Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Ich verspreche Ihnen eines, so sehr hart, wie ich

die Auseinandersetzungen in der Bildungsdeputation erlebe – –. Man muss sich einmal bestimmte Beschlüs se der letzten beiden Jahre anschauen, wohin die großen Summen und in welche Stadtteile die kleinen Summen für Investitionen geflossen sind. Ich weiß, was passiert, wenn dort Menschen aus Stadtteilen wirklich gut vernetzt mit dem Fernsehen, der Presse und mit dem Ortsamt auftauchen, und wie schnell plötzlich Beschlüsse auch von der Koalition gekippt werden. Ich verspreche Ihnen eines, Herr Dr. Güldner,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Wovon redet sie denn?)

wenn diese knapper werdenden Mittel hier verteilt werden müssen in der nächsten Legislaturperiode, dann glaube ich an eine aufholende Entwicklung im Kita-Bereich erst dann, wenn in den Stadtteilen wie Gröpelingen, Kattenturm oder Grohn tatsächlich Kitas gebaut werden, und nicht eine Minute früher! Ankündigungen hatten wir hier schon genug!

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Frage der Bildungsgerechtigkeit! Herr Dr.

Güldner, ich gestehe Ihnen eines zu: Was die Ganz tagsbetreuung betrifft, braucht sich die CDU hier

jetzt wirklich nicht rühmen, im Jahr 2002 hatten wir gerade einmal eine einzige Ganztagsschule in der Stadt Bremen, und das wurde auch noch damit begründet, dass man im Prinzip nicht dafür ist, dass Kinder zu wenig Zeit bei der Familie verbringen. Ich bin froh, dass die CDU im Moment eine andere Richtung eingeschlagen hat, aber angeben muss sie damit nicht.

Sie, Herr Dr. Güldner, müssen sich mit Ihren ver

meintlichen bildungspolitischen Erfolgen auch nicht wichtigtun. Es ist nun einmal so, dass man, wenn man eine aufholende Entwicklung haben möchte, in die benachteiligten, ärmeren Stadtteile deutlich mehr investieren muss, da hat der Kollege Möhle eben durchaus einmal recht gehabt; nur müssen diese Beschlüsse auch einmal fallen, und man muss sie auch einmal mit einem geraden Rücken durchsetzen und sagen können: Ja, wir wollen den Kindern eine Chance geben, die sie nicht haben, und in dem Sinne investieren wir dort mehr Ressourcen, mehr Personal und auch mehr neue Methoden. Genau das passiert nämlich nicht.

(Glocke)

Herr Dr. Güldner, gehen Sie bitte einmal in die Schulen in den armen Stadtteilen, die sind genau in der gleichen Situation wie vor sieben, acht und wie vor zwölf Jahren, für sie hat sich nichts geändert.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben ganze Schulen neu ge baut, was erzählen Sie denn da?)

Ehrlich gesagt, Sie müssen Ihren warmen Wor

ten, die Sie hier immer verkünden, auch einmal die nackten Realitäten entgegensetzen. In Gröpelingen ist die Anzahl der Grundschülerinnen und Grund schüler, die eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen haben, in den letzten Jahren geringer und nicht größer geworden. Es sind nur noch zehn Prozent, die die Gymnasialempfehlung bekommen, das waren vor ein paar Jahren noch mehr Schüle rinnen und Schüler. Das heißt, genau dort, wo wir die Weichen stellen müssen, passiert nichts außer warmen Worten, viel Gerede und Schönrednerei, und ich habe es satt bis oben hin! Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen! – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine Da

men und Herren! Ehrlich gesagt, der Sozialzynismus, Herr Röwekamp, erschreckt mich schon gewaltig!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sich hinzustellen und zu sagen: „Sie tun ja nur, dass es den Armen in der Armut besser geht“, und das als Kritik zu begreifen, ehrlich gesagt, zynischer kann man, finde ich, mit den Sozialproblemen in dem Bereich nicht umgehen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es gibt Menschen, die sind eben nicht in der Lage

zu arbeiten: Es gibt psychisch Kranke, es gibt Drogen kranke, es gibt viele Menschen, die nicht in der Lage sind, durch Erwerbsarbeit Reichtum oder zumindest ihr Auskommen zu erlangen, und diesen Menschen helfen zu wollen, wenn das nicht sozialpolitische Notwendigkeit ist, dann weiß ich es auch nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann gibt es Menschen, die nicht in der Lage sind

zu arbeiten, aber man kann ihnen helfen, wieder dorthin zu gelangen, auch das ist sozialpolitische, arbeitsmarktpolitische Tätigkeit, die wir in Bremen auch machen. Es geht überhaupt nicht darum, sich daran zu erfreuen, dass Menschen arm sind und arm bleiben sollen, und dann bekommen sie noch ein Mittagessen dazu oder Ähnliches. So ist die So zialpolitik, jedenfalls unserer Regierungskoalition, überhaupt nicht ausgerichtet, und deswegen weiß ich gar nicht, wieso Sie auf die Idee kommen, hier solch einen Unsinn zu erzählen!

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich habe an keiner

Stelle gesagt, dass der Bremen-Pass nun so etwas wie die Rettung der Gesellschaft sei,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Kein Mensch hat das gesagt! Nie mand!)

aber wenn Sie sich in den Diskussionen in den Ar mutsausschüssen irgendwie auch einmal ein biss chen öffnen und zuhören würden, dann würden Sie mitbekommen, dass das eine Empfehlung aus genau diesen Ausschüssen war, weil es erstens schwierig war für diejenigen, die die Hilfen erhalten, die diskri minierenden Kärtchen zu nutzen, und dass zweitens mit einer Trennung von Soziales und Kultur verbun den war. Das wird jetzt zusammengeführt, und ich habe gesagt, das wäre eine gute Sache sei. Dass das grundlegend irgendetwas Weltbewegendes ändert, das sage ich gar nicht, aber ich glaube nach wie vor, viele kleine Schritte helfen eben auch.

Ein zweiter Punkt erschreckt mich immer wieder,

nämlich wenn man so tut, als könnte man Armut fernab von Reichtum diskutieren.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Tolle Idee!)

Was für eine absurde Vorstellung! Ich möchte ja nicht sagen, dass das kommunizierende Röhren sind, aber die einen sind deswegen reich, weil die anderen vielleicht auch arm sind!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Darüber nachzudenken hat nichts mit Marxismus oder so etwas zu tun, sondern es ist doch irgendwie absurd zu glauben, dass es – –.

Ich nenne einmal ein Beispiel: Wenn es einer Firma

gut geht, wenn eine Firma Gewinn macht, und dann zieht sie in ein anderes Land, weil der Lohnanteil dort niedriger ist, dann fehlen uns doch natürlich hier vor Ort die Arbeitsplätze! Es geht nicht um Gewinn, es geht um Gewinnmaximierung, und das um jeden Preis, und das hat sozialpolitische Folgen, mehr sage ich an dieser Stelle nicht! Da liegt auch eine Verant wortung der Wirtschaft, denn wenn diese Gesellschaft auseinanderbricht, ist dies mit Sicherheit auch nicht gut und tragfähig für die Wirtschaft. Sozialer Frieden ist in diesem Land auch für die Wirtschaft ein hohes Gut, und daran möchte ich gelegentlich erinnern, damit das in der Wirtschaft auch ankommt.

Dazu, dass man mehr im Sozialbereich machen

kann: Meine Erfahrung als Sprecher für die Sozial politik ist, dass man immer mehr machen kann. Man könnte endlos viel machen, aber die Frage ist doch, wie wir mit unseren begrenzten Mitteln das Richtige erreichen. Ich halte es nach wie vor für richtig, den Schwerpunkt dabei auf Bildung zu setzen, und wenn man sich das dann anschaut – Dr. Güldner hat es ja gesagt –, darf man nicht so tun, als sei dort nichts geschehen. Man muss nicht alles schlechtreden, auch nicht als Opposition!

Ich erinnere mich noch an die Vorwürfe der CDU,

wir hätten damals bei jeder Kritik den Standort ka puttgeredet, das kann ich Ihnen jetzt fast wörtlich so zurückgeben! Differenzieren Sie ein bisschen mehr, gehen Sie auch einmal öfter zu den Ausschusssitzun gen und hören Sie sich einmal an, was dort gefordert und verlangt wird! Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dann würden Sie sich nicht trauen, hier so zu reden!

Ich habe es verstanden, der Wahlkampf ist eröff

net, das ist auch klar, dann wird es in der einen oder anderen Argumentation auch etwas robuster, aber man sollte mit diesem Sozialzynismus, aus meiner Sicht jedenfalls, komplett aufhören! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort

Herr Kollege Röwekamp.

Sehr geehrte Frau Prä

sidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!