Protokoll der Sitzung vom 15.06.2016

„Kfz-Zulassungsstelle benötigt mehr Geduld und ziemlich gute Nerven“, sagt der „Weser-Kurier“ 2004.

„Wartemarke nachts um vier!“ Oder: „Hitzige Debatte in der Bürgerschaft – SPD attackiert Innenbehörde!“ Man schreibt das Jahr 2006.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: So lange können Sie das alles nicht abstellen! Genau das ist das Problem, das die Bürger haben! Seit zehn, elf, zwölf Jahren! – Zurufe)

Es ist einfach eine schlichte Ignoranz, zu glauben, wir haben in den letzten Jahren nichts getan! Das gilt auch für die Zeit der Großen Koalition.

Ich weiß, worüber ich rede. Wir haben auch in die sen Zeiten alles versucht, um die Dinge zu ändern. Es sind aber massive Herausforderungen, die immer wieder neue Maßnahmen erfordern.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Hören Sie doch einmal mit den Schuldzuweisungen auf!)

Vor drei Jahren hatte die Ausländerbehörde ein Kun denpotenzial von 60 000 ausländischen Staatsange hörigen. 60 000! Heute gehen wir auf 100 000 zu. Sie müssen sich einmal die Unterbringungsprobleme in Zelten und Notunterkünften vorstellen. Glauben Sie, es sei so ganz einfach, 100 000 Menschen zu versor gen? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haut zurzeit die Bescheide im Rekordtempo heraus, weil es die Zahl seiner Mitarbeiter verdreifacht oder vervierfacht hat.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ja! Und was machen Sie?)

Entschuldigung! Dann sagen Sie uns „Schulden bremse“!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Sagen Sie noch etwas zur Abschiebung und zu Mahgreb, oder machen Sie das nicht?)

Auch dazu kann ich vieles sagen!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ja, machen Sie! Los! – Weitere Zurufe)

Es führt aber dazu, dass ich die Redezeit des gesamten Senats verbraten würde.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Sagen Sie etwas dazu! – Zurufe)

Nur ein Wort dazu, wenn das wirklich ein Thema ist!

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das hat etwas mit Ge genwart und Zukunft zu tun, nicht mit Vergangen heitsbewältigung!)

Wir haben zu dem Thema eine sehr klare Position.

(Zuruf)

Die können Sie mit aufnehmen!

Es geht einfach darum, dass wir gar nicht abschieben können, solange die Bundesregierung nicht in der Lage ist, mit Marokko ein Abkommen zu schließen, welches uns die Möglichkeit dazu gibt.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Warum schaffen andere Länder das dann?)

Wir haben dem Bund alle Personen aufgegeben, die wir aufgefordert haben, die Bundesrepublik zu verlas sen. Wir warten auf die Rückmeldung. – Danke sehr!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Damit haben wir den Schwer punkt Inneres und Justiz auch abgeschlossen.

Bevor wir zu dem nächsten Schwerpunkt Bremerhaven und Häfen kommen, treten wir in die Mittagspause ein. Wir treffen uns pünktlich um 13.30 Uhr wieder. Pünktlich, bitte!

(Unterbrechung der Sitzung 13.01 Uhr)

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 13.31 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Wir setzen die Aussprache zu den miteinander ver bundenen Tagesordnungspunkten 55, 41, 51, 52, 53, 54 und 56 fort. Wir haben mit dem Schwerpunktthema Inneres und Justiz aufgehört.

Ich rufe den Bereich vier, Bremerhaven und Häfen, auf.

Als erste Rednerin das das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die mit dem Bund geschlos sene Konsolidierungsvereinbarung zur Einhaltung der Schuldenbremse kann nur im engen, transpa renten und fairen Zusammenschluss von Land und den beiden Kommunen gelingen. Der vorliegende Haushalt für die Jahre 2016 und 2017 ist eine solide finanzielle Basis für alle drei Gebietskörperschaften auf dem gemeinsamen Weg, dieses Ziel zu erreichen. Lassen Sie mich als Bremerhavenerin trotzdem die Anmerkung machen, dass ich mir eine deutlichere Trennung zwischen Land und Stadt wünschen würde, was sowohl die Haushaltspläne und die Stellenpläne als auch die Haushaltsstellen angeht.

(Zurufe)

Wenn man mit der Hand auf andere zeigt, zeigen ein paar Finger immer auf einen selbst! Alles gut! Alles gut!

(Unruhe)

Ich will überhaupt keine Schuldzuweisungen vorneh men! Mir würde reichen, wenn Sie alle aufmerksam zuhören würden.

(Beifall SPD)

Wichtig ist, dass wir hier immer wieder damit zu tun haben, dass die Stellen, die Zuwendungen und das Geld über den Haushalt sowohl in das Land Bremen als auch in die Stadt Bremen fließen.

(Abg. Kastendiek [CDU]: Wenn Sie denn was zu sagen haben!)

Darauf möchte ich noch einmal hinweisen. Das ha ben Sie alle wahrscheinlich heute Vormittag in der Debatte sehr genau verfolgt. Oftmals wird gar nicht erkennbar, wann es eigentlich ins Land geht und was dabei für die Stadt herauskommt.

(Beifall SPD)

Das ist eine Problematik, die wir auch im sogenannten Integrationsbudget wiederfinden. Selbstverständlich partizipiert Bremerhaven an diesem Integrationsbud get, allerdings nur an dem Teil der Landesaufgaben innerhalb dieses Budgets. Auch das ist selbstver ständlich. Das sind verschwindend wenige Aufgaben. Ich habe das nicht genau ausgerechnet. Nach dem Draufschauen betreffen nach meiner Sicht gerade einmal fünf Prozent Landesaufgaben. Davon gehen 20 Prozent an Bremerhaven. Das ist nicht sehr viel. Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass wir deutlich mehr Landeszuständigkeit für die Förderung, die Integration und insbesondere die Flüchtlinge übernähmen.

(Beifall SPD – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Das sieht das Grundgesetz aber nicht vor!)

Zurück zum Kernhaushalt für Bremerhaven! Wichtig ist die Absicherung, die Sicherstellung der Finanzie rungsmittel für den OTB. Das wird über die Zuwei sungen an das Sondervermögen „Fischereihafen“ erfolgen. Es gibt Geld für den Bau der Cherbourger Straße. Das werden 3,7 Millionen Euro sein. Es gibt selbstverständlich die Bremerhaven zustehenden Investitionsmittel für die Krankenhäuser, aber auch für die Hochschule.

(Beifall SPD)

Insbesondere für die Hochschule freuen wir uns, dass es mehr ist als in der Vergangenheit. Das ist für Bremerhaven ein ganz besonderer Schwerpunkt. Wir sind darauf angewiesen, auch zukünftig mehr Studie rende in Bremerhaven studieren lassen zu können, denn diese tragen entscheidend zum Strukturwandel der Stadt Bremerhaven bei.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Bei Polizei und Lehrkräften gibt es eine Verständigung. Bei der Polizei ist die Zahl 474 in Bremerhaven als Zielzahl festgelegt. Wir sind froh, dass wir das jetzt im Haushalt verankert haben.

Es freut mich besonders, dass wir über die Zuwei sungsrichtlinie nun auch den gestiegenen Klassen frequenzen Rechnung tragen können. Sie erinnern sich vielleicht aus den vorangegangenen Debatten daran, dass wir Zuwanderung in Bremerhaven nicht ausschließlich über geflohene Familien, sondern auch über Südosteuropa haben, die über das Integrati onsbudget gar nicht abzurechnen ist, der man aber Rechnung tragen muss. Das passiert jetzt über die verabredete Landeszuweisungsrichtlinie. Das ist für Bremerhaven ganz besonders wichtig.

Sie können sich vorstellen, dass ich den Änderungs antrag der Koalition begrüße, der in die Richtung geht, im Bereich Bildung noch einmal nachzulegen und die Inklusion stärker auszufinanzieren. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein solcher Antrag tatsächlich auf Landesaufgaben bezieht. Von daher geht mein ganz herzlicher Dank an die rot-grüne Koalition, weil es nicht nur um zusätzliche Stunden im Bereich der Inklusion über die Zuweisungsrichtlinie, sondern auch darum geht, zusätzliche Referendarin nen und Referendare für das Land einzustellen. Wenn von 50 Referendaren die Rede ist, bedeutet das 10 Referendare für Bremerhaven. Das ist wichtig. Auch der Weiterbildungsstudiengang Sonderpädagogik ist für uns von existenzieller Bedeutung, denn in dem Bereich bekommen wir ungeheuer wenige Lehrkräfte.

(Beifall SPD)