Ich gestatte diese Frage sehr gern. Da Sie schon geklingelt haben, Herr Präsident, verlängert das nur meine Möglichkeit, den Sachverhalt darzustellen.
Sie haben dargestellt, dass Sie die gebundene Ganztagsschule favorisieren. Mich interessiert, wie Sie das in Einklang damit bringen, dass die Wahlfreiheit hergestellt wird. Das habe ich nicht verstanden. Das ist aus meiner Sicht ein Widerspruch in sich. Können Sie das erläutern?
Aber sehr gern, Frau Dogan. In dem riesigen Flächenland Bremen sind die Einzugsbereiche von Schulen auch in der Vergangenheit schon immer so gewesen, dass sich Eltern zwischen zwei benachbarten Standorten entscheiden konnten. Natürlich ist es richtig, dass man zum Beispiel einen Standort, wenn er eine gebundene Form hat, komplett als gebundene Form und nicht mit verschiedenen Formen einer Ganztagsschule entwickelt.
In Bremen ist einem Elternteil ein Schulweg zuzumuten, der vielleicht 0,7 Kilometer länger ist als zu einem anderen Standort. Frau Senatorin, wir haben seinerzeit aus gutem Grund bei Ganztagsschulen die Wahlfreiheit eingeführt. Wir wollten eben niemanden zwingen.
Frau Dogan, um Ihre Frage zu beantworten: In einem unübersehbar großen Flächenland wie Bremen mit seinen elendig weiten Schulwegen ist Eltern und Kindern ein Schulweg, der vielleicht 0,7 oder 1,2 Kilometer länger ist, zuzumuten. Das sind eine oder zwei Straßenbahnhaltestellen oder ein Benzin- oder Dieselverbrauch von 0,02 Litern. Dafür hat man dann auch genau die Form von Schule, die man für die nächsten Jahre haben möchte.
Im Ziel, dass wir zum Beispiel in einer Gesellschaft leben – ich glaube, das ist auch schon in den früheren Debattenbeiträgen – –.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wesentlichen Dinge zu dieser Großen Anfrage sind bereits gesagt worden. Entscheidend an der ganzen Debatte ist – es ist positiv, dass wir einen Konsens haben –: Schule muss und wird heute anders und neu gedacht, als noch vor 30 Jahren. Das ist positiv.
Wir haben anerkannt, dass das ganztägige Lernen etwas ist, was Kindern nützt und ihnen nicht schadet. Auch das ist eine neue Erkenntnis. Diese Erkenntnis hatten andere zwar schon früher, aber nicht alle konnten dieser Erkenntnis folgen. Insofern sind das für mich ausgesprochen positive Entwicklungen.
Wir stehen jetzt vor einer riesigen Herausforderung, diesen neuen gesellschaftlichen Konsens, den wir erreicht haben, insgesamt auch umsetzen zu können. Wir stehen vor dem Hintergrund der Ressourcen vor einer großen Herausforderung. Wir – so muss man sagen – bräuchten auf alle Fälle ein Bundesprogramm, um die umfangreichen Bauvorhaben, die wir umzusetzen hätten, wenn wir sofort alles machten, das das finanziert. Das ist für uns ein riesiges Problem. Das heißt, um unser Tempo beschleunigen zu können, müssen wir auch Mittel aus dem Bund erhalten.
Es gibt Forderungen nach einem Bundesganztagsausbaufonds, die von einigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erhoben werden. Ich glaube auch, dass wir dies benötigen. Das würde uns auf alle Fälle helfen, zu einer Beschleunigung zu kommen.
Es ist schon auf das Problem des Bauens hingewiesen worden. Ja, wir müssen einerseits schneller werden und andererseits noch klarer in dem werden, was wir an Bauauftrag erteilen und was wir als Kostenschätzung und Kostenplanvorgabe erhalten. Da haben wir ein riesiges Problem. Das ist gar keine Frage. Wir sind dabei, das zu entwickeln, das im Zusammenhang zwischen IB Bremen und dem Bildungsressort noch besser zu erarbeiten. Das ist schwierig.
Wir haben in diesem Zusammenhang aber am Ende auch noch eine finanzielle Frage zu beantworten, wenn wir uns mit dem Thema offene und gebundene Ganztagsschulen auseinandersetzen. Die pädagogische Diskussion will ich jetzt gar nicht führen, sondern ich sage einfach nur, eine gebundene Ganztagsschule ist im Ausbau wesentlich teurer als eine offene Ganztagsschule, und dieser Realität müssen wir uns auch stellen. Insofern müssen wir uns auch
damit auseinandersetzen, wie wir dann einen weiteren Entwicklungsprozess an dieser Stelle voranschreiten lassen können. Jetzt zum pädagogischen Aspekt der offenen oder gebundenen Ganztagsschule! Alle hier haben jetzt ganz klar erkannt, was die Wissenschaft festgestellt hat. Ehrlich gesagt, so eindeutig hat die Wissenschaft es nicht festgestellt, das muss ich jetzt einmal leider sagen, wobei ich sonst immer gern der Wissenschaft folge. Es ist nicht so, dass man eindeutig behaupten kann, dass die Bildungserfolge von Kindern aus der gebundenen Ganztagsschule höher zu bewerten sind als die Bildungserfolge der Kinder, die nicht in einer gebundenen Ganztagsschule gewesen sind. Damit will ich überhaupt nicht vorbringen, dass ich persönlich die Auffassung vertrete, ein gebundenes Angebot ist das richtige Vorhaben, weil es für die Schule besser und viel einfacher zu organisieren ist. Es ist auch für die Lehrkraft einfacher, Unterricht zu planen, und für die Kinder ist es einfacher, verbindlich miteinander zu bleiben. Das ist alles gar keine Frage, aber die wissenschaftliche Erkenntnis dazu gibt es an der Stelle, ehrlich gesagt, in dem Umfang noch nicht, wie sie hier bereits zitiert wird. Da müssen wir uns im Grunde am Ende auf den Weg machen und uns fragen, ob es wirklich die gebundene Form ist, und wie diese umgesetzt werden muss. Jetzt noch zu dem Punkt Wahlfreiheit! Die gebundene Schulform verbietet eine Wahlfreiheit, dort gibt es eine Anwesenheitspflicht. Die offene oder teilgebundene Ganztagsschule bietet die Wahlmöglichkeit, und an dieser Stelle denke ich auch, dass wir dahin kommen, dass am Ende auch jeder eine gebundene Ganztagsschule erwählen möchte. Aus meiner Sicht ist es auch richtig, ebenfalls offene Angebote vorzuhalten, um die Eltern dafür zu gewinnen, ihre Kinder dann am Ende auch in einer gebundenen Form beschulen zu lassen, aber wir müssen in dem Zusammenhang zwei Dinge berücksichtigen: Können wir die gebundene Form schon in Gänze anbieten, und in welchem Tempo sind wir in der Lage, aus einer offenen auch eine gebundene Ganztagsschule zu machen? Mein Interesse ist, dass wir weiterhin die Ganztagsbetreuung kontinuierlich ausbauen, dass wir das Tempo nicht reduzieren, sondern so schnell weitermachen, wie bisher, damit wir das Betreuungsangebot insgesamt in Bremen und Bremerhaven weiter verstetigen und auch ausbauen. Zu dem Thema Inklusion! Es ist nicht einfach, und ich bin sehr froh, dass wir jetzt mit dem Sozial- und Gesundheitsressort dabei sind, dass auch für Kinder, die sich inklusiv in der Ganztagsschule aufhalten wollen, Angebote vorgehalten werden, die sie so stützen, dass sie dem Angebot auch komplett folgen und davon partizipieren können und sich nicht mit den Schwächen der Ganztagsbetreuung auseinandersetzen müssen.
Ein Beitrag noch zu der Frage, wie wir die Ganztagsbetreuung weiter ausbauen wollen. Wir haben das nach Kriterien sowohl des Sozialindikators als auch nach der Ausstattung im Stadtteil vorgenommen, und so werden wir das jetzt auch weiter verfolgen. Wenn wir das Tempo im Moment danach ausrichten, wo es noch Lücken gibt, wo wir mit dem nächsten Ausbau beginnen und wo der Sozialindikator uns gebietet, rasch zu handeln – –. So werden wir diesen Weg weiter verfolgen, und ich denke, dass wir dann auch relativ zügig dazu kommen können – wir müssen es dann noch einmal gemeinsam prüfen –, einen Ganztagsausbau im Grundschulbereich auch so vorzuhalten, dass unsere Grundschulen im Land Bremen eine hohe Quote an gebundenen oder offenen Ganztagsschulen bieten, die dem entsprechen, was unsere Eltern sich für ihre Kinder wünschen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, ich bin Ihnen zumindest dankbar, dass Sie das Thema der Wahlfreiheit hier eben noch einmal genauso dargestellt haben, wie Sie es getan haben; Sie haben es nämlich offensichtlich falsch verstanden.
(Senatorin P r o f e s s o r D r. Q u a n t e - B r a n d t : Nein, ich habe es nicht falsch ver- standen!)
Es geht nicht darum, dass man innerhalb einer Schule, die zum Beispiel eine gebundene Ganztagsschule ist, eine Wahlfreiheit hat, ob man das Ganztagsangebot wahrnimmt oder nicht. Wenn man sich für eine gebundene Ganztagsschule entscheidet, dann haben sie sich dafür entschieden,
und ab dann besteht auch die Pflicht, sich am Schulunterricht komplett zu beteiligen. Solange wir jedoch keinen gesellschaftlichen Konsens und keine gesellschaftliche Entwicklung darüber haben, brauchen wir die Wahlfreiheit zwischen der Halbtagsschule, den noch vorhandenen offenen Ganztagsschulen und den weiter im Ausbau befindlichen gebundenen Ganztagsschulen, das ist die Wahlfreiheit, von der wir gesprochen haben, und da dürfen wir auch die Elternrechte nicht antasten.
In der gebundenen Ganztagsschule sowie in Teilen der offenen Ganztagsschule, nämlich nur da, wo sie auch eine entsprechende Quote von Schülerinnen und Schülern aufweisen, ist durch die Rhythmisierung ein völlig anderes Lernen – ich greife das vorhin Gesagte noch einmal auf – eben auch unter dem Verzicht eines Großteils von Hausaufgaben möglich. Sie werden aber nicht – und ich bitte Sie auch, dies nicht zu tun – die Mär verbreiten, dass es Ganztagsschulen komplett ohne Hausaufgaben geben kann.
Sie können im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich einen Großteil von Aufgaben natürlich schon in der Schule erledigen, sie können auch bestimmte Aufsätze schreiben, wenn sie aber die Sprachen lernen wollen – –. Sie schütteln mit dem Kopf, Herr Dr. Güldner.
Es wird immer die Sage von der Schule ohne Hausaufgaben verbreitet. Wenn Sie zum Beispiel Sprachen lernen wollen, dann brauchen Sie das Repetieren, auch die Arbeit über das Wochenende oder auch einmal am Nachmittag innerhalb einer Wochenaufgabe genauso, als wenn Sie sich eine Lektüre aneignen müssen.
Ich spreche diejenigen an, die hier vorhin gesagt haben, es gebe eine Form von Schule ohne Hausaufgaben, Frau Vogt, und das gibt es nicht.
Wenn es überflüssig ist, wir Sie falsch verstanden haben sollten, ist es ja gut. Ich möchte nur sicher sein, dass wir hier alle über dieselbe Form von Schule reden, und nicht, dass hier irgendwann eine empörte Debatte aufgrund eines Antrags der LINKEN stattfindet, dass es doch tatsächlich noch Bremer Schulen gibt, die es wagen würden, Hausaufgaben zu erteilen.
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Wenn wir so weit sind, dass wir solche Anträge stel- len können, sind wir im Paradies!)
Wenn wir hier über die regionalen Unterschiede sprechen, möchte ich Sie auf einen Punkt hinweisen, der Sie wahrscheinlich schmerzt, aber die Kollegin Salomon und der Kollege Dr. vom Bruch – –. Wir wissen, von wem wir reden, wir wissen auch gleich, wo
rüber wir sprechen, wenn ich Ihnen sage, dass Sie seit dem Sommer einen Antrag zur Ganztagsschulentwicklung im Land Bremen unbearbeitet lassen. Dieser Antrag, Frau Senatorin, ist von der Bürgerschaft an die Bildungsdeputation überwiesen worden. Zugegebenermaßen sind wir nicht ganz undankbar, dass die für morgen einmal vorgesehene Sitzung der Bildungsdeputation nicht stattfinden wird, es wäre aber schön, wenn dieser Antrag in der Bildungsdeputation so zeitnah beraten werden könnte, dass wir ihn zumindest bis zum Ende dieser Legislaturperiode noch zurück in die Bürgerschaft bekommen und ihn hier beraten können, denn die Ganztagsschulentwicklung und das, was Sie bei der zweiten Rate gemacht haben, war im Land Bremen nur auf die Stadt Bremen bezogen. Zum Land Bremen gehört aber auch die Seestadt Bremerhaven, und das sollte in einer solchen Entwicklung der Ganztagsschule auch entsprechend vorkommen.
Daher bitten wir darum, dass Sie diesem Antrag, die parlamentarischen Rechte wahrend, in dieser Legislaturperiode noch die Chance geben, wieder in der Bremischen Bürgerschaft behandelt zu werden.
Es bleibt dabei, dass wir noch eine Reihe von Aufgaben vor uns haben. Die Antworten auf Ihre Große Anfrage im Wahlkampf zeigen, dass wir noch nicht ganz von Bedarfsdeckung sprechen können, aber auf einem guten Weg sind. Die Umsetzung – da haben wir selbst vorhin, vielleicht haben Sie sich darüber gewundert, bei einem Redner der Koalition zustimmend applaudiert – an den verschiedenen Standorten muss schneller gehen als bisher. Die Hängepartien der Vergangenheit sind nicht förderlich und zum Teil auch frustrierend für die Schulen und Eltern vor Ort. Wir brauchen eine gesicherte und eine geeignete Ausstattung, und wir müssen uns vielleicht auch noch einmal darüber unterhalten, wie die Ganztagsschule eigentlich in den anderen Bundesländern organisiert ist, denn da reden wir über Ganztagsschulen in einem völlig anderen Maßstab als über den der vorhandenen Ausstattung an unseren Schulen. Insbesondere im personellen und pädagogischen Bereich gibt es eklatante Unterschiede.