In der Überschrift zur Aktuellen Stunde wird formuliert, die Senatorin müsse Verantwortung übernehmen.
Das hat sie doch auch getan! Vielen Dank für den Zwischenruf, aber das hat sie doch auch getan! Sie hat informiert.
Sie hat die Fraktionsvorsitzenden informiert, sie hat die Sprecher des Haushalts- und Finanzausschusses informiert, und sie hat das getan, was rechtlich zulässig ist.
Ich habe im Rahmen der Debatte und des Ablaufs lernen dürfen, dass dem Mitglied eines Aufsichtsrats, wenn es weiß, dass es demnächst hinsichtlich einer Eigenkapitalaufstockung eine Ad-hoc-Erklärung abgeben muss, das Wort im Grunde genommen verboten ist. Das finde ich als Abgeordneter völlig daneben!
Es ist immerhin eine Beteiligung in Höhe von 84 Millionen Euro, die das Land hält und von der ich eigentlich wissen möchte, wie es darum steht. Dem steht aber offensichtlich das Aktienrecht entgegen. Das ist meines Erachtens ein Punkt, den wir unbeschadet der Diskussion, die wir heute hier führen, insgesamt für Bremer Beteiligungen noch einmal klären müssen, nämlich wie das Parlament angemessen informiert und auch beteiligt werden kann.
Nach meiner Einschätzung hat die Finanzsenatorin das getan, was sie tun konnte. Wir hatten in der letzten Woche, wie ich persönlich finde, eine sehr dramatische Situation. Klar war, dass das Eigenkapital aufgestockt werden muss. Eine Ratingagentur hat, wie eben schon gesagt, die BLB auf Ramschniveau gesetzt. Wir hatten zumindest nach außen wahrnehmbar die Situation, dass sich die Träger noch nicht geeinigt hatten. Gleichzeitig stand die Drohung der EZB im Raum: Seid ihr bis Ende des Monats nicht fertig, übernehmen wir den Laden. Ganz so war es nicht; es hieß: Dann bestimmen wir, wie es hier insgesamt weitergeht.
Nach meiner persönlichen Einschätzung warf das die Fragen auf: Welche Chance hat die Bremer Landesbank eigentlich überhaupt noch? Wird sie eigentlich die nächste Woche noch überstehen? Selbst wenn wir Verluste haben und selbst wenn die ursprüngliche Zielsetzung, eine Beteiligung von vielleicht 25 Prozent an der Bremer Landesbank noch zu halten, nicht erreicht werden konnte, sage ich Ihnen ganz offen: Dass die Bremer Landesbank noch existiert, ist das Ergebnis der Aufsichtsratssitzung am letzten Freitag, denn erklärt wurde: Jawohl, das Kapital wird aufgestockt. Damit bleibt die Bremer Landesbank ein Standort. Sie bleibt Regionalbank vor Ort – egal, in welcher Form das geschehen wird. Ich finde, das ist ein Erfolg, denn für mich war die Lage eine ganz andere.
In Zukunft wird es darum gehen, wie die Übernahme oder die Beteiligung der Bremer Landesbank aussehen wird. Es wird darum gehen, einen Staatsvertrag auszuhandeln. Das hat eine andere Qualität als das, was wir bisher hatten, weil es Bremen – ich sage bewusst „Bremen“, unbeschadet der unterschiedlichen Couleur der Abgeordneten hier – einen Hebel in die Hand gibt, tatsächlich zu verhandeln, denn die Zustimmung des Parlaments zum Staatsvertrag wird notwendig sein. Das stärkt die Position des Senats. Das stärkt die Position der Finanzsenatorin. Der Finanzsenatorin wünschen wir das notwendige Glück und die Standfestigkeit, die sie jetzt schon bewiesen hat, die Bremer Interessen zu vertreten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Seit dem 20. Mai 2016 wissen wir Abgeordnete, dass bei der Bremer Landesbank doch nicht alles so rosig ist, wie es uns noch bei der Vorstellung des Ergebnisses für das Jahr 2015 mitgeteilt wurde. Vieles davon mussten wir leider, wie so oft, aus der Presse erfahren, weil die Vorsitzende des Aufsichtsrates, Finanzsenatorin Linnert, es offenbar nicht für nötig gehalten hat oder weil sie schlichtweg nicht in der Lage war, das Parlament umfassend zu informieren.
Innerhalb von weniger als vier Wochen wurde ein derart massiver Abschreibungsbedarf bei der Bank offenkundig, dass scheinbar nichts anderes mehr übrig bleibt, als die Bank unter das rettende Dach der Hannoverschen Nord/LB zu bringen.
Leider handelt diese Geschichte offenbar nicht nur von falschen Risikobewertungen des Vorstands, sondern auch vom Versagen der Kontrolle des Aufsichtsrates und der Senatorin für Finanzen.
In unserer heutigen Zeit sind Banken, die sich schlimm verspekuliert haben, nichts Neues mehr. Jedes Mal, wenn so etwas bei einer Privatbank passiert, schreien Rote, Grüne und Dunkelrote, dass es endlich schärfere Kontrollen, höhere Eigenkapitalquoten und strengere Regeln für spekulative Finanzmarktinstrumente geben solle.
Ein Teil dieser Forderungen wurde in den vergangenen Jahren auch mit Recht erhoben. Insbesondere nämlich die strengeren Regeln an die Eigenkapitalausstattung sind eine gute Entwicklung. Bedenklich wird es jedoch, wenn sich dann Rot-Rot-Grün massiv über diese höheren Anforderungen beschwert, obwohl sie auch für staatliche Banken gelten.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Tun wir das? – Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Das tut kein Mensch!)
Kurz nachdem bekannt wurde, dass die BaFin und die europäische Bankenaufsicht einen Abschreibungsbedarf von 700 Millionen Euro entdeckt hatten, schaltete sich die Finanzsenatorin in die öffentliche Debatte ein. Ihre Aussage war dazu: Wir werden eine Klage in Bezug auf die Anforderungen der EZB an die Bewertung des Kreditportfolios prüfen.
Anstatt einzugestehen, dass die Bank sowohl durch einen eklatanten Mangel an Risikodiversifizierung als auch durch Fehleinschätzungen in Bezug auf die Entwicklung der Charterraten in Schieflage geraten ist, wird die Schuld bei zu scharfer Regulierung gesucht.
Das ist ganz besonders für Frau Linnert, die sich sonst nicht als große Vorreiterin der Deregulierung des Bankensektors hervorgetan hat, durchaus eine bemerkenswerte Strategie. Nur ist das auch ein sehr durchsichtiges Manöver, das Zweifel an der Eignung der Senatorin für Finanzen für ihren Job als Aufsichtsratsvorsitzende der Bremer Landesbank aufkommen lässt.
Es ist natürlich unbequem, eigene Versäumnisse bei der Aufsicht der Bank und ihres Vorstands einzugestehen. Da sucht man lieber die Schuld bei anderen. In diesem Falle sind es wahlweise die europäische Bankenaufsicht, der niedersächsische Finanzminister, dem Sie sogar Erpressung vorwerfen, oder eben die Medien.
An dieser Stelle kann ich das Ergebnis meiner Analyse insofern schon einmal vorwegnehmen, als ich sage: Wir entlassen Sie garantiert nicht aus dieser Verantwortung! Wir bestehen darauf, dass Sachverhalte vollständig und lückenlos aufgedeckt werden!
Eines ist doch offensichtlich: Der Einbruch im Schiffssektor kam nicht so überraschend, wie es Frau Linnert
Seit dem Jahr 2008 befindet sich die Branche in einer massiven Krise. Das scheint die Landesbank nicht davon abgehalten zu haben, weiterhin kräftig auf dem Schiffskreditmarkt aktiv zu sein. Das lässt sich am Alter der Schiffe im Portfolio ablesen. Der Flottendurchschnitt beträgt ungefähr sieben Jahre.
Die Bank muss also in der jüngsten Vergangenheit auf dem Markt aktiv gewesen sein. Es zeugt von wirklich beachtlichem Mut, ein Kreditportfolio in einem kriselnden Markt weiterhin so aktiv zu betreiben und sogar weiter aufzubauen.
Eigentlich wusste jeder, dass es irgendwann kracht. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es kracht, und dann hat es gekracht. Seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres sind die Charterraten für Containerschiffe auf ein Zehntel der ursprünglichen Preise gesunken. Selbst Experten halten diese Entwicklung für wenig überraschend. Auch wenn Sie es ungern hören: Bereits im Dezember 2013 hat die Ratingagentur Moody‘s vorausgesagt, dass jene Banken, die übermäßig stark im Sektor der Schifffahrt aktiv sind, Verluste erleiden werden. Diese Prognose hat sich leider bewahrheitet, denn sowohl die Nord/LB als auch HSH Nordbank mussten massive Abschreibungen auf ihre Schiffsportfolios vornehmen.
Dass die BLB jetzt den Vertrag mit Moody‘s gekündigt hat und keine Informationen zur Unternehmensbewertung zur Verfügung stellt, wundert mich angesichts dieser Prognosen und der Ramschratings, die die Bremer Landesbank bekommt, gar nicht mehr.
Das zeigt einmal mehr die Unfähigkeit im Umgang mit eigenen Fehlern. Die Bremer Landesbank glaubte bis zuletzt, dass sie selbst vom Einbruch des Schiffskreditmarkts nicht betroffen sein würde. Diese Einschätzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats haben sich wohl als die krassesten Fehleinschätzungen der Geschichte unseres Landes entpuppt.
Bei anderen Instituten, etwa bei der Nord/LB, wurde wenigstens innerhalb des Schiffskreditportfolios eine Diversifizierung nach Krediten für Tanker und nach Krediten für unterschiedliche Größenklassen von Containerschiffen vorgenommen. Die Bremer Landesbank hingegen hat sich vorrangig auf Kredite für mit
telgroße Containerschiffe beschränkt. Damit wurde also nicht nur bei der allgemeinen Risikodiversifizierung – das Schiffsportfolio macht, wie wir heute schon einige Male gehört haben, immerhin 25 Prozent des gesamten Kreditportfolios der Bank aus –, sondern auch bei der Risikostreuung innerhalb des Portfolios gepfuscht.
Jetzt bekommen Sie die Quittung, nämlich mindere Qualitäten und dadurch höhere Abschreibungen. Wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat nicht die Verantwortung tragen müssen, wer soll sie denn bitte schön sonst tragen?