Protokoll der Sitzung vom 18.02.2015

Wenn ich mir das alles anschaue, kann ich im Grunde genommen die Bilanz, die Sie vorlegen, auf einen Punkt bringen, den ich auch visualisieren kann. Ich habe Ihnen ein paar Seifenblasen mitgebracht.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU] stellt einen kleinen Zylinder mit Seifenwasser auf das Rednerpult.)

Das ist das, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, nicht viel mehr. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Was ist denn mit Tempo 30, Herr Strohmann? Sagen Sie doch einmal etwas dazu!)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dieser angeregten Debatte bedarf es doch der einen oder anderen Richtigstellung. Richtig ist, dass Bremen – nach BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz – das vierte Bundesland ist, das ein Landesklimaschutzgesetz auf den Weg bringt. Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben angekündigt, in Kürze zu folgen.

Nicht richtig ist, dass dieses Gesetz redundant sei, Herr Strohmann. Denn auf Bundesebene haben wir kein Klimaschutzgesetz. Die SPD hatte versucht, es als Vorhaben in die Große Koalition einzubringen; das ist aber von Ihrer Partei verhindert worden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben auch auf europäischer Ebene kein Klimaschutzgesetz. Auf verschiedenen Ebenen sind Ziele vereinbart, aber bisher nicht gesetzlich kodifiziert worden. Das wollen wir hier durchsetzen. Wir wollen das Thema dauerhaft auf der Agenda behalten. Es soll nicht von der jeweiligen Tagesmode abhängen, wann es auftaucht und wann es wieder von der Agenda verschwindet.

Wenn man heute den Wirtschaftsteil einer Bremer Tageszeitung liest, könnte man meinen, der Präses

der Handelskammer sei der Auffassung, Klimaschutz sei kein großes Thema. Ich sage dazu ganz deutlich, ich bin hier anderer Auffassung. Der Klimaschutz ist das große Thema,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

denn der Klimawandel schreitet unaufhaltbar voran, und wir sind hier in Bremen besonders verwundbar. Ich habe das an dieser Stelle schon verschiedentlich gesagt: 85 Prozent der Landesfläche werden von Deichen geschützt, 90 Prozent der Menschen leben hinter diesen Deichen. Im Moment erhöhen wir diese Deiche mit einem dreistelligen Millionenprogramm. Das wird an der einen oder anderen Stelle auch Eingriffe in das Stadtbild erfordern, indem man liebgewonnen Dinge verändern muss. Das tun wir, weil es notwendig ist. Wir schützen auch in der Zukunft vor Starkregen. Aufgrund dieser Verwundbarkeit und weil wir Empfängerland schon zahlreicher Flüchtlinge sind und weiter sein werden – –. Denn andere Regionen der Erde sind noch sehr viel stärker verwundbar, von dort werden weiter Menschen auch vor den Folgen des Klimawandels flüchten, die jetzt noch vor Krieg und Verfolgung flüchten, die werden wir hier unterbringen müssen.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Tun sie schon!)

Zum Teil tun sie es schon. Darauf müssen wir uns ein-richten. Deswegen ist es richtig vorzubeugen, Treibhausgase zu vermindern

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das stimmt!)

und Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen. Es ist vor allen Dingen so, dass die Kosten der Vermeidung mit Abstand die niedrigsten sind im Vergleich zu den Anpassungsmaßnahmen den Schäden, wenn sie eingetreten sind. Dem soll dieses Gesetz dienen. Das Land nutzt seine Handlungsmöglichkeiten für einen wirkungsvollen und nachhaltigen Klima- und Ressourcenschutz. Wir wollen damit unseren Beitrag leisten zu den nationalen und internationalen Klimaschutzzielen. Das Ganze dient auch der Unabhängigkeit von Energieimporten. Dort, wo wir auf erneuerbare Energien setzen, wird auch der Anstieg der Energiepreise gebremst. Wir sehen schon jetzt, wie niedrig die Strompreise in Leipzig an der Strombörse sind aufgrund des hohen Anteils der erneuerbaren Energien, den wir heute haben.

Ich möchte noch auf einiges, was hier in der Debatte genannt worden ist, eingehen. Es ist richtig, dass wir die Ziele jetzt verbindlich festschreiben und wir das Bremische Energiegesetz von 1991 aufnehmen. Einigen ist das nicht bekannt, deswegen muss ich das hier noch einmal sagen, Herr Strohmann. Das Verbot der Elektroheizungen gibt es seit dem Jahr 1991,

das ist 24 Jahre alt und wird mit diesem Gesetz nicht neu verboten, sondern neu an diesem Gesetz ist – wenn Sie es lesen mögen, Paragraf 15 Absatz 2 –, dass es Befreiungen vom Verbot von Elektroheizungen gibt, weil wir auf den technischen Fortschritt Rücksicht nehmen. Es sind dort Bedingungen beschrieben, unter denen Sie eine Stromheizung anschließen dürfen. Das ist das Neue, und das zeigt, dass wir dem technischen Fortschritt sachgerecht Rechnung tragen und nicht, wie Sie meinen, genau das Gegenteil tun.

Sie haben gesagt, wir sollten handeln. Das tut der Bremer Senat, und er tut es sehr konsequent. Im Bereich der Gebäude haben wir schon jetzt eine Treibhausgasreduzierung von über 35 Prozent erreicht, dort haben wir das 40-Prozent-Ziel unmittelbar vor Augen. Langsamer geht es im Bereich des Verkehrs und der Wirtschaft voran, das sind Dinge für die wir die Bundesregierung brauchen.

(Zuruf des Abg. H i n n e r s [CDU])

Da schläft die Bundesregierung und tut nichts! Die CDU hat sich geweigert, ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden und Barbara Hendricks dringt nicht durch mit ihren ständigen Mahnungen, dass wir schneller aus der Kohlekraft aussteigen müssen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wer ist das?)

Die Bundesumweltministerin!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist die Situation im Bund, und deswegen ist es notwendig, dass die Länder hier vorangehen, wo der Bund versagt.

Herr Rupp, was die Frage der Stahlindustrie angeht, bilanzieren wir schon heute mit und ohne. Wir veröffentlichen jährlich beide Bilanzen, ich stelle Ihnen das gern zur Verfügung. Wir haben das gerade vor vier Wochen auf unserer jährlichen Klimaschutzkonferenz auch wieder vorgestellt und diskutiert. Das Ziel ist ohne die Stahlindustrie formuliert, und wenn Sie sich zum Vergleich die Kurven anschauen würden, die die Stahlindustrie miteinbeziehen, würden Sie sehen, warum. Wir sehen in dem Verlauf auf der Zeitachse nämlich praktisch fast nur die Weltkonjunktur der Stahlwirtschaft, wenn wir das Stahlwerk dort mit hineinrechnen, und deswegen ist es aus der Zielformulierung herausgerechnet worden. Abgesehen davon, haben wir hier in Bremen auch keine Handlungsmöglichkeiten, auf die Stahlindustrie einzuwirken. Das wird andernorts geregelt über die besten verfügbaren Techniken auf der europäischen Ebene. Dort ist das Stahlwerk von ArcelorMittal vorne mit dabei. Wenn ich nun im Umkehrschluss die Überlegung anstelle, dass dieses Stahlwerk seinen Betrieb einstellen würde – was wir alle nicht wünschen –, so

können wir das unmöglich wollen, auch wenn wir dann sagen könnten, nun können wir die Hände in den Schoß legen, weil wir das 40-Prozent-Ziel im Klimaschutz erreicht haben.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Habe ich auch nicht verlangt!)

Wir werden zur jährlichen Berichterstattung verpflichtet, dort wird etwas gesetzlich verbindlich gemacht, was wir heute auf freiwilliger Grundlage schon tun, und es wird auch die Verpflichtung geben, zumindest über Möglichkeiten der Nachsteuerung nachzudenken, wenn man die Ziele verfehlt.

Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand ist angesprochen worden, insbesondere auch in der Stadtplanung und den städtebaulichen Konzepten. Es ist weiterhin so, dass wir uns die Anpassung an den Klimawandel konsequent vornehmen werden.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ja, Herr Rupp!

Bitte, Herr Rupp!

Ich habe versucht, herauszubekommen, warum die Stahlwerke noch keine zweite Gichtgasentspannungsturbine haben, das wäre ein interessanter Beitrag zur CO2-Reduzierung. Haben Sie eine Idee, warum das so ist?

Darauf möchte ich jetzt nicht eingehen, wir sprechen über das Klimaschutzgesetz.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Klimaschutz und die Klimaanpassung sind zwei unangenehme Themen. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum sich einzelne in diesem Raum ein bisschen dagegen sträuben. Wir dürfen aber den Kopf nicht in den Sand stecken, weil wir sonst mit den Füßen im Nassen stehen, hier in Bremen ganz besonders. Wir müssen das Thema deswegen auf der Agenda behalten.

Wie man darin eine Gefährdung der Wirtschaft hier in Bremen sehen kann, ist mir völlig rätselhaft. Bremens Wirtschaft profitiert in vielfältiger Weise von dem Klimaschutz, egal ob es das Handwerk ist, das mit den ganzen Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich, im Industriebereich große Umsätze verdient, oder die Unternehmen, die im Sektor der erneuerbaren Energien unterwegs sind, und da sind wir führend mit der Offshore-Industrie in Bremerhaven. All diese Unternehmen profitieren und alle Unternehmer haben

auch die Möglichkeit, von den Förderfonds zu profitieren, die wir hier ausloben. Letztendlich werden alle Unternehmen hier in Bremen von dem Schutz profitieren, den wir dem Wirtschaftsstandort Bremen bieten, indem wir diese Dinge vornehmen. Es dient dem langfristigen Erhalt des Wirtschaftsstandortes.

Es ist ein großes Thema. Ich habe hohe Erwartungen, gerade auch in die Bremer Wirtschaft, einen stärkeren Beitrag zu leisten, denn bisher ist die Bremer Wirtschaft der einzige Sektor, der heute mehr Treibhausgase emittiert als im Jahr 1990. Das ist dem Wirtschaftswachstum geschuldet. Hier müssen die Anstrengungen aber verstärkt werden, und auch das werden wir tun. Insofern bitte ich, diesem Gesetz heute zuzustimmen. Wir werden die Dinge dann entsprechend weiter voran bewegen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/1747 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und BIW)