Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Abg. Professor Dr. Hilz: Gehe ich dann recht in der Annahme, dass es für den Senat ausreichen würde, im Rahmen der Kommunalaufsicht tätig zu werden, wenn sich ein Quorum von 25 Prozent – das ist ja die Mehrheit, die zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der Bürgerschaft ausreicht – der Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung an den Senat wendet?

Ob das rechtsgültig wirksam ist, um Maßnahmen einzuleiten, das kann ich im Moment nicht beurteilen. Wenn sich Stadtverordnete an uns wenden, dann prüfen wir das Ansinnen, und wir erteilen eine vernünftige Antwort.

Frau Bürgermeisterin, eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Timke! – Bitte!

Frau Bürgermeisterin, ist es nicht so, wenn der Senat Kenntnis von Vorgängen hat, die in den Bereich der Kommunalaufsicht fallen, dass er dann von Amts wegen tätig werden muss, zum Beispiel dann, wenn in den Jahresberichten des Rechnungsprüfungsamtes Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung aufgeführt werden? Ist die Kommunalaufsicht dann nicht von Amts wegen verpflichtet, hier zu ermitteln?

Dafür gibt es aus unserer Sicht keine Rechtsgrundlage.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf das Abstimmungsverhalten Bremens auf der letzten Innenministerkonferenz, IMK. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Leonidakis, Frau Vogt und Fraktion DIE LINKE.

Bitte, Frau Kollegin Leonidakis!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie hat Bremen auf der Innenministerkonferenz am 3. und 4. Dezember 2015 bei den jeweiligen Beschlüssen abgestimmt?

Zweitens: Wie bewertet der Senat das Vorhaben der IMK, Geflüchtete wieder nach Afghanistan abzuschieben, obwohl die Sicherheitslage dort unverändert schlecht ist?

Drittens: Wie bewertet der Senat das Vorhaben der IMK, dass bei syrischen Geflüchteten statt der bisher üblichen schriftlichen Anhörung wieder die aufwendigeren mündlichen Anhörungen im Asylverfahren durchgeführt werden?

Diese Anfrage wird durch Herrn Staatsrat Ehmke beantwortet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, Innenministerkonferenz, fasst ihre Beschlüsse nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Bremen hat daher allen gefassten Beschlüssen zugestimmt.

Zu Frage zwei: Ein solches Vorhaben der Innenministerkonferenz besteht nicht.

Die IMK hat lediglich festgestellt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan in einigen Regionen eine Rückkehr ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger grundsätzlich erlaubt. Sie hat die Bundesregierung gebeten, die Rahmenbedingungen für Rückführungen und freiwillige Ausreisen durch verbindliche Absprachen mit der afghanischen Regierung, dem UNHCR und der IOM zu verbessern.

Zu Frage drei: Ein solches Vorhaben der Innenministerkonferenz besteht nicht.

Die Innenministerkonferenz hat lediglich zur Kenntnis genommen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in eigener Zuständigkeit entschieden hat, alle Schutzsuchenden künftig einer Einzelfallprüfung mit mündlicher Anhörung vor der Entscheidung über den Asylantrag zu unterziehen. Die Innenministerkonferenz hat dabei ihre Erwartung deutlich gemacht, dass die Verfahrensdauer sich durch diese Maßnahme nicht verlängern solle. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Leonidakis!

Im Beschluss Nummer fünf heißt es wörtlich, „dass die Sicherheitslage in Afghanistan in einige Regionen eine Rück

kehr ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger grundsätzlich erlaubt“. Das haben auch Sie eben zitiert. Können Sie ausführen, Herr Staatsrat, welche Regionen grundsätzlich sicher sein könnten?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das kann ich nicht. Dazu fehlt es mir hier im Moment an hinreichender Erkenntnis. Ich gehe aber davon aus, dass das nicht besonders viele Regionen in Afghanistan sein werden. Das würde ich Ihnen sofort zugestehen, gleichwohl halte ich es nicht für ausgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass eine entsprechende Beratung des Auswärtigen Amtes vorgesehen ist, dass es einzelne Regionen gibt, in denen das Ganze grundsätzlich möglich ist.

Dafür spricht im Übrigen auch, dass viele andere europäische Länder, namentlich Norwegen, Schweden, Großbritannien, Österreich, aber auch andere Länder wie Australien, Rückführungen nach Afghanistan durchführen. Aus Deutschland finden im Augenblick ganz überwiegend keine Rückführungen statt, dies gilt nicht für andere europäische Länder. Das spricht dafür, dass Rückführungen in einzelne Regionen stattfinden können.

Ich will hinzufügen, dass sich diese Frage für Bremen aller Voraussicht nach nicht stellt, weil Bremen in der letzten Zeit keine abschlägigen Entscheidungen des BAMF zu Afghanistan erhalten hat, lediglich für den Bereich einiger Dublin-Fälle. Alle anderen Fälle sind entweder durch Anerkennung anderer Schutzgründe oder durch sonstige Erledigungsformen beendet worden. Es hat, wie gesagt, einige abschlägige Entscheidungen im Hinblick auf das Dublin-Abkommen gegeben. In diesen Fällen wird allerdings eine Rückführung in andere europäische Länder, aber nicht nach Afghanistan erfolgen.

Ich kann natürlich nicht zusagen, dass sich die Situation zukünftig nicht verändern wird, weil nicht bekannt ist, welche Entscheidungen das BAMF in der Zukunft treffen wird, aber zumindest ist das die aktuelle bremische Situation.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Leonidakis!

Herr Staatsrat, ist Ihnen bekannt, dass eine Dublin-Abschiebung zum Beispiel nach Norwegen – Sie haben es gesagt – eine Kettenabschiebung nach Afghanistan zur Folge hätte? Wie gedenken Sie, mit diesem Umstand umzugehen?

Könnte! Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, ob Abschiebungen nach Norwegen vorliegen. Im Übrigen sind wir aber verpflichtet, uns an geltendes Recht zu halten. Das haben wir gestern auch bei verschiedenen Fällen besprochen. Wenn die Bremer Gerichte eine Rückführung feststellen und kei

ne Hinderungsgründe für eine Abschiebung vorliegen würde, dann würden die Rückführungen vollzogen werden. Meiner Kenntnis nach finden im Augenblick kaum Rückführungen nach dem Dublin-Abkommen statt, und zwar nicht nur aus Bremen, sondern auch aus vielen anderen Ländern. Dem Grunde nach ist es so, dass wir eigene Abschiebeentscheidungen, wie ich es schon sagte, in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht zu treffen haben werden.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Leonidakis!

Herr Staatsrat, Sie sagten eben, dass die Anerkennungsquote der Außenstelle des BAMF in Bremen nahezu bei 100 Prozent liegt, bundesweit liegt die bereinigte Anerkennungsquote bei 86 Prozent. Aus welchen Gründen stimmen Sie auf der Innenministerkonferenz einem solchen Beschluss zu?

Weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat! Die Frage ist doch, ob die Tatsache, dass in einem Land eine Anerkennungsquote von 80 Prozent bis 90 Prozent vorherrscht, den automatischen Rückschluss zulässt, dass auch die nicht anerkannten Flüchtlinge, die ja diesem Verfahren ebenfalls unterzogen worden sind, keine Möglichkeit zur sicheren Rückkehr haben. Die Frage wird aber ja dem Grunde nach schon in dem Anerkennungsverfahren geprüft, und wenn das BAMF in eigener Zuständigkeit zu der Einschätzung kommt, dass bei zehn bis 20 Prozent der Personen keine Fluchtgründe vorgelegen haben, dann ist es zumindest sachlogisch nicht ausgeschlossen, dass eine Rückkehr dieser Personen in ihr Heimatland möglich ist.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Na ja, Herr Staatsrat, Sie müssen ja schon zuerkennen, dass es zwischen einer Anerkennung auf Asyl und Abschiebung noch eine große Spannbreite beispielsweise humanitärer Gründe gibt, die man da durchaus berücksichtigen könnte. Nehmen Sie denn zur Kenntnis, dass das Bundesaußenministerium und auch der BND der Ansicht sind, dass es eben mitnichten – –. Oder dass sie der Ansicht des Bundesinnenministeriums eben nicht folgen können, dass es sichere Herkunftsregionen gebe, und dass der Bundesinnenminister auch auf Nachfrage, welche Regionen das denn seien, dies nicht spezifizieren konnte?

Bitte, Herr Staatsrat!

Was der BND tut, weiß ich nicht, das ist ja oft auch sehr geheim.

(Heiterkeit)

Die Frage allerdings, die wir uns hier stellen müssen, ist, ob eine solche Entscheidung, die das BAMF zunächst einmal getroffen hat, ehe es diese Fluchtgründe geprüft hat – –. Sie weisen zu Recht darauf hin, wenn das BAMF sagt, nein, es gibt keine Fluchtgründe, der Antrag wird abgelehnt, dann kann es eine Reihe von weiteren Gründen geben, die einer Abschiebung entgegenstehen.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Ja!)

Wenn das aber so ist, dann schieben wir doch auch gar nicht ab. Diese Gründe können doch im Weiteren geprüft werden, also wer sich auf humanitäre Bleiberechtsgründe berufen kann, kann diese ja im Duldungsverfahren vorbringen. Sie wissen doch selbst, dass die Anerkennungspraxis in Bremen da nicht ausgesprochen restriktiv ist, sondern dass man bei der bremischen Ausländerbehörde den Gesichtspunkt der Humanität dabei immer sehr bewusst vor Augen hat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Vor dem Hintergrund ist doch die Unterstellung, dass Bremen sich auf den Weg begebe, massenweise Menschen in Unsicherheit und Lebensgefahr nach Afghanistan abzuschieben, schlicht falsch!

(Beifall SPD)

Es gibt keine solchen Aktivitäten des bremischen Innenressorts, der bremischen Ausländerbehörde, und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Menschen, die aus Afghanistan nach Bremen gekommen sind, unter Missachtung humanitärer Gesichtspunkte zurückgeführt werden.

(Beifall SPD)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Verbindungen im Intercity-Zugverkehr nach Bremerhaven“. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Ravens.

Bitte, Herr Kollege Ravens!