Anja Stahmann
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Herr Präsident, sehr verehrten
Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: In Hinblick auf die notwendige Wei
terentwicklung von Konzepten zur Verbesserung des Opferschutzes vor sexuellem Missbrauch be wertet der Senat die Entwicklung und Erprobung von Forschungs- und Praxisprojekten zur primär- und sekundärpräventiven Täterarbeit grundsätzlich positiv. Dies betrifft insoweit auch das inzwischen in mehreren Städten etablierte Projekt „Kein Täter werden“ der Charité Berlin zur Prävention von se xuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld.
Zu Frage 2: Ein Transfer des Konzeptes der Cha
rité Berlin auf das Land Bremen beziehungsweise seine Stadtgemeinden ist bisher nicht geplant. Der Senat behält sich eine abschließende fachpolitische Bewertung zur Frage der Wirkung und Reichweite des Konzeptes der Charité sowie zum prospektiven Bedarf auch für gegebenenfalls andere ergänzende Projekte zur präventiven Täterarbeit ausdrücklich vor.
Zu Frage 3: Anlaufstellen, an die sich sexuell über
griffige Erwachsene beziehungsweise Personen mit einer sexuellen Präferenzstörung wenden können, sind im Land Bremen die Unterstützungsprogram me der Fachstelle für Gewaltprävention sowie das Angebot zur Systemischen Therapie und Beratung von PrakSys Bremen. Für erwachsene Täter besteht zudem ein Hilfeangebot im Rahmen der „Forensi schen Institutsambulanz“ des Klinikums Bremen-Ost.
Präventive und begleitende Hilfen zum Kinder-
und Opferschutz für junge Menschen stehen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe über die vom Senat geförderten alters- und geschlechtsspezi fisch ausgerichteten Beratungsstellen der Träger Schattenriss, Jungenbüro, Kinderschutzbund und Mädchenhaus Bremen sowie eine Vereinbarung mit der Fachstelle für Gewaltprävention zur Verfügung. Bei den präventiven Angeboten der Beratungsstellen handelt es sich vor allem um Fortbildungsprojekte für Fachkräfte in Kitas und Grundschulen sowie Projekte zur Sensibilisierung und Selbstbehauptung für Kinder und Jugendliche.
Im schulischen Bereich arbeitet auch das Lan
desinstitut für Schule, LIS, über Arbeitskreise und
Lehrerfortbildungen mit diesen Einrichtungen zu sammen. Als primärpräventive Angebote des LIS für Schülerinnen und Schüler sind hier die Projekte „Ganz schön stark“, „Kribbeln im Bauch“, „Lebens künstlerinnen“ und „Design your life“ sowie das Informationsangebot „Sucht ist näher als du denkst“ zu nennen. – Soweit die Antwort des Senats!
Wir haben uns bei uns im
Hause intensiver mit dem Thema befasst, allerdings für den Bereich Erwachsene. Wenn Erwachsene sich melden, weil sie das Gefühl haben, dass sie Unter stützung benötigen, fällt das in den Zuständigkeits bereich Gesundheit. Wir würden uns gern mit dem Gesundheitsressort und dem Gesundheitsamt treffen, um noch einmal Bilanz zu ziehen, welche Angebote wir haben, welchen Personenkreis wir erreichen und um das mit den Berliner Ergebnissen abzugleichen.
Das Berliner Projekt hat mich beim Durchlesen
des Artikels sehr überzeugt. Ich würde es gut fin den, wenn wir positive Aspekte, die wir in Bremen vielleicht noch nicht abdecken, aufgreifen würden.
Die mobile Beratung ist bisher
durch Bundesmittel gefördert worden, nicht durch Landesmittel. Wir haben in dieser Legislaturperiode ja schon eine größere Aufstockung bei Schattenriss vorgenommen, die vorher nicht im Haushalt einge plant war. Wir haben bei uns im Hause Gelder im fünfstelligen Eurobetrag umgeschichtet. Es werden weitere Anstrengungen folgen.
Wir haben Schattenriss aber auch weiter mit der
Arbeit des Amtes für Soziale Dienste vernetzt, sodass die Fachkompetenz, die sich der Träger im Laufe der Jahre erarbeitet hat, von uns eingekauft wird. Wir werden auch weiter eng zusammenarbeiten, und Schattenriss wird eine Zukunft haben. Die Pro blematik der Finanzierung landet spätestens nach
dem 10. Mai auf dem Tisch des Ressorts bei einem Senator oder einer Senatorin.
Ich freue mich auch!
Herr Präsident, sehr ver
ehrte Damen und Herren! In der Tat, Herr Dr. vom Bruch, es ist viel Papier zu dem Thema in dieser Legislaturperiode auch hier im Hause, diskutiert und ausgewertet worden. Ich glaube, ich kann mit Fug und Recht sagen: Der Senat hat nicht nur Papiere beschrieben, genauso wenig wie der Ausschuss. Die Bremische Bürgerschaft hat sich nicht nur in den letzten vier Jahren, sondern schon viel länger mit dem Thema sozialer Zusammenhalt im Land Bremen auseinandergesetzt und wirkungsvolle Maßnahmen in die Wege geleitet.
Darauf will ich in meinem Redebeitrag gern
eingehen, weil die Debatte über Armut und die zunehmende Spaltung auch eine Diskussion über Gerechtigkeit in unserem Land, in Bremen und in Bremerhaven, ist. Es ist eine Debatte über Teilhabe und deren Möglichkeiten, auch über die Grenzen, die diese Teilhabe erfährt, das ist hier von verschie dener Seite angesprochen worden. Es ist eben auch eine Verteilungs- und Umverteilungsdebatte, die wir nicht nur in Bremen führen müssen, sondern auch bundespolitisch.
Der Senat hat die Themen Umverteilung, Steuer
gerechtigkeit und die Frage, wie man mit dem Alt
schuldenfonds umgeht, dort, wo er kann, im Bundesrat und auf allen anderen Ebenen - der Bürgermeister war gestern in Berlin und hat Gespräche geführt –, ergriffen, um Gelder umzuverteilen, damit wir die soziale Schere im Land Bremen stärker schließen können, als es uns bisher gelungen ist.
Es liegt auf der Hand, dass Ungleiches ungleich
behandelt werden muss. Klaus Möhle hat das an gesprochen: Wenn Kinder armer Eltern in der Kita sind und im Bildungssystem auf Sicht nicht die Mög lichkeiten haben – wir haben über Stundenausfall geredet – und sich die Eltern keine Nachhilfe leisten können, ist es für die Kinder schwieriger, zum Abitur zu kommen. Die Expertinnen und Experten sind im Ausschuss gehört worden. Es lohnt sich einfach, früh in den Bereich frühe Bildung und Schule insgesamt, aber auch in die Elternarbeit und in die Elternförde rung zu investieren.
Wir brauchten hier keinen Weckruf von einem
Ausschuss, Herr Dr. vom Bruch. Es war gut, dass sich der Ausschuss in dieser Zusammensetzung hingesetzt und das diskutiert hat. In der Sozialdeputation ist es längst bekannt gewesen. Dieser Ausschuss hat aus meiner Sicht als Sozialsenatorin geholfen, im Parlament insgesamt das Bewusstsein und auch das Sehen der vielen Maßnahmen zu befördern, die wir im Bereich Soziales ergriffen haben und die in die Breite getragen wurden. Dass das Know-how jetzt auch bei Wirtschaftspolitikern, bei Arbeitsmarktpo litikern und bei denjenigen vorhanden ist, die sich sonst mit Stadtplanung auseinandersetzen, halte ich für absolut richtig. Das ist ein Fortschritt, den diese Debatte und dieser Ausschuss gebracht haben. Dafür sage ich erst einmal Danke.
Es ist das Bündnis für sozialen Zusammenhalt
angesprochen worden. Es ist nicht das Bündnis des Bürgermeisters, wie das meines Erachtens hier ein bisschen spielerisch vorgetragen wurde. Jens Böhrn sen hat bei einer Neujahrsansprache das absolut zentrale Thema der Koalitionsvereinbarung aufge griffen und die Stadtgesellschaft gemeinsam mit mir eingeladen, an einem Bündnis teilzuhaben, um alle unterschiedlichen Seiten an einen Tisch zu holen, die Kammern sind dabei.
Herr Dr. vom Bruch, Sie selbst sind mit der CDU
Fraktion Teil dieses Bündnisses. Dort kommen Ver treter aus der Stadt zusammen und diskutieren ver schiedene Maßnahmen vor dem Hintergrund – wir haben auch viele Experten gehört, haben verschie dene Themen durchgearbeitet –, wo wir konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen können, um eine größere Teilhabegerechtigkeit im Land Bremen umzusetzen, und wie es uns gelingen kann, die soziale Schere zu schließen. Deswegen sollte man sich über dieses Bündnis nicht lustig machen. Ich
halte diese Bündnisse für absolut wichtig, weil es Seiten zusammenbringt, die sich sonst nicht ohne Weiteres an einen Tisch setzen würden. Deswegen ist es auch wichtig und legitim, dass der Bürgermeister zentral, in das Rathaus, einlädt und wir als Senat die Möglichkeit nutzen, solche Bündnisse zu initiieren.
Wir haben in dieser Legislaturperiode mehrmals
über das Thema Armut gesprochen, auch im Zusam menhang mit der Debatte über den Koalitionsvertrag. Wir haben uns gestritten und miteinander gerun gen. In mehreren Aktuellen Stunden ist behauptet worden, dieser Senat engagiere sich zu wenig für die Armutsbekämpfung. Der Senat hat dargelegt, was alles in Bremen und Bremerhaven passiert. Es ist uns aber nicht alles gelungen, weil auch in der Bundespolitik bestimmte Schalter umgelegt werden müssen, die Punkte Steuerverteilung und Mindest lohn sind schon angesprochen worden. Bremen ist übrigens das erste Bundesland gewesen, das den Mindestlohn eingeführt hat.
Auf einen Missstand möchte ich noch einmal be
sonders aufmerksam machen: Frauenberufe werden in Deutschland oft schlechter bezahlt als die Jobs von Männern. Bei uns leben überproportional viele Frauen in Altersarmut. Auch deswegen ist es wichtig, dass das Thema Lohngerechtigkeit auf der politischen Tagesordnung bleibt.
Ich spreche an dieser Stelle nicht nur als Sozial
senatorin, sondern auch als Frau. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und musste mich sozusagen durchkämpfen bis zum Abitur. Es darf einfach nicht hingenommen werden, dass man aufgrund seines Ge schlechts ausgegrenzt wird und bei gleicher Tätigkeit weniger verdient als Männer. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit, die beseitigt werden muss!
Es kann doch nicht wahr sein, dass diese Unge
rechtigkeit in unserem Land noch an der Tagesord nung ist. Das Problem muss auch in Bremen genau betrachtet und systematisch aufgearbeitet werden. Diese Aufgabe nehme ich mit in eine neue Koalition beziehungsweise – wenn es denn noch einmal so sein soll – in einen neuen Senat. Das muss ebenso wie viele weitere Themen, die vom Ausschuss zu Recht aufgearbeitet worden sind, angepackt werden.
Der Senat hat in die frühkindliche Bildung viel
Geld investiert, Herr Tuncel hat das am Dienstag in der Stadtbürgerschaft thematisiert. Dabei bedurfte
es eines Spagats, denn zunächst war der Rechtsan spruch zu erfüllen. Das war ein riesiger Kraftakt, eine Mammutaufgabe. Kollegin Rosenkötter hat gemein sam mit dem Team im Sozialressort viel dafür getan.
Jetzt sind wir in der Situation – die Diskussion
setzte ja im Zusammenhang mit der Erfüllung des Rechtsanspruches noch einmal ein –, noch genauer hinschauen zu können, wie wir eine sozialräumliche Verbesserung erreichen und die Bildungsbeteiligung von Kindern aus armen Familien erhöhen können. Bereits am Dienstag habe ich die Einzelheiten skiz ziert. Wir wollen, dass genauso wie im Kitabereich auch alle Kinder unter drei Jahren ein sehr gutes Bildungsangebot bekommen. Dafür muss natürlich Geld in die Hand genommen werden. Es darf nie mand ausgeschlossen werden, nur weil vielleicht der passende Job noch fehlt. Es muss die Möglichkeit bestehen, dass die Kinder schon früh gute Bildungs chancen erhalten. Unser Senat hat in diesem Bereich wirklich nicht gekleckert, sondern geklotzt, das bitte ich auch anzuerkennen!
Jetzt kann ich als Zeitzeugin sprechen; das ist
ein seltenes Vergnügen. Im Jahr 2001 ergriff der PISA-Schock das Land. Willi Lemke war damals Bildungssenator. Thomas Röwekamp sagt immer so schön, Henning Scherf habe damals die Schuld für alle Miseren übernommen. Man kann darüber streiten, ob man das überhaupt kann.
Willi Lemke hat sich dann gemeinsam mit der
Bildungsdeputation einiger Themen angenommen. Manchmal war es nach meinem Geschmack sogar zu viel, denn vor lauter Baustellen konnte man die Straße nicht mehr erkennen, aber Willi Lemke hat entscheidende Weichen gestellt, wovon wir in der Politik noch heute profitieren. Ich nenne als Beispiel den Ausbau der Ganztagsschulen. Insoweit kann man nicht behaupten, Bremen sei Klassenletzter. Alle Bildungssenatorinnen, die nach Willi Lemke kamen, haben dieses Thema offensiv und unter dem Blickwinkel der Qualität vorangetrieben. Ich bin mir sicher, dass das weitergehen wird.
Insoweit gab es in der Bildungsdeputation immer
Konsens. Diesen würde sicherlich auch Zeitzeu ge Rohmeyer beschwören – ich sehe ihn gerade nicht –, auch wenn er sonst selten gemeinsam mit den Grünen etwas beschwört. Er würde sagen, dass wir uns über dieses Thema nicht gestritten, sondern es als gemeinsames Thema begriffen haben. Frau Schmidtke nickt auch. Wir werden das Thema weiter begleiten, das ist eine wichtige Aufgabe.
Der Ausschuss hat viele Empfehlungen vorgelegt.
Ich möchte darauf hinweisen – das muss auch der
Sozialsenatorin gestattet sein –, dass diese in der kommenden Legislaturperiode finanziell zu begleiten sind. Dabei gilt es abzuwägen, auf welchen Berei chen die Schwerpunkte liegen sollen, wohin also Geld umzuverteilen ist. Diese Aufgabe müssen wir nicht heute lösen.
Ich möchte noch einmal auf die Frage eingehen,
warum die Armutsrisikoquote in Bremen so hoch ist. Das ist sicherlich auch wichtig für diejenigen, die eine solche Debatte heute zum ersten Mal verfolgen.
Bremen hat seit der Stahl- und Werftenkrise in
den Achtzigerjahren eine lang anhaltende, verfes tigte Arbeitslosigkeit mit einem hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen. Daraus ergibt sich die Not wendigkeit geförderter kommunaler Beschäftigung beziehungsweise eines sozialen Arbeitsmarktes, Klaus Möhle hat es schon angesprochen. Es befinden sich in der Langzeitarbeitslosigkeit Menschen, die nicht wieder in den ersten Arbeitsmarkt gelangen werden. Wenn wir diese Armutskette durchbrechen wollen, brauchen wir öffentlich geförderte Beschäftigung oder Maßnahmenketten. Wir dürfen diese Menschen nicht alleinlassen. Ich halte das für eine wichtige sozialpolitische und arbeitsmarktpolitische Aufgabe.
Wir erleben soziale Abkoppelungen nicht nur eines
Quartiers, sondern mehrerer Quartiere, auch das haben wir heute schon gehört. Für die Aufwertung der Quartiere brauchen wir gezielte Programme mit einem Mix von Maßnahmen.
In Bremen werden geringere Altersrenten bezogen
als anderswo. Grund sind nur geringe Beitragsein zahlungen in der Vergangenheit beziehungsweise sogar Beitragsausfälle. Neben den ungerecht nied rigen Löhnen, die Frauen im Vergleich zu Männern erhalten, spüren wir nach wie vor die Folgen der Massenarbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Stahl- und Werftenkrise, das darf man nicht verges sen. Der Niedergang der Fischereihafenindustrie hat dazu geführt, dass Bremerhaven als eine der ersten Städte in Deutschland von hoher Arbeitslosigkeit betroffen war. Die Folgen spürt man bis heute.
Der Anteil Alleinerziehender ist in Bremen sehr
hoch. In kaum einer anderen Großstadt in Deutschland ist er höher. Das spricht für unsere gute städtische Infrastruktur, die auch von Alleinerziehenden als attraktiv empfunden wird. Wir haben ein gutes KitaNetz und halten viele Unterstützungsangebote vor, aber diese Gruppe weist das höchste Armutsrisiko auf; das erhöht die Armutsrisikoquote insgesamt.
Bremen steht wie andere Stadtstaaten vor dem
Problem, dass einkommensstärkere Gruppen in das Umland ziehen, während wegen der kurzen Wege und der sozialen Teilhabemöglichkeiten Personen mit geringeren Einkommen herziehen. Hier wurde gesagt, in Bremen und Bremerhaven sei die Armut
groß. Ja, Herr Dr. vom Bruch, aber schauen Sie sich doch einmal das Umland an! Löschen wir gedanklich die Grenze, wird deutlich, dass wir unter Einbezie hung der Umlandgemeinden in der fünftstärksten Wirtschaftsregion Europas leben. Wir verzeichnen 100 000 Einpendler, auch diesen wichtigen Aspekt der Debatte muss man berücksichtigen.
Sie können sich ja noch einmal melden, es ist eine De batte mit einer Redezeit nach der Geschäftsordnung.
Man darf jedenfalls nicht Äpfel mit Birnen ver
gleichen, sondern muss den Blick für das Ganze behalten. Bremen ist ein Stadtstaat, das kommt in der Bundesrepublik nicht so oft vor. Wir haben wie gesagt damit zu kämpfen, dass viele einkommens stärke Familien in das Umland ziehen. Diese Um landgemeinden sind wirtschaftsstark, Armut ist dort nur relativ selten ein Thema.
Finanzstark und einkommensstark sind diese Ge meinden. Dieser Umstand muss in der Debatte be rücksichtigt werden.
Bremen hat verglichen mit Städten in den neuen
Bundesländern einen hohen Anteil an Menschen mit Migrationsgeschichte, die im Durchschnitt ein höheres Armutsrisiko aufweisen.
Ich darf noch um ein bisschen Konzentration vor dem Essen bitten!
Herr Dr. Güldner hat zu Recht darauf hingewiesen,
dass der Bremer Senat sich für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, eines in hohem Maße ausgrenzenden Gesetzes, einsetzt.
Du sitzt vorn, das ist das Schicksal von Fraktionsvor sitzenden. Herr Tschöpe passt jetzt auch wieder auf.
Ich wollte nicht schimpfen, sondern nur Aufmerk samkeit und ein bisschen Zuwendung vom Parlament erbitten. Ist das denn zu viel verlangt?
Das Asylbewerberleistungsgesetz muss weg. Dafür
bitte ich um Beifall!
Okay, wir haben uns verstanden.
Bremen hat einen hohen Anteil an Personen in
Minijobs, das heißt im Niedriglohnbereich, auch das ist ein Thema, das bearbeitet werden muss. Wir müssen weg von diesen vielen Minijobs. Auf diesen liegt kein Segen für die Menschen, weil die Einkünfte meist unter der Armutsrisikoschwelle bleiben. Das verursacht wie aufgezeigt viele weitere Probleme.
Herr Dr. vom Bruch hat gesagt, das Armutsrisiko
von älteren Menschen sei wenig betrachtet worden. Das Thema aber ist ein großes, auch für das Bun desland Bremen.
Wir haben große Zuwachszahlen von Menschen, die die Grundsicherung erhalten.
Wir müssen uns einmal die älter werdende Gesell
schaft anschauen. Wer sich mit Hausärzten bei einem normalen Besuch unterhält - sie machen nicht nur medizinische Versorgung, sondern sie sind Seelsorger, aber auch Sozialarbeiter in einer Person –, hört in solchen Gespräche in den Stadtteilen von einsamem Menschen, die gar nicht mehr teilhaben können, weil sie nicht mehr mobil sind, weil sie Angst haben zu zeigen, dass sie unter der Armutsgrenze leben. Sie versuchen, mit richtig wenig Geld auszukommen, Sie lösen Ansprüche nicht ein. Ich als Sozialsenato rin möchte, dass die älteren Menschen, denen eine Grundsicherung zusteht, diese Ansprüche im Amt auch geltend machen. Das ist notwendig.
Wir werden auch verstärkt über Angebote an Mit
tagstischen über Teilhabe, Treffpunkte in den Stadt teilen von Bremen sprechen müssen, auch das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Angebot, das wird zu wenig gesehen. Die älteren Menschen verhalten sich unauffällig. Herr Dr. Kuhn kennt das vielleicht nicht.
Herr Dr. Kuhn kennt das doch! Das aber ist ein Thema, Herr Dr. vom Bruch – ich unterstreiche das dreimal –, das aufgegriffen werden muss. Wenn wir Armut bekämpfen wollen, wenn wir Teilhabe von Men schen verbessern wollen, müssen auch die älteren Menschen dabei betrachtet werden.
Aber gern, Frau Schmidtke!
Ja, das kann sein. Generell
aber scheuen viele ältere Menschen den Gang zum Amt. Sie versuchen einfach, selbstzurechtkommen. Diese Hemmschwellen versuchen wir abzubauen, indem wir die Menschen über ihre Rechte informieren. Es ist wichtig, dass diese wahrgenommen werden, aber klar: Die Sorge um die Kinder bleibt, egal wie alt die Kinder sind. Das würde ich aus persönlicher Lebenserfahrung hier sagen.
Liebes Parlament, vor der nächsten Bremischen
Bürgerschaft liegt viel Arbeit. Der Ausschuss hat gute Arbeit geleistet. Auch ich möchte mich bei Ihnen, Herrn Dr. vom Bruch, als dem Vorsitzenden bedanken, bei den Experten, die Sie gehört haben, die nicht nur aus den Elfenbeintürmen der Wissenschaft oder aus den oberen Behördenetagen kamen, sondern auch von den Praktikern aus den Stadtteilen. Es hat der Diskussion im Ausschuss meines Erachtens gut getan, vom Gesundheitstreffpunkt West, von Aykut Tasan als Quartiersmanager beispielsweise oder von Maresi Lassek als Schulleiterin in einem Stadtteil, der mit vielen Problemen zu kämpfen hat, zu hören, wie das Thema in der Öffentlichkeit ankommt, wie damit umgegangen wird und welche Maßnahmen der Politik aus der Praxis empfohlen werden. Es ist wichtig, dass wir uns Tag für Tag diesen Diskussionen stellen und diese Maßnahmen ermöglichen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und guten Appetit!
Herr Präsident, sehr verehrte
Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Nach der Fallbestandsstatistik des
Amtes für Soziale Dienste haben sich zum 31. Dezem ber 2014 insgesamt 590 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bremen aufgehalten und 24 in Bre merhaven. Zum Jahresende 2010 wurden im Land Bremen zwölf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge registriert, Ende 2011 waren es 15, Ende 2012 wa ren es 45, und Ende 2013 waren es 117. Die derzeit zahlenmäßig wichtigsten fünf Herkunftsländer sind Guinea, Gambia, Marokko, Algerien und Somalia.
Zu Frage 2: Das Merkmal „unbegleiteter Minder
jähriger Flüchtling“ wird im Ausländerzentralregister nicht erfasst. Insofern ist eine statistische Auswertung über den Aufenthaltsstatus dieses Personenkreises und einen Nachzug von Familienangehörigen nicht möglich.
Zu Frage 3: Die Kosten pro Tag belaufen sich
aktuell zwischen 50 Euro für Maßnahmen im be treuten Jugendwohnen bis zu 233,91 Euro in einer spezifischen Notaufnahmeeinrichtung. Die über das elektronische Datensystem OK.JuG erhobenen un gewichteten Durchschnittskosten belaufen sich auf rund 125 Euro. Die Kosten werden im Rahmen der gesetzlichen geregelten Kostenerstattungsverfahren nach Paragraf 89 d SGB VIII im Umlageverfahren von allen Bundesländern getragen. – Soweit die Antwort des Senats!
Herr Präsident, sehr verehrte
Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Im Jahr 2014 wurden 57 Kinder und
acht Jugendliche in der Stadtgemeinde Bremen im Rahmen einer Haaranalyse auf Drogenspuren getestet. In 38 Tests bei Kindern sowie sechs bei Jugendlichen gab es positive Testungen. Das Amt geht unverändert allen auffälligen Befunden umge hend nach. Eine Sonderauswertung für das vierte Quartal 2013 konnte das beauftragte Institut in der Kürze der Zeit nicht leisten. In der Stadtgemeinde Bremerhaven wurden im angefragten Zeitraum für 13 Kinder unter 14 Jahren Haarproben durchgeführt. In allen Tests gab es positive Testungen.
Zu Frage 2: Dem zuständigen Fachressort liegen
keine Hinweise auf besondere Vorkommnisse in die sem Kontext vor, wie etwa kinder- beziehungsweise fachärztliche Behandlungen aufgrund akuter Verlet zungen oder Beschwerden. Solche Vorkommnisse unterliegen intern der Meldepflicht. Zu den erfragten Gesundheitsdaten bestehen in der Stadtgemeinde Bremen keine elektronischen oder gesonderten sonstigen Erfassungs- und Dokumentationssysteme. Nach Auskunft des Amtes für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven machte keines der Testergeb nisse eine weitere ärztliche Behandlung erforderlich.
Zu Frage 3: In vorausgegangenen Berichterstat
tungen, zum Beispiel in der Drucksache 18/1203, ist bereits dargelegt worden, dass die Stadtgemeinden in Zusammenarbeit mit ihren örtlichen Kooperati onspartnern sowie den verschiedenen Partnern des „Runden Tisches“ Substitution auf Landesebene umfassende Hilfskonzepte entwickelt haben. Der Senat erachtet diese unverändert als geeignete Fach grundlagen. – Soweit die Antwort des Senats!
Es geht eine Meldung an
die Casemanager, und daraufhin wird eine Hand lungskette ausgelöst, die dann auch nochmalige Hausbesuche und weiteres Nachgehen zur Folge hat. Das haben wir auch zusammen mit den Kinder- und Jugendärzten in dieser Kooperationsvereinbarung geregelt, dann läuft noch einmal ein ganzes Register an möglichen Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen ab. Wenn sich Verdachtsmomente erhärten, werden Kinder dann auch schnell in Obhut genommen.
Wir kämpfen um jede Fami
lie. Eine absolute Drogenfreiheit werden wir nicht erreichen, aber wir wollen eng mit den Eltern zusam menarbeiten. Das Kindeswohl, so wie ich es gestern in der Debatte ausgeführt habe, steht absolut im Mittelpunkt aller Bemühungen des Jugendamtes. Wir sind immerhin in Bremen und Bremerhaven – Frau Ahrens, ich möchte es noch einmal sagen – die ein zigen Kommunen, die diese Haarproben entnehmen und das Verfahren durchführen. Ich halte es nach wie vor für richtig, weil es ein weiteres Instrument ist, um das Kindeswohl zu sichern.
Zufrieden mit diesen Zahlen bin ich auch nicht.
Mein Ziel wäre es, dass wir die Zahlen möglichst weit nach unten senken, aber das ist nicht von einem Tag auf den anderen zu erreichen. Wenn Menschen dro genabhängig waren oder sind, ist das manchmal ein sehr schwieriger Prozess, ich glaube, das wissen Sie auch aus diesen Gesprächen, die wir geführt haben. Sie waren ja auch noch einmal mit den Abgeordne ten in der großen Fallkonferenz, wo wir dargestellt haben, wie gearbeitet wird. Da ist Ihnen das auch noch einmal deutlich erklärt worden, wie sehr die Kolleginnen und Kollegen bemüht sind.
Ja, das teile ich. Ich wünsche
allen Kindern, dass sie in einem drogenfreien Umfeld aufwachsen können.
Aber erlauben Sie mir noch eine Bemerkung, Frau
Ahrens! Wenn wir in einem Friede-Freude-Eierku chen-Land leben würden – dort leben wir nicht -, dann bräuchten wir nicht das Amt für Soziale Dienste und die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir arbeiten dort in einem ungeheuren Spannungs
feld. Auch ich finde, dass jedes Kind das Recht hat, glücklich aufzuwachsen. Aber wir haben es auch mit Eltern zu tun, die wir allein mit diesen Haarproben gar nicht erreichen. Was ist mit den Eltern, die von Medikamenten abhängig sind?
Ich bin aufgewachsen mit einem Vater, der alko
holkrank war; das ist eine persönliche Bemerkung von mir. Auch ich hätte mir gewünscht, dass mir das nicht passiert. Davor kann man Kinder manchmal schwer schützen.
Wir brauchen beides – gute Angebote, die die
Eltern unterstützen, und Angebote, die die Kinder begleiten und das Problem ernst nehmen. Das bleibt für manche Menschen das ganze Leben lang eine Herausforderung. Solche Themen begleiten die Menschen. Deswegen teile ich das, was Sie gesagt haben. Es wäre gut, wenn wir drogenfrei wären. Aber die Realität ist eine andere.
Wir kümmern uns um alle
Kindeswohlgefährdungsmeldungen, die wir be kommen. Wenn wir Kenntnis haben, greift das Ju gendamt ein.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Eine Vorbemerkung! Herr Möhle hat ja noch einmal die Bremer Vorgeschichte angesprochen. Ein Kind ist in Bremen unter der Aufsicht des Jugendamtes gestorben. Wir hatten einen Untersuchungsausschuss, das Parlament, die Deputation, die Wohlfahrtsverbände, alle Gremien in Bremen haben sich mit diesen Vorkommnissen auch in aller gebotenen Ernsthaftigkeit lange und intensiv auseinandergesetzt und Schlüsse aus den Vorkommnissen gezogen. Diese Schlüsse bilden die heutige Arbeitsgrundlage im Jugendamt. Wir schützen Kinder gemeinsam und gern. Das sind die Bremer Qualitätsstandards, sie sind bundesweit anerkannt und die hilfreiche Anleitung bei der täglichen Arbeit.
Dem Untersuchungsausschuss damals vorangegangen – und das spreche ich jetzt einfach an, ich war zu lange auch Parlamentarierin hier im Haus, es gehört zu dieser Geschichte dazu –, war ein Zusammensparen im Bereich der Jugendhilfe, ein gedeckelter Jugendhilfehaushalt, Sitzungen im Jugendhilfeausschuss, wo wir darüber gestritten haben, dass es nicht sein kann, dass nur 600 Kinder in Obhut genommen werden, wenn mehr Kinder Hilfe brauchen. Diese Deckel hat uns diese Koalition als Schluss aus dem Untersuchungsausschuss aufgehoben und gesagt – und das ist meine Linie in meinem Haus, das sage ich jetzt auch ganz energisch – für jedes Kind, das Hilfe braucht, für das wir im Jugendamt Verantwortung übernehmen, wird nicht gesagt, nein, das nehmen wir jetzt nicht aus der Familie heraus, weil das zu teuer ist, sondern die Kinder werden in Obhut genommen, wir bewilligen die Leistungen, und wir kümmern uns mit dem uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium um jedes Kind. Das ist auch wichtig, dass wir das tun.
Das Jugendamt ist die Behörde, deren Selbstverständnis der Schutz des Kindeswohls ist und das steht auch im Paragrafen 8 a SGB VIII. Ich habe das noch
einmal mitgebracht, gestern bei der Debatte fiel ja auch der Satz, der Blick in das Gesetz helfe weiter, Paragraf 8 a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung: „Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen.“ An dieser Stelle ende ich zunächst einmal.
Das haben wir gemacht, das hat das Jugendamt getan. Im Jugendamt sitzen die Experten. Wir arbeiten multiprofessionell. Bei begründetem Verdacht werden natürlich die Strafverfolgungsbehörden hinzugezogen. Seit dem Jahr 2010 – ich sage es noch einmal in Ihre Richtung, Frau Ahrens; bitte aufpassen! – haben wir deutlich mehr Personal eingestellt. Wir setzen in Bremen mehr Amtspfleger ein. Wir haben mehr Amtsvormünder. Auch wir halten uns an die bundesgesetzlichen Vorgaben.
Ja, Frau Ahrens! – Bremen ist eine der Städte, die im Augenblick enormen Zulauf an unbegleiteten Flüchtlingen verzeichnen. Wir stecken aber in einem laufenden Einstellungsverfahren. Wir werden den Schlüssel 1 zu 50 wieder erreichen. Das ist auch für uns Handlungsmaßgabe. Angesichts dessen dürfen Sie sich hier nicht hinstellen und sagen, diese Koalition habe in Bezug auf das Jugendamt alles schlechter gemacht. Das Gegenteil ist wahr! Wir haben es deutlich verbessert!
Es war doch Ihre Fraktion, Frau Ahrens, die behauptet hat – auch ich erinnere mich gut; ich habe ein gutes Gedächtnis –, im Sozialressort seien noch 40 Millionen Euro einzusparen. Das schicke ich noch einmal zurück in Ihre Richtung.
Ich lasse mich gern begründet beschimpfen. Aber ich lasse mich nicht mit der Behauptung beschimpfen, ich würde mit meinen Senatskollegen diese Arbeit schlecht erledigen. Wir sind mit großer Ernsthaftigkeit bei diesem Thema zugange und führen viele Diskussionen zum Thema Kindesschutz. Wir schauen uns die Krankenstände an und sprechen im Senat natürlich auch über die Personalausstattung in den Ämtern. Wir sind verantwortungsvolle Senatoren. Wir gehen in die Personalversammlungen und diskutieren darüber auch mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich lasse mir nicht vorwerfen, ich interessierte mich nicht für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen im Amt für Soziale Dienste. Dieser Vorwurf ist falsch und
unfair. Ich weise ihn in aller Form zurück, Frau Ahrens.
Ich weise auch Ihren an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an meine Kolleginnen und Kollegen gerichteten Vorwurf zurück, sie würden ihre Arbeit organisiert nicht wahrnehmen. Auch das ist unverfroren, das ist falsch! Hier stelle ich mich ganz bewusst vor unsere Leute.
Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen bei mir im Ressort arbeiten? 1 000 Menschen arbeiten im Amt für Soziale Dienste. Diese Menschen verunglimpfen Sie mit einer so pauschalen Aussage in einer Aktuellen Stunde.
Wissen Sie, wie viele Menschen mich darauf angesprochen haben? Mit solchen Aussagen richten Sie großen politischen Schaden an – Wahlkampf hin oder her. Auch ich weiß, dass wir uns im Wahlkampf befinden. In diesem geht es auch darum, den einen oder anderen Senator beziehungsweise die eine oder andere Senatorin in ein schlechtes Licht zu rücken. Aber Sie richten mit Ihren Aussagen großen politischen Schaden gegenüber der Politik insgesamt an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden es ganz mies, in Haftung genommen zu werden für eine Sache, für die sie nichts können. Es sind Menschen, die Tag für Tag sehr ernsthaft versuchen, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Bedingungen sind manchmal schwierig, aber die Leute machen das.
Jetzt will ich ein bisschen ruhiger werden.
Was ist passiert? Ein Mitarbeiter war in einer Situation, die er mit seinen Mitteln geklärt hat. Er suchte weiteren fachlichen Rat; ich finde das richtig. Ein Mitarbeiter des LKA hat von einer möglichen Straftat erfahren und den Ermittlungsapparat in Gang gesetzt; das ist seine Aufgabe. Die Staatsanwaltschaft hat weitere Informationen aus den Akten verlangt; das ist ihre Aufgabe. Das Jugendamt hat Sozialdaten ohne richterlichen Beschluss nicht herausgeben wollen. In
Paragraf 73 Absatz 3 SGB X heißt es, dass Sozialdaten ohne richterlichen Beschluss nicht herausgegeben werden dürfen. Daran haben sich unsere Mitarbeiter gehalten.
Damit haben wir uns an das Gesetz gehalten.
Die Staatsanwaltschaft hat nicht den richterlichen Beschluss, aber einen Durchsuchungsbeschluss bekommen. Die Akte ist dann an die Staatsanwaltschaft gegangen. Das sind juristische Probleme, die in einem Rechtsstaat geklärt werden müssen. Das sehe ich so. Das ist aber nicht Ausdruck eines Versäumnisses von irgendeiner Stelle. Mir wurde glaubhaft versichert, dass die Leute entsprechend den von uns für die Bereiche Soziales, Justiz und Polizei aufgestellten Handlungsanweisungen ihre Arbeit gemacht haben. Es kommt in der Tat, wie es in der Debatte schon beschrieben wurde, zu Schnittstellenproblemen, die wir ausräumen müssen. Wir müssen klären, ob ein Fehler in der Zusammenarbeit zwischen zwei Menschen vorliegt. Wir werden uns diesen Fall anschauen und vergleichbare Fälle heranziehen, um herauszufinden, ob es sich um ein systemisches Problem handelt. Wenn ja, werden wir es gemeinsam klären.
Fazit: Drei Behörden gehen ihren Aufgaben nach, haben letztlich aber dasselbe Interesse, nämlich das Kind zu schützen und weitere Straftaten zu verhindern – so, wie wir uns bemühen, Frauen und andere Menschen vor Gewalt zu schützen. Auch das sind durchaus Probleme, die wir behandeln. Das ist das Interesse.
Aber es kommt zu unterschiedlichen Einschätzungen, und man streitet sich vor Gericht. Das kommt – ich sage es noch einmal sehr deutlich – auch bundesweit vor. Das ist auch in anderen Bundesländern Gegenstand vieler rechtlicher Auseinandersetzungen vor Gerichten. Es kommt immer wieder zu einem gewissen Kernproblem.
Ich würde sagen, das ist unnötig. Hier kann man die Verfahren so weit klären, dass beide Seiten möglichst weitgehende Handlungssicherheit haben, was notwendig ist.
Die Ressorts für Soziales, für Inneres und für Justiz haben sich in diesen Tagen zusammengesetzt, um solche Reibungsverluste zu vermeiden. Ich halte es für richtig, dass wir uns nicht über die Zeitung unterhalten, sondern uns an einen Tisch setzen, um Verfahrenssicherheit herzustellen. Dafür gibt es übrigens schon seit Jahren ressortübergreifende Gesprächsrunden, die in festen Abständen, das heißt regelmäßig, und routiniert stattfinden. Dieser Fall wäre dort ohnehin vorgetragen worden. Die Frage, wie er in die Zeitung gekommen ist, will ich in dieser Debatte nicht behandeln.
So stelle ich mir auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Behörden vor: interne Probleme benennen und sich darum bemühen, die Abläufe zu verbessern. Dafür habe ich von meinen Kolleginnen und Kollegen im Senat viel Zustimmung vernommen. Das ist der Weg, auf den wir uns begeben.
Jetzt zu einer politischen Bewertung! Die Fallmanagerinnen und Fallmanager in den Jugendämtern haben einen der schwierigsten und verantwortungsvollsten Jobs in dieser Stadt.
Sie sollen zwischen böswilligen Diffamierungen und berechtigten Sorgen unterscheiden. Sie müssen familiäre Situationen schnell und sicher einschätzen. Sie müssen erkennen, wenn man ihnen etwas vormacht, dürfen sich nicht einwickeln lassen und dürfen dabei die Kooperationsbereitschaft der Familien nicht verspielen. Praktisch ist das manchmal die Quadratur des Kreises. Das ist eine Arbeit im Spannungsfeld zwischen Vertrauen, kritischem Hinterfragen und nach vorn gerichtetem Arbeiten zum Schutz des Kindes.
Ich finde es sehr bedenklich, wenn sich nun Abgeordnete der Bürgerschaft – damit meine ich nicht nur eine – in die Öffentlichkeit stellen und nicht nur das Jugendhilfesystem, sondern damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pauschal als verantwortungslos und unfähig abklassifizieren, und das, ohne in der Sache auch nur ein einziges Mal nachgefragt zu haben.
Das trifft auf einige zu. Wir können das gern noch einmal unter vier Augen besprechen. Matthias Güldner hat zu Recht gesagt, die Frau Stahmann hätte auch schneller sein können bei ihrer Information. Nun kann aber jeder, der in der letzten Woche die Meldungen in der Zeitung verfolgt hat, sehen – ich sage das zu unserer Entlastung im Ressort –, dass wir mit vielen Themen gut auf Trab gehalten wurden. Die Themen haben wir uns nicht selbst aufgeladen. Wir haben ein umfangreiches Arbeitspensum, wurden aber auch auf Trab gehalten. So sage ich es einmal ganz diplomatisch.
Ich habe nicht geahnt, dass der Fall sich so hochgeigen würde. Man hat sich mit dem Vorwurf der Kindeswohlgefährdung intensiv auseinandergesetzt und alles Notwendige abgearbeitet. Ein Casemanager hat sich sofort nach der Meldung die Schweigepflichtsentbindung geholt. Der Kinderarzt wurde informiert, die Hebamme befragt. In der Kita und in der Schule wurde nachgefragt. Eine Fachkonferenz hat getagt. Die Gewaltschutzkonferenz wurde einberufen. Bei
uns war der Fall abgeklopft und abgearbeitet. Am Ende hat sich ein Mitarbeiter mit der Staatsanwaltschaft beraten wollen. Er hat dadurch, dass er den Fall dargestellt hat – Frau Vogt hat es ganz prima gesagt –, die Staatsanwaltschaft über den Fall informiert. Diese konnte gar nicht anders, als ihren Job zu machen.
Wir wollen in Bezug auf die Frage, wie man mit dem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, Kindesmissbrauch oder Kinderpornographie umgehen sollte, eng zusammenarbeiten, auch mit den Strafverfolgungsbehörden. Auch gegenwärtig melden Menschen bei uns beziehungsweise beim Jugendamt Kindeswohlgefährdungen. Es darf aber nicht die Angst entstehen, dass der Staatsanwalt vor der Tür steht, sobald man das Jugendamt betritt, zumal wir auch Hinweise aus den Familien selbst bekommen.
Jeder hier im Raum kann sich vorstellen, wie schwierig damit umzugehen ist, wenn man das, was ich eben vorgetragen habe, was ein Casemanager oder eine Casemanagerin eigentlich alles beachten muss, erfüllen soll.
Selbst wenn an einer Stelle Fehler unterlaufen, darf das kein Anlass sein, eine ganze Berufsgruppe pauschal zu verunglimpfen. Der Unfehlbarkeitsanspruch, der aus einigen Stellungnahmen spricht, ist weit überzogen. Es gibt keinen Lebensbereich, in dem Menschen fehlerlos arbeiten, und wo Fehler passieren, erwarte ich, dass man daraus lernt. Das ist auch die Kultur in meinem Haus, dass wir uns genau ansehen, was vorgefallen ist. So arbeiten wir eigentlich bei allen schwierigen Fällen, und in meiner Amtszeit sind solche Fälle auch schon aufgetreten. Wir haben sie uns dann vorstellen lassen und in der Rückschau dahingehend betrachtet, was wir aus diesen Fehlern lernen können. Es ist wichtig für ein Jugendamt, aus Fehlern zu lernen!
Es ist generell wichtig für Behördenhandeln zu prüfen, was man besser machen könnte. Das ist aus meiner Sicht ein professioneller Umgang, und das leben die Kolleginnen und Kollegen in den Jugendämtern.
Zuletzt: Der öffentliche Tumult, der jetzt um diese eine Familie ausgebrochen ist, hinterlässt viele Scherben. Wenn jetzt nur ein einziger anonymer Hinweis ausbleibt, der einem Kind viel Leid ersparen könnte! Vertraulichkeit ist für die Arbeit der Jugendämter ein hohes Gut, und ich sage das hier in dieser Debatte auch zwei- oder dreimal. Wir wollen das nicht leichtfertig verspielen, wir brauchen den Informantenschutz, auch das möchte ich in dieser Debatte zu bedenken geben.
Wenn wir morgen in der Sondersitzung der Deputation im vertraulichen Teil sind und über Sozialdaten sprechen, können wir uns das noch einmal im De
tail anschauen und auch Fragen stellen, der Jugendamtsleiter wird auch dabei sein. Wir sind bereit, in den kritischen Diskurs zu gehen. Nach meinen Informationen ist es ein Fall, wie wir ihn oft erleben, der eigentlich Routine ist, er war bei uns im Haus abgeschlossen. Wir versuchen, unseren Job ernsthaft zu machen und Kinder zu schützen, aber wir werden nie eine hundertprozentige Gewissheit erreichen, selbst wenn wir Familien zu Hause mit Kameras überwachen würden, was niemand will. Das ist eben auch das Schwierige im Jugendamt, und das wissen auch alle, die hier im Hause sitzen und die Debatten der letzten Jahre verfolgt haben. Es ist eine Herausforderung im Spannungsfeld zwischen Vertrauen, Jugendamt und der Zusammenarbeit der Eltern, um das Kindeswohl zu sichern. Diese schwierige Aufgabe ruht auf meinen Schultern. Frau Ahrens, ich glaube, dass ich die Richtige in diesem Job bin. Ich glaube, ich habe in den letzten dreieinhalb, fast vier Jahren auch in schwierigen Debatten bewiesen, dass ich meiner Arbeit ernsthaft nachgehe. Ich möchte mir nicht die Lust an meiner Arbeit absprechen lassen, und wenn es schwierig wird, fühle ich mich meist noch besonders herausgefordert. – Danke schön!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Hinners, herzlichen Glückwunsch, das vorweggeschickt!
Zurück zur Tagesordnung, für den Senat beantworte ich die Frage wie folgt:
Zu Frage 1: Nach Datenlage der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber und ausländische Flüchtlinge haben sich dort im Jahr 2014 insgesamt 575 Flüchtlinge als minderjährig gemeldet. Davon haben nach statistischer Erfassung des Amtes für Soziale Dienste 495 Flüchtlinge tatsächlich Kontakt zum Jugendamt aufgenommen. Im Zuge des Aufnahmeverfahrens wurde in allen diesen Fällen eine Altersfeststellung vorgenommen.
Zu Frage 2: Bei der Alterseinschätzung handelt es sich um eine Beweismittelerhebung im Sinne des Paragrafen 21 SGB X. Sie erfolgt auf Grundlage eines standardisierten Erhebungsbogens, ist an ein persönliches Erstgespräch gekoppelt und wird schriftlich dokumentiert. Die Alterseinschätzung erfolgt in der Regel unter Hinzuziehung von Dolmetschern und wird
seit Dezember 2014 durch eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt des Gesundheitsamtes Bremen unterstützt und maßgeblich mitgestaltet. Nach Paragraf 42 Absatz 1 Ziffer 3 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, minderjährige aus dem Ausland in Obhut zu nehmen, wenn diese unbegleitet nach Deutschland kommen und sich weder Personensorgeberechtigte, noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Das Ergebnis der Alterseinschätzung wird den unbegleiteten Flüchtlingen umgehend mitgeteilt. Darüber hinaus erfolgt eine schriftliche Mitteilung in Form eines widerspruchfähigen Bescheides mit Rechtsmittelbelehrung.
Zu Frage 3: Belastbare Daten lassen sich nicht ermitteln, die wahre Identität einer Person kann dauerhaft ungeklärt bleiben, wenn amtliche Papiere fluchtbedingt verlorengegangen oder falsche Papiere vorgelegt worden sind. In einzelnen Fällen ist es zum Widerruf der Alterseinschätzung gekommen, wenn Angaben oder Urkunden durch Nachfrage bei den jeweiligen Botschaften nicht bestätigt wurden oder wenn die Polizei im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung einschlägige Hinweise oder Meldedaten aus anderen Bundesländern erhalten hat. Die Anzahl dieser Fälle wird statistisch nicht erfasst. – Soweit die Antwort des Senats!
Eine Alterseinschätzung kann durch die Inaugenscheinnahme erfolgen, bei der Altersfeststellung durchlaufen wir unterschiedliche Stationen in dem Gespräch mit den durchführenden Fachkräften. Es werden verschiedene vorhandene Papiere und Urkunden geprüft, es gibt nähere Befragungen zu Altersangaben, biografische Daten von Familienangehörigen werden hinterfragt, es gibt Fragen zum Schulverlauf, zu Schulabschlüssen, zu Ausbildungszeiten und zur Berufstätigkeit. Es gibt Nachfragen zum Fluchtverlauf und zu den Fluchtzeiten. Die äußeren körperlichen Merkmale, wie zum Beispiel Körperbau, Hände, Gesichtszüge, Stirnfalten, Stimmlage, Haarwuchs, Körperbehaarung und Bartwuchs werden in Augenschein genommen und in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt mit einbezogen, und es wird eine Auswertung des Gesamtverhaltens im Gespräch vorgenommen; all das führt zu einer qualifizierten Altersfeststellung.
Das ist ein wichtiges Thema, das Sie ansprechen. Wir befinden uns in einem fortlaufenden Aufstockungsprozess, was das Personal betrifft. Im Jahr 2011 hatten wir deutlich weniger Personal in der Zentralen Aufnahmestelle, dort steht uns jetzt mehr Personal zu Verfügung. Bei der Altersfeststellung arbeiten wir eng mit der Polizei zusammen, die die erkennungsdienstlichen Behandlungen durchführt. Wir können an einem Tag nicht das Alter von 90 Personen feststellen, sondern es gibt verschiedene Termine innerhalb der Woche, und wir bemühen uns, es möglichst schnell abzuarbeiten, sobald die Jugendlichen sich in der ZASt gemeldet haben. Es kam in der Vergangenheit manchmal zu Wartezeiten, wir sind aber besser geworden, auch wenn an dieser Stelle noch nicht alles optimal läuft. Wir sind bemüht, dort schnell zu helfen, es bleibt aber eine große Herausforderung für uns, dann diese 495 Jugendlichen auch im Jugendhilfesystem aufzunehmen. Das ist eine große Aufgabe, die wir hier insgesamt zu bewältigen haben, und führt wie im Stadtamt dazu, dass wir das Personal noch einmal verstärken müssen, Herr Hinners.
Wir haben insgesamt eine Quote, die bei der Anerkennung bei über 90 Prozent liegt. Wir sind gesetzlich dazu angehalten, wenn jemand sagt, dass er minderjährig ist, dies erst einmal als Stand zur Grundlage des Gesprächs zu machen. Wir haben im letzten Jahr, in dem ich es enger begleitet habe, sowie im vorletzten Jahr Quoten gehabt, die bei den 90 Prozent liegen. Es gibt dort Unterschiede. interjection: (Abg. H i n n e r s [CDU]: Bei der richtigen Altersfeststellung!)
Bei der Altersfeststellung! In diesen Fällen gibt es durchaus auch Unterschiede zwischen den Bundesländern. Wir entscheiden qualifiziert, gemeinsam mit dem Gesundheitsamt, weil es natürlich auch wichtig ist, junge Menschen, die unter 18 Jahre alt sind, im Jugendhilfesystem aufzunehmen. Ich bin aber auch sehr dafür, dass wir es nicht zulassen, wenn jemand versucht, das System zu hintergehen, an dieser Stelle zu sagen, dass derjenige im System der Erwachsenen ist, und daran arbeiten wir.
Das ist nach wie vor der Fall. Es gibt aber durchaus strittige Fälle – mir ist aber kein Fall bekannt –, bei denen wir gesagt haben, dass wir Röntgenbilder hinzuziehen würden beziehungsweise eine Untersuchung des Zahnstandes vornehmen. Bisher konnten wir aber darauf verzichten, wir sind auch skeptisch. Wir verzichten deshalb auf das Röntgen von Händen und Körperteilen, weil es eine Fehlerquote von zwei Jahren gibt und dass natürlich in dieser Altersspanne 16 bis 18, diese die entscheidenden Jahre sind. Wir versuchen das tatsächliche Alter mit den Flüchtlingen, mit den jungen Menschen, im Gespräch herauszuarbeiten, um sodann zu einer qualifizierten Altersfeststellung zu kommen. Wie gesagt, wenn es einen strittigen Fall gibt, behalten wir es uns vor, solche Maßnahmen ergreifen zu müssen, mir ist jetzt aber noch kein Fall bekannt.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2: Das Land Bremen hat sich am Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ von Januar 2011 bis Dezember 2014 beteiligt und somit das Landesberatungsnetzwerk „pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und
Bremerhaven“ sowie die Mobile Beratung aufgebaut. Gemeinsam mit freien Trägern wurden Ausstiegs- und Distanzierungsangebote etabliert und ein Opferberatungsangebot erprobt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 184 000 Euro, davon 63 000 Euro Landesmittel.
Zum Themenschwerpunkt Salafismus wird auf die Antwort des Senats vom 11. November 2014 verwiesen, „Präventive Strategien gegen dschihadistische Rekrutierungsversuche“, Drucksache 18/1621.
Die Stadtgemeinde Bremen finanziert die überregional anerkannte „Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen“ des Vereins zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit e. V., VAJA, mit 163 000 Euro aus Haushaltsmitteln. Der Verein bietet mit dem Projekt „kitab“ zudem Beratung für Eltern, Angehörige und Betroffene in der Auseinandersetzung mit Islamismus an. Das Projekt wird finanziert über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Bundesministerium des Innern.
Die Jugendbildungsstätte LidiceHaus bietet außerschulische Jugendbildungsmaßnahmen zur demokratischen Teilhabe an der Gesellschaft an. Sie führt Qualifizierungsmaßnahmen zur Beratung von Eltern und Angehörigen von rechtsextremen Jugendlichen durch und betreut ein bundesweites Netzwerk für Elternberatung. Land und Stadtgemeinde Bremen finanzieren den Betrieb und die Angebote der Jugendbildungsstätte über institutionelle Zuwendungen, eine Aufschlüsselung nach thematischen Schwerpunkten liegt nicht vor.
Im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ hat die Stadtgemeinde Bremen von August 2011 bis Ende 2014 mit dem zuständigen Amt für Soziale Dienste einen „Lokalen Aktionsplan gegen Diskriminierung im Stadtteil“ im Bereich Bremen-Mitte, Findorff, östliche Vorstadt durchgeführt. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Projekt im Jahr 2014 mit 110 000 Euro gefördert, die Stadtgemeinde hat zur Kofinanzierung den notwendigen eigenen Personalaufwand eingesetzt. Auf der vergleichbaren Grundlage wurde seit Oktober 2010 vom Amt für Jugend, Familie und Frauen in Bremerhaven ein Lokaler Aktionsplan durchgeführt.
Zu Frage 3: Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Antrag der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen das Programm „Demokratiezentren zur landesweiten Koordinierung und Vernetzung sowie von Mobiler Opfer- und Ausstiegsberatung“. Das Land beteiligt sich an der Finanzierung in der Höhe des Vorläuferprogramms für den Lokalen Aktionsplan gegen Diskriminierung im Stadtteil.
In der Stadtgemeinde Bremen hat der Bund zwei und in der Stadtgemeinde Bremerhaven einen An
trag auf Förderung aus demselben Bundesprogramm für die Einrichtung lokaler „Partnerschaften für Demokratie“ bewilligt. Somit ist es beiden Stadtgemeinden möglich, die präventiven demokratiefördernden Aktivitäten zu konsolidieren und weiter auszubauen.- Soweit die Antwort des Senats!
Im Bereich der Jugendbildung und Jugendförderung sehen wir die größte Notwendigkeit im Bereich der Arbeit mit Jugendlichen, die rechtsextremen Ideologien folgen. Das ist der größte Aufgabenbereich. Nach meinem Kenntnisstand gibt es dort wesentlich mehr Arbeitsbedarf als in dem von Ihnen erwähnten Bereich. Für das Thema, das Sie angesprochen haben, ist sicherlich die Innendeputation der richtige Ort, um das noch einmal zu erörtern, aber wie gesagt, der Bereich, der jetzt in mein Haus fällt und für den ich dann nur antworten kann, und ich antworte hier auch für den Senat, sehen wir keine Notwendigkeit, es an dieser Stelle so zu differenzieren.
Ja, das LidiceHaus ist eine ganz wunderbare Einrichtung,
die seit Jahren sehr erfolgreich an dem Thema Demokratieförderung arbeitet, und ich glaube, dass es ganz wichtig ist, in der dortigen Jugendarbeit keine Scheuklappen aufzuhaben, sondern eben auch zu schauen, welche Fragen die Jugendlichen stellen, und diese Fragen auch zuzulassen und offen darüber zu diskutieren. Das ist ganz wichtig, denn die Jugendarbeit lebt auch von der Auseinandersetzung über unterschiedliche Meinungen und Haltungen. Die Jugendlichen sind auf der Suche nach Orientierung, und im LidiceHaus werden vielfältige Maßnahmen angeboten, sowohl für die freie und offene Jugendarbeit als auch für die Schulen, und das ist eine gute Sache, die wir gern fortführen wollen.
Den VAJA schließe ich dort mit ein! Danke, Frau Aytas!
Frau Piontkowski, wir haben ja die Jugendhilfe in Strafverfahren, die Jugendliche begleitet, die mit Straftaten auffällig geworden sind, die zur Anklage gebracht und vom Jugendgericht behandelt werden. Dann findet auch sofort eine Vernetzung mit zuständigen präventiven Angeboten statt. Die Kolleginnen und Kollegen suchen dann also auch den Kontakt, beispielsweise zum VAJA oder eben zu erfahrenen Kollegen, die in diesem Feld arbeiten.
Darüber hinaus müsste ich mich auch noch einmal informieren, welche weiteren Verbindungen bestehen, aber ich weiß, dass es in der alltäglichen Arbeit ganze enge Bezüge zueinander gibt und ein ganz en
ger Austausch stattfindet, damit die Jugendlichen auch begleitet werden.