Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Bitte, Herr Strohmann!

Sehr geehrter Herr Kollege Rupp, Sie sagten gerade, Sie wunderten sich mit Blick auf die CDU auf Bundesebene, dass die CDU in Bremen gerade im Bereich Offshore derart vorangeht.

Möchten Sie bitte ein Zitat aus dem Wahlprogramm der Bundespartei DIE LINKE zur Kenntnis nehmen: „Wir werden uns weiterhin für den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen. Jedoch überteuerte Großprojekte der Energiekonzerne, wie zum Beispiel die Offshore-Windparks in der Nordsee, lehnen wir ab.“

(Heiterkeit Bündnis 90/Die Grünen)

Unterstützen Sie das?

Herr Strohmann, ich bin sehr froh, dass Sie diese Frage stellen,

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das merkt man gar nicht! – Heiterkeit)

weil ich glaube, dass wir in der konkreten Formulierung auf der Bundesebene einem Irrtum unterliegen. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn Oskar Lafontaine für Braunkohlekraftwerke im Saarland werben würde, würde ich auch stutzen! Damit wäre ich überhaupt nicht einverstanden.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht hier, wie Sie vorhin zutreffend sagten, um eine energiepolitische Initiative. Diese energiepolitische Initiative muss von Bremen ausgehen. Ich weise aber darauf hin, das habe ich in meiner Rede auch getan: Ich finde es kritikwürdig, wenn der Bau von erneuerbaren Energie davon abhängig wird, dass große Konzerne, die jetzt mit veralteten Kraftwerken Profit machen, mit neuen Profit machen können. Das ist sozusagen der Part Großkonzerne. Deswegen bin ich, was diese Position angeht, ein bisschen ambivalent. Ungeachtet dessen bin ich aber ein Verfechter von Offshore-Windenergie, das ist doch keine Frage! Die Zahl derer reicht doch über alle Parteigrenzen hinweg. Wie gesagt, ich bin wirklich dankbar, dass Sie diese Frage stellen. Sie gibt mir die Möglichkeit, das hier noch einmal klarzustellen und mich in dieser Frage auf die Seite der anderen Fraktionen in diesem Hause zu stellen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck zu einer Kurzintervention.

Ich möchte im Zusammenhang mit dem Energiemarkt kurz auf das Thema Marktwirtschaft eingehen. Herr Hilz, Sie haben gesagt, das EEG wäre keine Marktwirtschaft, und Sie möchten lieber Marktwirtschaft haben. Ich weise darauf hin, dass es einen Energiemarkt gibt. Es gibt sogar mehrere Energie

märkte. Marktwirtschaft funktioniert aber nur, wenn es in einem Markt korrekte Regeln gibt. Diese Regeln müssen für alle gleich sein. Ich finde, dass Sie zur Kenntnis nehmen sollten, dass die Energiepreise an der Börse gesunken sind!

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das habe ich in mei- ner Rede gerade gesagt!)

Es hat in den letzten Jahren eine riesige Umverteilung von den Verbraucherpreisen hin zu den Industriestrompreisen gegeben. Sie haben gesagt, die Energiepreise wären gestiegen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Gesunken!)

Außerdem gibt es verschiedene Finanzierungsmechanismen. Die Erneuerbaren haben am Anfang hohe Investitionen, am Ende aber null beziehungsweise nahezu null Betriebskosten; denn bei Offshore verhält es sich damit etwas anders. Das heißt, diese Energie geht mit dem Preis null an die Börse. Das ist auch ein marktwirtschaftlicher Effekt.

Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass die Strompreise nicht die EEG-Umlage sind. Die Strompreise setzen sich aus dem Börsenpreis plus der Umlage zusammen, und der ist in der Tat gerade in diesem Jahr konstant geblieben. Das heißt, dass sich durch den niedrigen Preis an der Böse auch Investitionen in konventionelle Kraftwerke nicht rechnen. Der Energiemarkt funktioniert also nicht. Daraus folgt die Aufgabe, den Energiemarkt so zu organisieren, dass er wieder funktioniert. Wir sind dafür, ihn so zu organisieren, dass der Markt für die erneuerbaren Energien funktioniert.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort – das nehme ich zumindest an – Herr Senator Dr. Lohse.

(Senator Dr. Lohse: Wenn Sie mich lassen, gern!)

Sie haben sich nicht gemeldet.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wir wussten ja auch noch nicht, wann Frau Dr. Schierenbeck mit den 90 Sekun- den fertig ist! – Heiterkeit)

Frau Dr. Schierenbeck hat genau eine Minute und 29 Sekunden geredet!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Jawohl, Herr Präsident! – Heiterkeit, Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Dringlichkeitsantrag sprechen sich die Regierungsfrakti

onen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und hier insbesondere der OffshoreWindenergie aus. Das Anliegen begrüße ich ausdrücklich.

Auf der Bremse steht bei diesem Thema die Bundesregierung, das muss ich leider sagen. Mit den letzten Novellen des EEG wurde die Förderung deutlich reduziert. Im Vordergrund stand dabei immer die Reduzierung der Kosten für die EEG-Umlage, das hat Frau Dr. Schierenbeck gerade erklärt. Nicht der gesamte Strompreis, sondern nur die EEG-Umlage als Teil des Strompreises ist immer sehr stark in den Fokus gerückt worden.

Bei der Kürzung dieser Umlage hat man jetzt aber zumindest bei der Solarenergie deutlich übertrieben; denn die Bundesregierung hatte sich für 2014 bei der Fotovoltaik einen Zielwert von 2,5 GW Zubau vorgenommen. Wir werden in 2015 nur 1,3 GW, also rund die Hälfte davon, erreichen. Dadurch hat man die Fotovoltaik schon mehr oder weniger stranguliert.

Außerdem vertritt die Bundesregierung jetzt die Auffassung, dass mit der Festlegung von Ausbaupfaden in Paragraf 3 EEG eine verbindliche Festlegung über den jährlichen Zubau an Erneuerbare-Energien-Anlagen getroffen worden ist. Die jetzt geplante Umstellung der Förderung für Windkraft onshore und offshore sowie für Solarenergie auf Dächern auf ein Ausschreibungssystem soll auch dazu dienen, die jährliche Ausbaumenge auf diese Zielwerte zu begrenzen. Das heißt, man setzt einen Deckel auf die Ausbaumenge und bremst den Ausbau der erneuerbaren Energien, den man eigentlich braucht.

Es zeigt sich also, dass die von der Bundesregierung verfolgte Begrenzung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf 45 Prozent bis 2025 nichts anderes als ein Ausbaudeckel ist. Damit wird die Energiewende gebremst. Gerade die Offshore-Windenergie mit ihrer hohen Verfügbarkeit spielt bei der Energiewende eine besondere Rolle, das ist hier bekannt und hinreichend oft erörtert worden. Mehr als 4 000 Volllastbetriebsstunden im Jahr sind nachgewiesen. Wir werden die Offshore-Windenergie für die Energiewende brauchen. Ohne die Offshore-Energie wird es nicht gehen. Deswegen ist es auch in der Hinsicht schädlich, dass die Bundesregierung den Ausbau gedeckelt hat.

Bremen hat sich in der Anhörung der Länder zur EEGNovelle mit folgendem Zitat schriftlich geäußert: „Bremen unterstützt die Absicht des Bundes, langfristige Rahmenbedingungen für einen kontinuierlichen Ausbau der Offshore-Windenergie als wichtigen Pfeiler der Energiewende zu schaffen. Der Ausbaupfad bis 2030 von 15 GW installierter Leistung Windenergie auf See ist jedoch nach wie vor nicht ausreichend und steht einer erfolgreichen Umsetzung der Energiewende entgegen. Die Bereitstellung von grundlastnahem Strom aus der Windenergie auf See hat erhebliche systemische Vorteile für die Gestaltung der Energiewende. Diese langfristigen Vorteile

werden beim festgelegten Ausbaupfad nicht ausreichend genutzt.“ Soweit die Stellungnahme Bremens zur EEG-Novelle!

Herr Strohmann, ich glaube, Sie hatten in Bezug auf den OTB gesagt, dass wir unsere Hausaufgaben machen sollten. Der Planfeststellungsbeschluss ist doch ergangen. Deswegen weiß ich nicht genau, worauf Sie sich bezogen haben, als Sie sagten, dass wir in dieser Frage endlich die Hausaufgaben machen sollten.

Natürlich werden wir die Transportnetze nach Süddeutschland auch in Zukunft brauchen.

Herr Crueger, Sie haben vom Strukturwandel gesprochen. Auch die SPD unterstützt ihn. Die OffshoreWindenergie in Bremerhaven ist ein wichtiger Schritt beim Strukturwandel infolge des Niedergangs der Werften gewesen.

(Beifall SPD)

Ein Schritt liegt beim Strukturwandel aber noch vor uns. Ich meine die Energiebasis hier in Bremen sowohl bei der Primärenergie als auch bei der Endenergie. Ich habe eben noch einmal nachgesehen: Das Statistische Landesamt hat vor einer Stunde das neue Statistische Jahrbuch herausgegeben. Darin ist nachzulesen, dass der Anteil von Steinkohle und Braunkohle am Primärenergieverbrauch in Bremen vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2013 von 52 auf 59 Prozent gestiegen ist. Zum Glück sind die absoluten Energieverbräuche etwas gesunken, aber es ist auch ein Anstieg in absoluten Zahlen. Das Gleiche ist bei der Endenergie zu beobachten, bei der der Kohleverbrauch von 22,5 auf 27,4 Prozent angestiegen ist. Das ist nicht der Strukturwandel, wie ich ihn mir vorstelle. Ich würde es begrüßen, wenn die SPD gemeinsam mit den Grünen sowohl hier in Bremen als auch auf Bundesebene daran arbeitet, dass wir den Strukturwandel weg von der Kohle weiter erfolgreich bewältigen; denn wir müssen weg von der Kohle.

Frau Schierenbeck hat schon deutlich gemacht, dass die Debatte über die Kosten nicht redlich geführt wird. – Herr Hilz, auch ich muss es noch einmal sagen: Der hohe Anteil der erneuerbaren Energien hat an der EEX, der Strombörse in Leipzig, zum Strompreisverfall geführt. Dadurch steigt aber die EEG-Umlage, weil die EEG-Umlage einen festen Einspeisewert gegenüber dem Börsenpreis garantiert. Wenn der Börsenpreis sinkt, muss die Differenz mit der Umlage gefüllt werden. Diesen Betrag hat man ausschließlich den erneuerbaren und nicht allen anderen Energieträgern angelastet. Das führt dazu, dass die großindustriellen Verbraucher die Profiteure und die privaten Verbraucher die Verlierer dieser Ausgestaltung des EEG sind.

Damit hat – das muss ich Herrn Strohmann an dieser Stelle sagen – Herr Altmaier mit seiner Strompreisbremse das EEG diskreditiert. Er hat damit tatsäch

lich die Energiewende ein Stück weit vor die Wand gefahren. Wir müssen jetzt sehen, dass wir diesen Systemfehler – Frau Dr. Schierenbeck hat es erläutert – so schnell wie möglich wieder korrigieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/175 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Teile ALFA, Abg. Ravens [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen FDP, Teile ALFA)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Meine Damen und Herren, interfraktionell ist vereinbart worden, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten und dass dann die Sitzung der Stadtbürgerschaft unmittelbar eröffnet wird.