Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Zu einer Kurzintervention hat das Wort der Abgeordnete Tuncel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbstverständlich habe ich den Antrag genau gelesen. Wir haben gesagt, dass wir den Antrag mittragen, wenn der Punkt, der sich auf die Türkei bezieht, gestrichen wird.

Wenn man sich die Ereignisse in Ankara und in Suruc anschaut, wenn man zur Kenntnis nimmt, was in Diyarbakir passiert ist, dann stimmt das, was ich gesagt habe, hundertprozentig.

Natürlich werde ich Ihre Frage beantworten, aber ich habe es auch schon in meiner Rede gesagt, Uiguren werden in der Türkei aufgenommen. Ich habe auch gesagt, dass ich es begrüße, dass sie aufgenommen werden.

Wenn man aber einen Antrag stellt, in dem es um die Verletzung von Menschenrechten geht, um Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren, dann sollte man nicht die Türkei ins Spiel bringen und versuchen, die Türkei in eine Position zu manövrieren, als ob es so aussieht, dass sich die Türkei für die Menschenrechte einsetzen würde, denn das ist falsch.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Das tun wir doch gar nicht!)

Das Wort hat Frau Staatsrätin Hiller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage zu diesem Zeitpunkt, dass es mich sehr freut, dass die Bremische Bürgerschaft wieder am internationalen Tag der Menschrechte ein Zeichen setzt und sich für Menschenrechte weltweit einsetzt. Diese Tradition übt die Bürgerschaft schon seit mehreren Jahren aus.

Es gibt immer unterschiedliche Gruppen, die besonders in den Fokus genommen werden. Ich gehe davon aus, dass es natürlich um Menschenrechte weltweit geht, für die wir uns als Senat, aber auch als Landtag einsetzen.

(Beifall SPD)

Der Anlass wurde schon erwähnt, nämlich die von der UN vor circa 70 Jahren proklamierte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Leider hat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in der ganzen Zeit zu keiner Verbesserung der weltweiten Situation geführt. Die Zivilgesellschaft und die Poli

tik dürfen deshalb nicht nachlassen, wenn es darum geht, Missstände anzuprangern und zu bekämpfen, ganz egal, wer sie verursacht und wo sie stattfinden.

China, in diesem Antrag benannt, ist in dieser Hinsicht ein schwieriger Partner. Häufig hört und liest man von willkürlichen Verhaftungen, von Folter, von Zensur und anderen Drangsalierungen. Gerade die in China lebenden Minderheiten sind oft pauschal Repressalien ausgesetzt. Das Schicksal der Tibeter wird oft an erster Stelle genannt. Ihre Situation und ihr Anliegen genießen international eine hohe Bekanntheit. Andere dort lebende Minderheiten, die ein ähnliches Schicksal haben, haben es meistens schwerer, mit ihrer Situation Gehör zu finden, und so ist es auch weltweit.

Viele Menschenrechtsverletzungen finden kaum Gehör und werden selten öffentlich wahrgenommen. Die systematische Verfolgung von Gewerkschaftern in Lateinamerika ist beispielhat zu nennen, aber auch ihre Verfolgung in anderen Ländern. An dieser Stelle möchte ich Amnesty International einen Dank aussprechen, denn ich glaube – es ist auch heute auf der Facebook-Seite zu sehen –, dass Amnesty International sehr genau immer wieder darstellt, an welchen Orten weltweit Menschenrechtsverletzungen stattfinden.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben über die Situation der Uiguren schon viel gesagt. Mit der Unterdrückung der Meinungs- und Religionsfreiheit, von Kultur und Sprache wird vermeintlicher Terrorismus nicht bekämpft, sondern geradezu gefördert. Kann ein Staat Loyalität von seinen Bewohnern erwarten, wenn diese mit Massenverhaftungen und Härte konfrontiert werden? Das repressive Vorgehen des Staates und seiner Verwaltung ist nicht nur aus menschenrechtlicher Sicht verwerflich. Wir erleben tagtäglich, wie sich die Gewaltspirale im Nahen und Mittleren Osten immer weiter dreht. Unterdrückung und Repression sind ein hervorragender Nährboden, wenn es darum geht, sich Perspektivlosigkeit, Aggression und Gewaltbereitschaft heranzuzüchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Worte zu unserer Rolle und zu unserer Verantwortung sagen. Wir sind uns in diesem Hause alle einig, wenn wir Menschrechtsverletzungen verurteilen, egal, an welchem Ort sie auf der Welt stattfinden.

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP)

Wir haben als Senat im Beteiligungsprozess zur Erarbeitung der entwicklungspolitischen Leitlinien zur Kenntnis genommen, wie wichtig das Thema Menschenrechte für vielen Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven ist. Wir haben ihnen daher ein eigenes Kapitel gewidmet. Viele zivilgesellschaftliche Gruppen, zum Beispiel Amnesty International, engagieren sich in Bremen und Bremerhaven auch

in diesem Bereich, aber auch zahlreiche Gruppen, die im Exil leben, weil sie in ihrer Heimat verfolgt werden.

Es stellt sich die Frage: Welche Konsequenzen ziehen wir in unserem täglichen Handeln daraus? Ich will dabei auch gar nicht um unsere ambivalente Situation herumreden. China ist – als Beispiel – für Deutschland und gerade auch für Bremen und Bremerhaven ein wichtiger Handelspartner. Bremen pflegt seit einigen Jahren eine Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Dalian und unterhält ein Kontaktbüro in Schanghai.

Was können wir tun? China lässt sich wegen seiner wirtschaftlichen Macht und seines wachsenden Einflusses in der Welt nur schwer durch einzelne Maßnahmen von außen beeindrucken, uns bleibt folglich das Mittel des Dialogs. Wir müssen immer wieder klarstellen, dass die Menschenrechte keine Verhandlungsmasse sind, sondern universelle Gültigkeit haben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

In Bremen könnten wir beispielsweise auch gemeinsam darüber nachdenken, ob und wie wir uns im Rahmen unserer Partnerschaft mit Dalian dem Thema Menschenrechte nähern können. Nicht zuletzt können wir auch glaubwürdig sein, wenn wir die Einhaltung der Menschenrechte ebenfalls universell und allen Ländern gegenüber einfordern. So lange beispielsweise in den Vereinigten Staaten die Todesstrafe noch vollstreckt wird – auch das Thema Todesstrafe hat der Landtag schon häufiger debattiert – und Gefangene in Lagern festgehalten werden, wie zum Beispiel in der Westsahara, kann die westliche Welt nur schwer ein Vorbild für andere sein. Wir haben also viele Möglichkeiten, uns zu engagieren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich muss gelten, dass Menschen, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung, ihrer Religion oder ihrer Herkunft verfolgt werden, ein Recht auf Asyl genießen.

(Beifall SPD)

Selbstverständlich werden wir – hoffentlich alle – unsere Möglichkeiten nutzen, um dieses Thema, aber nicht nur dieses Thema und nicht nur für eine Minderheit, grundsätzlich im Bund und bei der EU zu verfolgen. Wir dürfen nicht darin nachlassen, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen. Die zahlreichen Organisationen und die Zivilgesellschaft in Bremen und Bremerhaven, bitte ich, sich mit den Themen zu beschäftigen, die sich vielleicht nicht immer gerade im medialen Fokus befinden.

Die hier im Hause Anwesenden haben außerdem die Möglichkeit, über ihre Parteigremien auf der Bun

desebene diesbezüglich Druck zu machen. Das hat in der Vergangenheit ja des Öfteren zum Erfolg geführt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden. Ich lasse zuerst über die Ziffer 1 des Antrags abstimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/199 – Neufassung der Drucksache 19/190 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, ALFA)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE, Abg. Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Ziffer 1 des Antrags zu.

Jetzt lasse ich über die restlichen Ziffern, nämlich die Ziffern 2 bis 5 des Antrags abstimmen.

Wer den Ziffern 2 bis 5 des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/199, Neufassung der Drucksache 19/190, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltung?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Ziffern 2 bis 5 des Antrags einstimmig zu.

Kunststoffe im Meer vermeiden Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 10. November 2015 (Drucksache 19/138) Dazu Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 8. Dezember 2015 (Drucksache 19/216)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Lohse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zielt darauf, die Umsonstabgabe von Plastiktüten auf Bundesebene zu verbieten.

Ich habe Ihnen hier ein schönes buntes Anschauungsobjekt mitgebracht und die Werbung, schön bunt, brav nach hinten geklappt. Meine Frage an Sie ist: Was glauben Sie, wie viel Erdöl wird bei der Herstellung einer Plastiktüte verbraucht, man kann sagen, eine Plastiktüte wiegt im Durchschnitt 20 Gramm? Ich gebe Ihnen die Antwort: Zur Herstellung wird genau das Doppelte verwendet, nämlich 40 Gramm. Das klingt erst einmal nach wenig, aber wenn man sich vorstellt, dass der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei 65 Tüten pro Jahr liegt, und man dann hochrechnet, dass es in Deutschland 80 Millionen Einwohner gibt, dann heißt das, dass 5,2 Milliarden Plastiktüten pro Jahr in Deutschland im Umlauf sind. Wenn man das dann noch einmal auf den Verbrauch von Erdöl umrechnet, dann stellt man fest, dass allein für die Plastiktüten, die in Deutschland im Umlauf sind, 60 Millionen Liter Erdöl verbraucht werden.

Deutschland ist zum Beispiel im Vergleich zu den USA oder asiatischen Ländern relativ moderat bei der Verwendung von Plastiktüten. Man geht davon aus, dass weltweit jährlich 600 Milliarden Plastiktüten produziert und verwendet werden. Wenn man das wiederum auf den Erdölverbrauch für die Herstellung umrechnet, dann kommt man auf eine Summe von 156 Milliarden Liter Erdöl pro Jahr nur für Plastiktüten. Ich finde, das ist Wahnsinn, meine Damen und Herren!