Protokoll der Sitzung vom 22.10.2014

2. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Bremischen Gebühren-

und Beitragsgesetzes

Bericht und Antrag des staatlichen Haushalts

und Finanzausschusses

vom 21. Oktober 2014

(Drucksache 18/1591)

2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf

des Senats in ihrer 67. Sitzung am 25. September 2014 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 18/1591 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir kommen zur zweiten Lesung. Bevor wir in die Beratung eintreten, teile ich Ihnen

mit, dass der Abgeordnete Fecker an dieser Debatte wegen Befangenheit nicht teilnimmt.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Berichterstatter

des Haushalts- und Finanzausschusses der Abge ordnete Liess.

Herr Präsident, meine

sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um die

Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitrags gesetzes, das in 1. Lesung in diesem Hause bereits beschlossen worden ist. Es hat im Haushalts- und Finanzausschuss am 17. Oktober 2014 eine Beratung stattgefunden. Im Rahmen dieser Beratung haben die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag zum Gesetzesentwurf vorgelegt, der vorsieht, dass eine Gebühr erhoben werden kann, wenn an einer gewinnorientiert ausgerichteten Veranstaltung mehr als 5 000 Personen zeitgleich teilnehmen, und in deren Rahmen erfahrungsgemäß von Gewalthandlungen ausgegangen werden kann. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand des Polizeieinsatzes zu berechnen.

Auf Wunsch der CDU hat es eine Anhörung gege

ben, an der Anhörung haben Herr Senator Mäurer, Professor Dr. Hickel, Universität Bremen, Herr GroßeLefert vom Deutschen Fußballbund, Herr Rettig von der Deutsche Fußballliga und Herr Filbry vom SV Werder Bremen teilgenommen. Die Vertreter der Fußballorganisationen haben in der Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses den Gesetzes entwurf abgelehnt, da nach ihrer Einschätzung das Gesetz die Gewalt im Rahmen von Fußballspielen nicht verhindern könne, sondern es angemessener sei, stattdessen Präventionsmaßnahmen einzurichten, die es im Übrigen auch schon gäbe, und über Prä ventionsmaßnahmen die Polizeikosten zu reduzieren.

Gleichzeitig ist angemerkt worden, dass der SV

Werder Bremen damit rechnet, für den Fall der Ein führung einer Gebühr und die Erstellung von Ge bührenbescheiden damit belastet zu werden.

Herr Senator Mäurer und Herr Professor Dr. Hickel

haben demgegenüber erklärt, dass sie diese Geset zesänderung für notwendig und auch für Veranstalter von gewinnorientierten Großveranstaltungen für zumutbar halten. Im Übrigen habe sich gezeigt, dass die Präventionsmaßnahmen bisher den Anstieg der Gewalthandlungen insgesamt im Zusammenhang mit Risikospielen des Fußballs eben nicht verhindert haben. Statt 120 seien bis zu 1 500 Polizeibeamte bei Risikospielen im Einsatz, und die Kostentragung kön ne den Steuerzahlern allein nicht zugemutet werden.

In der anschließenden Debatte und Beratung des

Haushalts- und Finanzausschusses hat die CDU deutlich gemacht, dass sie die Position der Vertreter des Fußballs unterstützt, und zudem hat sie geäußert, dass sie rechtliche Bedenken, unter anderem wegen unbestimmter Rechtsbegriffe im Gesetzestext, hat, deswegen würde sie diese Änderung des Gesetzes ablehnen. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich Bre men im Rahmen des Alleingangs isoliere.

SPD und Grüne haben diese Auffassung nicht

geteilt. Sie haben noch einmal auf die Gewinnori entierung dieser Veranstaltungen hingewiesen und herausgestellt, dass dem Steuerzahler die Last allein nicht zumutbar sei.

(Beifall bei der SPD)

DIE LINKE hat an den Beratungen nicht teilgenom

men, sie war leider nicht vertreten. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat abschließend mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen sich dann für die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Gesetzesänderung ausgesprochen. Er legt den Bericht hiermit vor und beantragt, diese Gesetzesänderung jetzt wirksam werden zu lassen. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen

und Herren! Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass die Änderung eines Beitrags- und Gebühren gesetzes im Land Bremen wahrscheinlich die höchs te bundesdeutsche Aufmerksamkeit erfahren hat. Üblicherweise werden solche Dinge zwar auch in vergleichbarer Zeit verabschiedet, aber nicht so enthusiastisch diskutiert wie hier.

Zur Sache! Aus Frankfurt wenig Neues! Das ist,

glaube ich, das Resümee der Anhörung im Haus halts- und Finanzausschuss gewesen. Frei, in Ab wandlung von Karl Marx, möchte man dem DFB und der DFL erwidern, Geschichte ereignet sich immer zweimal, einmal als Tragödie und einmal als Farce. Vor wenigen Wochen, als die Koalitionsfraktionen ihre Forderung aufgestellt haben, die Polizeikosten mögen doch bitte von den wirtschaftlich Begünstigten getragen werden, hat die DFL schweres Geschütz aufgefahren. Zum einen hat sie gesagt, wir werden dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen – das fand ich angemessen, das ist das gute Recht der DFL –, zum anderen hat sie aber auch gesagt, wenn ihr diesen Weg weitergeht, dann werden wir euch ein Fußball-Länderspiel entziehen und darüber hinaus dafür sorgen, dass bei euch keine sportlichen Großereignisse mehr ausgetragen werden. Die se Drohung – und ich sage das an der Stelle noch einmal, weil das wichtig ist – ist in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartig, ein frei gewähltes Parlament so unter Druck setzen zu wollen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Soweit zur Tragödie, nun zur Farce! Was passierte

im Haushalts- und Finanzausschuss in der letzten Woche? Der Kollege Liess hat eben geschildert, wer bei der Anhörung anwesend war. In der Anhörung führte der Geschäftsführer der DFL, Herr Rettig, aus, dass man nicht nur gegen die Gebührenbescheide klagen würde, wofür wir in der Tat vollstes Verständ nis haben, sondern er führte auch aus – und das muss man sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen –, dass die freiwilligen Leistungen des Profifußballs natürlich gestrichen werden müssten, wenn wir sie

mit den Polizeikosten belasten würden, weil die Belastung des Profifußballs nicht erhöht werden darf. Was will er uns damit sagen? Er will uns damit sagen, dass der bisherige Beitrag des Profifußballs zur Gewaltprävention augenscheinlich nicht mehr so wichtig ist, sondern man das Geld gern einsparen möchte, damit man insgesamt mehr Geld für den Spielbetrieb hat. Ich kann Ihnen sagen, ich finde, das ist eine schändliche Argumentation!

(Beifall bei der SPD)

Man muss sagen, in der Diskussion über dieses Thema haben die DFL und der DFB wenig gelernt.

Um es noch einmal klarzustellen: Das eine hat

doch mit dem anderen gar nichts zu tun. Ja, wir als Politik bekennen uns dazu, dass wir zusammen mit dem Fußball alles tun müssen, um Gewaltprävention zu leisten und der Gewalt vorzubeugen, aber davon ist völlig losgelöst, wer die Kosten für die Polizeiein sätze trägt. Wir sind der Meinung, dass derjenige, der den wirtschaftlichen Nutzen aus Veranstaltun gen hat, auch für die Kosten dieser Veranstaltungen aufkommen muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vielleicht noch einmal ganz kurz zur Erinnerung:

Es trifft hier auch nicht den kleinen Sportverein, der ehrenamtliches Engagement beweist. Die DFL als Veranstalter der Profiligen, der Ersten und der Zweiten Bundesliga, konnte zu Beginn der Spielzeit 2013/2014 ihren Erlös aus der Verwertung der Fernsehrechte noch einmal um 216 Millionen Euro pro Jahr auf 628 Millionen Euro steigern. Demgegenüber stehen die Polizeikosten in Höhe von 90 Millionen Euro in ganz Deutschland für alle Fußballspiele, die die Steuerzah ler bezahlen müssen. Die DFL hat eine Bilanzsumme von 2,62 Milliarden Euro und einen Gewinn von 300 Millionen Euro, und dieser Unterhaltungskonzern will uns sagen, dass jeder Betrag, den er einnimmt, in den Spielbetrieb zu investieren und nichts, aber auch gar nichts, für die Gemeinschaft abzuführen ist, das spricht deutlich für sich selbst!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)