Protokoll der Sitzung vom 25.09.2014

(Abg. T u n c e l [DIE LINKE]: Kein Wunder!)

Das zeigt, dass hier wahrscheinlich eine Grenze

der Belastbarkeit erreicht ist.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Überschritten!)

Aussagen zur Umstrukturierung und dass mehr

Mitarbeiter nötig sein könnten, gehen auch aus der Antwort des Senats hervor. Zu dem im Walle aufge legten ESPQ-Projekt gibt es im Übrigen auch sehr interessante Antworten des Senats. Wir stimmen im Rahmen dieses Projekts sehr deutlich einer Um strukturierung des Jugendamts zu. Für Casemanager scheint es wirklich sinnvoll, in einzelnen Bereichen durch Träger und ihre Mitarbeiter entlastet zu werden.

Das ESPQ zeigt außerdem, wenn regional mehr

bei Hilfen zur Erziehung investiert wird, senken sich die Kosten am Ende. Durch intensiven Einsatz in der Familie und intensive Begleitung der Kinder und Jugendlichen kommt es später – so die Universität Halle, die das Projekt begleitet – zu einer Absenkung der Kosten. Dieses Projekt muss weiter wissenschaft lich begleitet werden, damit in den nächsten Jahren noch eine genauere Analyse erfolgen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Kontext des Armuts- und Reichtumsberichts

behält sich der Senat vor, anpassende Personal entwicklungen vorzunehmen, die sowohl das Amt für Soziale Dienste als auch andere Fachdienste betreffen können. Wir halten das für sehr sinnvoll. Der interessanteste Bericht – neben allen Skanda lisierungsmöglichkeiten, die es gibt – betrifft das ESPQ, hier bietet sich für die gesamte Fläche in Bremen wirklich ein neues Konzept an. Es wird dann spannend, ob sich die gleichen Entwicklungen wie in Walle zeigen werden. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das

Wort die Abgeordnete Frau Ahrens.

Herr Präsident, mei

ne sehr geehrten Damen und Herren! Dass Sie der Opposition absprechen wollen, Fragen zu stellen, ist schon ein sehr eigenartiges Verständnis von Demo kratie, finde ich, dann könnte ja das Parlament die Arbeit hier auch einstellen! Ich merke auch, dass Sie noch nicht so lange im Sozialbereich tätig sind, wenn Sie das INSO-Gutachten aus dem Jahr 2007 heranziehen. In dem Gutachten sind gerade Fach standards entsprechend vereinbart worden, und die repräsentativen Indikatoren zur Arbeitsbelastung sind eben diese bewertbaren Fallzahlen, die sowohl in der Antwort im Jahr 2008 als auch in der Antwort im Jahr 2014 gleich bewertet worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich weise auch zurück, dass die CDU-Fraktion

die Arbeit der Casemanager in irgendeiner Form diskreditiert hätte, ganz im Gegenteil! Wir versuchen klarzustellen, dass Casemanager, die eine wirklich schwere Arbeit leisten, die sie auch emotional sehr stark bewegt, weil sie mit sehr schwierigen Fall konstellationen konfrontiert werden, auch die Zeit haben müssen, diese Fälle vernünftig abarbeiten zu können, um für das Kind und die Familie wirklich beste Angebote aus den breit gefächerten Angeboten herausfinden zu können. Es ist eben derzeit nicht der Fall, dass die Casemanager diese Zeit haben, denn die wissenschaftliche Evaluation des ESPQ-Projekts besagt, dass genau das im Moment nicht passiert. Diagnostik und Fallsteuerung sind bei derzeitiger personeller Ausstattung daher oft mangelhaft und las sen Hilfepotenziale im Sozialraum unberücksichtigt.

Ich gebe Ihnen recht, das ESPQ-Projekt ist aus

gesprochen spannend, aber was machen Sie denn zurzeit, Herr Dr. Schlenker? Sie betrachten nur die Hälfte des ESPQ-Projekts! ESPQ bedeutet mehr Personal und eine neue, zusätzliche Qualifizierung durch das Verfahren nach dem Institut LüttringHaus. Das sorgt dafür, dass Sie die Möglichkeit haben, hinterher diese positiven Effekte darzustellen. Die durchschnittliche Fallzahlbelastung der Mitarbeiter des ESPQ-Projekts betrug übrigens 24 und nicht 60 Fälle. Das sind 110 Fälle von im Durchschnitt 4,6 BV, und ich habe die Leitungskraft als vollen Casema nager schon mit einberechnet.

Wenn Sie sich das dann anschauen, mit dem an

deren Bereich vergleichen und wissen, wie Sie im Moment das ESPQ-Projekt umsetzen, dann stelle ich zum jetzigen Zeitpunkt fest, dass Sie das ESPQProjekt nur hinsichtlich des LüttringHaus-Verfahrens als Standardisierungsmodell umgesetzt haben. Den zweiten Teil, mehr Zeit zu schaffen, damit sich die Casemanager mit den Familienstrukturen besser auseinandersetzen können, haben Sie bisher nicht umgesetzt, und deswegen wird es Ihnen mit nur einem Bein nicht gelingen, die gleichen positiven Effekte tatsächlich zu generieren, meine Damen und

Herren, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, und das sagen auch alle Casemanager.

(Beifall bei der CDU)

Wenn die Betroffenen, die sich tagtäglich damit auseinandersetzen, Ihnen schon eine solch deutliche Antwort geben, und zwar nicht nur die Interessen vertretung, sondern auch die Casemanager, wenn Sie bei den Personalversammlungen waren – dort gab es einen regelrechten Sturm dagegen, und zwar einen fachlich begründeten Sturm –, dann sollte man sich schon sagen, gut, daran wird etwas stimmen!

Sie erzählen immer, dass Sie so sehr viel gemacht

haben, was die CDU an der einen oder anderen Stelle auch bestritten hat. Sie haben inzwischen ungefähr 50 fachliche Weisungen in Kraft gesetzt, die Sie entsprechend der Standardisierung im Jugendhilfe system versucht haben, bei den Casemanagern zu implementieren. Wenn eine Handlungsempfehlung aus dem ESPQ lautet, dass die Standardisierung der Verfahren im Kinderschutz über das LüttringHausProjekt erarbeitet werden muss, dann kann man an der Stelle doch nur sagen, dass das, was bisher passiert ist, anscheinend nicht funktioniert hat, in keiner Form, denn ansonsten würde ja nicht eine so klare, wissenschaftlich basierte Begutachtung zu diesem relativ vernichtenden Schluss kommen.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, warum haben wir

denn die hohe Fluktuation bei den Casemanagern? Die Casemanager werden durchschnittlich zwei Jahre ausgebildet, bis sie wirklich den komplet ten Fächerkanon beherrschen können. Viele dieser Casemanager sind aber nach zwei Jahren wieder weg, weil sie die schlechten Arbeitsbedingungen nicht aushalten, und wenn Sie dann hören, dass sich viele der Casemanager vor diesem Hintergrund anderweitig bewerben, dann sehen Sie auch, dass wir da dringend etwas tun müssen.

Am Schluss möchte ich aus einer E-Mail zitieren,

die mir von einem Casemanager zur Verfügung gestellt worden ist und im März 2014 an mehrere Abgeordnete in diesem Haus verschickt worden ist. „Die Folge: In den letzten sieben Jahren haben sich die Arbeitsbedingungen immer wieder eklatant verschlechtert. Die Folgen sind häufige Langzeiter krankungen der Kolleginnen und Abwanderung in weniger belastende Dienste, zu freien Trägern oder in den vorzeitigen Ruhestand. Die Entwicklungen sind der Amtsleitung selbstverständlich bekannt, werden auch ständig von der Belegschaft und dem Personalrat weitertransportiert. Die Hilferufe führen leider zu keiner Veränderung. Da aber das errechnete Perso nalvolumen zu gering ist, kann es in Situationen“, –

(Glocke)

ich komme gleich zum Schluss! -„ wenn Personen massenhaft erkrankt sind, keine Entlastung bringen.

Wir brauchen angemessene Rahmenbedingungen, um unsere Arbeit endlich vernünftig umsetzen zu können.“ Das, meine Damen und Herren, hat die Antwort des Senat ebenfalls deutlich gezeigt: Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, daran müssen wir gemeinsam arbeiten, und nichts anderes hat die Opposition hier festgestellt und auch gesagt. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das

Wort Frau Senatorin Stahmann.

Herr Präsident, sehr ver

ehrte Damen und Herren! Die Debatte mit dem Titel „Situation der Casemanager in den Jugendämtern in Bremen und Bremerhaven“, die die CDU initiiert hat, folgt der These, dass im Jahr 2007 in Bremen ein Kind gestorben ist und der Senat daraus wenig gelernt habe. Dem möchte ich ganz entschiedenen entgegentreten!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Seit dem Jahr 2007 hat sich das Bremer Hilfesys

tem völlig neu aufgestellt. Wir hatten einen umfas senden Untersuchungsausschuss „Kindeswohl“, es gab auch verschiedene Aufträge. Die Debatten, die ich zumindest in den letzten drei Jahren zu dem Thema hier geführt habe – davor war es ja auch hier im Hause ständiges Thema –, sind zahllos, und das Parlament hat sich auch immer wieder vergewissert, wie es personell, strukturell, mit Supervision wei tergeht, des Weiteren, wie es weitergeht in Fällen suchtgefährdeter Familien. Ich kann das Ergebnis der Haushaltsberatungen nennen, bei denen ich als Senatorin vertreten war, die vorherigen Ergebnisse kann ich nur aus der Sicht einer Parlamentarierin beurteilen. Wir haben mehr Geld erhalten, mehr Personal eingesetzt, wir haben massiv bei den am bulanten und stationären Hilfen verstärkt, bei den freien Trägern im Kinderschutz und in der Hilfe zur Erziehung.

Wir haben die Bereiche Frühe Hilfen – auch durch

das Bundeskinderschutzgesetz –, das Prävention, Fa milienhebammen auf- und ausgebaut, und wir haben in der Eingliederungshilfe mehr Geld ausgegeben. Im Bereich Jugenddelinquenz haben wir rückläufige Fallzahlen, aber einen gleichbleibenden Personal schlüssel, und in der Kindertagesbetreuung ist ein Rechtsanspruch für unter Dreijährige in Deutschland in Kraft getreten, das heißt, auch dieses System der Kindertagesbetreuung, vernetzt unter anderem mit Familienbildungsangeboten, hat allein schon dazu geführt, dass wir heute völlig andere Strukturen haben als im Jahr 2007. Der Rechtsanspruch auf Kinderta gesbetreuung ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Punkt, auch um Familien früher zu erreichen.

Die Große Anfrage der CDU richtet sich inhaltlich

darauf, wie sehr Casemanager im Bereich der Amts pflegschaften belastet sind. Es war damals auch im Untersuchungsausschuss herausgearbeitet worden, dass die Vormünder 260 Fälle, 200 Fälle, 230 Fälle zu bearbeiten hatten, und darauf hatte auch der Bundesgesetzgeber reagiert und das erste Mal in diese landesrechtlichen Regelungen eingegriffen. Ergebnis: 1 zu 50 ist der Schlüssel, dem die Länder künftig folgen sollen, und das ist auch richtig gewesen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Was der Bundesgesetzgeber aber nicht geregelt

hat – und diese Debatte müsste man dann auch mit allen Bundesländern führen! –, ist eine Fallzahl für Casemanager und Casemanagerinnen. Es ist näm lich schwierig, darüber wird auch seit Jahren heftig gestritten. Die Fälle sind unterschiedlich kompliziert, mancher Casemanager hat 20 Familien, die er betreut und wo es relativ problemlos zugeht, ein anderer hat drei Fälle, an denen er richtig hart arbeiten muss, wofür viel Zeit verwendet werden muss.

Ich bin mir sicher, dass der in Bremen verfolgte