Protokoll der Sitzung vom 25.02.2016

Meine Frage bezieht sich auf die Bundesförderprogramme. Gibt es bereits Rückmeldungen aus anderen Bundesländern, die helfen, die in der Antwort genannte Kritik zu verbessern?

Bitte, Frau Senatorin!

Darüber hatten wir leider noch keine Gelegenheit zu beratschlagen. Wir haben das natürlich entsprechend an das BMFJ zurückgemeldet und sind in Gesprächen darüber, ob man nicht eine Anpassung gestalten kann, die das besser in die Praxis umsetzbar macht.

Frau Senatorin, eine weitere Zusatzfrage von der Abgeordneten Frau Böschen! – Bitte sehr!

Frau Senatorin, die Darstellung zeigt aus meiner Sicht, dass das alles so ist, wie es sein sollte, und es kein Problem gibt. Wir erleben aber immer wieder als Begründung zum Beispiel für eine Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit insbesondere von Alleinerziehenden, dass das Problem der Kinderbetreuung genannt wird. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Bitte, Frau Senatorin!

Das ist das, was ich eben versucht habe darzustellen, dass wir den faktischen Bedarf nicht kennen, weil wir keine Erhebungen darüber anstellen, was sozusagen ein realer Bedarf bei Eltern wäre. Das wird nicht erhoben. Das heißt, wir können nur von dem ausgehen, was tatsächlich nachgefragt und bedient wird. Dass wir in der Kindertagesbetreuung im Land Bremen noch einen erheblichen Schritt nach vorn zu machen haben, ist, glaube ich, bekannt. Der Wunsch, dass wir mehr Eltern in Arbeit halten und das auch durch Kinderbetreuung absichern wollen, ist geteilte Meinung im Senat. Dem gelten unsere ganzen Bemühungen beim Ausbau der Kindertagesbetreuung, für die wir erhebliche Mittel einsetzen wollen.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Das heißt, ich verstehe Sie so, dass auch Sie die Notwendigkeit sehen, hier stärker darauf zu schauen, wo es tatsächlich an Tagesbetreuung fehlt. Ach dort, wo der Bedarf bisher gar nicht angemeldet wurde, besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass es einen Bedarf gibt. Das bezieht sich auf ganz bestimmte Stadtteile. Das bezieht sich auf ganz bestimmte Personengruppen.

Bitte, Frau Senatorin!

Das teile ich insofern, dass wir uns im Senat festgelegt haben, dass wir eine nachholende Entwicklung in der Kindertagesbetreuung machen, um genau in den Stadtteilen, in denen Eltern ihre Rechte noch nicht so massiv einfordern, sondern die Betreuung eher zu Hause organisieren, wenn sie eine ablehnende Position bekom

men, voranzukommen. Genau darum geht es. Das meint der Begriff der aufholenden Entwicklung in der Kindertagesbetreuung.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Frau Senatorin, eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Aulepp! – Bitte sehr!

Frau Senatorin, teilen Sie meine Auffassung, dass die von der Kollegin Frau Leonidakis und von der Kollegin Frau Böschen gerade geschilderte Situation nicht nur durch Kindertagesbetreuung, sondern auch durch familienzeitfreundliche Arbeitsbedingungen insbesondere für Frauen und für Männer, die mit ihren Kindern beschäftigt sein wollen, ein Lösungsansatz ist, den wir verfolgen müssen?

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Bitte, Frau Senatorin!

Frau Aulepp, das teile ich nachdrücklich. Gleichermaßen gilt, dass wir das ermöglichen müssen, was wir ermöglichen können. Es ist immer schwierig, die Betriebe dazu zu bekommen, familienfreundliche Arbeitszeiten anzubieten. Ich bin mit den Unternehmen im Gespräch. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, das auch die Frage der Fachkräfteentwicklung in Bremen betrifft. Wir müssen ein gutes Zusammenspiel bekommen, dass die Betriebe ihrer Verantwortung gerecht werden, familienfreundliche Arbeitszeiten anzubieten, Möglichkeiten für Familien anzubieten, Arbeit und eine Vollzeitberufstätigkeit zu vereinbaren. Gleichzeitig ist es auch Aufgabe, dass wir ausreichend Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Das ist genau die Aufgabe, die wir „vor der Brust haben“.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zehnte Anfrage steht unter dem Betreff „Nachrangigkeit der Ausbildungsgarantie“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Frau Strunge, Frau Vogt und Fraktion DIE LINKE.

Bitte, Frau Kollegin Strunge!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Was bedeutet die vom Senat in der Antwort vom 19. Januar 2016 festgestellte „Nachrangigkeit der Programme der Ausbildungsgarantie zu den Möglichkeiten des SGB II und SGB III“ konkret für erwerbslose Jugendliche mit Ausbildungsbedarf?

Zweitens: Aus welchen Rechtsvorschriften oder Verwaltungsanweisungen ergibt sich diese Nachrangig

keit der Ausbildungsgarantie gegenüber anderen Maßnahmen?

Drittens: In welcher Weise sind erwerbslose Jugendliche mit Ausbildungsbedarf davor geschützt, anstelle von Ausbildung in nicht qualifizierte Arbeit vermittelt zu werden?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Siering.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Nachrangigkeit bedeutet, dass bei den jungen Menschen zuerst geprüft wird, ob andere Fördermöglichkeiten bestehen. Die Überprüfung sowie die Bescheinigung übernimmt bei der Ausbildungsgarantie in der Regel die Jugendberufsagentur. Sofern Nachfrage nach Ausbildungsplätzen besteht, jedoch keine Fördermöglichkeiten im SGB II und SGB III existieren, können Landesmittel eingesetzt werden.

Zu Frage zwei: Die Ausbildungsgarantie ist Teil des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms, BAP. Das BAP wiederum unterliegt wegen des Europäischen Sozialfonds europäischen Verordnungen. Die Verordnungen der Europäischen Union Nummer 1303/2013 und Nummer 1304/2013 besagen, dass die ESF-Mittel und entsprechend auch Landesmittel nachrangig einzusetzen sind.

Zu Frage drei: Jeder junge Mensch entscheidet selbst, welcher Tätigkeit er nach der Schule nachgehen und in welche er entsprechend vermittelt werden will. Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen hat allenfalls Einfluss auf die Rahmenbedingungen, innerhalb derer junge Menschen ihre Entscheidungen treffen. Um den Schritt, ungelernt in die Berufstätigkeit einzusteigen, möglichst zu vermeiden, wurde unter dem Leitmotiv „Kein Jugendlicher darf verloren gehen“ die Jugendberufsagentur geschaffen. Ihre Aufgabe ist es, passende Angebote für die jungen Menschen zu finden. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Strunge, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie sagten gerade, dass die Ausbildungsgarantie Teil des BAP sei und aufgrund der europäischen Richtlinien klar wäre, dass diese Mittel nur nachrangig verwendet werden können. Aber soweit mir bekannt ist, können Landesmittel doch auch so verwendet werden, wie es das Land vorsieht. Wieso können hier die Landesmittel also nicht gleichrangig oder vorrangig vermittelt werden, damit Jugendliche direkt die Möglichkeit haben, die Vorteile der Ausbildungsgarantie zu nutzen?

Bitte, Herr Staatsrat!

Weil die entsprechenden Vorgaben das in dieser Reihenfolge so vorsehen, sodass wir den Einsatz der Landesmittel an dieser Stelle nach den europäischen Vorgaben nachrangig betrachten müssen. Insofern ist das die zentrale Aufgabe festzu-stellen, ob die Ausbildungsreife vorliegt oder nicht, inwieweit durch die entsprechenden Bescheinigungen, die dort erstellt werden, die Ausbildungsgarantie greift und so für die Jugendlichen zur Verfügung steht. Vorrangig ist aber zunächst zu sehen, welche Mittel hier eingesetzt und verwendet werden dürfen. Durch die europäischen Restriktionen sind uns die Hände gebunden, hier die Nachrangigkeit einzuführen.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Sieht es der Senat als sinnvoll an, dass die Ausbildungsgarantie nachrangig verwendet wird?

Bitte, Herr Staatsrat!

Die Situation ist so, dass wir hier eine Prüfung haben, ob die sogenannte Ausbildungsreife, die Berufsbildungsreife, vorliegt. Sollte sie nicht vorliegen, gibt es entsprechende Fördermaßnahmen, die eingeleitet werden können. Dem geht eine Prüfung durch die Agentur beziehungsweise das Jobcenter voraus. Wenn man dort zu der Entscheidung kommt, dass die Berufsbildungsreife nicht vorliegt, wird diese mit der entsprechenden Bescheinigung versehen, sodass der Weg frei ist, in die Ausbildungsgarantie zu gelangen. Dort ist das zentrale Element, wie ich gerade zu skizzieren versucht habe, „Keiner darf verloren gehen“, dass gerade diese Ausbildungsgarantie über die Berufsausbildungsreife hergestellt wird, damit junge Menschen so qualifiziert werden können, dass sie einen regulären Berufsweg einschlagen können.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Wenn wir uns das SGB II anschauen, so steht darin, dass Jugendliche unverzüglich in Ausbildung oder in Arbeit vermittelt werden sollen. Ich stelle mir die Frage: Inwieweit wird durch die Jugendberufsagentur verhindert, dass Jugendliche, wenn sie nicht direkt in eine Ausbildung vermittelt werden können, eher in eine ungelernte Tätigkeit vermittelt werden, weil das vielleicht einfacher ist, und ihnen so der Zugang zu einer Ausbildung verwehrt wird, was doch eigentlich nicht im Sinne des Senats sein kann?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das ist richtig, das kann nicht im Sinne des Senats sein. Dennoch ist es so, junge Menschen haben eine freie Wahlmöglichkeit, und wenn die jungen Menschen die Wahlmöglichkeit nutzen und sagen, sie gehen ungelernt in eine Berufstätigkeit; also, wir haben eine freie Berufswahl in der Bundesrepublik. Diese gilt auch für Jugendliche. Das heißt, wenn sie sich auf den Weg machen und diesen Weg einschlagen wollen, versuchen wir, ihnen durch entsprechende Beratungsangebote aufzuzeigen, dass es vielleicht sinnvoll ist, diese Ausbildung zu machen. Verhindern, wie Sie es vorgeschlagen haben, werden wir es nicht können. Dafür gibt es die Freiheit der jungen Menschen, dies selbst zu entscheiden.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Mich würde interessieren, ob Sie mir sagen beziehungsweise garantieren können, dass die Jugendberufsagentur der Vermittlung in Ausbildung den Vorrang gegenüber der Vermittlung in eine ungelernte Tätigkeit gibt.

Bitte, Herr Staatsrat!

Garantien abzugeben ist natürlich schwierig für Einrichtungen, mit denen ich selbstverständlich eine enge Arbeitsbeziehung, aber auf die ich keinen unmittelbaren Einfluss in dieser Form habe. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es in jedem Fall unser Bestreben ist, dort diesen Weg einzuschlagen, die Beratungen so durchzuführen, da es natürlich sinnvoller ist, dass die Menschen eine Ausbildung machen als zunächst zu versuchen, das sogenannte schnelle Geld zu verdienen, was am Ende als Bumerang zurückkommt. Das sollte in jedem Fall unser Bestreben sein.

(Beifall SPD)

Herr Staatsrat, eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Schäfer! Bitte, Herr Schäfer!

Herr Staatsrat Siering, Sie erwähnten die vorangehende Prüfung der Ausbildungsreife. Haben Sie Zahlen darüber, bei wie vielen Jugendlichen in Bremen eine solche Ausbildungsreife geprüft wurde und bei welchen diese nicht vorliegt?

Bitte, Herr Staatsrat!