Ich zitiere, wie Sie den Antrag begründet haben. Sie sagen, es gebe eine Verschärfung der Lage auf dem Wohnungsmarkt durch ein erhebliches Maß von Umwandlung von Wohnraum in Gewerberaum. Diese These muss man begründen. Wir haben keine Unterlagen vom Statistischen Landesamt. Das ist bedauerlich. Der Senat kann die Frage nicht beantworten. Das ist bedauerlich. Also hilft es nichts: Man muss beobachten, was in der Stadt los ist. Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Wir müssen mit offenen Augen durch die Stadt gehen und schauen, was da passiert. Darum drücken Sie sich meiner Meinung nach.
Mein Eindruck ist: Es kommt selbstverständlich zu Umwandlung von Wohnraum in Gewerberaum, aber das Umgekehrte ist ebenfalls der Fall, und nicht zu knapp.
Das ist tatsächlich ein ganz normaler Vorgang, der sich in jeder Stadt vernünftigerweise immer neu aussteuert. Die Frage ist doch: Kommt es zu einer massiven Verzerrung des Angebots an Wohnungen? Haben wir eine Störung auf dem Markt, die es rechtfertigen würde, mit staatlichem Zwang, mit staatlichen Vorschriften einzugreifen? Das sehen wir zurzeit nicht. Das schränken wir ein. Ich sage auch nicht, dass dieses Instrument etwa komplett unmoralisch sei und man es überhaupt nie verwenden dürfte. Viele Kommunen tun das ja. Aber in Bremen gibt es dafür keinen vernünftigen Grund.
Wir Grüne sind davon überzeugt, dass Stadtteile, in denen Wohnen und Arbeiten, Einkaufen und Freizeit gut miteinander gemischt sind, die meisten Chancen für ihre Bewohner bereithalten. Wo immer das aussichtsreich ist, verteidigen wir diese Mischung. Deswegen halten wir es für ganz unklug, wenn man, ohne dass das unbedingt sein muss, Wohnen und Arbeiten gegeneinander ausspielt. Das aber tun Sie hier jetzt gerade. Sie behaupten, die Wohnnutzungen in der Stadt seien gefährdet dadurch, dass in Wohnungen auch gearbeitet wird, dass in Wohnungen auch Geschäfte gemacht werden, dass in Wohnungen kleine Ateliers gegründet werden, dass sich in Wohnungen freie Berufe etablieren, dass eine Wohnung einmal in eine Arzt- oder eine Rechtsanwaltspraxis verwandelt wird. Das halten Sie für schädlich. Im gleichen Umfang passiert das allerdings auch umgekehrt. Dafür sollten Sie Ihren Blick schärfen.
Meiner Auffassung nach ist es gerade in den Stadtteilen wie Buntentor, Hastedt, Walle, die schon seit hundert Jahren von Menschen bewohnt werden, ein wunderbares Erbe, dass diese Stadtteile noch die Mischung von Wohnen und Arbeiten haben.
Die Gewerbehöfe in Buntentor werden heute aber in großem Umfang in Wohnen verwandelt. In großem Umfang werden die Klempnerei, die sich da befindet, die Dachdeckerei, die sich da befindet, die Elektrowerkstatt, die sich da befindet, zugunsten von Wohnen aufgegeben. Ich glaube, dass wir ein Interesse daran haben sollten, dass das Gewerbe in den Wohngebieten da erhalten bleibt, wo es möglich ist.
Nach meinem Gefühl ist es lebensfremd anzunehmen, dass das Aushandeln dieser Entscheidung in den Amtsstuben klüger verläuft als in den Stadtteilen
selbst. Stellen Sie sich das einmal vor! Da müssten sich die armen Kollegen in der Bauordnung bei Wohnung für Wohnung mit dem Thema beschäftigen, ob dieser oder jener nun sein Arbeitszimmer ein bisschen ausweiten darf, das Klingelschild ein bisschen verändern darf. Dann kommen die Leute, weil sie sich informieren wollen, zum Beispiel bei einem Architekten, der darüber nachdenkt, wie das Bauen in der Stadt vorankommen soll. Das finde ich nicht klug.
Planungs- und Baurecht regulieren das Leben und Wirtschaften in unseren Städten sehr weitreichend. Mit unserem Flächennutzungsplan, mit unseren Bebauungsplänen, mit den ganzen Regelungen des Baugesetzbuches geben wir ein sehr enges Nutzungsraster vor. Wir haben aber zum Glück in diesen Gesetzen – das ist eine gewisse Weisheit des Gesetzgebers – vorgesehen, dass es einen Spielraum gibt. In einem allgemeinen Wohngebiet darf man eben in Wohnungen auch freie Berufe ausüben. In einem Mischgebiet ist der Spielraum zwischen Gewerbe und Wohnen sogar noch größer. Es wäre unklug, wenn wir diese Spielräume einschränken wollten und den Menschen Vorschriften machten, wo es nicht erforderlich ist.
In diesem Sinne bin ich der Meinung: Abschreiben ist in Ordnung, aber vorher Nachschauen ist noch besser! – Danke schön!
Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Ich freue mich, dass doch noch ein paar im Raum sind. Das ist sehr schön.
Eigentlich haben meine Vorredner alles gesagt. Ich schließe mich sowohl Herrn Bücking als auch Frau Neumeyer an. Wir sehen es tatsächlich auch so, dass wir glauben, dass allein durch den Gesetzentwurf zur Beschlagnahme privater Grundstücke und Gebäude, den wir vor wenigen Monaten beschlossen haben, genügend Möglichkeiten und Instrumente vorhanden sind, um einzugreifen, sofern es denn nötig ist, sofern das gemacht werden muss. Wir glauben, dass Sie sich mit diesem Antrag auf Ferienwohnungen und gewerblich genutzte Wohnungen stürzen wollen, das ausweiten wollen. Das geht für uns viel zu weit. Sie greifen massiv in das private Eigentumsrecht ein. Eigentum ist für uns nach wie vor ein Grundrecht und hat einen ganz hohen Wert.
Ich glaube, Sie haben im Februar letzten Jahres schon einmal einen fast gleichlautenden Änderungsantrag eingebracht, der auch abgelehnt wurde. An der Kritik und an den Argumenten hat sich nichts geändert. Schon vor einem Jahr wurde festgestellt, dass die Zweckentfremdungsverbotsverordnung in anderen Städten nicht als Instrument geeignet ist, um Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Deswegen brauche ich dazu gar nicht mehr viel zu sagen. Für uns jedenfalls stehen das Schaffen von Wohnraum und der damit verbundene Wohnungsneubau mehr im Vordergrund. Wir glauben nicht, dass die Idee, die Sie da haben, irgendetwas daran ändern würde, dass sich die angespannte Situation entspannen würde. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Bücking, ich weiß nicht, was Sie gelesen haben, worüber Sie gesprochen haben. Ich habe nie gesagt, dass man in Ferienwohnungen arbeiten soll und ich die Gewerbetreibenden da „rauskegeln“ möchte. Es geht um die Zweckentfremdung von Wohnraum. Das heißt faktisch: Wir wollen nicht, dass er in Ferienwohnungen umgenutzt wird. Es geht um gewerblich-touristische Untervermietung. Es ist faktisch so, dass sich ein Mensch, der so eine Wohnung besitzt, mehr oder weniger an der Grenze zum Gewerbetreibenden befindet. Das soll er anmelden!
Wir wissen nichts. Sie geben zu, dass Sie nichts wissen. Sich von vornherein hinzustellen und zu sagen: Na ja, dann gehe ich einmal durch die Stadt und schaue einmal durch die Fenster – ich glaube, damit kommen wir kein Stück weiter. Es geht einzig und allein darum, dass wir einen Baustein haben, der besagt: Es gibt eine zunehmende Zweckentfremdung, und wir wollen ein Auge darauf haben. Die Tatsache: „Ich weiß nichts, also muss ich mich nicht darum kümmern“, zur Grundlage zu machen, halte ich für eine ziemlich beschränkte Haltung.
Das absolute Minimum wäre, dass auch Bremen eine Studie in Auftrag gibt, um überhaupt einmal den Sachstand herauszufinden. Die Zahl von 1 500 ist tatsächlich geschätzt. Daraus mache ich überhaupt keinen Hehl. Das soziale Wohnungsbauprogramm wäre froh, wenn es sich in dieser Größenordnung befände. Tut es aber nicht! Es ist zumindest ein Bereich, den wir einmal in den Blick nehmen sollten. Wir soll
ten einmal sehen, wie lange die Entwicklung so weitergeht. Irgendwann – keine Ahnung, wann; vielleicht erlebe ich es noch – wird von Rot-Grün hier ein ähnlicher Antrag hereinsegeln. Es wird eine Weile dauern, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er kommen wird. Dann kann ich irgendwann sagen: Das habe ich schon 2016 und 2015 gesagt.
Aber wir können uns doch nicht hinstellen und sagen, dass das kein Bereich ist, den wir uns anschauen müssen. Ich weiß von Ferienwohnungen. Es gibt sehr verantwortliche Ferienwohnungsbesitzer und -besitzerinnen, die wollten das als Flüchtlingswohnungen anbieten. Durften Sie nicht! Das ist nicht hier in Bremen, aber in einem anderen Bundesland passiert. So etwas halte ich auch für absurd. Es ist doch nicht so, als sei dieser Bereich – gerade in der aktuellen Lage – nicht wichtig zu reflektieren. Um nicht mehr und nicht weniger geht es! – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieses Haus ist sich weitgehend einig darüber, wie der Antrag der LINKEN einzuschätzen ist. Deswegen möchte ich nur kurz darauf eingehen und die Einschätzung des Senats abgeben. Wir sind der Auffassung, dass in Bremen und in Bremerhaven die Voraussetzungen für den Erlass einer Zweckentfremdungsverbotsverordnung in der Tat eindeutig nicht vorliegen. Richtig ist, dass es das in den Neunzigerjahren in Bremen und in Bremerhaven gegeben hat. Das ist seinerzeit ausgelaufen, als sich der Wohnungsmarkt entspannt hat. Im Moment gibt es solche Instrumente nicht. Deswegen habe ich auch ein bisschen über den letzten Satz Ihres Paragrafen 8 a gestutzt, in dem steht: „Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits erlassenen Satzungen bleiben in Kraft.“ Den Satz hätte man wenigstens herausnehmen sollen, als man das Gesetz aus Nordrhein-Westfalen kopiert hat. Wir haben nämlich solche Satzungen im Moment in Bremen nicht.
Richtig ist, dass wir im Moment eine stark angespannte Wohnungsmarktlage haben. Wir haben das auch in die Begründung für die Kappungsgrenzen-Verordnung und die Mietenbegrenzungs-Verordnung im August 2014 und im November 2015 hineingeschrieben. Aber allein das Vorliegen einer solchen Gefährdung der Mietwohnungsversorgung reicht für den Erlass einer solchen Zweckentfremdungsverbotsverordnung nicht aus. Man muss vielmehr schauen – das hat der Abgeordnete Pohlmann deutlich ge
macht –, ob das geeignet und erforderlich ist, um die Wohnraumversorgung zu verbessern. Das können wir klar verneinen.
Eine solche Verordnung würde ins Leere laufen, weil es kaum Anwendungsfälle gibt. Sie wäre nur auf solche Zweckentfremdungen anwendbar, die nach Inkrafttreten der Verordnung vorgenommen werden. Das heißt, selbst wenn es aktuell bestimmte Fälle gibt, müssen wir ein starkes Anwachsen dieser Fälle nachweisen, damit eine solche Verordnung sinnvoll ist. Vorherige Zweckentfremdungen wären, solange sie mit dem Planungsrecht in Einklang stehen, rechtmäßig, können nicht mehr verboten werden. Herr Bücking hat darauf hingewiesen, dass es oft auch sinnvoll sein kann, dass wir in den allgemeinen Wohngebieten bestimmte Durchmischungen haben.
Wir kennen in meinem Ressort keine nennenswerte Zahl an neu vorgenommen Zweckentfremdungen von Wohnraum zum Beispiel für Büros oder Praxen. Auf die haben Sie in Ihrem Antrag auch abgehoben. Sie beziehen sich nicht nur auf Ferienwohnungen. Sie sprechen davon, dass Wohnungen in nicht unerheblichem Maß in Gewerberäume umgewandelt werden. Das ist uns nicht bekannt. Nach unserer Auffassung ist es eher im Gegenteil so, dass Büroräume oder Praxen leer stehen und eine Umnutzung zu Wohnungen angestrebt wird.
Wir haben auch vor Kurzem den großen Bebauungsplan für die Innenstadt geändert, mit dem wir das Potenzial schaffen, mehr als 1 000 Wohneinheiten im inneren Bereich der Innenstadt, innerhalb des Wallrings zu schaffen. Ich glaube auch, das ist eine richtige Entwicklung, die wir weiter vorantreiben sollten.
Auch die Nutzung von Privatunterkünften als Unterkünfte für Touristen ist kein Thema. Das hat die Antwort des Senats auf die Anfrage der SPD – war es, glaube ich –
vor einigen Wochen ergeben. Ich füge auch noch hinzu: Auch wenn einmal eine Privatwohnung als Ferienwohnung für eine bestimmte Zeit angeboten wird, heißt das nicht, dass es eine Zweckentfremdung ist. Es gibt manchmal Menschen, die ein halbes Jahr nicht in Bremen sind. Sie wollen die Wohnung nicht leer stehen lassen, sondern vermieten diese Wohnung dann über Airbnb oder ein anderes Portal. Das ist nicht in jedem Fall gleich ein Verstoß. Das heißt, man müsste tatsächlich etwas tiefer in die Thematik einsteigen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Wohnungsaufsichtsgesetzes, Drucksache 19/180, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.