Ist es wirklich sinnvoll und notwendig, in anderen Bereichen weitere Mittel zugunsten der Polizei zu kürzen? Ich wüsste nicht, wo. Der Antrag der FDP fordert, in den Planungen für den Doppelhaushalt 2016/ 2017 eine Personalzielzahl von mindestens 2 600 Vollzeitäquivalenten für die Polizei Bremen zu veranschlagen. Wir Grüne hatten Ende des Jahres 2014 – Herr Hinners hat dankenswerterweise schon darauf hingewiesen – in unser Wahlprogramm geschrieben, dass aus unserer Sicht 2 500 Beschäftigte nötig wären. Im Koalitionsvertrag haben wir uns dann auf die berühmten 2 540 verständigt, diese Personalzielzahl halten wir Grüne angesichts der Haushaltslage und aber auch vor dem Hintergrund einer veränderten Sicherheits
Das bedeutet nicht, dass wir uns in absehbarer Zukunft keine weiteren Erhöhungen auf zum Beispiel 2 600 vorstellen können, doch dafür müssten zunächst die finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden, und zwar auf Bundesebene. Der Senat hat seinen Teil dazu beigetragen, indem er die Neuregelungen des Länderfinanzausgleichs erfolgreich verhandelt hat. Dieser Verhandlungserfolg muss nun in trockene Tücher gebracht werden, und vor allem brauchen wir eine Steuerreform, die die öffentlichen Haushalte insgesamt in die Lage versetzt, den Zustand der Mangelverwaltung zu beenden, auch bei der Polizei. Da wäre vor allem die Union gefragt, aber von der ist da ja leider nichts zu erwarten.
Selbst wenn eine weitere Erhöhung der Personalzielzahl realisierbar sein sollte, stellt sich die Frage, in welchem Zeitraum diese Zielzahl erreicht werden soll, zumal wir uns – das haben wir schon gehört – in den nächsten Jahren zunächst weiter von der Zielzahl entfernen werden. Eine kontinuierliche Entwicklung ist für die Ausbildungskapazitäten und die Altersstruktur der Polizei sicherlich sinnvoller als eine schlagartige Aufstockung. Wir werden auf diese Fragen in den Haushaltsberatungen zurückzukommen haben. – Vielen Dank!
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass das eine Zwei-Länder-Angelegenheit ist?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Antrag, 2 600 Stellen für die Polizei festzuschreiben, ist keine neue Erfindung der FDP, sondern – es wurde bereits gesagt – diese Zielzahl gab es aus meiner Erinnerung schon zu Zeiten von Herrn Senator Röwekamp, das, was als Mindestausstattung für die Polizei erforderlich ist.
Herr Senator Mäurer hat selbst die Zahl von 2 600 Stellen in die Koalitionsverhandlungen eingebracht. Mittlerweile konnte man in der Presse lesen, dass er sogar 195 zusätzliche Stellen für erforderlich hält. Die Gewerkschaft der Polizei fordert 200 zusätzliche Stellen. Auf die Anzahl von 2 540 haben Sie sich offenbar in der Koalitionsvereinbarung verständigt. Die 2 600 ist eine Mindestzahl für die Stellen gewesen, die Bremen braucht, um die Sicherheit für die Bevölkerung zu garantieren.
Zwischenzeitlich haben sich seit dem Jahr 2006 erhebliche weitere Entwicklungen ergeben. Allein, wenn man sich vor Augen führt: 333 000 Überstunden für das Jahr 2015, 280 000 Überstunden für das
Jahr 2013 und 2014, dann sind das 130 Überstunden für jede Polizeibeamtin oder für jeden Polizeibeamten, und 80 Überstunden sind nach der Arbeitsschutzverordnung eigentlich nur zulässig. Sechs Millionen Euro müssten aufgebracht werden, um diese Überstunden auszugleichen. Allein aus Gründen der Fürsorgepflicht, der sozialen Verantwortung für die Familien der Polizeibeamten und auch aus Gründen der Solidarität hätte ich – auch aufgrund der Debatte, die wir gestern hier geführt haben – erwartet, dass hier gemeinschaftlich mehr Anstrengungen unternommen werden, damit wir aus dieser Lücke herauskommen.
Es bestehen höhere Anforderungen an die Polizei und an mehr Präsenz. Wir haben mehr Großlagen im Fußball und bei Demonstrationen, und in den Bereichen Extremismus und Terrorismus gibt es erhebliche weitere Aufwendungen für das Personal. Allein aus dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss hat sich auch in der öffentlichen Anhörung ergeben, dass, wenn man die Sicherheit für diese Stadt garantieren oder zumindest so weit sicherstellen will, dass alles dafür getan wird, 30 weitere Stellen erforderlich wären. Aufgrund der Flüchtlingssituation, zum Schutz der Unterkünfte oder auch, was die Auseinandersetzungen innerhalb der Flüchtlingsunterbringungen betrifft, sind weitere Personalstellen erforderlich. Wir haben einen Anstieg der Kriminalität, es wurde genannt, am Bahnhofsplatz und im Ostertorviertel. Bei der Einbruchskriminalität und zusätzlich auch der Aufklärungsquote sind wir im untersten Bereich. Wir verzeichnen des Weiteren einen Anstieg bei den Einsatzzahlen der Polizei in den Jahren von 2010 auf 2015 von 98 000 auf circa 112 000, das sind 12 bis 15 Prozent. Es wird also tatsächlich auch mehr gemacht in dem Bereich. Die Dauer der Einsätze hat sich um etwa 13 bis 14 Prozent erhöht. Wer bei weniger Personal mehr machen muss, kann nicht alle Aufgaben erledigen oder sie nur zeitlich verspätet erledigen. Wir sehen es bei der Einbruchskriminalität, dass, obwohl man es sich vorgenommen hatte, dem stärker entgegentreten und strategisch vorgehen zu wollen, das hier bei der Personaldecke nicht geht. Die Polizeidichte wurde angesprochen. Bezogen auf 1 000 Bürger stehen wir schlechter da als Hamburg, Berlin, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart. Der Anstieg der Gewalt gegen Polizeibeamte ist ebenfalls bedauerlich. Vom Jahr 2010 auf das Jahr 2015 sind die Angriffe auf Polizeibeamte von 640 auf 912 gestiegen; auch dies dokumentiert einen zunehmenden mangelnden Respekt vor unseren Beamtinnen und Beamten und letztlich auch vor unserer staatlichen Ordnung und vor unserem Gewaltmonopol, das die Polizei darstellen soll.
Deswegen sind 2 600 Stellen in Vollzeit als Mindestzahl unbedingt zu erfüllen, und zwar sofort, verbindlich, und, ich meine, dies ist eigentlich auch alternativlos.
Nach dem Untersuchungsausschuss werden wir uns übrigens auch noch einmal genauer über die Zukunft der Polizei- und Sicherheitsstruktur in Bremen zu unterhalten haben.
Ich komme gleich zum Schluss! Wir Freien Demokraten sagen, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowie eine rechtsstaatliche Ordnung sind wesentliche Säulen unserer Gesellschaft. Soweit es um die Finanzierung geht, muss sich auch hier der Bund beteiligen in den Fragen betreffend Flüchtlinge und Terror. Das ist eine gesamtstaatliche, eine bundesstaatliche Verantwortung, und der Bund muss da auch in die Finanzierung mit einbezogen werden. Sicherheit ist die Voraussetzung für Freiheit. Nur wer sich sicher fühlt, kann frei leben.
Deshalb sollten Sie alle diesen Antrag unterstützen, damit wir ein vertrauensbildendes Signal an unsere Kolleginnen und Kollegen im Polizeibereich sowie bei unseren Bürgerinnen und Bürgern hinterlassen. – Danke schön!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Zenner, wir hätten Ihren Antrag ja mitgetragen, wenn er ein bisschen genauer gewesen wäre, aber er ist es nicht.
Gerade eben habe ich versucht, Ihnen zu verdeutlichen, wenn man nur einfach von 485 Vollzeitäquivalenten und 2 600 Stellen redet, dann heißt das überhaupt nichts. Das heißt gar nichts! Hätten Sie sich hingesetzt und geschaut, welche Altersabgänge bestehen, für welche Bereiche wir mehr Polizisten brauchen, und danach die Anzahl der Anwärter berechnet, und das vielleicht einmal nicht nur für dieses Jahr, sondern im Übrigen die Größenordnung für die nächsten dreieinhalb oder vier Jahre dieser Legislaturperiode hochgerechnet, hätten wir gesagt, in Ordnung, dann wären wir mitgegangen. Allerdings hätten wir, auch dazu habe ich etwas gesagt, diese Priorisierungen „Die innere Sicherheit muss Vorrang haben“ auch
nicht mitgemacht, denn genauso, wie ich sage, dass wir mehr Polizisten benötigen, sage ich, dass wir auch mehr Lehrerinnen und Lehrer brauchen!
Ich habe jetzt in Richtung FDP zu sagen, da ist nichts, das man mittragen kann, weil in dem Antrag nichts steht. Das ist nun leider einfach einmal so. Da müssen Sie Ihre Anträge ein bisschen genauer fassen.
Herr Hinners, bei aller Liebe, es stimmt, das Polizeikonzept stammt aus dem Jahr 2006, aber ab dem Jahr 2002 begann der Personalabbau bei der Polizei, und das habe ich damit gemeint. Es tut mir leid, mit der Zahl habe ich mich vertan, hierin stimme ich Ihnen zu.
Herr Tschöpe hat aber eben eingeworfen, es sei nicht charmant, was Sie da gesagt haben. Ich finde es eher fahrlässig, denn es ist arrogant. Wir können uns hier natürlich über ZED und dies und das unterhalten, aber wir reden für die Menschen draußen, und ihnen muss man schon einmal erzählen, dass es, wenn man Reviere schließt – ich bin auf das Argument von Frau Steiner eingegangen –, nicht bedeutet, dass keine Polizei mehr in der Nähe ist, wenn Sie sie benötigen. Darum geht es.
Es sind nicht genug Polizisten, hierin bin ich mit Ihnen einer Meinung, aber ich finde nicht, dass wir hier in den Abschnitten und den Einsatzplänen und in den Abkürzungen der Polizei reden und diskutieren sollten, denn das versteht draußen niemand. Ehrlich gesagt, wir haben es gerade im Untersuchungsausschuss erlebt, dass selbst die Kollegen der Polizei teilweise nicht mehr wussten, welche Abkürzungen Sie da verwenden. Sie müssen zugeben, dass, wenn wir hier nicht mit und für uns reden, sondern für die Menschen, die uns zuhören, man sich da auch einmal einer einfachen Sprache bedienen kann. – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Zenner, bei allem Respekt, wir hätten eigentlich Ihren Antrag, so wie er uns vorgestellt wurde, ablehnen müssen. In diesem Antrag steht nichts. Es ist ein Wunsch, der da
rin mit den 2 600 Polizeibeamtinnen und -beamten formuliert ist. So ist es nicht möglich. Wir müssten doch wissen, wenn Sie – so habe ich Sie auch immer verstanden – die Schuldenbremse einhalten wollen, dann müssen Sie doch sagen, wie Sie das finanzieren wollen! Sie müssen ein Gegenfinanzierungsmodell unterbreiten und sagen, mit welchen Konzepten Sie Ihren Antrag darstellen wollen.
Wir haben Ihnen deshalb eine Brücke gebaut und gesagt, wir überweisen den Antrag an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss. Wir werden ihn nicht einfach ablehnen. So haben wir die Möglichkeit, über diesen Antrag noch einmal zu beraten. Das war ein Entgegenkommen, und ich finde, es war ein faires Entgegenkommen, wie wir mit diesem Antrag umgegangen sind. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hier wurde eben die Abgeordnete Frau Steiner dafür kritisiert, dass sie etwas ausgesprochen hat, das stimmt, nämlich dass man sich im Bahnhofsviertel und im sogenannten Viertel, im Ostertor, nicht mehr sicher fühlt.
(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Was? – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich fühle mich dort sicher!)
Ich sage das jetzt einmal als zugezogener Bremer, ich wurde in meinem Leben außerhalb Bremens nie ein Opfer von Kriminalität. Seitdem ich hier in Bremen bin – seit neun Jahren –, ist in mein Büro dreimal eingebrochen worden, im ersten Parteibüro einmal, im zweiten Parteibüro hat es einen Einbruchsversuch gegeben, und bei mir zu Hause ist aus dem Schuppen ein Fahrrad gestohlen worden. Das sind hier innerhalb von neun Jahren sechs Berührungen mit Kriminalität, nachdem ich vorher ein ganzes Leben lang woanders, außerhalb von Bremen, gelebt habe und niemals mit solchen Themen in Berührung kam.
DIE LINKE, und ich zähle jetzt einmal die Grünen und die SPD dazu, hat natürlich immer Bedenken, wenn es darum geht, die Polizeikapazitäten zu stärken. Da frage ich mich nach dem Warum.
Es gibt ein Bedenken, das immer angeführt wird, und das eigentlich so gar nicht typisch links ist, und das ist ökonomisch. Oh, es kostet ja viel Geld, wenn wir die erforderlichen Stellen bei der Polizei zur Verfügung stellen. Was wir ein wenig vergessen, ist, dass innere Sicherheit auch ein Wirtschaftsfaktor ist. Wir haben uns darüber unterhalten, weshalb es eigent
lich keinen Investor für den Lloydhof gibt und warum die Bremer Innenstadt verkommt und die Menschen lieber zu Dodenhof einkaufen gehen als in die Innenstadt.
Ich kann Ihnen sagen, das hat auch etwas damit zu tun, wie wir unsere Innenstadt pflegen, sie zugänglich machen für Besucher von außerhalb. Ein Mangel an innerer Sicherheit ist eine Störung für den Wirtschaftsstandort Bremen, und deswegen glaube ich, dass eine sinnvolle und notwendige Investition für die erforderlichen Kapazitäten bei der Polizei keine Frage ist, sondern schlichtweg ein Muss. Wir unterstützen deshalb den Antrag der FDP. – Vielen Dank!