Erstens: Welche Kosten nach Paragraf 89 d SGB XIII wurden bis zum Stichtag 1. November 2015 nicht bei den überörtlichen Trägern in Rechnung gestellt?
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Abgeordnete Ahrens! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Die Rechnungsstellung der örtlichen Jugendämter bei überörtlichen Trägern erfolgt in der Regel nachträglich halbjährlich. Die Daten zu Frage eins können nur durch manuelle Auswertung von rund 3 000 Einzelfallakten ermittelt werden. Dies ist kurzfristig nicht leistbar. Durch den Einsatz des Projektes Forderungsmanagement bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport werden alle erstattungsfähigen Jugendhilfekosten, die der Stadtgemeinde Bremen bis 31. Oktober 2015 entstanden sind, innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht. In Bremerhaven wurden ungefähr 600 000 Euro wegen laufender Verfahren noch nicht in Rechnung gestellt.
Zu Frage zwei: Die Stadtgemeinde Bremen hat anderen überörtlichen Jugendhilfeträgern bis zum 30. April 2016 insgesamt 22,67 Millionen Euro in Rechnung gestellt, davon 7,38 Millionen Euro in den ersten vier Monaten dieses Jahres. Am 30. April 2016 war ein Betrag von 7,59 Millionen Euro noch offen. In den Fällen, in denen das Land Bremen gegenüber der Stadt Bremen erstattungspflichtig ist, sind Rechnun
gen in Höhe von 2,08 Millionen Euro erstellt worden, von denen 380 000 Euro noch nicht abschließend bearbeitet sind.
Die Außenstände in Bremerhaven belaufen sich auf circa 800 000 Euro. Hinzu kommen Rechnungen in Höhe von 900 000 Euro, in denen überörtliche Jugendhilfeträger ihre Erstattungspflicht nicht oder noch nicht in voller Höhe anerkannt haben.
Zu Frage drei: Zwischen den Ländern sind zwei unterschiedliche Ausgleichsverfahren vereinbart. Im Ausgleichsverfahren, das den Zeitraum bis zum 31. Oktober 2015 umfasst, erwartet der Senat grob kalkuliert Zahlungen in Höhe von 20 Millionen Euro bis 25 Millionen Euro. Im Verfahren für den Zeitraum seit 1. November 2015 sind Ausgleichszahlungen bis 56 Millionen Euro zu erwarten. Beide Ausgleichszahlungen sind jedoch noch nicht abschließend zwischen den Ländern verhandelt. Sicher ist, dass eventuelle Ausgleichszahlungen in Raten erfolgen werden. – Soweit die Antwort des Senats!
Ich wiederhole meine vorherige Frage. Wie wollen Sie das kontrollieren, wenn Sie nicht in der Lage sind zu sagen, wie die Einnahmen und Ausgaben konkret in diesen 3 000 Fällen aus Frage Nummer eins aussehen? Wie wollen Sie sicherstellen, dass Bremen nicht auf Geldern sitzenbleibt, wenn Sie nicht einmal wissen, wie viel Sie in Rechnung stellen müssen und wie viel Sie davon schon erhalten haben, weil Sie das händisch auszählen müssen?
Ich würde gerne antworten, Frau Ahrens! Ich habe mich mit den Kolleginnen und Kollegen unterhalten, die tagtäglich diese Arbeit machen und habe mir auch noch einmal den Stand darlegen lassen. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten daran, dass alle Forderungen, die wir erheben müssen, erhoben werden. Das belegen auch die Zahlen, wie viel Geld wir schon geltend gemacht haben. Das belegen auch bereits die hohen Rückholquoten des vergangenen Jahres, die die Einnahmeerwartung des Senats deutlich übertroffen hatten. Da wurde von geringeren Summen ausgegangen. Ihrer Befürchtung möchte ich entgegentreten, dass wir keinen Überblick haben. Den haben wir an der Stelle.
Im Haushalt im Kapitel 0408 gibt es eine Haushaltsstelle 232 10-04, in der für 2017 Einnahmen in Höhe von 19,8 Millionen Euro als Ausgleich der anderen Länder für die überproportional vielen umA eingestellt sind. Können Sie mir sagen, ob es sich hierbei um eine Schätzung handelt oder um eine durchkalkulierte, hart ausgerechnete Zahl? Sind diese 19,8 Millionen Euro eine Schätzung, die Sie im Haushalt 2017 haben, oder ist es eine konkret ausgerechnete Zahl?
Mit meinem Kenntnisstand gehe ich davon aus, dass es sich um eine ausgerechnete Zahl handelt, Frau Ahrens. Wir können das aber gern noch einmal in der Deputation aufrufen und Herrn Scholz dazu bitten, der noch einmal im Detail über die Arbeit des Forderungsmanagements berichten kann.
Teilen Sie meine Einschätzung, dass diese Zahl von 19,8 Millionen Euro relativ gering ist, wenn man weiß, dass die Rückholung des Jahres 2015 10,8 Millionen Euro betrug und wir damals 500 umA in Bremen hatten. Die Zahl derjenigen, die jetzt noch gekommen sind, liegt grob geschätzt bei ungefähr 2 300, sodass 19,8 Millionen Euro wesentlich mehr sind und in dem Zusammenhang die 19,8 Millionen Euro eher eine etwas geringe Summe sind. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nein, die teile ich nicht. Für die Jugendlichen, die seit dem 1. November 2015 gekommen sind, fallen nicht in dem Umfang Jugendhilfekosten an wie für diejenigen, die vorher zu uns gekommen sind. Deshalb lässt sich das nicht miteinander vergleichen. Wir haben auch, das habe ich schon ausgeführt, zwei unterschiedliche Ausgleichssysteme, über die wir derzeit verhandeln, nächste Woche auf der Jugendministerkonferenz und dann auch noch einmal auf der nächsten Finanzministerkonferenz. Dort wird noch einmal Thema sein wird, wie diese Leistungssysteme miteinander korrespondieren.
(Abg. Frau Ahrens [CDU]: Nein, danke, zum jetzigen Zeitpunkt nicht! Ich freue mich auf den Bericht!)
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Die fünfte Anfrage bezieht sich auf den „Dualen Studiengang Soziale Arbeit an der Hochschule Bremen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Strunge, Frau Vogt und Fraktion DIE LINKE: Bitte, Frau Kollegin Strunge!
Erstens: Wie hoch sind die Kosten, die die Senatorin für Finanzen in den dualen Studiengang Soziale Arbeit an der Hochschule Bremen insgesamt und pro einzelnen Studienplatz investiert? Zweitens: Werden die Studienplätze im dualen Studiengang Soziale Arbeit zusätzlich zu den bisherigen 120 Studienanfängerplätzen angeboten, oder erhöht sich die Gesamtzahl der Plätze durch den dualen Studiengang nicht? Drittens: Wie viele reguläre Studienplätze im Studiengang Soziale Arbeit hätten mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln geschaffen werden können?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Fragen wie folgt: Zu Frage eins: Aufgrund der vollständigen Auslastung des Studiengangs Soziale Arbeit kann bei der Einrichtung der 15 zusätzlichen Studienplätze nicht auf eine vorhandene Infrastruktur am Fachbereich soziale Arbeit zurückgegriffen werden. Die Einstellung von zusätzlichem Lehrpersonal sowie eine zusätzliche Bereitstellung der räumlichen und technischen Infrastruktur an der Hochschule Bremen sind erforderlich. Um die dafür anfallenden Kosten der Hochschule Bremen decken zu können, zahlt das AFZ der Hochschule Bremen pro Semester und Studierendem eine Aufwandsentschädigung von 2 500 Euro. Dies ist in der Kooperationsvereinbarung zwischen der Senatorin für Finanzen, dem Aus- und Fortbildungszentrum für den bremischen öffentlichen Dienst und der Hochschule Bremen zum dualen Studiengang Soziale Arbeit am 21. April 2016 vereinbart. Pro Semester ergeben sich daraus bei den geplanten 15 Studierenden 37 500 Euro. Um den Bedarf an qualifizierten Kraftkräften im bremischen öffentlichen Dienst ansatzweise mit größerer Verbindlichkeit decken zu können, werden die Studierenden im dualen Studiengang Soziale Arbeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Die Studierenden beziehungsweise Anwärterinnen und Anwärter erhalten Inspektoranwärterbezüge in Höhe von durchschnittlich 1 119 Euro. Pro Semester und Person sind dies 6 714 Euro. Für die geplanten 15 Personen ergibt sich daraus ein Betrag in Höhe von 100 710 Euro.
Das Arbeitsförderungszentrum übernimmt zudem die Semesterbeiträge in Höhe von 280 Euro pro Person. Das sind insgesamt 4 200 Euro pro Semester. Für Auswahl, Einstellung, Personalbetreuung und Betreuung während der berufspraktischen Studienzeiten kalkuliert das AFZ eine halbe Stelle mit durchschnittlich 31 855 Euro pro Jahr, also 15 928 Euro pro Semester. Insgesamt geht die Senatorin für Finanzen somit bei geplanten 15 Studierendeninspektoranwärterinnen und ‑inspektoranwärtern im dualen Studiengang Soziale Arbeit pro Semester von Ausgaben in Höhe von 158 338 Euro aus. Bei dem siebensemestrigen Studium ergibt die gesamte Ausbildung eine Summe von 1 108 366 Euro. Pro Studienplatz werden Ausgaben in Höhe von 10 556 Euro pro Semester und 73 891 Euro für die gesamte Ausbildung kalkuliert. Während der Praxisphase lernen und arbeiten die Inspektoranwärterinnen und Inspektoranwärter im öffentlichen Dienst und erhalten hierfür ihre Anwärterbezüge.
Zu Frage zwei: Die zugelassenen 120 Studienanfängerinnen und Studienanfänger im Wintersemester 2015/2016 setzen sich zusammen aus der Besetzung der vorhandenen Studienanfängerkapazität von 100 Plätzen, 80 aus dem Grundhaushalt und 20 über den Hochschulpakt, sowie aus 20 über einen gerichtlichen Vergleich zugelassenen Studienanfängerinnen und Studienanfängern. Die Hochschule wird weitere Anstrengungen unternehmen, um eine Zielzahl von 120 Studienanfängerplätzen zu gewährleisten. 15 Studienanfängerplätze werden über die vorhandene reguläre Studienkapazität hinaus zusätzlich für den dualen Studiengang Soziale Arbeit zur Verfügung stehen.
Zu Frage drei: Der grundständige Studiengang Soziale Arbeit und der duale Studiengang Soziale Arbeit sind komplementäre Angebote der Hochschule Bremen. Die Curricula der beiden Studiengänge sind allerdings identisch. Durch die für den Praxisanteil des dualen Studiums geleistete Entgeltzahlung können Studierende einen Beitrag zur Finanzierung ihres Studiums leisten. Vor allem diese finanzielle Absicherung ermöglicht es, neue Zielgruppen für ein Studium zu gewinnen. Die Freie Hansestadt Bremen kann durch die im dualen Studium eintretende Bindung zum Arbeitgeber, hier zur Senatorin für Finanzen, den auch durch die Aufnahme einer hohen Anzahl von geflüchteten Menschen gestiegenen Bedarf an qualifizierten Fachkräften sicherstellen, um eine schnell wirkende Einbindung der auszubildenden Studierenden in die Praxis, die auch über die Studienzeit hinausgeht, ermöglichen. Die Einrichtung einer dualen Variante des Studiengangs Soziale Arbeit stellt daher aus Sicht des Senats eine Win-win-Situation für die Studierenden und für die Freie Hansestadt Bremen dar, die durch eine reine Aufstockung der Studienplätze im grundständigen Studiengang Soziale Arbeit in diesem Maß nicht erreicht werden könnte. – Soweit die Antwort des Senats!
Deswegen stelle ich diese Frage erneut. Wie viele reguläre Studienplätze im Studiengang Soziale Arbeit hätten mit zusätzlichen finanziellen Mitteln geschaffen werden können?
Ich habe die Frage insofern beantwortet, als ich zum Ausdruck gebracht habe, dass das duale Angebot, das jetzt durch die Kooperation zwischen der Senatorin für Finanzen und der Hochschule Bremen etabliert wird, eine neue Zielgruppe erschließt, und dies ein Angebot ist, das sich für die dual Studierenden ergibt, also für eine spezielle Zielgruppe. Für die ist dieses Geld vorgesehen. Insofern maße ich mir nicht an umzurechnen, was sich daraus an anderen Studienplätzen ergeben könnte. Hiermit wir ein neues Format an Studium angeboten, das für die soziale Arbeit von großer Bedeutung ist.
Es ist sehr schade, dass Sie sich das nicht anmaßen, weil ich genau danach gefragt habe. Ich habe noch eine Nachfrage zu Frage zwei, weil Ihre Ausführung für mich nicht ganz eindeutig war. Deswegen frage ich noch einmal konkret nach. Erhöht sich die Zahl von bisher 120 Studienganganfängern auf 135, weil 15 zusätzliche Plätze im dualen Studiengang geschaffen werden, oder sprechen wir hier von der Zahl 100 Studienanfängerplätzen, zu denen 15 zusätzliche im Bereich Soziale Arbeit hinzukommen? Von welcher Studienanfängerzahl mit dem dualen Studiengang Soziale Arbeit können wir im Herbst 2016 an der Hochschule Bremen rechnen?
Wir können von 120 ausgehen. Ich habe Ihnen das in der Antwort aus meiner Sicht auch relativ deutlich gemacht. Ich habe gesagt, dass 80 über den Grundhaushalt finanziert sind, 20 über den Hochschulpakt. Die eingeklagten 20 stammen aus einem gerichtlichen Vergleich. Wir gehen davon aus, dass dies wieder eintreten kann. Natürlich müssen auch für diese 20 die Ressourcen bereitgestellt werden. Ich gehe davon aus, dass die Hochschule – so ist es auch beantwortet worden – dafür alle Anstrengungen unternimmt. Es sind also 120 zuzüglich der 15 Studienplätze im dualen Studiengang.
Frau Senatorin, wäre es nicht vor dem Hintergrund der Zuwanderung sinnvoll, einen deutlichen Ausbau der Studiengangplätze im Bereich Soziale Arbeit vorzunehmen? Wäre es vor diesem Hintergrund nicht doch möglich, darüber nachzudenken, ob die Mittel des Landes Bremen nicht besser für allgemeine Studienanfängerplätze anstelle des dualen Studiengangs eingesetzt werden könnten?
Ich möchte das noch einmal sagen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es richtig ist, duale Studiengänge einzurichten. Ich finde es einen richtigen Weg der Hochschule Bremen, die das Konzept des lebenslangen Lernens in ihrer Agenda hat, dass sie auch durch duale Studiengänge neue Zielgruppen einwirbt. Insofern finde ich diese Kooperation sehr überzeugend. Ich finde es gut, dass das Geld bei den jungen Menschen ankommt.
Ich kann die Anwärtervergütungen nicht mit Studienplätzen verrechnen. Das ist wie mit dem Berufsbildungssystem. Dort ist es auch so, dass es Ausbildungsvergütungen gibt und für die Ausbildungsvergütungen gearbeitet wird. Genauso ist es hier auch. Es sind Anwärterinnen und Anwärter, die im öffentlichen Dienst arbeiten. Sie können als eine Möglichkeit der Weiterqualifizierung einen Studienabschluss erhalten. Insofern finde ich diese strategische Entscheidung in diesem Bereich, die Hochschule Bremen so weiterzuentwickeln, richtig und kann insofern sagen, dass das Geld, das jetzt an Anwärterbezügen aufgebracht wird, auch bei den jungen Menschen bleiben und nicht in die Finanzierung von Studienplätzen umgeswitcht werden sollte.
Mich interessiert noch, wie die Kooperationen zwischen der Hochschule Bremen und dem Amt für Soziale Dienste in Bezug auf Inhalt und Weiterentwicklung des Studiengangprofils aussieht.