Das können Sie ja gleich machen, Herr Bensch! Sie haben auch die UN mit der Drogenpolitik genannt, und ich habe gerade gestern einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ mit der Überschrift „Der Krieg ist verloren“ gelesen, den mir ein Mitarbeiter der SPD-Fraktion gegeben hat. Ich zitiere:
„Seit mehr als einem halben Jahrhundert haben die Vereinten Nationen auf scharfe Drogenverbote gesetzt. Nun wächst die Einsicht, dass die Härte oft mehr geschadet als genutzt hat.“
Momentan ist es so, ich habe es schon einmal gesagt: Jedes Gramm Cannabis, das momentan konsumiert wird, wird auf dem Schwarzmarkt gekauft, und Dealer verkaufen oft nicht nur Gras, sondern auch etwas anderes. Dann ist natürlich der Schritt von Cannabis zu anderen Drogen ein leichterer, als er das wäre, wenn wir eine kontrollierte Abgabe hätten.
Die Angst vor der Strafverfolgung verhindert natürlich auch ein Annehmen von Hilfe. Heute ist es so, dass
Menschen, die psychische Probleme durch das Kiffen haben oder eben selbst merken, dass ihr Konsum zu Problemen führt, oft aus Angst vor der Strafverfolgung keine Hilfsangebote nutzen. Auch dabei würde eine Liberalisierung Erleichterung bringen.
Wir stehen mit unserer Forderung nicht allein: Neben einem Bündnis von mehr als 120 Strafrechtsprofessoren hat beispielsweise auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter Stellung bezogen und plädiert für die Entkriminalisierung des Erwerbs und des Besitzes von Haschisch und Marihuana. Herr Bensch, Sie sagten eben: Bremen rettet die Welt! Das vielleicht nicht unbedingt, aber Sie sehen, wir sind hier nicht völlig abseits mit unserer Forderung, und es gibt viele Menschen in der Republik, die sich durchaus in einer sehr ähnlichen Weise wie wir sehr ernsthaft damit beschäftigen.
Lassen Sie mich ein Letztes sagen! Eine rationale Drogenpolitik – diese Debatte hat in gewissen Zügen eine gewisse Irrationalität; aber insgesamt war sie recht rational – ist längst überfällig. Wir brauchen beim Thema Cannabis eine Drogenpolitik, die, anstatt ausschließlich auf Verbote zu setzen, klaren Prämissen folgt. Unsere Ziele lauten – das haben wir eben schon mehrfach gehört: Wir wollen möglichst wenige Konsumentinnen und Konsumenten. Wir wollen einen möglichst späten Konsum. Wenn schon jemand Cannabis nimmt, dann bitte möglichst risikoarm, das heißt, eben nicht irgendeinen Stoff mit Dingen belastet, von denen man nichts weiß. Wir wollen effektive Hilfe für diejenigen, die durch den Konsum in problematische Situationen geraten.
Ein letzter Satz, dann bin ich mit meiner Rede fertig! Wir wollen deutlich mehr Anstrengungen bei der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über die Risiken von Drogen. Da das hier immer wieder zur Sprache gekommen ist, möchte ich es gerne noch einmal wiederholen: Jugendschutz und Prävention sind uns wichtig, meine Damen und Herren! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schäfer, Sie haben uns eben bewiesen, dass AfD wählen offenbar lebensgefährlich sein kann. Ich war, ehrlich gesagt, ein bisschen entsetzt über Ihre Ausführungen über das Zu-schnell-Fahren und über Rote-Ampeln-Fahren.
Genau da zeigt sich deutlich, dass Sie die Rechtssystematik des Strafgesetzbuchs nicht ansatzweise begriffen haben. Der Kollege Dr. Buhlert hat zweimal versucht, es zu erklären: Dieses ganze Betäubungsmittelgesetz ist eigentlich rechtssystematisch ein Anachronismus, weil eine Eigengefährdung bestraft wird – was im Strafgesetzbuch sonst überhaupt nicht vorkommt –, während Sie, wenn Sie über eine rote Ampel fahren – was erst einmal eine Ordnungswidrigkeit ist – das Leben anderer Menschen gefährden. Genau darin liegt der Unterschied!
Ich bin über Ihre Äußerungen, ehrlich gesagt, fassungslos. Sie sind Abgeordneter, stellen sich hier hin und tun so, als sie das etwas ganz Tolles, was Sie uns hier geboten haben. Das ist wirklich schon echt der Hammer, muss ich ganz ehrlich sagen!
Ja, aber damals war er AfD-Spitzenkandidat! Das ist mir jetzt egal; die gibt es jetzt auch nicht mehr.
Zur Rechtssystematik ist hier schon mehrfach gesagt worden: Es gibt übrigens aus gutem Grund 122 Strafrechtsprofessorinnen und ‑professoren, die sich im Schildower Kreis zusammengetan haben und im Bund die Betäubungsmittelgesetzreform fordern nicht nur, weil sie sagen, dass aus ganz vielen Gründen die Prohibition gescheitert ist – viele Sachen sind hier schon erwähnt worden –, sondern dass es auch noch andere Gründe gibt: Die Prohibition hat zum Beispiel zu Schattenhaushalten geführt, sie hat zu Kriegen geführt, sie hat dazu geführt, dass ganze Systeme und Staaten destabilisiert sind, und damit könnte man Schluss machen.
Es gibt international ganz interessante Entwicklungen. In den Ländern, in denen Drogen angebaut werden, wird inzwischen auch eine Entkriminalisierung vorangetrieben, damit genau diesen kriminellen Machenschaften das Handwerk gelegt wird,
damit die Koka-Bauern nicht für irgendwelche Drogenbosse ausgebeutet werden und ihre Landwirtschaft nicht unter kriminellen oder mafiaähnlichen Bedingungen auszuüben, sondern wieder in die Lage versetzt werden, in einer vernünftigen Art und Weise ihren Lebensunterhalt, ihre Existenz – –.
Ach, Herr Schäfer, Sie haben doch überhaupt keine Ahnung! Können Sie sich einmal mit Drogenpolitik auseinandersetzen? Aber Sie sind doch in Ihrem Hirn total irgendwie – weiß ich auch nicht.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ein Lachflash! – Abg. Schäfer [ALFA]: Was reden Sie für einen Quatsch?)
In Ländern wie Kolumbien hat man längst gesagt, man kann damit den Sumpf austrocknen, indem man eine andere Politik macht. Inzwischen gibt es auch in den USA eine ganz breite Bewegung, und das sind nicht nur die Staaten, die zu entkriminalisieren angefangen haben. Es gibt in ganz vielen Bundesstaaten der USA inzwischen Bewegungen und Volksentscheide, die auf eine Entkriminalisierung hinwirken, weil auch die gemerkt haben, dass es nicht nur im nationalen, sondern auch im internationalen Kontext tatsächlich im Grunde das einzig Sinnvolle ist, diesen sogenannten War on Drugs zu beenden, was global gesehen diesen ganzen mafiösen Strukturen, den Schattenhaushalten und den Schattenwirtschaften das Handwerk legen wird. Das ist doch der Hintergrund, der auch in den USA diskutiert wird!
Nur bei uns führen wir Scheindebatten, und das ist doch teilweise nicht mehr zu ertragen. Stichwort Prävention: Wer wirklich glaubt, dass Verbote Prävention bedeuten, da frage ich nur: Auf welchem Mond leben Sie denn, Herr Bensch?
Auf welchem Mond leben Sie denn? Substanzen, die verboten sind, führen dazu, dass sich Menschen, die einen problematischen Konsum von verbotenen Substanzen haben, keine Hilfe suchen, weil sie mit einer Strafverfolgung rechnen müssen. Sie führen dazu, dass Jugendliche – das habe ich hier schon einmal gesagt – zu Hause, wenn sie das erste Mal mit illegalen Substanzen in Berührung kommen, im Zweifelsfall nicht darüber reden, und dann erfolgt eben nämlich gerade keine Prävention, weil die Eltern dann nicht über die Gefahren von zum Beispiel zu hohem THC-Gehalt mit ihren Kindern reden können. Das ist doch das Absurde an einer Verbotspolitik, und
deswegen gibt es nicht nur Strafrechtsprofessoren, sondern inzwischen auch immer mehr Kriminalbeamte, die sagen: Weg mit der Prohibition; wir brauchen ein anderes Betäubungsmittelgesetz!
Ich habe das hier vor anderthalb Jahren schon einmal gesagt: Der Bund der Kriminalbeamten sagt mittlerweile: Weg damit! Die Prohibition ist gescheitert; sie ist eher schädlich. Sie verhindert eine Prävention, sie fördert den Schwarzmarkt, und sie zwingt uns als Kriminalbeamte zu absurden Sachen, die wir eigentlich gar nicht mehr vertreten können.
Das denken sich doch nicht nur ein paar Parteien hier aus, das ist eine Realität! Nur in der Politik wird die Debatte nicht so geführt, wie sie in der Gesellschaft geführt wird, und das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Herr Bensch, wenn Sie hier ankommen und sagen, mit diesem Antrag macht die Koalition irgendetwas, um davon abzulenken, dass ganz viele soziale Missstände in diesem Bundesland bestehen, dann finde ich das sogar als Oppositionspartei absurd, weil das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun hat.
Im Übrigen, das hat der Kollege Dr. Buhlert auch richtig gesagt: Ich habe vorhin erwähnt – das hat unsere Anfrage vor zwei Jahren ergeben, die vor anderthalb Jahren beantwortet wurde: Es sind circa 60 Menschen in Justiz und Polizei – die JVA ist noch gar nicht mit drin – nur in dem Bereich der Verfolgung von Cannabiskonsumenten beschäftigt.
Wir und auch Sie klagen hier dauernd, die Polizei ist überlastet. In wichtigen Bereichen ist sie nicht mehr vorhanden. Wir haben zu viele Einbruchsdiebstähle, wir haben zu wenige Leute in den einzelnen KripoAbteilungen, und die Justiz ist überlastet. Da können wir sie sofort freistellen, 60 Leute in dem Bereich, die etwas Sinnvolles machen könnten.