Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

allen vor Augen führen, dass die Einflussmöglichkei ten des Senats relativ begrenzt sind, denn es sind in der Tat globale kapitalistische Strukturen, die nach Renditeorientierung streben. Das kann man gut finden oder nicht, das sind aber die Mechanismen, die dazu führen, dass bestimmte Arbeitsplätze künftig nicht mehr vorhanden sein werden. Welchen Schluss wir daraus ziehen müssen, darauf werde ich gleich auch noch eingehen, wenn die Zeit ausreicht, im ersten Beitrag, sonst in einem zweiten.

Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass diese

Konzerne keinen Standort erfreuen oder ihn bewusst

schädigen wollen, das ist nicht der Fall. Entschei dungen dieser Konzerne richten sich nicht dezidiert gegen einen Standort, indem man sagt, da wollen wir jetzt Unheil anrichten. Es geht darum, konzernweit die optimalen Kostenstrukturen zu entwickeln oder sich in bestimmte Absatzmärkte zu begeben, und das führt nun einmal dazu, dass in bestimmten Bereichen Kapazitäten in der Form nicht mehr benötigt werden, wie sie in der Vergangenheit vonnöten waren. Frau Bernhard, insofern teile ich auch Ihre Vorstellung in der Großen Anfrage nicht, dass es gute und schlechte Konzerne gibt. Ich denke, dass bei ArcelorMittal nach denselben Kriterien und Gesetzen gehandelt wird wie bei Beck‘s. Trotzdem ist es gut, sich mit den Entscheidungsträgern und den Unternehmern ins Benehmen zu setzen. Das tut der Senat. Mit Herrn Mittal ist zum Glück noch ein Unternehmer im Konzern, der nach Bremen kommt, mit dem man auch reden kann und der sich sicherlich auch durch die Schaffermahlzeit oder durch andere Aktivitäten hier in Bremen positiv beeinflussen lässt.

Recht haben Sie hingegen mit der Aussage, dass

auch nationaler Besitz kein Schutz vor Produktions verlagerung und Stellenabbau ist. Das schreiben Sie auch in Ihrer Anfrage. Das finde ich auch wichtig.

(Glocke)

Die Glocke hat geläutet, insofern muss ich meine

Rede jetzt beenden. Meine Überzeugung in Bezug auf eine nachhaltige Wirtschaftspolitik würde ich dann gleich in einem zweiten Beitrag beschreiben. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren! Ich war über rascht, dass Herr Kottisch in dieser Großen Anfrage und in der Debatte der LINKEN zu dem Thema der Großbetriebe doch offensichtlich einen tieferen Sinn entdeckt hat. Mir hat sich dieser Sinn nicht erschlos sen, weder aus der Fragestellung der Großen Anfrage noch aus der Schlussfolgerung der Antworten des Senats und noch viel weniger aus Ihrem Redebeitrag. Daher wäre ich Ihnen dankbar, Frau Kollegin, wenn Sie in Ihrem zweiten Redebeitrag dann doch einmal Ihre Intention zum Ausdruck bringen würden. Allein das Motiv, die Diskussion über die Arbeitsplatzent wicklung bei Beck‘s zu führen und deswegen eine solche Anfrage zu stellen, passt weder denklogisch noch irgendwie anders. Deswegen glaube ich, dass das weder die Mitarbeiter noch den Wirtschaftsstand ort noch uns hier weiterbringen wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir führen eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit,

über die Anforderungen an und über die Herausfor

derungen für Großbetriebe, Betriebe, die sich der Globalisierung stellen müssen. Das ist nicht nur eine Frage für Großbetriebe. Wer einmal ein wenig hinter die Kulissen schaut und sich etwas dezidierter mit der Struktur von Unternehmen und mit der Wirtschafts struktur hier in Bremen beschäftigt, wird feststellen, dass das Thema Globalisierung völlig unabhängig von der Größe des Unternehmens auf die einzelnen Betriebe ausstrahlt. Mit solchen monokausalen An sätzen wie den Rechten von Gewerkschaften, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder den Argumenten von Attac, so wie Sie es hier versucht haben, wird es nicht gelingen.

Man muss schon eher die Frage stellen, ob es inha

bergeführte Unternehmen oder shareholdergeführte Unternehmen sind, denn die Unternehmensstrategie und wie in einem Unternehmen gedacht wird, sind ganz unterschiedlich. Ich glaube, das ist schon zum Ausdruck gekommen, Herr Kottisch. Es gibt ganz unterschiedliche Beispiele hier in Bremen, positive und vielleicht auch weniger positive Beispiele. Es gibt zum Beispiel das Unternehmen Kaefer, das seit langer Zeit familiengeführt wird und sehr er folgreich ist. Es ist ein Unternehmen der Top Ten in der deutschen Bauindustrie. Es wird nur mittelbar wegen der Strukturen der Wirtschaftsförderung in Bremen weiter global wachsen oder nicht. Es sind ganz andere Einflüsse, die auf das Unternehmen einwirken. Es sind sich verändernde Märke und Anforderungen in anderen Märkten, da sich das Unternehmen nicht nur auf die Bauindustrie fixiert hat, sondern auch sehr stark für den Schiffbau en gagiert. Das sind Abhängigkeiten, Verknüpfungen und Verbindungen, die sich, wie gesagt, in einem solchen Ansatz nicht wiederfinden.

Auf der anderen Seite gibt es sicherlich Unter

nehmen, die aufgrund der Wirtschaftsstruktur und des Angebots von Bremen aus den Wettbewerb vor dem Hintergrund der Globalisierung sehr erfolgreich bewältigen. Schauen wir auf die BLG! Sie benötigt eine gute und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, aber auch eine Infrastruktur im Bereich der Wissen schaft, wenn es um Logistikkonzepte geht. Sie sorgt mit ihren weltweiten Aktivitäten dafür, dass auch Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven gesichert werden. Als Gegenbeispiel möchte ich ABInBev nennen. Dabei irritiert mich schon ein bisschen, wie monokausal Sie in diesem Bereich argumentieren. Sie sprechen immer den bösen Käufer an, man könnte ja auch einmal überlegen, ob auch der Verkäufer etwas damit zu tun hat.

Es ist nämlich eine Wechselbeziehung in solchen

M&A-Geschäften, der eine gibt, und der andere nimmt. Es ist nicht immer so auf beiden Seiten, aber manchmal dann doch, dass die Gier den Verstand letztendlich ein wenig blockiert, beim Verkäufer, weil er sich sagt, naja, mehr dient mir mehr. In dem Sinne kann es auf der anderen Seite auch sein, dass sich der Käufer die Braut, die er da aufnimmt, etwas

schönrechnet, um das einmal ein bisschen platt und verständlich auszudrücken. Auch da bringt uns solch eine monokausale Herangehensweise nicht weiter.

Deswegen muss doch darüber nachgedacht wer

den – und das hätte ich viel eher erwartet in Ihrem Redebeitrag –, wie es uns gelingt, kleinen, mittel großen, aber auch großen Unternehmen mit Un terstützung bei den Standortentscheidungen, mit guten Standortbedingungen und mit einem guten Wirtschaftsklima anzulocken und zu halten. Ich will jetzt gar nicht darüber debattieren, ob die bei uns nun gut, weniger gut oder schlecht sind, da kommen wir sowieso nicht auf einen Nenner. Wir benötigen für diese Unternehmen jeglicher Größenordnung gute Infrastrukturrahmenbedingungen, ob es im Bereich der Bildung, im Bereich der Arbeitskräfte ist, ob es im Bereich der Wissenschaft ist oder ob es im Bereich der Innovation ist. Wir benötigen sie aber natürlich auch in der Betreuung solcher Unternehmen, wenn es darum geht, neue Märkte und neue Produkte am Markt zu platzieren. Das sind die Herausforderungen, der sich moderne Wirtschaftspolitik stellen muss.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube auch, dass das der Schlüssel dafür ist –

es gibt auch verschiedene Studien, die das belegen –, Arbeitsplätze hier in Bremen zu sichern und neue zu schaffen. Die Globalisierung hat Chancen, sie hat aber auch Gefahren. Das gilt nicht nur für die jüngere Vergangenheit, sondern auch die lange Geschichte unseres Bundeslandes. In verschiedenen Beispielen profitiert Bremen in einem sehr erheblichen Maße davon, dass Kaufleute vor Jahrhunderten in die Welt hinausgefahren sind und Geld in diese Stadt gebracht haben, wovon wir zum Teil noch heute profitieren, ebenso wie es heutzutage erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer gibt, die den Mut haben, sich auf neue Märkte und in neue Länder zu bewegen, und somit ein wenig zu dem Wohlstand und der Sicherheit in unseren beiden Städten bei tragen. Wie gesagt, das sind die Punkte, auf die es ankommt, meine sehr verehrten Damen und Herren, und nicht auf die zu kurz gedachten Debatten und Anfragen, die uns letztendlich in der eigentlichen Problematik des Wirtschaftsstandortes Bremen nicht weiterbringen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Saxe.

Herr Präsi

dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bernhard, vielleicht hätten Sie Ihren zweiten Beitrag gleich zu Anfang halten sollen, denn dann hätten wir gewusst, worüber wir reden. Ich habe selten eine Debatte erlebt, bei der man eigentlich gar nicht so genau weiß, worüber man diskutieren soll.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich versuche es trotzdem, denn das Thema ist

gesetzt, es soll hier um die Eigentumsstruktur von Großbetrieben gehen.

Ich wünsche mir auch, dass es in Bremen möglichst

viele größere Unternehmen gibt, die am besten inhabergeführt vor Ort ansässig sind, die eine hohe Motivation für den Standort aufbringen und möglichst viele Steuern bezahlen. Das wünscht sich, glaube ich, jeder, das wünscht sich die Finanzsenatorin, darin sind wir uns alle vollkommen einig.

Heißt das dann aber, dass wir die anderen Un

ternehmen nicht haben wollen? Das habe ich nicht verstanden, denn diese kleinen und mittleren Un ternehmen sind ja nun einmal in Bremen vorhanden und haben eben auch eine bestimmte positive Aus wirkung auf das Unternehmensnetzwerk. War das nun eine Kritik an diesen Unternehmen, wollen wir versuchen, uns von ihnen zu befreien, oder wie sollen wir damit umgehen? Ich habe das nicht verstanden.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Wir könnten sie auch selbst gründen, oder wir

könnten sie alle übernehmen, aber das wollen wir ja – zumindest, glaube ich, ist das der breite Konsens hier – nicht.

Es könnte also darum gehen, wie wir möglichst

viele von diesen Großbetrieben hier in Bremen am Standort halten, weil es dem Standort nützt. Es könn te auch eine Sichtweise sein, die man bei Herrn Kastendiek eben zumindest auch gedanklich erlebt hat, dass es einfach wichtig ist, die entsprechen den Standortbedingungen zu schaffen, damit am Standort Bremen auch größere Betriebe weiterhin Arbeitsplätze bereitstellen.

In der Antwort auf die Große Anfrage wurde dann

auch eine Studie aus Oberösterreich zitiert, die 250 Unternehmen untersucht hat. Aus dieser Studie wurden dann Schlussfolgerungen für das gedeihliche Miteinander und die Förderung von Großbetrieben am Standort Bremen gezogen. Die Schlussfolgerun gen beziehen sich auf eine Bewusstseinsbildung, die für die Bedeutung dieser Leitbetriebe der Wirtschaft wichtig ist, weil mehr Verständnis dafür existiert, auf eine gezielte und bedarfsgerechte Betreuung, denn eine Berücksichtigung der Eigentümerstrukturen ist natürlich wichtig, da es drei Arten von Betrieben gibt – die Sie zu Recht erwähnt haben –, und auch auf eine regionale, in die Wirtschaftsförderungspo litik eingreifende Stärkung der für die Leitbetriebe relevanten Standortfaktoren, das betrifft nicht nur die Infrastruktur, sondern natürlich auch gerade – das hat Herr Kastendiek auch erwähnt – die Innovations- und Wissenskraft eines Standortes. Ich finde, dafür machen wir schon sehr viel.

Wenn ich jetzt einmal zwei Beispiele dafür nennen

darf, entweder Großbetriebe herzuholen, die gut für den Standort sind, oder sie versuchen zu halten, dann ist das einerseits das Beispiel EcoMaT, bei denen wir dafür sorgen, dass ein Betrieb in Bremen innerhalb des konzerninternen Wettbewerbs durchaus seine Bedingungen verbessert, weil wir als Wirtschaftsför derung eben wirklich etwas dafür tun, damit sie hier bleiben, forschen und ein Zentrum bilden können, in dem es zu einem Netzwerk aus Forschung und Wirtschaft kommt.

Das zweite Beispiel ist die Offshore-Industrie in