Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das emotive Moment bricht scheinbar immer bei diesen Themen durch. Wenn ich fertig bin, können Sie wieder alle gemeinsam über mich herfallen. Das trägt dann auch wieder zum allgemeinen Frieden des deutschen Parlamentarismus bei.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Das haben Sie selbst in der Hand! – Zuruf: So groß ist Ihre Rolle nicht!)

Es macht ja immer Spaß, wenn man auf jemandem herumkloppen kann.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Uns nicht!)

Frau Kollegin Aulepp sprach von den „sogenannten“ Vorfällen in Köln. Es wäre schön, wenn die sogenannten Vorfälle nur in Köln stattgefunden hätten. Tatsächlich gab es auch Vorfälle, sogenannte oder auch nicht sogenannte, in Hamburg, Stuttgart und anderen Städten. Vor allem aber ist die Frage, warum es gerade am Kölner Dom stattgefunden hat, nicht zu vernachlässigen. Es ist ganz eindeutig, dass dies auch ein Angriff auf die gesamte abendländische Kultur war und nicht bloß ein Übergriff auf irgendwelche deutsche Frauen.

Frau Kollegin Vogt hat darauf hingewiesen, dass die Männer das Problem seien, egal welchen Kulturkreises. Nun habe ich gar nichts gegen Generalisierungen. Generalisierungen sind ein Mittel der Wissenschaft. Generalisierungen sind auch ein Mittel der Propaganda. Allerdings ist die Generalisierung in diesem Fall eben nicht nur eine Rechtfertigung von irgendwelchen Vorfällen in Köln, sondern tatsächlich auch eine Missachtung, ein Missbrauch dieser Vorfälle, um die Gesellschaft in einer anderen Art und Weise auf etwas aufmerksam zu machen. Man kann eben nicht konstruktivistisch vorgehen und nur die Reflexion einer Bevölkerung auf die Vorfälle von Köln anklagen. Man muss diese Vorfälle auch in den Mittelpunkt der Debatte stellen.

Gewissermaßen als antikonstruktivistische Partei ist die AfD in der Tat in der Lage, nicht nur die Über

griffe auf Frauen, sondern auch auf Homosexuelle, Transsexuelle und andere Minderheiten zu thematisieren. Komischerweise machen wir das aber seit einigen Monaten fast allein von allen Parteien. Das ist sehr seltsam.

Herr Kollege Zicht sprach von der Genfer Konvention, die angeblich darauf abzielt, Abschiebungen rechtmäßiger Art wesentlich schwieriger zu machen als sie eigentlich sind. Tatsächlich stehen Gesetze und die Genfer Konvention in einem Gesamtgeist der Vereinten Nationen. Es ist ganz klar, dass der Gesamtgeist der Vereinten Nationen immer noch unter dem Gesichtspunkt einer unteilbaren nationalstaatlichen Identität steht, die überall den Geist von UNO-Dokumenten und die der Genfer Konvention durchdringt, auch wenn das in der Bremischen Bürgerschaft vielleicht etwas anders gesehen wird.

Es ist nicht wahr, dass die Genfer Konvention jeglichen Gastrechtsmissbrauch duldet. Wie wir schon von Sahra Wagenknecht gehört haben, gibt es sehr wohl einen Geist des Gastrechts, der die Gesetze durchdringt und durchwirkt.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Da steht sie aber auch sehr allein mit dieser Meinung! – Abg. Bücking [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das habt ihr davon!)

Ja, natürlich, das haben sie davon. Es ist aber auch sehr schön, dass es noch gebildete Mitglieder der Linken gibt, die Immanuel Kant gelesen haben. Dessen Schrift zum ewigen Frieden ist eine Grundlage der Genfer Konvention geworden.

Schließlich und endlich sprechen wir von Dingen, bei denen auch die CDU gefragt ist und die die CDUBundeskanzlerin durch ihre Politik mitverursacht hat. Es ist zuerst einmal so, dass Bremen als Bundesland oder auch die Stadt Köln in diesem Falle wenig Mitschuld an dieser Gesamtpolitik tragen. Zugleich aber sind auch andere Parteien nicht davon auszunehmen. Frau Schwesig hat jetzt vom erleichterten Familiennachzug geredet. Das ist eine künftige Problematik, die das gesellschaftliche Auseinanderfallen nicht gerade verhindern wird.

Ich habe schon im September gesagt, dass wir uns eigentlich ein Vorbild an Osteuropa und an Spanien nehmen müssen. Gerade die westafrikanische neue Flüchtlingswelle, wenn man das so nennen darf, kommt nach Deutschland und nicht nach Spanien. Spanien hat es in den letzten Jahren geschafft, eine Politik zu machen, in der diese Herausforderungen von der spanischen Nation aufgegriffen worden sind. Eine positive Flüchtlingspolitik und Flüchtlingsabwehrpolitik sind in Spanien entwickelt worden. In Deutschland fehlt der politische Wille, mit dieser Flüchtlingswelle fertig zu werden. Es fehlt der Wille aller Parteien von den LINKEN bis zur CDU, damit fertig werden zu wollen. Das ist das Problem.

In der Tat benötigen wir keine schärferen Gesetze, da schärfere Gesetze ohne einen Geist der UNO, ohne einen Geist nationalstaatlicher Souveränität und ohne einen Geist von Politikern, die meinetwegen auch schwache Gesetze umsetzen wollen, nichts nützen. Wir benötigen keine schärferen Gesetze. Wir benötigen eine Unterstützung der Polizisten, quer durch alle politischen Lager. Diese fehlt, wie mir scheint.

Zum Schluss gehe ich besonders auf die „Scheißgeschichte“ Deutschlands von Frau Steiner ein. Es sind die Grundlagen von Integration in einer Nation, dass man die Geschichte schlechtredet. Ich weiß, worauf sie abzielt. Jeder, der in dieser Debatte die deutsche Geschichte nicht in den zukünftigen perspektivischen Prozess Deutschlands mitnimmt, ist wirklich fehl am Platz, um Flüchtlingsdebatten zu führen. Es eine „Scheißgeschichte“ zu nennen, ist einfach indiskutabel und nicht mehr zu kommentieren. Damit bin ich am Ende. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner Rede habe ich vorhin mehrfach gesagt, dass ich mir bestimmte Dinge nicht habe vorstellen können. Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Diskussion hier heute mir auch nicht habe vorstellen können.

(Beifall CDU, ALFA)

Um es klar zu sagen, ich bin erschrocken und entsetzt darüber, wie hier ideologisch mit solch einem Thema umgegangen wird.

(Beifall CDU)

Die einzige Ausnahme – Frau Steiner ist nicht da, ich sage es jetzt trotzdem – war Frau Steiner.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das teilen wir ausdrücklich nicht, Herr Hinners!)

Wenn hier von sogenannten Vorfällen gesprochen wird, dann finde ich das, klar ausgedrückt, Frau Aulepp, unterirdisch. Sogenannte Vorfälle! Was ist denn das für Sie?

(Beifall CDU, FDP, ALFA)

Was hat denn aus Ihrer Sicht in Köln, Hamburg und sonst wo stattgefunden? Also, ein sogenannter Vorfall. Solch eine Bagatellisierung finde ich höchst problematisch.

(Beifall CDU, FDP, ALFA)

Sie sprechen zudem davon, dass Frauen sich auch im deutschen Kulturkreis in rechtsfreien Räumen be

wegen. Ja, hundertprozentig, das bestätige ich. Ich habe viele Opfer aus diesem Bereich kennengelernt, viel mehr als Sie, das vermute ich jedenfalls, und ich weiß, was diese Frauen gelitten haben. Unglaublich!

Ja, dass Sie nicht in der Lage sind, den Modus Operandi zu unterscheiden zwischen dem, was in Köln stattgefunden hat und dem, was Sie hier als vergleichbaren Fall kritisieren, das finde ich – –. Also, da fehlen mir die Worte. Wenn Sie nicht begreifen, dass das zwei Welten sind, die dort miteinander verglichen werden, und dass man, um diese Dinge aufzuklären und vernünftig zu bearbeiten, völlig andere Maßnahmen treffen muss; wenn Sie das in einen Topf werfen, gilt es so, als wenn alle Probleme, die wir da in dem rechtsfreien Raum haben, wie Sie sagen, mit den gleichen Maßnahmen bearbeitet, behandelt und bekämpft werden können. Nein, Frau Aulepp! Frau Vogt hat ja ähnlich argumentiert. Nein, so ist es in keiner Weise.

(Beifall CDU)

Ich hoffe, Frau Aulepp, dass Ihre Meinung, die Sie hier ja für die SPD vorgetragen haben, eine Einzelmeinung darstellt, weil in der Bundesregierung hören sich die Stimmen aus der SPD völlig anders an.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Zum Glück!)

Zum Glück, das muss man wirklich sagen!

(Beifall CDU)

Herr Zicht, Sie haben unter anderem – ich will nicht so ganz viel von Ihnen aufgreifen, aber das dann doch –, davon gesprochen, dass es bei der Abschiebung in sichere Herkunftsländer – nordafrikanische Länder beispielsweise, die zukünftig möglicherweise sichere Herkunftsländer werden – problematisch ist, wenn die Länder diese Menschen nicht aufnehmen wollen.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist Fakt im Moment!)

Das ist richtig. Es hängt natürlich damit zusammen, dass diese Menschen sämtlich ihre Ausweise jedenfalls nicht vorgelegt haben. Ich will nicht vermuten, wie es dazu gekommen ist, aber in den Fällen, in denen diese Länder die Aufnahme verweigern, liegt es ja daran, dass diese Länder sagen, dass die Identität nicht hinlänglich klar ist, und damit wissen wir nicht, ob das unsere Bürger sind. Darüber gibt es aber Verhandlungen mit diesen Ländern, sodass sich da möglicherweise demnächst etwas verändert.

Frau Vogt, ich will an der Stelle noch einmal ein Thema aufgreifen. Sie sagen, dass das aus Ihrer Sicht immer wieder auf dem Karneval stattfindet. Nennen Sie mir einen Fall – klar, es gibt jede Menge sexuelle Hand

lungen gegen Frauen und manchmal auch gegen Männer beim Karneval, ohne Frage –, nennen Sie mir eine Karnevalsveranstaltung oder eine ähnliche Veranstaltung, wo so etwas wie jetzt in Köln, Hamburg oder sonst wo passiert ist. Es gibt diesen Modus Operandi in Deutschland noch nicht ein einziges Mal.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das habe ich doch in keiner Weise gesagt! Ich habe nur gesagt – –!)

Ja, aber Sie haben es in diesen Zusammenhang gestellt. Frau Vogt, kommen Sie, hören Sie auf! Versuchen Sie es nicht anders darzustellen.

(Starker Beifall CDU, ALFA – Zuruf Abg. Frau Vogt [DIE LINKE])

Als Letztes, Frau Vogt, Sie kommen hier mit dem Hinweis, dass die Gesellschaft im Prinzip schuld hätte an solchen Vorkommnissen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das habe ich auch so nicht gesagt!)

Doch, weil Sie von der Parallelgesellschaft gesprochen haben und darüber, weil wir eine Parallelgesellschaft geduldet haben und so weiter. Das kann doch keine Rechtfertigung oder Entschuldigung dafür sein. – Danke!

(Beifall CDU, ALFA)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir uns Straftäter anschauen, dann ist es eigentlich völlig egal, ob jemand einen Diebstahl, einen Einbruch, ein Gewaltverbrechen, eine Vergewaltigung, einen Mord oder einen Totschlag begeht. Wir fragen uns dann immer, weshalb er das tut, und was eigentlich die Motivation ist. Kein Mensch, glaube ich, der ein positives, glückliches Leben führt, kommt aus reiner Böswilligkeit auf die Idee, eine Straftat zu begehen, sondern hinter Straftaten stehen in der Regel Aggressionen, und vor diesen Aggressionen stehen Frustrationen. Ich glaube, dass es diese Aggressionen und Frustrationen sind, die viele von diesen jungen Männern, die derzeit zu uns kommen, aus ihren Heimatländern vertreiben.