Protokoll der Sitzung vom 15.06.2016

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Der Bereich der Projektmittel ist eben von der LIN KEN angesprochen worden. Frau Kollegin Strunge, zur Ehrlichkeit hätte der Hinweis gehört, dass die Mittel in der bisherigen Form im Jahr 2016 bestehen bleiben und dass es im Jahr 2017 eine Erhöhung eben dieser Mittel gibt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Da kann man sich LINKEN-like hinstellen und sagen, das reicht uns nicht.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Stimmt! Das können wir machen! Und das tun wir!)

Zur Ehrlichkeit in der Debatte gehört aber, zumindest anzuerkennen, dass es Veränderungen gegeben hat, weil auch dieser Bereich der SPD und uns Grünen wichtig ist.

Lassen Sie mich auf einen Antrag ganz besonders eingehen, der in den sozialen Netzwerken und insge samt in der Kulturszene für ein bisschen Emotionalität gesorgt hat! Die Kolleginnen und Kollegen der FDP haben beantragt, den Zuschuss für das Theater am Goetheplatz um, ich glaube, insgesamt 7 Millionen Euro zu kürzen. Das wäre eine ganze Sparte. In der Grünenfraktion ist dieser Vorschlag auf absolutes Unverständnis gestoßen. Sowohl SPD als auch Grüne lehnen diesen Vorschlag aus voller Überzeugung ab. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine sehr gute Unternehmenslandschaft in Bremen, die sehr gemischt ist, viel Mittelstand und natürlich auch Konzerne. Darauf können wir absolut stolz sein. Trotz allem ist das Investitionsvolumen im Verhältnis zu gering bemessen, denn es ist gerade wichtig, Rah menbedingungen zu schaffen, die für Unternehmen Anreize schaffen, sich hier in Bremen langfristig anzusiedeln und wohlzufühlen.

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist ein wichtiges Instrument, um für die Unternehmen zu kämpfen. In unseren Augen ist die WFB in den letzten Jahren vom Kerngeschäft leider immer weiter abgewichen. Es sind mittlerweile viel zu viele Firmen unter dem Dach der WFB, es gibt undurchsichtige Strukturen und im Verhältnis zum Volumen überdimensional viele Geschäftsführer.

(Beifall FDP, ALFA)

In unseren Augen ist es ist viel besser, wenn sich die WFB endlich wieder auf das Kerngeschäft konzent riert, die wirkliche Wirtschaftsförderung.

Das Risiko, das wir im Haushalt sehen, ist, dass Sie sich zu sehr auf EFRE-Mittel verlassen. Das erzeugt eine Abhängigkeit von der EU, und wir haben gera de erst gesehen, wie schnell das schiefgehen kann. Deswegen ist es wichtiger, eine eigene Förderung im Bremer Haushalt einzustellen, denn der Mittelstand verdient eine echte Förderung.

(Beifall FDP, ALFA)

In Bezug auf die Existenzgründung passiert schon viel, da geht aber noch viel mehr. Wir schlagen deshalb vor, einen Fonds für Existenzgründung einzurichten. Wir haben in unseren Vorschlägen 10 Millionen Euro dafür eingerichtet. Das trägt vor allem dazu bei, dem größten Problem der Gründer Rechnung zu tragen, der Finanzierung in der Seed-Phase. Wenn wir das gemeinsam auf den Weg bringen könnten, hätten wir ein echtes Plus für den Standort Bremen und sicherlich viel mehr Existenzgründungen als in den letzten Jahren. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Günthner.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehöre schon fast zu den Traditionalisten in diesem Haus. Seit 1999 erlebe ich die Haushaltsdebatten. Sie laufen immer nach einer ähnlichen Choreografie ab. In der Gene raldebatte wird dem Senat erklärt, es werde nicht genug gespart, man halte die Vorgaben nicht ein, man gefährde die 300 Millionen Euro Bundesmittel. In den Einzelplanberatungen wird dann munter erklärt, wo man überall noch mehr Geld ausgeben müsse, ohne dass das in einen Gesamtzusammenhang zu dem gesetzt wird, was man in der Generaldebatte gesagt hat. So auch in dieser Debatte!

Wir haben einen Sparhaushalt, und dieser gilt ent sprechend für das Wirtschaftsressort, das Arbeits ressort und das Hafenressort. Wenn man diese Vor bemerkung macht, dann sollte man sich anschauen,

welche Schwerpunktsetzungen wir vorgenommen haben. Über den Bereich Häfen haben wir eben schon diskutiert. Im Bereich Wirtschaft haben wir Schwerpunkte wie den Ausbau der Hansalinie und die Innovationsförderung, die sich sehr stark entlang der starken Wirtschaftscluster entwickelt, die wir in dieser Stadt haben, die sehr industriell, aber auch sehr von Hochtechnologie geprägt sind. Der Automobilbereich ist eine absolute Erfolgsgeschichte. Deswegen ist es nur folgerichtig, dass wir die Hansalinie weiterent wickeln und weiter ausbauen, weil die Unternehmen genau das entsprechend nachfragen.

Zweitens ist es von herausragender Bedeutung, dass wir uns – da gilt wieder das Prinzip gemeinschaftlich mit den Unternehmen – mit der Frage auseinanderset zen, wie wir es schaffen, Themen rund um Additive Layer Manufacturing und 3-D-Druck stärker in den Unternehmen zu verankern. Wie reagieren wir mit den Unternehmen gemeinschaftlich auf die Fragen, die uns die Digitalisierung stellt? Denn wenn am Ende überall 3-D-Drucker stehen können, verändern sich Logistikketten, und das hat Auswirkungen gerade auf die Logistikwirtschaft und wiederum auf die Industrie. Gleichzeitig stecken enorme Chancen in diesen Feldern.

Deswegen investieren wir gemeinschaftlich mit den hochinnovativen Unternehmen, die wir haben, wei ter in diese Themen. Ich bin dem Kollegen Kottisch ausgesprochen dankbar für den Hinweis auf die stark wachsende IT-Branche am Standort Bremen, die man hervorheben muss, weil sie ein ganz wichtiger und wesentlicher Bestandteil ist.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Wir sind inzwischen in Bremen bei einer Arbeitslo sigkeit von unter zehn Prozent.

(Abg. Frau Bernhard [DIE LINKE]: Was?)

Jetzt kann man in das Spiel, das hier schon versucht worden ist, einstiegen und so darüber diskutieren: Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, ist es der Senat ge wesen! Wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, dann waren es die Unternehmen! Wenn sich ein Unternehmen ansiedelt, dann war es eine großartige Unterneh mensentscheidung! Wenn ein Unternehmen weggeht, dann war es der Bremer Senat! Wer Lust auf dieses Spiel hat, der kann es gern spielen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Schäfer [ALFA]: Das ist doch kein Spiel hier!)

Was wir in der bremischen Wirtschaft sehen, sind viele unternehmerisch getriebene Erfolgsgeschich ten. Insofern können die Infrastruktur, die Inno vationsfähigkeit und die Arbeitskräfte an diesem Standort nicht so schlecht sein, wenn Unternehmen

am Standort Bremen immer weiter expandieren und sich neu ansiedeln.

(Abg. Schäfer [ALFA]: Wie viele sind das denn?)

Es sind hochtechnologische Unternehmen wie Zulie ferer von Mercedes, um nur das Beispiel EDAG zu nennen, die sich hier am Standort ansiedeln, weil in diesen Feldern Zukunft für uns steckt. Das will der Senat in den kommenden Jahren fortsetzen.

(Beifall SPD)

Einerseits eine starke wirtschaftliche Entwicklung und Zuwachs bei den Arbeitsplätzen, andererseits eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit, das sind die zwei Realitäten. Wir versuchen auch hier, Schwerpunkte zu setzen, indem wir in das Thema sozialer Arbeitsmarkt investieren, denn die absurde These, die da lautete, man könne am Ende, wenn die Nachfrage bei den Unternehmen ist, schon alle Arbeitskräfte und alle Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt integrieren, die bei der Instrumentenreform der schwarz-gelben Bundes regierung eine Rolle gespielt hat, ist schlicht falsch gewesen. Das Zurückfahren der Mittel ist schlicht falsch gewesen, und deswegen ist es richtig, dass wir auf Landesebene entsprechend gegensteuern und Menschen eine Perspektive in Arbeit geben.

(Beifall SPD)

Klar ist auch, dass das nur ein Anfang sein kann. Ich habe das Stichwort Digitalisierung genannt. Wenn Sie sich die Veränderung der Arbeitswelt vor Augen halten, mit der wir in den kommenden Jahren konfron tiert sein werden, dann birgt das riesige Chancen für unseren Wirtschafts, Industrie- und Logistikstandort, es birgt aber natürlich auch enorme Risiken für die Arbeitskräfte. Insofern kommt es eben darauf an, dass wir die entsprechende Balance hinbekommen.

Ich bin der Bürgerschaft ausgesprochen dankbar dafür, dass sie dem weiteren Ausbau der Ausbildungsga rantie ihre Zustimmung gibt, weil auch das ein we sentlicher Baustein ist. Das sind zwei zentrale Säulen, die nach unserer Auffassung notwendig sind, um im Arbeitsmarktbereich mehr machen zu können. Dass dafür trotz der finanziell schwierigen Lage Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist ein politischer Erfolg, und ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass das von der Koalition in dieser Breite mitgetragen wird. Insofern sehen Sie den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen durchaus zufrieden mit dem, was auf den Weg gebracht wird. Das ist eine gute Grundlage zum Arbeiten für die kommenden Jahre. Die, die hier im Haus nach Milch und Honig rufen, können weiter danach rufen, wir bleiben bei den Realitäten. – Herz lichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Staatsrätin Emigholz.

(Abg. Imhoff [CDU]: Ich habe übrigens genug!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Sie wegen der langen Debatte nicht überstrapazieren, aber ein Anliegen habe ich. Ich würde die Abgeordnete Strunge gern einmal fragen, in welcher Stadt sie eigentlich lebt.

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Jeder, der hier herkommt, ist begeistert von der Vielfalt des kulturellen Angebots, das wir vorhalten. Ich bin der Auffassung, dass das Bessere immer der Feind des Guten ist. Zu unterstellen, dass dieser Bereich nicht gut läuft und dass es massive Probleme an allen Ecken gibt, ist eine gnadenlose Übertreibung.

(Beifall SPD)

Denn anders als DIE LINKE, die darauf verzichtet, in ihrer Haushaltsplanung dem Föderalismus anzu gehören und damit die geltenden Regeln gegenüber dem Bund einzuhalten, sind wir in den Föderalismus eingebunden und halten etwas davon, dass man sich mit den Richtlinien auseinandersetzt. Da ist leider bundesweites Benchmarking ein Ansatzpunkt für Förderung.

Sicher muss man in Teilbereichen der Volkshochschu len bei den Honoraren nachbessern. Das kann man aber nur bundesweit. Das wissen alle Beteiligten. Das gleiche gilt für die Musikschulen. Es gibt feste Sätze und Quotensätze. Auch wenn freie Musikschaffende nicht so bezahlt werden, wie wir es uns vielleicht vorstellen, ist die Darstellung, dass sie unter Min destlohn verdienen, ganz sicher nicht redlich. Wer 20 Euro oder mehr pro Stunde verdient, verdient keinen Mindestlohn, selbst wenn man steuerliche Grundlagen zugrunde legt. Das kann man schlicht nicht machen!

(Beifall SPD)

Selbst wenn wir mit allen Beteiligten in Gesprächen sind, um sukzessive die Lage zu verbessern – das tun wir, weil wir der Meinung sind, diese Arbeit ist so qualifiziert, dass sie mindestens Fachhandwerks maßstäben entsprechen muss –, muss man das in den Strukturen vorbereiten. Das erledigt man nicht im Stadium von Haushaltsnotlage mit einer Ge samtförderungsliste von 6,2 Millionen Euro in zwei Haushaltsjahren. Das ist Augenwischerei und erzeugt für diejenigen, die hier Kulturarbeit machen, eine gefährliche Dimension der Hoffnung, die wir selbst nach einer Sanierung Bremens nicht erfüllen können.

Das muss man so ehrlich sagen. Ich bin immer dafür, dass wir in der Stadt nach den Realitäten handeln.

Welche Möglichkeiten gibt es, freien Künstlern zu hel fen? Das tun, was das Bremer Theater macht! Freie in Produktionen einbinden und sie damit an bestimmten Ecken ohne unternehmerische Komplettverantwor tung risikofrei arbeiten lassen! Es gibt Möglichkeiten, die Arbeit vor Ort in den Häusern in die Stadtteile auszulagern, um die Stadtteile attraktiver zu machen. Das beste Beispiel war gerade Blumenthal, BremenNord, mit der Bespielung des Theaters. Es gibt schon Projekte! Die Bremer Philharmoniker beteiligen sich, die Kammerphilharmonie beteiligt sich, das GerhardMarcks-Haus beteiligt sich, die Kunsthalle beteiligt sich, das Focke-Museum. Alle sind bemüht, Defizite, die wir erkennen, zu bearbeiten, neue Angebote zu machen, sich ständig zu erneuern und auch soziale Lagen in der Stadt zu berücksichtigen.

(Beifall SPD)

Wenn es darum geht, wie es um die freie Szene steht, sage ich, in der freien Szene muss man differenzie ren. Freie Szene ist zunächst einmal all das, was sich staatsfern organisiert. Da gibt es selbstverständlich Künstler als Einzelakteure. Auch wenn das vielleicht in diesen Haushaltsberatungen nicht opportun ist, ist es aber sachlich richtig. Wir haben nicht erst mit RotGrün den Versuch unternommen, die freie Szene auf stärkere Füße zu stellen, sondern schon in der Großen Koalition. Da darf man auch keine Mär erfinden. Wir haben den Versuch unternommen, sukzessive und systematisch dort, wo es richtig und sachlich gebo ten war, nachzubessern und zu sagen, auch die, die frei arbeiten, eine Qualität für die Stadt einbringen, Angebote bringen, die wir halten wollen, gehören in diesen Haushalt und verlässlich gefördert, und das tun wir seit Jahren.