.

Folgendes möchte ich noch sagen: In der Antwort

auf die Große Anfrage selbst –

(Glocke)

ich komme dann auch gleich zum Ende! – wird dieser Umstand gar nicht bestritten, darin werden noch einmal deutlich die verschiedenen Möglichkeiten dargestellt, die es immer noch in Bremen gibt, und ich finde, man sollte darüber nachdenken, was denn die tatsächliche Konsequenz aus dieser Geschichte ist. Ich sage für DIE LINKE hier ganz verkürzt, weil fünf Minuten Redezeit wirklich wenig sind, um die vielen Facetten darzustellen: Es muss eine weitere und ausgeweitete Förderung dieser Außenarbeits plätze geben – das sind Außenarbeitsplätze der Werkstatt –, und wir wollen auch gern noch einmal anregen, warum es eigentlich nicht mehr Angebote aus dem direkten öffentlichen Dienst gibt, es gibt sie fast gar nicht. Ich finde, man müsste auch einmal darüber nachdenken, welche Verpflichtungen der öffentliche Dienst hat.

Das andere ist – ich glaube, das wird Sie nicht

verwundern, wenn ich noch einmal darauf hinweise –, dass natürlich auch die Personalsituation in der Werkstatt verbessert werden muss, sonst kann man solche guten Projekte,

(Glocke)

wie sie die Werkstatt anbietet, zum Beispiel mit Daimler-Benz, nicht fortsetzen, das schiebt auch die Werkstatt an, aber mit dem jetzt vorhandenen Personalschlüssel wird das sehr schwierig werden. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster hat das Wort

Herr Staatsrat Frehe.

Frau Präsidentin, meine Damen

und Herren! Menschen sind unterschiedlich, das ist eine Banalität. Sie sind auch in ihrer Leistungsfähig keit sehr unterschiedlich. Insbesondere wenn eine körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigung dazukommt, dann haben wir ein sehr breites Spekt rum von Menschen, die am Arbeitsleben teilhaben wollen, aber nur ganz Unterschiedliches leisten können.

Im Bereich der körperlichen und geistigen Behinde

rungen hat man genau das getan, Frau Grönert, was Sie einfordern: Man hat Autobahnen, Landstraßen und Kreisstraßen gebaut. Der Bau der Autobahn war eine Berufsförderung des Berufsbildungswerks, der Bau der Land- beziehungsweise Bundesstraße war eine Maßnahme der Werkstatt für behinderte