Protokoll der Sitzung vom 20.11.2014

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ist Ihnen auch bekannt, dass das BASt unter der Abwägung der Vor- und Nachteile keine größeren Risiken für die Lang-Lkw sieht?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das bewerte ich anders. Ich empfehle Ihnen die Lektüre der Seite 103, die ich jetzt nicht vorlesen will, aber da wird, glaube ich, die Auffassung der BASt ganz deutlich, dass es, wenn es mit den Lang-Lkw in die Fläche gehen soll, ganz anders zu bewerten ist.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich versuche noch einmal eine abschließende Frage. Ich hatte gefragt, warum Sie die Zwischenergebnisse nicht für beurteilungswürdig halten, Sie haben das beurteilungsfähig genannt. Dennoch meine Frage: Warum ist der Senat nicht bereit, dem Parlament hier seine Bewertung dieser Zwischenergebnisse, die allgemein zugänglich sind, gerade nachdem Sie auch selbst bestätigt haben, dass sich der Senat damit beschäftigt hat, zur Kenntnis zu geben?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich halte sie für würdig, gar keine Frage. Die Zwischenergebnisse sind in unserer Fachabteilung beurteilt worden, und wir warten jetzt ab, was insgesamt dabei herauskommt. Ich glaube, da ist der Senat auch ganz gut beraten, erst einmal das Endergebnis abzuwarten.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir es als CDU-Fraktion schon für ein sehr schwieriges Verhältnis zum Parlament halten, wenn eine Behörde zu einer Bewertung kommt, im Parlament nachgefragt wird, der Senat aber nicht bereit ist, hierzu eine Antwort zu geben?

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich nehme das zur Kenntnis.

Herr Staatsrat, eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten. Frau Dr. Kappert-Gonther! – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, würden Sie eine Bewertung des Kollegen Kastendiek möglicherweise kommentieren wollen? Er hat nämlich gesagt, es ist doch wohl, so hat er sich ungefähr ausgedrückt, ein positives Ergebnis, dass eine bestimmte Anzahl von Transpor

ten inzwischen nicht mehr durch Normal-Lkw, sondern durch Lang-Lkw vorgenommen werden. Das hat Herr Kastendiek ausdrücklich als positive Entwicklung klassifiziert.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Ich habe die BASt zitiert!)

Möchten Sie das noch kommentieren?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich soll hier ja Fragen beantworten, und ich versuche, es einmal in Form einer Antwort zu kommentieren. Wir haben uns hier in Bremen recht ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, nachdem das Bundesverkehrsministerium die Bremer Autobahn für Lang-Lkw freigegeben hat, wie wir damit umgehen, insbesondere wenn diese Lang-Lkw von den Bremer Autobahnen die letzte Meile bis zu Mercedes-Benz oder bis ins Güterverkehrszentrum zurücklegen wollen. Im Rahmen dieser Debatte hat auch immer eine Rolle gespielt, was dann transportiert wird. Das ist recht unterschiedlich, das kann man nicht alles positiv bewerten. Ich sage einmal, das ist jetzt aber ganz individuell von mir, ich bewerte durchaus positiv, dass Mercedes-Benz mit dem knappen Raum, der in Sebaldsbrück zur Verfügung steht, nicht auch noch Lagerhaltung dort machen soll. Dass das in Hemelingen stattfindet und dass das dann dahin transportiert wird, glaube ich, ist auf jeden Fall positiv zu bewerten. Es werden aber mit diesen Lang-Lkw auch Socken, Strümpfe, Schals über die Autobahn gefahren, die man in Kaffeegeschäften kaufen kann. Ob das positiv ist, wage ich infrage zu stellen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Beantwortung dieser Anfrage ist die Fragestunde beendet. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass inzwischen interfraktionell Einigung erzielt wurde, die miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte „Sanierungsstaus an öffentlichen Gebäuden und Infrastruktur“ und „Sanierungsstau bekämpfen – überplanmäßige Einnahmen für strukturelle und energetische Sanierung nutzen!“ für diese Sitzung auszusetzen.

Antisemitismus, Fanatismus und Hassparolen entschieden entgegentreten

Antrag (Entschließung) der Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE vom 13. November 2014 (Drucksache 18/1628)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sommer dieses Jahres ist der Nahe Osten erneut von schweren gewaltsamen Auseinandersetzungen erschüttert worden. Auf terroristische Aktivitäten und Provokationen der Hamas hat Israel mit massiven militärischen Mitteln geantwortet, ein neues Kapitel von Zerstörung, das erneut Hass und Verbitterung auf allen Seiten erzeugt und für Generationen nachwirken wird.

Mit terroristischer Gewalt wie jüngst mit dem verabscheuungswürdigen Anschlag in Jerusalem schreibt sich nicht nur das Leid der Menschen in einem scheinbar end- und ausweglosen Konflikt weiter fort, sondern es destabilisiert weiter eine ohnehin fragile politische Situation. Dieser Konflikt ist nicht der einzige in dieser Region. IS-Terror, Irak-Konflikt, Bürgerkrieg in Syrien und Instabilität im arabisch geprägten Teil Nordafrikas sind weitere Stichworte, die diese Region zum Pulverfass der Welt werden lassen.

Vieles von dem, was wir hier in einer medial eng vernetzten und globalisierten Welt sehr hautnah miterleben, erschreckt uns nicht nur, es betrifft uns auch zunehmend. Flüchtlinge müssen bei uns Schutz suchen. Dschihadisten, die an Konflikten teilnehmen, kommen aus Deutschland und auch aus Bremen. Politisch und religiös motivierter Hass, Parolen, Diskriminierung und Rassismus finden zum Beispiel im Zuge von Demonstrationen auch hier bei uns statt. Uns dazu zu äußern und uns entschieden dagegen zu wenden und dieses gemeinsam zu tun, ist das entscheidende Signal, meine Damen und Herren, das wir mit diesem Antrag setzen wollen.

(Beifall)

Ja, Politik lebt von Streit und Diskussionen. Ja, wenn man so will, leben auch verschiedene Religionen nicht nebeneinander her, sondern stehen in einem gewissen Sinne im Wettbewerb miteinander. Beides kann anstrengend sein. Ihnen als lebensanschaulichen Bekenntnissen muss aber gemeinsam sein, dass die Vielfalt vorbehaltlos akzeptiert wird. Wir wollen gerade nicht die Logik von Hass und noch mehr Hass. Wir wollen uns nicht an Fanatismus gewöhnen. Wir wollen schon gar nicht, dass Antisemitismus – in welcher Form und von wem auch immer – wieder hoffähig wird.

(Beifall)

Wir unterstreichen deshalb mit dieser Debatte, dass von allen, die sich an politischen und religiösen Prozessen beteiligen, Toleranz und Respekt erwartet wird. Denn das Gegenteil davon, meine Damen und Herren, Hass und Fanatismus, sind die Katalysatoren und Brandbeschleuniger für Gewalt.

Was passiert, wenn diesen auf den ersten Blick selbstverständlichen Grundsätzen nicht gefolgt wird, kann man im Nahen Osten besichtigen. Eindrücklicher kann nicht belegt werden, dass Gewalt keine Konflikte löst, sondern nur eine endlose Spirale von Gewalt und Gegengewalt erzeugt. Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung und betrachtet es zu Recht als seine Pflicht, Staat und Bürger vor ständig wiederkehrendem Terrorismus zu schützen. Am Ende, meine Damen und Herren, gibt es dennoch keine Alternative dazu, diese Spirale zu unterbrechen und Sicherheitsvorsorge durch einen Dialog zu ergänzen. Es gibt meines Erachtens keine Alternative dazu, gegenseitig und dauerhaft unverletzliche Staatlichkeit zu ermöglichen und zu akzeptieren. Es gibt keine Alternative zum Kompromiss und gegebenenfalls zum Verzicht auf Maximalpositionen. Es ist die Verantwortung der Beteiligten und der Staatengemeinschaft, dieses zu unterstützen, ja, dieses auch nachdrücklicher als bisher einzufordern – nicht nur, weil die Konflikte zumeist auf den Schultern derer ausgetragen werden, die sich am wenigsten dagegen wehren können, sondern auch, weil uns zunehmend egoistische Gründe bewegen. Mit den Auswirkungen der Konflikte haben wir zu tun. Wir sind Teil des Problems. Wir sind zugleich Importeur und Exporteur von fanatisierenden Ideologien und fanatisierten Menschen. Dem müssen wir Engagement entgegenstellen und notfalls und entschieden auch die Mittel des Rechtsstaates. Politik in Deutschland und in Bremen muss Teil der Lösung werden. Das ist nicht nur ein Bekenntnis, meine Damen und Herren, sondern das ist eine Aktivität. Das ist eine weitere Botschaft dieses Antrages.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Um es ein wenig zu konkretisieren: Ich finde es unerträglich, wenn die Jüdische Gemeinde hier in Bremen nach wie vor ein hohes Schutzbedürfnis haben muss. Ich finde es unerträglich, wenn von Demonstrationen auch hier in Bremen Signale des Hasses und der religiösen Verblendung ausgehen. Ich finde es schließlich unerträglich, wenn Hooligans unter dem Denkmäntelchen von angeblichen Demonstrationen – gleich gegen wen oder für was – Orgien der Gewalt und der Zerstörung organisieren oder nur mit höchstem Aufwand daran gehindert werden können. Ich empfinde politisch oder religiös motivierte Gewalt oder die Drohung damit – gleich, ob von rechts oder von links, gleich, aus welcher religiös motivieren Ecke – völlig inakzeptabel. Das, meine Damen und Herren, sind Warnsignale für die Demokratie.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir werden deshalb mit Intoleranz intolerant umgehen. Lassen Sie mich hinzufügen: Dieses sind Kon

flikte, bei denen wir Polizei, Nachrichtendienste und andere Behörden des Rechtsstaates brauchen. Sie zu bewältigen, ist aber eine politische Aufgabe der Zivilgesellschaft und der Parlamente. Deshalb ist es richtig gewesen, hier interfraktionell vorzugehen, kleinkarierten Streit um Formulierungen zu unterlassen und eben den Konsens zu suchen und die Gemeinsamkeit zu betonen, die bei Weitem überwiegt. Dafür an dieser Stelle ganz herzlichen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall)

Glaubwürdigkeit gegen Hass, Gewalt und Fanatismus zum Beispiel im Nahen Osten! Dagegen anzutreten wird nur glaubwürdig sein, wenn wir auch vor unserer eigenen Haustüre kehren, wenn wir nicht nur gute Ratschläge für andere haben, sondern leben, was wir im vorliegenden Antrag gemeinsam feststellen. Dazu brauchen wir meines Erachtens zweierlei.

Wir brauchen erstens die Abgrenzung. Gerade deshalb freuen wir uns über eindeutige Stellungnahmen zum Beispiel auch aus dem Bereich von Religionsgemeinschaften und dem politischen Raum, dass nicht hingenommen wird, wenn einzelne die Bandbreite des Konsenses verlassen und auch hier in Bremen legitime Meinungsäußerungen durch Parolen ersetzen. Unsere Demokratie und unsere Wertegemeinschaft brauchen in diesem Sinne Zivilcourage und Einmischung, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Mehrheit, meine Damen und Herren.

Wir brauchen zweitens die Betonung des Positiven, zum Beispiel das aktive Leben unserer Jüdischen Gemeinde, das wir nicht nur unterstützen, sondern mit Stolz als Teil unserer Wirklichkeit, aber auch unserer historischen Verantwortung sehen, oder die Mehrheit von Menschen islamischen Glaubens, die wir in Schutz nehmen vor einer Generalisierung von islamistischen oder salafistischen Eiferern, deren Aktivitäten uns Sorgen bereiten und die wir aufmerksam beobachten. Abgrenzen aber in dem Sinne, indem wir das Positive hervorheben, das unsere politische Kultur nach wie vor ganz überwiegend bestimmt!

Lassen Sie mich abschließend drei Bemerkungen machen.

Erstens: Staat und Politik haben im Kampf gegen alle Formen von Hass, Gewalt und Fanatismus sicher eine wichtige Aufgabe. Allein werden wir es aber nicht schaffen. Präventive Arbeit ist ein entscheidendes Stichwort. Bildung und Erziehung, aber auch das Engagement der gesamten Zivilgesellschaft anzuregen und einzufordern, ist eine politische Verantwortung. Dazu gehört auch, die Bandbreite des politisch Akzeptablen immer wieder unideologisch und sachlich zu hinterfragen, unbequeme Themen aber nicht den Fanatikern oder Rattenfängern zu überlassen.

Zweitens: Verhalten, auch politisches, wird maßgeblich durch Beispiele beeinflusst. Was wir hier im

Parlament tun, hat in diesem Sinne sicherlich auch Einfluss auf den politischen Stil der uns umgebenden politischen Kultur. Es bedeutet, dass man beobachtet wird, dass es nicht nur nicht egal ist, was man tut, sondern auch nicht egal ist, wie man es tut. Der politische Stil, auch der Umgang mit Toleranz, ist maßgeblich unsere Verantwortung.

Drittens – letzte Bemerkung –: Die Feinde von Toleranz und Respekt sind Unkenntnis, Vorurteile und Abschottung. Kommunikation und Austausch dagegen beugen am ehesten Misstrauen vor. Nur Menschen, die sich begegnen, die miteinander sprechen, entwickeln Verständnis füreinander. International heißt das, Begegnungen zum Beispiel in Partnerschaften können ein Nukleus hin zu mehr Gemeinsamkeit sein, können zum Ausdruck bringen, dass wir eine Geschichte und aktuelle Probleme haben, die uns alle angehen.

Städtepartnerschaften, wie wir sie auch hier in Bremen in den Nahen Osten pflegen, sind insofern nicht nur in der Sache wichtig. Sie können auch ein Signal setzen für das, was wir brauchen und was meiner Ansicht nach auch national und in der Region gebraucht wird: Dialog und Austausch zwischen Kulturen, Religionen und Politik, kurz: zwischen Menschen. Da können wir sicher international, aber auch bei uns noch besser werden. – Herzlichen Dank!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ryglewski.