Protokoll der Sitzung vom 18.11.2011

Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/

Die Grünen

vom 3. November 2011

11. Geldwäsche

Kleine Anfrage der Fraktion der CDU

vom 9. November 2011

12. Abarbeitung von Geldstrafen

Kleine Anfrage der Fraktion der CDU

vom 9. November 2011

13. Stiftungen im Lande Bremen

Kleine Anfrage der Fraktion der CDU

vom 15. November 2011

Für die Aussprache über den Antrag der Fraktion der CDU und des Abgeordneten Timke zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Umstände der Infektionswelle und Todesfälle von frühgeborenen Kindern in der neonatologischen Intensivstation im Klinikum Bremen-Mitte, KBM, sowie der damit in Zusammenhang stehenden mutmaßlichen Missachtung von Vorschriften der Krankenhaushygiene, der Nichtbeachtung von Meldevorschriften sowie struktureller, personeller und organisatorischer Mängel hinsichtlich der Einhaltung von Hygienevorschriften und Notwendigkeiten und Möglichkeiten von Verbesserungen in diesem Bereich ist interfraktionell für den jeweils ersten Redner je Fraktion eine verlängerte Redezeit von bis zu 30 Minuten vereinbart, danach bis zu zweimal bis zu fünf Minuten.

In dieser Aussprache erhält als erster Redner der Vertreter der Fraktion der CDU das Wort, danach der Vertreter der Fraktion der SPD, dann der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und schließlich der Vertreter der Fraktion DIE LINKE.

Wird das Wort zu den interfraktionellen Absprachen gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Wer mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe?

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist damit einverstanden.

(Einstimmig)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Umstände der Infektionswelle und Todesfälle von frühgeborenen Kindern in der neonatologischen Intensivstation im Klinikum Bremen-Mitte, KBM, sowie der damit in Zusammenhang stehenden mutmaßlichen Missachtung von Vorschriften der Krankenhaushygiene, der Nichtbeachtung von Meldevorschriften sowie struktureller, personeller und organisatorischer Mängel hinsichtlich der Einhaltung von Hygienevorschriften und Notwendigkeiten und Möglichkeiten von Verbesserungen in diesem Bereich (Parlamentari- scher Untersuchungsausschuss Krankenhauskeime)

Antrag der Fraktion der CDU, des Abgeordneten Timke (BIW), der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und DIE LINKE vom 15. November 2011 (Neufassung der Drucksache 18/122 vom 10. November 2011) (Drucksache 18/132)

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 18. November 2011

(Drucksache 18/133)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anlass für unsere heutigen Beratungen ist ein Antrag der Abgeordneten der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Timke auf Einberufung einer Sondersitzung der Bremischen Bürgerschaft. Verbunden mit diesem Antrag beantragen die Kolleginnen und Kollegen der Bürgerschaftsfraktion der CDU gemeinsam mit dem Abgeordneten Timke die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Ich möchte mich zu Beginn ganz herzlich bei allen bedanken, die in den letzten Tagen und in der letzten Woche daran mitgewirkt haben, dass wir es heute schaffen, einen sehr breit getragenen parlamentarischen Konsens zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zu finden. Ich finde, die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft haben sich trotz dieses sehr komplexen, schwierigen und mit öffentlichem Druck versehenen Sachverhalts sehr umsichtig, nachdenklich und konsensual verhalten. Dafür möchte ich mich im Namen der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion ganz herzlich bedanken!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, erneut lesen wir in den letzten Tagen wieder Berichte über Kinder, die unter staatlicher Obhut oder unter staatlicher Aufsicht ihr Leben verloren haben. Wir alle, wie immer und wie schon länger, stellen uns wieder die Frage: Wie konnte das eigentlich passieren können?

Wieder stellt sich nicht nur die Frage nach persönlichem Fehlverhalten Einzelner, sondern wieder wird auch öffentlich die Frage gestellt: Gibt es in diesem System öffentlicher Daseinsvorsorge wirklich so schwerwiegende Mängel, dass solche Ereignisse passieren können?

Wir alle wissen, was Mütter und Väter vor der Geburt ihrer Kinder für unterschiedliche Gefühle durchleben. Dort ist natürlich Freude und Glück, aber auch viel Sorge und Befangenheit vor dem, was kommt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass man sich als werdende Eltern selbstverständlich auch sehr viele Gedanken darüber macht, ob das Kind gesund zur Welt kommt, ob mit der Geburt wirklich alles klappt, und natürlich stellt man sich auch die Frage, was eigentlich danach passiert. Wenn man das durchlebt hat, ist man hinterher immer froh, wenn am Ende alles gut gegangen ist.

Wir alle wissen auch, dass insbesondere bei Geburten früh vor dem ursprünglich errechneten Geburtstermin die Risiken besonders groß sind. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich ein halbtägiges Praktikum in der Prof.-Hess-Kinderklinik gemacht habe und auch auf der neonatologischen Station gewesen bin, wie respektvoll ich denen begegnet bin, die Verantwortung für diese Frühchen übernehmen. Es ist, glaube ich, eine große medizinische, aber für die Betroffenen auch eine große psychische Belastung, diesen Kindern, die teilweise mit einem Geburtsgewicht von nur 500 Gramm ins Leben starten, die medizinische Hilfe, die Fürsorge und den Beistand zu geben, den sie wirklich brauchen.

Ich möchte mich an dieser Stelle deswegen trotz der öffentlichen Diskussion über mögliche Versäumnisse und Fehler bei all denen in den Kliniken bedanken, die diese nicht leichte, verantwortungsvolle und auch belastende Aufgabe übernehmen. Sie retten damit Leben und geben Kindern eine Chance, die unter sehr schwierigen Verhältnissen das Licht der Welt erblicken.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

In dieser besonders schwierigen Situation erleben die Eltern, von denen ich eben gesprochen habe, natürlich auch ganz besondere Belastungen. Diese Eltern und Angehörigen müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder, die aufgrund von Komplikationen im Schwangerschaftsverlauf besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind, in bestmöglicher Betreuung auch in unseren städtischen Kliniken

sind. Daraus leitet sich natürlich für diejenigen, die in den Kliniken Verantwortung tragen – für die Ärztinnen und Ärzte, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Leitungen der Krankenhäuser, für die Aufsichtsorgane der Kliniken, für die Gesundheitsbehörden und letztendlich natürlich auch für die politischen Entscheidungsträger –, eine ganz besondere Verantwortung ab, nämlich die Verantwortung, sehr genau darauf zu achten, dass es Rahmenbedingungen gibt, dass sie geschaffen werden, dass sie kontrolliert und beaufsichtigt werden, die sicherstellen, dass jedwede weitere Gefahr für diese ohnehin in ihrem Leben bedrohten Kinder und auch für ihre Eltern verhindert wird und dass etwaige Mängel unverzüglich und vollständig abgestellt werden.

In diesem Zusammenhang, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die in den letzten Tagen bekannt gewordenen schweren Versäumnisse bei der Beachtung von Hygienevorschriften, bei der Beachtung von Vorschriften zum Infektionsschutz und zu den Meldepflichten für die CDU-Bürgerschaftsfraktion völlig unverständlich. Sie sind auch nicht durch das Fehlverhalten Einzelner zu erklären, sondern nach unserer Auffassung ist schon jetzt offenkundig, dass wieder ein System der Aufsicht und Kontrolle offensichtlich versagt hat. Obwohl nach den letzten Informationen dieser Keim bereits im April dieses Jahres erstmalig aufgetreten ist, es in der Folgezeit 23 Infektionen, mehrere teilweise schwere Erkrankungen und am Ende drei Todesfälle gegeben hat, ist das für die Ermittlung und Bekämpfung dieses Keimes zuständige Robert Koch-Institut erst Anfang November – und damit mehr als sechs Monate nach den ersten Keimen – eingeschaltet worden.

Viel schlimmer wiegt, dass niemand in dieser Zeitspanne diese Versäumnisse bemerkt hat. Es hätte auffallen müssen, dass eine besorgniserregende Häufung von Erkrankungen an ein und demselben Keim die Einschaltung weiterer Schritte zwingend erforderlich macht. Niemand hat dieses Fehlverhalten bemerkt, obwohl viele damit befasst gewesen sind. Es ist ja ein Irrglaube anzunehmen, dass nur der Chefarzt von diesen Umständen Kenntnis gehabt haben kann. Selbst ein Besuch von Vertreterinnen und Vertretern des Gesundheitsamts noch Mitte Oktober hat bei niemandem die Alarmglocken schrillen lassen.

Für uns als CDU-Faktion ist daher offensichtlich, dass in erheblicher und folgenschwerer Weise gegen Gesetze und Verordnungen verstoßen worden ist. Wir wollen mit unserem Antrag Aufklärung über die Ursachen und Verantwortlichkeiten, und wir wollen vor allem sicherstellen, dass sich so etwas in den Klinken im Land Bremen nie wiederholt.

Der Ausschuss wird auch der Frage nachzugehen haben, ob die Erkrankungen und auch die Todesfälle bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen hätten vermieden werden können.

Diese Aufklärung sind wir auch den Angehörigen und Eltern der betroffenen Kinder schuldig.

Im Rahmen des Untersuchungsausschusses ist auch das Verhalten der politischen Entscheidungsträger zu klären. Schon jetzt, sehr geehrte Frau Senatorin Jürgens-Pieper, kann ich sagen, dass wir als CDUFraktion für Ihr Krisenmanagement überhaupt kein Verständnis haben. Es war falsch, nach dem Bekanntwerden der Umstände der Keiminfektionen nicht zuallererst die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Das wäre der erste notwendige Schritt gewesen. Es erschüttert mein Vertrauen in den Rechtsstaat, wenn Ermittlungsbehörden mögliche Tötungsdelikte von öffentlichen Rundfunksendern erfahren müssen. Das ist ein unzumutbarer Zustand, Frau Senatorin Jürgens-Pieper!

(Beifall bei der CDU)

Es wäre aus unserer Sicht Ihre Pflicht gewesen, unverzüglich die Staatsanwaltschaft noch vor der Öffentlichkeit von diesem Sachverhalt zu benachrichtigen.

Völlig inakzeptabel ist im Übrigen aus Sicht der CDU-Fraktion das sich daran anschließende Verhalten von Herrn Staatsrat Dr. Schuster, der die dringend notwendige Einleitung von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Anlass nimmt, sich ausgerechnet über diejenigen zu beschweren, die sich dieser Ermittlung angenommen haben. Er geht sogar so weit, dass er sich bei seinem politischen Beamtenkollegen, dem Vorgesetzten des ermittelnden Staatsanwalts, über ein angebliches Fehlverhalten des Staatsanwalts beschwert. Die Unabhängigkeit der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen darf nicht durch solche politischen Einflussnahmen gefährdet werden. Das ist nicht akzeptabel!

(Beifall bei der CDU)

Deswegen wären Sie, Frau Senatorin Jürgens-Pieper, besser beraten gewesen, sich für die unterlassene Meldung des Sachverhalts an die Staatsanwaltschaft um Aufklärung zu bemühen, als den Staatsrat sich über das Verhalten der Staatsanwaltschaft beschweren zu lassen.