Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Meine Damen und Herren, interfraktionell ist vereinbart worden, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten und dass dann die Sitzung der Stadtbürgerschaft unmittelbar eröffnet wird.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.50 Uhr)

Vizepräsidentin Dogan eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung und Mitglieder des Rings Christlich-Demokratischer Studenten sowie die Studiengruppe 2015 A der Hochschule für Öffentliche Verwaltung.

(Beifall)

Bevor wir die Tagesordnung fortsetzen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 12, Lebenslagen im Land Bremen, Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht des Senats der Freien Hansestadt Bremen, und den Tagesordnungspunkt 22, Innere Sicher

heit muss Vorrang haben, für diese Sitzung auszusetzen.

Wir setzen nun die Tagesordnung fort.

Krise in der Milchwirtschaft bekämpfen Antrag der Fraktion der CDU vom 10. November 2015 Drucksache 19/133 Dazu Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 7. Dezember 2015 (Drucksache 19/206) Wir verbinden hiermit: Krise in der Milchwirtschaft bekämpfen Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 8. Dezember 2015 (Drucksache 19/218) sowie Krise in der Milchwirtschaft bekämpfen – regionale und ökologische Landwirtschaft unterstützen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 9. Dezember 2015 (Drucksache 19/219)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Lohse.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat der Abgeordnete Imhoff das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag „Krise in der Milchwirtschaft bekämpfen“ gestellt, weil der Milchpreis seit fast einem Jahr so niedrig ist, dass er die Entstehungskosten bei Weitem nicht mehr deckt. Aktuell liegt der Basismilchpreis bei der DMK-Molkerei bei 26 Cent pro Liter, und bei anderen Molkereien sieht es auch nicht viel besser aus. Der Erzeugungspreis pro Liter Milch liegt allerdings je nach Betrieb zwischen 33 und 37 Cent. Das heißt, dass ein Landwirt pro Liter erzeugter Milch zwischen sieben und zwölf Cent Minus macht. Die CDU-Fraktion findet, dass das ein unhaltbarer Zustand ist, der geändert werden muss.

(Beifall CDU – Abg. Rupp [DIE LINKE]: Das finde ich auch!)

Um das noch einmal zu verdeutlichen: Ein ganz normaler Milchviehbetrieb mit ungefähr 80 Kühen liefert pro Tag in etwa 1 900 Liter Milch. Das heißt, dass er jeden Tag im Monat – jeden Tag im Monat! – mindestens 133 Euro Minus macht. Das sind im Monat etwa 4 000 Euro. Das wäre so, als wenn ein Angestellter zwar einen ganzen Monat zur Arbeit gehen würde, aber noch Lohn bezahlen müsste, anstatt ihn zu bekommen. Meine Damen und Herren, wer macht so etwas schon? So etwas geht eben nicht!

Diese Milchwirtschaftskrise betrifft nicht nur einzelne Arbeitsplätze, sondern ganze Familien, ländliche Räume und die Strukturen. Allein im ländlichen Raum mit dem nachfolgenden Gewerbe sind durch die Milchwirtschaftskrise in diesem Jahr drei Milliarden Euro verloren gegangen. Die Rücklagen der Landwirte sind aufgebraucht. Investitionen werden nicht mehr getätigt. Notviehverkäufe und das Herabsenken des eigenen Lebensstandards sind keine Seltenheit mehr. Noch nie haben in so kurzer Zeit so viele Betriebe aufgehört. Schlechte Preise, die hohen Standards und Anforderungen und auch die schlechte Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Landwirten zwingen immer mehr Familienbetriebe zur Aufgabe, Betriebe, die seit Generationen von Familien betrieben werden.

Wenn es so weitergeht, wird der Strukturwandel immer mehr Fahrt aufnehmen und die sozialen Strukturen im ländlichen Raum extrem verändern. Das will niemand. Wir möchten einen ländlichen Raum, in dem bäuerliche Familienbetriebe das Grundgerüst für ein intaktes Dorfleben sind, und das mit einem auskömmlichen Lohn für ihre viele und ihre gute Arbeit.

(Beifall CDU)

Sie sehen also, wie wichtig es ist, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen.

Jetzt stellt sich noch die Frage, worin die Gründe für diesen schlechten Milchpreis liegen. Als Erstes ist das Russlandembargo zu nennen. Das Russlandembargo hat uns nach Meinung von Experten drei bis vier Cent pro Liter Milch gekostet.

Der zweite Grund ist der Preiskampf der Discounter im Bereich der Lebensmittel. In keinem anderen Land der Welt sind seit Längerem und aktuell die Molkereiprodukte so billig wie in Deutschland. Die Wertschätzung der Verbraucher für Lebensmittel ist abhandengekommen. Die Discounter nutzen das schamlos aus und gestalten daraus ihren Preiskrieg.

Drittens ist die Spekulation mit Lebensmitteln an den weltweit agierenden Terminbörsen zu nennen. Die Bürgerschaft hat sich schon dazu bekannt, dass sie das verurteilt und das nicht in Ordnung findet.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Der vierte Grund, aus dem die Milchpreise so schlecht sind, ist natürlich auch das weltweit gesättigte Milchangebot. Das ist allerdings nicht auf den Fall der Milchquote zurückzuführen.

Meine Damen und Herren, nachdem ich Ihnen jetzt das Problem geschildert habe, ist klar, dass es nicht die eine einfache Lösung gibt, schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass der Milchmarkt mittlerweile global und Europa einer der vier weltweit großen Player in der Milchproduktion ist. Doch viele einzelne Maßnahmen können den Landwirten und vor allem auch

uns Bremer Landwirten helfen. Deswegen lassen Sie mich kurz erklären, was wir mit unserem Antrag erreichen wollen!

Erstens möchten wir, dass sich der Bremische Landtag zu seinen Landwirten bekennt und sie unterstützt.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, Sie können immer applaudieren! Das ist schon einmal ein gutes Zeichen!

Zweitens fordern wir den Verbraucher auf, nicht „Geiz ist geil“, sondern faire Preise und regionale Lebensmittel wertzuschätzen und dementsprechend zu kaufen,

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

am besten regionale Lebensmittel. Ich gebe aber zu, dass das schwierig ist, weil es kaum regionale Molkereien gibt, die im Bremer Raum Milch oder Milchprodukte vermarkten. Mein Tipp ist deswegen: Kaufen Sie entweder beim Landwirt direkt oder Produkte von Molkereien aus Norddeutschland, wie zum Beispiel von der Ammerländer Molkerei, der Molkerei Dehlwes oder Milram von der DMK.

Drittens möchten wir mit unserem Antrag erreichen, dass geprüft wird, ob das Land Bremen für unsere Landwirte hier in Bremen Liquiditätsdarlehen bereitstellen kann. Wir wissen, dass die Bundesmittel nicht ausreichen. Hier kann Bremen einmal ganz direkt etwas für seine Landwirte tun. Wir hoffen, dass Sie dem zustimmen.

Viertens möchten wir mit unserem Antrag erreichen, dass die Mittel aus der Superabgabe, also die 309 Millionen Euro, die die deutschen Landwirte als Strafzahlungen für die überproduzierte Milch aus dem letzten Milchquotenjahr in die EU-Kasse gezahlt haben, den deutschen Landwirten und den deutschen Milchbauern in ihrer Notlage wieder zugutekommen. Bis jetzt sind den deutschen Landwirten bekanntlich nur 70 Millionen Euro von den 309 Millionen Euro zugesprochen worden. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein!

(Beifall CDU)

Fünftens fordern wir einen Dialog zwischen Molkereien, Handel, Politik und verarbeitendem Gewerbe, den der Senat mit einleiten kann, um Maßnahmen zu ergreifen, die den Landwirten eine wirtschaftliche Produktion ermöglichen. All diese Maßnahmen können zur Stabilisierung des Milchmarktes beitragen. Wir würden uns freuen, wenn wir das hier heute beschließen könnten.

(Beifall CDU)

Es gibt noch Anträge von den Regierungsparteien, also von Rot-Grün, und von der LINKEN. Sie haben

Änderungsanträge und einen gesonderten Antrag gestellt. Auch wenn sie lange gebraucht haben, um das Thema für sich zu entdecken, so sind wir dennoch froh, dass sie mit auf den Zug springen, sich jetzt ebenfalls dazu aufschwingen, etwas für die Landwirte beziehungsweise die Milchproduktion zu tun, und das Problem erkannt haben.

Noch gestern ist bemängelt worden, dass Anträge so spät vorgelegt werden. Der Hinweis auf Ihren spät gekommenen Antrag sei Ihnen heute geschenkt.

(Beifall CDU)

Ich warte ab, wie Sie Ihre Anträge begründen. Sie enthalten ein paar Ungereimtheiten. Ich hoffe, dass Sie nicht alles vermengen und kein Fass nach dem Motto „Nur Bio ist gut“ oder „Alles Konventionelle ist schlecht“ aufmachen, denn das brauchen wir nicht.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein! Das würden wir nie tun! – Zuruf CDU: Das kann passieren!)

Alles ist gut!

Deswegen freue ich mich auf Ihre Debattenbeiträge und werde dann erklären, wie wir uns zu den anderen Anträgen verhalten. – Danke!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saffe.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Lieber Frank Imhoff, ich habe immer gute Stimmung, wenn mir eine Landwirtin oder ein Landwirt begegnet, egal wo, auf der Straße, in der Bürgerschaft, das ist immer gut!

(Zuruf Abg. Imhoff [CDU] – Abg. Frau Ahrens [CDU]: Er verbreitet ja auch gute Laune!)