Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren zwei Anträge, kabelloses Internet über sogenanntes WLAN zur Verfügung zu stellen. Der erste Antrag der Koalition behandelt den Freifunk, der zweite behandelt das freie WLAN.
Herr Hamann hat eben schon deutlich gemacht, wie Freifunk funktioniert, was außerhalb kleinerer Initiativen noch relativ unbekannt ist. Ich kann es noch ergänzen: Die Teilnehmenden stellen nicht nur ihren WLAN-Router ins Fenster, sondern sie tragen auch ihre Position und Zugangsdaten auf der Webseite freifunk.bremen.net ein. Aktuell gibt es in Bremen 120 solcher Zugangspunkte, die regelmäßig von ungefähr 200 Personen, sogenannten Clients, genutzt werden. Die Freifunkinitiative hat Anfang des Jahres mit dem Aufstellen der WLAN-Punkte begonnen, und ihr Ziel ist, neben einem kostenfreien auch ein unzensiertes Netz aufzubauen. Das ist relativ wichtig in der Abgrenzung zum Antrag der CDU.
Der Koalitionsantrag möchte diese Initiative ideell unterstützen, mögliche Standorte in öffentlichen Gebäuden prüfen, wo neue WLAN-Router aufgestellt werden können. Dagegen spricht aus Sicht der LINKEN nichts, auch wenn wir uns fragen, wieso eine materielle Unterstützung im Antrag indirekt ausgeschlossen wird. Laut den Freifunkerinnen kostet ein WLAN-Zugangspunkt 20 Euro in der Anschaffung und Strom wahrscheinlich etwa einen Euro, vielleicht sogar weniger, das hat Herr Hamann auch gesagt. Es wäre also nach unserer Sicht keinesfalls undenkbar, das bestehende Netzwerk durch die Anschaffung von Freifunkknotenpunkten in öffentlichen Gebäuden deutlich zu vergrößern, weil es nicht viel Geld kostet.
Der zweite Antrag, der der CDU, will allgemein ein kostenloses WLAN schaffen. Auch dagegen spricht erst einmal aus Sicht der LINKEN nichts. Das öffentliche WLAN soll aber mit einem Filterprogramm sogenannte illegale Webseiten sperren, damit es kein Haftungsproblem gibt. Der Hintergrund ist – das wurde hier eben schon genannt –, dass es in Deutschland die sogenannte Störerhaftung gibt.
Die Betreiber eines öffentlichen WLAN könnten so beispielsweise für Urheberrechtsverletzungen durch Dritte abgemahnt werden. Die Freifunkinitiativen umgehen dieses Problem, indem sie alle Daten über das Ausland weiterleiten, wo es keine Störerhaftung gibt.
DIE LINKE und die Grünen haben im Bundestag erst in der vergangenen Woche gemeinsam beantragt, diese Haftung für Dritte für Betreiber öffentlicher Netzwerke abzuschaffen. Die Große Koalition hat jetzt
die Chance zu handeln und diese Rechtsunsicherheit abzuschaffen. In diesem Fall ein Wink an die Adresse der CDU: Herr Rohmeyer, bitte geben Sie doch Ihren beiden Abgeordneten im Bundestag mit, dass sie sich in dieser Sache dem Antrag der LINKEN und der Grünen anschließen. Das würde stringent zu Ihrem heutigen Antrag passen.
DIE LINKE lehnt sowohl die Störerhaftung als auch ein gefiltertes, zensiertes Staatsinternet ab, wie die CDU das hier in ihrem Antrag fordert, weil wir der Meinung sind, dass Filtertechnik keinen genügenden Ansatz darstellt, um die Störerhaftung zu umgehen. Wir können die Idee so, wie sie uns hier vorgetragen wird, nicht unterstützen, auch wenn wir den Ansatz für richtig halten. Wir werden daher dem Antrag der Koalition zustimmen und uns beim Antrag der CDU enthalten. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Kollege Rohmeyer, lieber Claas! Euer Antrag – in allen Ehren! – enthält natürlich tolle Passagen. Sie lesen sich nicht nur gut, sondern sie klingen auch gut. Man wünscht sich, dass das alles schon Realität ist. Aber bitte – da frage ich jetzt die Bremer CDU –: Wer regiert im Bund mit?
Richtige Antwort – aber mit der CDU! Die Gesetzgebungskompetenz in dieser wichtigen Frage der Rechtssicherheit liegt beim Bund, nicht bei uns. Wir haben uns einer Initiative angeschlossen. Wir fordern hier, dass die Störerhaftung abgeschafft wird, dass freies WLAN für alle zugänglich gemacht werden kann, damit Betreiber eben keine sogenannten Straftaten begehen.
Sie haben eben vollmundig von der digitalen Agenda gesprochen. Was beinhaltet diese digitale Agenda für uns konkret? Selbst beim kleinen Einmaleins der Netzpolitik, des Internet, versagt die Große Koalition doch. Breitbandausbau – nichts geschieht! Datenschutz – nichts geschieht! Urheberrecht, Netzneutralität! Die Liste ist deutlich länger. Da brauchen wir eher den Support aus der Bundesregierung heraus, dass endlich etwas geschieht, dass wir eine Rechtssicherheit haben auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch eine technische Infrastruktur, da
Das andere ist Folgendes: Die Bundesregierung – insbesondere die CDU – verspricht, Deutschland im Bereich des Internet zu einer Weltmacht führen zu wollen, zum Global Player, zur Nummer eins machen zu wollen. Die Bundesregierung verschleiert aber immer wieder, dass wir hier auf dem Niveau eines Entwicklungslandes sind. Es gibt Staaten – selbst in der Europäischen Union, aber auch außerhalb der Europäischen Union –, die sind in diesen Fragen nicht nur technisch weiter als wir. Sie haben ganz andere Budgets und ein ganz anderes Verständnis. Sie haben das doch eben auch genannt: Internet ist fast so selbstverständlich wie Gas und wie Strom. Vielleicht hat es sogar den Aspekt der öffentlichen Daseinsvorsorge.
In diesem Punkt müssen sowohl die CDU als auch unser Koalitionspartner, die SPD, im Bund viel stärker intervenieren und Anreize schaffen, dass die Länder und insbesondere die Kommunen in dieser wichtigen Frage – das liegt fernab von der Frage, ob es noch um Tourismus oder um Bürgerinnen und Bürger geht; es geht um beide – endlich vorankommen können. Sonst werden wir weiter den heutigen technischen Standard haben, weiter stagnieren, werden kaum Etats haben, und die Menschen werden sich irgendwann fragen, ob Politik in dieser Frage überhaupt noch tätig ist.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen, auch wenn er gute Passagen enthält. Er schmiert aber auch ein wenig Honig um den Mund, weil Teile darin enthalten sind, die die Bundesregierung schon längst hätte machen können und bis heute nicht gemacht hat. – Danke schön!
Herr Rohmeyer, jetzt kommt die Ablehnungsbegründung, auf die Sie gespannt sind. Ich will kurz auf einige Ihrer Ausführungen eingehen.
Digitale Agenda: Ja, wir haben drei von der Datentankstelle, die sich hingestellt und gesagt haben: Wir machen irgendetwas. Aber bisher ist noch nichts gekommen. Sie hatten ja einmal eine Anfrage zum Thema Breitbandausbau gestellt. Da muss Geld in die Hand genommen werden. Denken Sie einmal an den Autobahnbau. Niemand würde irgendwo in Österreich in einem kleinen Seitental Ski fahren, wenn es nicht eine Autobahn oder eine Bundesstraße dorthin gäbe. So ähnlich ist es hier auch. Solange da nichts passiert, wird es nicht ordentlich funktionieren. Da können wir uns aus Bremen heraus noch so sehr anstrengen.
Kollege Öztürk hat darauf hingewiesen: Ja, es gibt gute Passagen in Ihrem Antrag. Ich lese einmal eine vor: „Das Internet ist das zentrale Medium der heutigen Gesellschaft...“ Das finde ich gut. Das ist richtig. Es gibt aber auch sehr schlechte Passagen, sehr schwache Passagen und sehr dumme Passagen. Ich lese auch eine vor: „Eine Möglichkeit besteht darin, in Kooperation mit einem Telekommunikationsanbieter bestimmte illegale Seiten“ – jetzt wird es schwachsinnig – „mithilfe eines Filters zu blocken“. Das Konzept funktioniert nicht. Das funktioniert einfach nicht. Solange Sie das nicht verstehen, können wir solche Anträge, die im letzten Jahrtausend spielen, hier nicht zustimmend behandeln. Ich kann meiner Fraktion nicht zumuten, so etwas zu beschließen. Von daher ist der Prosatext an einigen Stellen richtig, an anderen Stellen sind Sachen einfach nur falsch.
Sie reden immer von Risiken. Ich als Sozialdemokrat möchte von Chancen sprechen. Sie haben immer Angst. Das muss genetisch bedingt sein. Ich weiß nicht, woher das kommt. Von daher lehnen wir diesen Antrag ab.
Teile dessen, was in dem Antrag gefordert wird, machen wir schon. In Absatz zwei sagen Sie: „Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,... auf Bundesebene aktiv“ zu werden. Das wird ja gerade gemacht. Das steht im Koalitionsvertrag. Stichwort: Störerhaftung. Wir haben schon darüber gesprochen. Ihr Antrag ist in einigen Teilen einfach schlecht und in einigen Teilen einfach überflüssig. Von daher empfehle ich für meine Fraktion die Ablehnung. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank für die sehr engagierte Debatte zu diesem durchaus wichtigen Thema! Ich finde, es gibt nur einen ganz kleinen Unterschied zwischen Stromnetzen, Gasnetzen und Wassernetzen. Der Kollege Rohmeyer hat vorhin diese Analogie versucht. Bisher ist mir neu, dass Sie aus Gasnetzen, aus Stromnetzen, aus Wassernetzen das, was darin fließt, was darin transportiert wird, kostenfrei bekommen.
Neben dem Thema der Störerhaftung ist einer der durchaus zentralen Punkte in der Debatte, sich mit der Frage zu beschäftigen: Wie schafft man „freies Internet“ und freie Zugänge? Sie müssen sich ebenfalls mit den Kosten, die dahinterstehen, auseinandersetzen. Die Kostenfragen spielen in den bisherigen Diskussionen durchaus eine Rolle. Die Kostenfragen spielen natürlich auch bei dem, was wir als Senat miteinander besprechen, eine Rolle gerade, wenn es um touristische Nutzungsmöglichkeiten geht, aber auch
dabei, was wir in Gesprächen mit der Telekom AG und Kabel Deutschland besprechen und in den Blick nehmen, wenn es darum geht, wie man rund um den Marktplatz – wie an anderen Orten in Bremen – Internet zugänglich machen kann. Insofern darf man die finanziellen Aspekte neben den rechtlichen Aspekten und den technischen Aspekten nicht ganz aus dem Blick verlieren. – Da hinten meldet sich jemand zu einer Zwischenfrage.
Herr Senator, Sie haben eben von kostenlosen Leistungen gesprochen, dass Wasser oder Strom kostenlos sein soll. Wenn Sie die Analogie weiterverfolgen, ginge es hier darum, dass Daten kostenlos sein sollen. Haben Sie in einem der Anträge gelesen, dass irgendwelche Datenleistungen, Inhalte, Rechte kostenlos verfügbar sein sollen?
Wenn Sie auf dem Marktplatz auf ein Netz zugreifen wollen, muss Ihnen eine bestimmte Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden, die im Zweifelsfall Geld kostet.
Insofern kann man mit anderen Partnern zusammen den Zugang für eine oder zwei Stunden nutzen, und wenn es darüber hinausgeht – diese Modelle gibt es ja in vielfältiger Form –, kann man etwa Pakete kaufen und sich dort über einen oder zwei Tage entsprechend einwählen, wenn man sich für einen längeren Zeitraum in einer Stadt aufhält. Das sind im Zweifelsfall ja Angebote, die Sie in vielen anderen Ländern oder auch im Ausland in gleicher Weise vorfinden.
Dass aber gerade große Wirtschaftsunternehmen, -konzerne und -firmen sich genauso wie die Freifunkinitiativen aus dem SPD-Antrag wünschen, diese Infrastruktur selbst kostenlos anzubieten, spricht doch dafür, dass es überhaupt keinen Streit darüber gibt, ob diese Infrastruktur kostenlos angeboten werden kann. Es gibt – Sie verstehe ich jetzt, glaube ich, auch so – im Bund jetzt einfach Bedenken, das zu tun, und es wäre interessant, wie diese Bedenken aussehen. Es gibt doch überhaupt kein Problem und keinen Dissens darüber.
Jetzt unterbrechen wir einmal das Zwiegespräch! Sie haben eine Frage an den Senator, und der Senator beantwortet dann die Frage.
Wir haben in den Gesprächen, die wir bisher geführt haben, basierend natürlich auch auf den Anträgen und Diskussionen – wir haben in diesem Haus ja bereits an mehreren Stellen über das Thema Störerhaftung gesprochen – auch mit Unternehmen gesprochen, die solche Dienstleistungen anbieten, um erst einmal einen Eindruck davon zu bekommen, über welche Pakete und Systeme man spricht und wie man möglicherweise mit einem ersten Schritt beginnen kann, was ja alle wollen und auch erstrebenswert ist, indem man das um den Marktplatz herum, wo sich viele Touristen aufhalten, ausprobiert. Früher oder später kommen wir natürlich jenseits des Basisangebots immer zu der Frage, wenn jemand über eine Stunde am Tag diese Angebote nutzen will, dann ist er entweder Kunde anderer Angebote von uns, also bei der Deutschen Telekom AG oder bei Kabel Deutschland oder bei welchem Anbieter auch immer, hat also bereits ein Paket und kann deswegen auf deren Infrastruktur, wo immer es sie gibt, zugreifen. Wenn es aber jemand ist, der nicht mit denen verbunden ist, dann muss sich derjenige für einen weiteren Zeitraum, den er das Internet nutzen will, noch ein entsprechendes Paket dazukaufen. Diese Fragestellung steht im Raum, jedenfalls in den Gesprächen, die wir bereits geführt haben, und deswegen habe ich sie hier auch als Argument eingeführt, nicht als ein Argument gegen kostenfreies WLAN und einen freien Zugang, sondern als ein Argument, das man durchaus auch in Betracht ziehen muss.
Der Eindruck, dass es, wenn ich auf wie auch immer vorhandene Infrastruktur, so sie denn überhaupt schon flächendeckend vorhanden ist, zurückgreifen kann, dann kostenlos ist, weil man nur über Strom oder Ähnliches redet, ist eine Herangehensweise, die sich nicht unbedingt mit dem deckt, was wir im normalen Marktgeschehen vorfinden. Deswegen der Hinweis und auch der Hinweis darauf, dass wir als Senat auch gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung in Gesprächen sind, weil wir diese Nutzungsmöglichkeiten schaffen wollen und es nicht mit dem Argument der Störerhaftung, das natürlich auf Bundesebene abgestellt werden muss, zur Seite schieben wollen. Wir wollen deutlich machen, dass es für uns von Interesse ist, hier etwas zu erreichen und hier auch den Initiativen, die in diesem Haus ergriffen wurden, gerecht zu werden, und dass es aber eben noch eine ganze Reihe Fragestellungen gibt, die aufgeklärt werden müssen, bevor man dann am Ende auch zu positiven Ergebnissen kommen kann. Insofern nehmen wir Ihre Initiativen gern mit, führen gern weitere Gespräche und versuchen es zu einem Erfolg zu führen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!