Protokoll der Sitzung vom 25.05.2016

Ich möchte noch einmal betonen, dass für mich und die SPD-Fraktion ab 2017 ein uneingeschränkter Regelbetrieb der Lang-Lkw auf allen Straßen, das heißt im Stadtverkehr auch auf untergeordneten Straßen mit geringeren Breiten und Radien in Einmündungsund Kurvenbereichen, nicht vorstellbar ist.

(Beifall SPD)

Um diese Straßen aus dem Regelbetrieb auszunehmen, muss die Bundesregierung bei der EU-Kommission einen Antrag auf eine dauerhafte Abweichung von den EU-Vorgaben stellen, und diesem muss dort stattgegeben werden. Aber erst einmal bleibt, wie bereits erwähnt, das Abschlussergebnis des bundesweiten Modellversuchs abzuwarten. Eins ist für mich klar: Grundsätzlich darf die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer durch den Betrieb von LangLkw nicht im Geringsten beeinträchtigt werden! – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich beschleicht ja manchmal der Verdacht, dass es Interessengruppen gibt, die nur so eine Art Werbung schalten wollen. Das heißt, dass man bestimmte Themen regelmäßig aufruft, damit sie in der Debatte bleiben. Ich bin mir fast sicher oder könnte mir vorstellen, dass das bei Lang-Lkw oder Gigalinern der Fall sein könnte. Aber wahrscheinlich ist es nur eine böswillige Vermutung meinerseits.

Ich will darauf eingehen, dass erstens die Antwort auf die Anfrage sagt: Warten wir einmal die Antwort auf den Feldversuch ab! Das ist selbstverständlich; alles andere ist grober Unfug. Zweitens: Die Debatte um die Lang-Lkw hat natürlich schon jetzt und auch ohne, dass man einen Feldversuch abwarten muss, eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen, die die Einführung, insbesondere einen Regelbetrieb, aus

gesprochen schwierig machen. Das ist benannt worden. Erstens: Straßen, Rastplätze, Umleitungen, Altbrücken, all das ist entweder für einen Betrieb von Lang-Lkw noch gar nicht geeignet, oder die Straßen und so weiter werden durch den Betrieb von LangLkw mehr belastet, als sie sollen. Das zieht öffentliche Investitionen nach sich, und ich frage mich – insbesondere dann, wenn man, ich sage einmal, mit Steuererleichterungen sehr freigiebig ist –, wie dann diese Form von Investition bezahlt werden soll. Das ist die erste Rahmenbedingung, die einen zögern lässt. Die zweite Rahmenbedingung ist, dass meines Erachtens die Rechnung: „Wenn wir die Lkw länger machen, dann brauchen wir nur noch zwei statt drei Lkw, und das ist ökologisch“, eine ist, die an der wirtschaftlichen Realität in Bremen oder in Deutschland einfach vorbeigeht. Was passiert denn, wenn sich jetzt ein Unternehmer statt drei normaler Lkw drei LangLkw kauft? Er hat mehr Transportkapazitäten und kann sie günstiger anbieten. Deswegen muss sein Konkurrent das auch machen, weil er sonst keine Aufträge mehr bekommt. Dann wird es passieren, dass Leute finden: Transporte in Lang-Lkw sind günstiger als auf der Schiene. Also wird Transportkapazität verlagert, und am Ende dieses Prozesses wird es da, wo es möglich ist, meines Erachtens genauso viele Lang-Lkw geben, wie es heute etwas kürzere Lkw gibt – oder zumindest annähernd so viele –, und dann geht diese komische ökologische Rechnung nicht auf. Deswegen ist es in der Tat eine Sackgasse, auf diese Form von Transportkapazitäten zu setzen und langfristig den Regelbetrieb von Lang-Lkw zu genehmigen. Deswegen sagen wir: Diese Form von Lang-Lkw braucht man nicht!

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte noch ganz am Rande anmerken, weil ja immer die Ökobilanzen der Transporte auf Schiene, Wasser und Straße verglichen werden: Die beste Möglichkeit, ökologisch zu transportieren, ist, gar nicht zu transportieren. Wenn wir wissen, dass das Probleme macht, wenn wir wissen, dass diese Form von Lkw Infrastruktur kaputtfährt, die wir teuer nachrüsten müssen, müssen wir uns auch aus wirtschaftlichen Gründen Gedanken machen, wie wir regionale Warenströme, regionale Wertschöpfungsketten unterstützen. Das wäre ein Weg in die richtige Richtung. LangLkw sind es meiner Meinung nach nicht. Auch ich erwarte mit Freude die nächste Runde zu diesem Thema. Dann werde ich versuchen, noch einmal zu erklären. Vielleicht ist es dann so, dass beim dritten oder vierten Erklärungsversuch der Groschen centweise gefallen ist und sich die Leute, die heute noch meinen, das sei die Zukunft, anders entscheiden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Bevor ich Herrn Senator Dr. Lohse aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertri

büne eine Gruppe der DGB-Jugend. – Seien Sie ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich freue mich, diese Debatte heute hier führen zu dürfen, wenngleich ich mich auch über den Zeitpunkt wundere. Besonders gefreut habe ich mich, dass die A 281 so viel Zuspruch findet. Das letzte Mal, als wir sie hier debattiert haben, wurde ich beschimpft, ich wollte den Bau verhindern und würde nicht nach Bremen passen. Herr Strohmann, ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können. Ich glaube, heute haben Sie verstanden, dass wir diese Autobahn bauen. Die Diskussion zwischen Ihnen beiden eben aber war wirklich interessant.

Wir sprechen aber heute über Lang-Lkw: Wie Sie wissen – es ist auch erwähnt worden –, steht das Land Bremen dem Einsatz von Lang-Lkw bisher kritisch gegenüber und hat nur in Ausnahmefällen das Befahren von bremischen Straßen zu den in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der FDP genannten Logistikstandorten genehmigt. Grundsätzlich begrüßen wir jede Maßnahme, die effektiv zu einer Reduzierung von Verkehren, einer Einsparung von Treibstoffen und einer Verringerung von Umweltbelastungen führt. Allerdings kann der Einsatz von Lang-Lkw nicht als Lösung für den Güterverkehr betrachtet werden.

Für bestimmte Güterarten – in aller Regel sind das Güter größeren Volumens bei tendenziell geringerem Gewicht und auf ausgesuchten Relationen – mag der Lang-Lkw, bezogen auf den Einzeltransport und den Einzel-Lkw, ökonomische und vielleicht auch ökologische Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Lkw bieten. Grundsätzlich aber, muss ich auch noch einmal deutlich sagen, ist der Gütertransport per Schiene oder per Schiff eindeutig zu bevorzugen, und dahin geht auch die Tendenz, an der wir arbeiten.

Dass der Lang-Lkw tatsächlich Vorteile bietet – also nicht auf den Einzeltransport bezogen, sondern wenn sie flächendeckend eingesetzt werden –, daran bestehen nach wie vor erhebliche Zweifel. Die Sicherheitsaspekte sind angesprochen worden; andere Fragen auch. Ich möchte beispielsweise die Räumzeiten erwähnen: Wenn Lang-Lkw Kreuzungen, Schienenübergänge und dergleichen überqueren, dauert das wesentlich länger, bis die wieder abgeflossen sind. Das bedeutet längere Ampelphasen für alle Beteiligten und, wenn diese Fahrzeuge vermehrt eingesetzt werden, ganz andere Zeitverluste für andere Verkehrsteilnehmer.

Ein anderes Thema – Infrastruktur, Rastplätze – ist auch angesprochen worden. Der Bund rüstet im Moment die Autobahnrastplätze für normale Lkw für

mehrere Hundert Millionen Euro nach; bei diesen Baumaßnahmen, die da durchgeführt werden, sind die Lang-Lkw noch gar nicht berücksichtigt. Das alles sind Folgekosten, für die völlig zu Recht gefragt wird, wer diese Kosten eigentlich am Ende tragen soll. Ich muss Ihnen auch sagen: Ich finde es einigermaßen absurd, dass wir heute diesen Antrag der FDP haben, wo alle wissen, dass der Feldversuch noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres läuft.

Besonders bemerkenswert fand ich, Professor Dr. Hilz: Vor eineinhalb Stunden hat sich die überwältigende Mehrheit dieses Hauses als gute Europäer geoutet, hat vehement für die europäische Einheit und so weiter gesprochen. Nehmen Sie doch bitte einmal zur Kenntnis, dass Lang-Lkw nach der europäischen Verkehrszulassungsordnung überhaupt nicht zulässig sind!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es kann ja sein, dass sich das eines Tages ändern wird. Aber Sie können doch nicht heute vom Bremer Senat verlangen, dass wir hier gegen die EU-Regeln Lkw im Regelbetrieb zulassen! Man muss wirklich abwarten, bis wir in Brüssel eine diesbezügliche Entscheidung haben. Der Bundesverkehrsminister hat ja gewisse Erfahrungen, wie man sich eine Zustimmung aus Brüssel besorgt. Das sieht man bei der Pkw-Maut. Wir sind gespannt, wie und bis wann ihm das bei den Lang-Lkw gelingt. Solange wir das nicht haben, haben wir gar keine Grundlage, um hier in Bremen diese Lkw im Regelbetrieb zuzulassen.

Herr Senator, gestatten Sie eine Frage von Herrn Professor Dr. Hilz?

Ja, gern!

Herr Senator, nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir hier Ihre Antworten auf unsere Große Anfrage debattieren. Es liegt gar kein Antrag von uns vor.

In Ordnung, das nehme ich zur Kenntnis; ich bitte um Entschuldigung!

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Der kommt nämlich erst noch!)

Dann warten wir Ihren Antrag ab! Vielleicht nehmen Sie heute zur Kenntnis, dass der Senat bei seiner skeptischen Haltung gegenüber den Lang-Lkw bleibt! – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/326, auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP Kenntnis.

Kundenfreundlicher Bürgerservice auch per Anruf und via Internet Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 10. Februar 2016 (Drucksache 19/270) Dazu Änderungsantrag der Fraktion der FDP vom 18. Mai 2016 (Drucksache 19/447) Wir verbinden hiermit: Bürgerservice erweitern – Internetwachen und Online-Strafanzeigen ermöglichen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 11. Februar 2016 (Drucksache 19/271) Dazu Änderungsantrag der Fraktion der FDP vom 18. Mai 2016 (Drucksache 19/448)

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse als Erstes über die Drucksache 19/270 abstimmen.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag, Drucksache 19/447, der Fraktion der FDP abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/447 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Abg. Ravens [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen unter Berücksichtigung der eben vorgenommenen Änderungen abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)