Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt debattieren wir über eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen für die bremischen Häfen: den Ausbau der Mittelweser für das Großmotorgüterschiff. Es geht um die Hafenhinterlandanbindung über das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das Schiff. Für uns Freie Demokraten ist dabei eindeutig: Wir brauchen den vollständigen Ausbau nach ursprünglicher Planfeststellung, um die Zukunft der bremischen Häfen zu sichern.
Ich war hocherfreut, als ich als Antwort auf unsere Kleine Anfrage zur Mittelweser im Dezember 2015 gelesen habe, dass der Senat es genauso sieht. Immerhin steht dort, dass zur Verstärkung der Hafenhinterlandanbindung der planfestgestellte Ausbau der Mittelweser erforderlich ist.
Diese Aussage ist vollkommen richtig. Schade nur, dass diese Passage aus Versehen in die Antwort des Senats gerutscht ist und der Senat es eigentlich anders sieht; so wurde es uns dann im Hafenausschuss erläutert. Das passiert, wie wir heute Morgen gehört haben, ja öfters in Anfragen des Wirtschaftsressorts; ich verweise dabei auch auf unsere Anfragen zum ttz.
Zur Sache! Es ist gelungen, einen Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der Mittelweser zu erreichen, bei dem es um umfangreiche Uferrückverlegungen geht. Das ist keine einfache Aufgabe und wird vermutlich nicht noch einmal gelingen. Aber jetzt will der Senat, insbesondere Herr Senator Günthner, den planfestgestellten Ausbau nicht mehr. Er stützt sich dabei auf bisher nicht veröffentlichte Ergebnisse ei
ner Verkehrssimulation, die seinem Ressort im Detail noch gar nicht vorliegen. Ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit: Es ist nicht entscheidend, ob der Senator glaubt, dass das Großmotorgüterschiff auf der Weser fahren kann – entscheidend ist, ob sich die Wirtschaft am Ende für den Einsatz des Großmotorgüterschiffs auf der Mittelweser entscheidet.
Das wird sie bei der abgespeckten Variante wahrscheinlich nicht tun. Es ist einfach schlichter Blödsinn, die Schleusenzeiten auf 24 Stunden am Tag anzuheben. Nachts auf der Mittelweser zu fahren, ist angesichts des kurvenreichen Verlaufs und der starken natürlichen Strömung abenteuerlich und, wenn überhaupt, nur mit Zeitverlust realisierbar. Die Einhaltung der Ruhezeiten kann mangels unwirtschaftlicher zweiter Mannschaft und nicht ausreichend vorhandener Liegeplätze nicht eingehalten werden. Am Sonntag sind außerdem viele Häfen nicht besetzt. Die Verbesserung der Schleusensituation ist nicht verkehrt, aber den planfestgestellten Ausbau der Mittelweser ersetzt sie nicht. Ursprünglich waren lediglich 24 Prozent mit Begegnungsverkehr vorgesehen. In der derzeit diskutierten abgespeckten Variante wird das Ganze auf 40 Prozent ausgeweitet. Das wird den Einsatz der Großmotorgüterschiffe verhindern. Übrigens sieht der Amtskollege von Herrn Günthner, der Parteigenosse Olaf Lies in Niedersachsen, das anders. In einer Pressemitteilung vom 21. August 2015 hat er erklärt: „Vielen Unternehmen und Menschen geht es im Moment sehr gut. Das führt dazu, dass manch einer meint, Veränderungen und erst recht neue Verkehrsverbindungen seien überflüssig. Das ist ein großer Irrtum. Andere Länder investieren, wir brauchen dafür nur Richtung Rotterdam schauen. Wenn wir die Qualität unseres Wirtschaftsstandortes erhalten und ausbauen wollen, müssen wir uns anstrengen.“ Dann heißt es weiter: „Der Bund darf Erhaltung und Ausbau seiner Binnenwasserstraßen auf keinen Fall vernachlässigen. Der zügige Ausbau der Mittelweser gehört ohne Einschränkung dazu.“
Genau diese Position hat Olaf Lies unlängst beim Weser-Tag bekräftigt. Ich fordere Herrn Senator Günthner auf, sich aus dem Versteck zu wagen und sich hinter die Forderungen nach einem vollständigen Ausbau der Mittelweser zu stellen!
Uns ist dabei bewusst, dass die verbleibenden zehn Uferrückverlegungen zusätzliches Geld kosten; nach
unseren Berechnungen etwa 8 Millionen Euro für Bremen. Das ist in Anbetracht der Summen, die derzeit für den in Schwebe stehenden Offshore-Terminal diskutiert werden, ein Schnäppchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen auch der Koalition, der vollständige Ausbau der Mittelweser ist eine große Chance für die Häfen in Bremen und Bremerhaven. Er ist planfestgestellt. Lassen Sie uns in dieser elementaren Frage Einigkeit beweisen! Deswegen fordere ich Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen Ihnen heute einen gemeinsamen Antrag der FDP- und der CDU-Fraktion zum Ausbau der Mittelweser vor. Dieses Projekt hat große strategische Bedeutung für eine bessere Integration des Binnenschiffs in die Logistikkette und die Hafenanbindung der bremischen und niedersächsischen Häfen.
Der Wirtschaftsverband Weser appelliert bei jeder passenden Gelegenheit an die rot-grünen Koalitionspartner, auch in Bremen, in Sachen Mittelweserausbau gemeinsam mit allen Parteien zu handeln – leider bisher vergeblich. So droht aus den bereits getätigten Maßnahmen eine Investitionsruine zu werden. Seit den ursprünglichen Überlegungen zum Ausbau der Mittelweser, angesichts des steigenden Transportaufkommens Wasserstraßen als umweltfreundliche Transportwege attraktiv zu machen, sind schon circa 250 Millionen Euro Investitionen an der Mittelweser geflossen, davon über 22 Millionen Euro vom Land Bremen. Ursprünglich sollte der Ausbau sogar bereits 2014 abgeschlossen sein.
Schon über die letzten Jahrzehnte wurden die Mittelweser und deren Schleuse an die größeren Schiffseinheiten angepasst. Nun fehlt letztendlich die vollständige Anpassung an das Großmotorgüterschiff, kurz GMS, mit einer Länge von 110 Metern. Zwar sollen ab 2017 mit Fertigstellung der großen Schleuse in Minden angepasste Schleusenbetriebszeiten dafür sorgen, dass die Mittelweser für diese Schiffe befahrbar ist, aber streckenweise wird sie nur im Einrichtungsverkehr befahrbar sein und in der sogenannten Basisvariante – Herr Professor Dr. Hilz hat es gerade schon erwähnt – sogar nur auf 40 Prozent der Strecke, ohne Begegnungsmöglichkeit, was zu erheblichen Verlängerungen der Transportzeiten führt.
Weitere technische Schwierigkeiten wie Fahrzeitbeschränkungen der Schiffe, die im Schichtbetrieb geführt werden, sowie zu hohe Gefahren bei Nachtfahrten durch den Kurvenreichtum, die Enge und die
Strömung in der Mittelweser stehen in der sogenannten Basisvariante einem wirtschaftlichen Transport entgegen. Auch die schon zitierte Verkehrssimulation, mit der die angestrebte Basisvariante einem Praxistest unterzogen werden sollte, entpuppt sich bei genauem Hinsehen als eher praxisfern. Sie hat zwar die nautischen Gegebenheiten für das GMS geprüft, aber nicht die wirtschaftlichen. Auf deren Basis aber entscheiden die Reeder und Verlader darüber, welchen Transportweg und welches Transportmittel sie für ihre Ladung wählen. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030, der Mitte dieses Jahres veröffentlicht wurde und der sich noch in der Auslegungsphase befindet, wird der Ausbau der Mittelweser nur noch als Projekt des vorrangigen Bedarfs eingeordnet, also quasi zurückgestuft, während Konkurrenzprojekte, zum Beispiel der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals für circa schlappe 700 Millionen Euro, ganz plötzlich dank politischen Drucks in den vordringlichen Bedarf hochgestuft werden – ein weiterer Baustein, die bremischen und niedersächsischen Häfen und damit auch den Wirtschaftsstandort in der Anbindung abzuhängen. Offensichtlich interessiert das hier aber niemanden so richtig, und offensichtlich ist diese Vorrückung in den vordringlichen Bedarf aufgrund politischer Unterstützung in Schleswig-Holstein und Hamburg gelungen. Bereits im November sickerte auch hier in Bremen durch, dass die Mittelweser wohl nicht mehr als in der Umsetzung befindliches Projekt eingestuft wird. Damit wird eine Ungleichbehandlung von Elbe und Weser zementiert, aber uns interessiert das nicht. Deshalb möchte ich gern zum Schluss meiner Rede die Begründung aus dem rot-grünen Antrag von Anfang Mai dieses Jahres aus dem Niedersächsischen Landtag zitieren: „‚Mehr Güter auf den Wasserweg‘ ist eine Antwort zur Entlastung von Straßen und Schienen... Der Ausbau des Binnenschiffsanteils am Seehafenhinterlandverkehr erfordert jetzt politische Entscheidungen und Investitionen in das Bundeswasserstraßennetz. Ein baulicher Stillstand durch einen freiwilligen Verzicht auf den planfestgestellten Bedarf der Mittelweser steht den künftigen Ansprüchen an Dienstleistungen, Logistik und Fremdenverkehr entgegen.“ – So der Antrag von Rot-Grün in Niedersachsen! Das sagt doch alles!
Hier ist gemeinsames Handeln auf Bundesebene angesagt. Ich bitte deshalb um Ihre Unterstützung für den Antrag. – Vielen Dank! – Die Drucksachen-Nummer gebe ich Ihnen gern, Herr Fecker!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir gehen in einer Einschätzung überein: Wir schätzen dieses Unterfangen, die Mittelweser zu ertüchtigen und für Großmotorgüterschiffe befahrbar zu machen, als hochwertig ein. In der Frage, wie wir das realisieren, gehen wir aber auseinander. Als wir heute Morgen den OTB debattiert haben, haben Sie über veränderte Rahmenbedingungen gesprochen. Hier aber ist dieser Fall tatsächlich eingetreten, denn der Herr des Verfahrens ist der Bund. Der Bund selbst sagt aufgrund von Simulationen und einer Probefahrt, dass das Ziel, die Steigerungsmöglichkeiten von Umschlag zu gewährleisten, anscheinend mit den Arbeiten an den Schleusen, mit den Veränderungen der Schleusungszeiten und so weiter zu erreichen sei. Ich kann erst einmal nicht anders, als dem zu glauben, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, wenn man sich einmal anschaut, über was für eine Bewegung wir eigentlich sprechen, dass dort zwei bis vier Bewegungen am Tag organisiert werden müssen. Inwieweit das tatsächlich zu Problemen führt, müsste man beobachten. Überlegt man sich, dass auch die Umschlagkapazitäten ein Stück weit davon abhängen, wie leistungsfähig die Binnenhäfen sind, stellt sich die Frage, ob der planfestgestellte Ausbau wirklich sinnvoll ist, um die ursprünglichen Ziele zu erreichen, oder ob die Basisvariante ausreicht. Vor dem Hintergrund von Geld, das wir dafür bereitstellen müssen, ist es nicht unsinnig, zu hinterfragen, ob der Bund nicht recht hat. Wir sind der Auffassung, es ist sehr ernst zu nehmen, dass die Wirtschaft Bedenken hat, ob diese Strecke wirklich durch die Basisvariante ausreichend ertüchtigt wird, aber zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, wir müssen auf jeden Fall den planfestgestellten Ausbau umsetzen, erscheint aus unserer Sicht im Moment aus drei Gründen nicht sinnvoll. Erstens haben wir die Ergebnisse der Simulation nicht vorliegen. Zweitens haben wir die Ergebnisse dieser Probefahrt nicht vorliegen.
Drittens befindet sich das Land Bremen im Moment noch in Verhandlungen mit dem Bund, die wir erst einmal abschließen sollten. Dann sollten wir die Ergebnisse in Augenschein nehmen, um zu überlegen, wie wir uns positionieren. Der rot-grüne Antrag, den Sie angesprochen haben, ist in der Tat nicht im Niedersächsischen Landtag debattiert und beschlossen worden,
sondern, wenn ich das recht erinnere, ist er an einen Unterausschuss weitergeleitet und dort erster Klas
se beerdigt worden. Wenn man an der Stelle so tut, als gingen Rot-Grün in Niedersachsen und Bremen auseinander, muss man auch die Historie und den Werdegang des Antrags bis zum Ende betrachten.
Am Ende ist noch einmal zu sagen: Für uns ist das Ziel des Ausbaus der Mittelweser nicht ad acta gelegt. Wir wollen aber abwarten, ob die Basisvariante die gewünschten Ergebnisse hervorbringt. Sollte das nicht der Fall sein, können wir uns gern noch einmal darüber unterhalten, und dann wird unsere Forderung vielleicht auch der Ihren etwas gleichen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir letztes Jahr den ökologisch unsinnigen und ökonomisch höchst fragwürdigen Ausbau der Außen- und Unterweser diskutiert haben, kommt jetzt ein Antrag zur Vertiefung der Mittelweser.
Eine Verlegung wäre noch erstaunlicher, das stimmt! Es geht vor allen Dingen um eine Flussverbreiterung.
Der Ausbau der Mittelweser ist genau wie der Ausbau der Außen- und Unterweser ein längeres Projekt. Es wurde bereits 1988 begonnen, da hat man zunächst für die Europaschiffe ausgebaut, um eine Erschließung des Hinterlandes zu ermöglichen. 2002, das wurde schon angesprochen, wurde dann planfestgestellt, den Ausbau auf die Großmotorgüterschiffe auszuweiten. Anteilig finanziert wurde das Projekt schon die ganze Zeit auf der einen Seite durch Bremen und auf der anderen Seite durch den Bund. Ob die jetzt noch fehlenden Ausbauschritte nötig sind, ist höchst umstritten. Nach aktuellen Verkehrssimulationen, auch das wurde in der Debatte schon angesprochen, sind weitere Uferrückverlegungen am Innenhang nicht wirklich nötig, um die Befahrung des Abschnitts zu gewährleisten. Die Zulassung der Schiffe hängt derzeit davon ab, dass die Schleuse in Minden fertiggestellt wird. Das ist für das nächste Jahr geplant, damit die Erschließung an den Mittellandkanal gewährleistet werden kann.
Unter dem Strich geht es darum, die Fahrrinne zu verbreitern, damit der Schiffsverkehr an den meisten Stellen in beiden Richtungen stattfinden kann. Die Zahlen sind eben genannt worden. Ursprünglich war geplant, dass nur auf 24 Prozent des Streckenab
schnitts ein einbahniger Verkehr stattfinden kann. Derzeit ist auf 40 Prozent des Streckenabschnitts Begegnungsverkehr ausgeschlossen. Wie aber eben schon angesprochen, sagt die derzeitige Verkehrssimulation voraus, dass das an der Stelle funktioniert – übrigens aus einem CDU-Bundesministerium, ich weiß gar nicht, warum ich das verteidige!
Wenn wir zur politischen Diskussion der Frage kommen, kommen wir auch unmittelbar zu der Frage des Bundesverkehrswegeplans 2030. Dort schließen wir uns den Positionen der Umweltverbände an: In diesem Verkehrswegeplan gibt es eine verkehrspolitische und umweltpolitische Fehlpriorisierung der Straßen. Wir brauchen eigentlich eine stärkere Priorisierung des Ausbaus der Wasserstraßen und der Schienen, deshalb ist es durchaus richtig, dass in diesen Bereichen investiert und die Struktur ausgebaut wird. Das bedeutet aber nicht, dass jede Maßnahme, die an einer Wasserstraße durchgeführt wird, automatisch sinnvoll ist, und das bedeutet insbesondere nicht, dass wir alle Wasserstraßen so ausbauen, als wären sie Autobahnen, indem wir sie möglichst zementieren – den Begriff fand ich ganz gut –, möglichst mehrspurig machen und das möglichst außerhalb des natürlichen Flussbettes.
Damit dieser Punkt in der Debatte neben der verkehrspolitischen Frage noch einmal genannt wird: Uferrückverlegungen sind ökologisch schwerwiegende Eingriffe. Es gab in dem Zusammenhang in Niedersachsen auch durchaus Diskussionen über die Fragen des Hochwasserschutzes. Wir wissen auch, dass Hochwasserschutz am besten gewährleistet werden kann, wenn Flüsse in ihrem natürlich Flussbett bleiben. Wenn wir hier noch in der Diskussion sind, ob überhaupt eine Anpassung der Fahrrinne nötig ist, um die wirtschaftliche Befahrbarkeit zu gewährleisten, lehnen wir diese Maßnahmen ab.
Abschließend möchte ich noch einen Punkt aus der Debatte aufgreifen, den die Anfrage der FDP aus dem letzten Herbst ergeben hat. Sie haben nach der Finanzierung gefragt, und dabei ist ein interessanter Punkt aufgefallen: Es gibt einen Deal, der schon 2012 auf Grundlage eines Vorschlags des Bundes zustande gekommen ist, nämlich dass die Zahlungsverpflichtungen Bremens dem Bund gegenüber anteilig erlassen wurden und dafür ein Tausch stattgefunden hat, bei dem Unterhaltsverpflichtungen für andere Flüsse auf Bremen übertragen wurden. Man hat sozusagen einen Tausch gemacht, man hat einerseits Schulden beim Bund erlassen bekommen und auf der
anderen Seite dauerhafte Verpflichtungen als Regelaufgaben übernommen. Wir glauben, dass der Senat Bremen mit diesem Deal keinen besonderen Gefallen getan hat und dass damit langfristig Mehrkosten auf uns zukommen.