Protokoll der Sitzung vom 16.06.2016

(Beifall FDP)

Statt jetzt die Verantwortlichen in den Führungsund Aufsichtsetagen der eigenen Bank zu suchen, sind nach Ansicht der Senatorin für Finanzen wahlweise die angeblich so gierigen Kollegen aus Niedersachsen oder die Medien schuld, die die Bank kaputtschreiben würden, ganz ehrlich, Frau Linnert, damit machen Sie sich vollkommen unglaubwürdig.

(Beifall FDP, CDU und ALFA)

Es ist unhaltbar, dass Sie Ihrem niedersächsischen Amtskollegen Erpressung vorwerfen, und es zeigt einmal mehr, dass Sie am Verhandlungstisch nichts mehr zu suchen haben. Diese Verbalausfälle können Sie nicht damit rechtfertigen, dass Sie versucht haben, das Maximale für Bremen herauszuholen, denn Ihre Aussagen sind in diesem Fall absolut unprofessionell und zeigen die heikle Lage, wie unangenehm das Ganze für Sie ist. Mit diesen Äußerungen werden Sie keine Arbeitsplätze retten. Sie werden damit genau das Gegenteil erreichen, denn sie gefährden auch noch die bremischen Anteile an der GEWOBA und an der BLG.

(Beifall FDP)

Die Erholung des Schiffsportfolios, von der Sie und der Vorstand ausgehen, wird es schlichtweg nicht geben. Jedes Schiff, das heute auf Exit gesetzt wird, ist technologisch schon veraltet. Gleichzeitig ist der Markt mit Containerschiffen übersättigt. Es sind noch gar nicht die Schiffe eingerechnet, die noch nicht zum Verkauf stehen. Damit sinken die Verkaufserlöse für Schiffe dramatisch, die liquidiert werden müssen.

Mit dieser deutlich realistischeren Prognose stellt sich für die Bremer Landesbank und die Führungsarbeit eine sehr deutliche Frage: Reicht das bisher bezifferte Abschreibungsvolumen aus, um die tatsächlichen Risiken, die noch in den Büchern der Bank schlummern, abzudecken? Wir glauben nicht daran! Damit wird auch die Kapitalspritze, die die Bank braucht, deutlich größer ausfallen. Um die Bank im Kern zu retten, wird nichts anderes übrig bleiben, als sie unter das Dach der Nord/LB zu geben oder eine andere

kapitalstarke Bank oder einen anderen kapitalstarken Dritten zu finden, um diese Bank dann zu verkaufen.

Wenn dann herauskommt, dass die bisherigen Abschreibungen nur die Spitze des Eisbergs sind, dann frage ich mich, was die bremischen Anteile an der Bremer Landesbank überhaupt noch wert sind. Bleibt dann überhaupt noch genügend Geld übrig, um die Anteile an der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft und der GEWOBA zurückzukaufen?

Wie widersprüchlich die Funktionen von Frau Linnert als Senatorin für Finanzen und als Aufsichtsratsvorsitzende sind, das hat sich schon im Jahr 2012 gezeigt. Damals wurden die stillen Einlagen des Landes in Stammkapital umgewandelt. Das war notwendig, damit die Bank die Eigenkapitalanforderungen erfüllen konnte und hat Bremen 480 Millionen Euro gekostet. Anstatt jedoch als Aufsichtsratsvorsitzende – und das wäre zur Stärkung des Eigenkapitals der Bank sicher nötig gewesen – auf Gewinnausschüttungen an den Haushalt zu verzichten, hat die Finanzsenatorin ganz kräftig die Hand aufgehalten. Sogar für die Jahre 2012 und 2013, in denen ein Auszahlungsverbot herrschte, hat sich Frau Linnert für ihren klammen Haushalt einen kräftigen Sonderabschlag von über 45 Millionen Euro genehmigt.

(Beifall FDP)

Für mich ist das nichts anderes, als ein deutlicher und unverkennbarer Interessenkonflikt, in dem sich die Aufsichtsratsvorsitzende und Senatorin für Finanzen befindet. Diesem Spagat sind Sie, Frau Linnert, ganz offenkundig nicht gewachsen, und das auch nicht zum ersten Mal.

Lassen Sie uns noch einmal in das Jahr 2010 zurückblicken, Sie haben im Bundesrat Folgendes gesagt: „Die künftigen Anforderungen an das Eigenkapital, die Ausgestaltung der Aufsichtsstrukturen und die Regulierung der zulässigen Finanzprodukte werden einen wichtigen Beitrag leisten müssen, um keine Anreize mehr für destabilisierende Spekulationen zu geben. Dabei darf die Politik nicht vor dem Verbot von Leerverkäufen oder einer strengeren Regulierung des Handels mit Kreditausfallversicherungen, den Credit Default Swaps, zurückschrecken.“

(Beifall FDP)

Frau Linnert, auch Sie müssen Ihr Reden an Ihrem eigenen Handeln messen lassen. Wenn ich das tue, dann sieht das gar nicht so gut für Sie aus. Ihre Drohung vom 2. Mai 2016, dass Sie notfalls gegen die EZB klagen wollen, weil Ihnen die schärferen Bewertungskriterien für das Kreditportfolio der Bremer Landesbank nicht passen, widerspricht Ihren eigenen Aussagen, dass es strengere Anforderungen an das Eigenkapital von Banken geben muss.

(Beifall FDP)

Frau Linnert, Sie widersprechen auch Ihrer Aussage, dass Sie eine schärfere Bankenaufsicht wollen, denn jetzt haben wir all das, ganz zu schweigen von den windigen Geschäften mit den Kreditausfallversicherungen, über die wir definitiv noch zu reden haben. Wenn Sie, wie Sie es selbst im HaFA gesagt haben, Besseres zu tun haben, als eine Bank zu retten, die möglicherweise nicht mehr zu retten sei,

(Bürgermeisterin Linnert: Das habe ich nicht gesagt!)

war es offenbar gut, dass meine Fraktion Sie am letzten Freitag vorgeladen hat. Aus dem dort von Ihnen Vorgetragenen lässt sich für uns nur schließen, dass die Ermittlungen der BaFin, ob die am 2. Juni 2016 versendete Ad-hoc-Mitteilung nicht zu spät kam, keineswegs unbegründet ist. Ich denke nicht, dass eine Ad-hoc-Mitteilung Monate, nachdem die Gremien der Bank über die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung informiert waren und selbst Wochen, nachdem der HaFA von Herrn Dr. Kaulvers darüber unterrichtet wurde, den gesetzlichen Anforderungen an Mitteilungspflichten gerecht wird.

(Beifall FDP)

Sie sind ganz offenkundig auch hier Ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Frau Linnert, geben Sie dem Land eine Chance auf vernünftige Verhandlungen mit der Nord/LB oder anderen potenziellen Käufern der Anteile der Bremer Landesbank, und machen Sie den Weg für einen Neuanfang bei Verhandlungen frei! Mit Ihnen am Verhandlungstisch sehen wir den Standort der Bank in Gefahr, und mit Ihnen sehen wir die bremischen Anteile an den Eigenbetrieben, die über die Bremer Landesbank gehalten werden, ebenso in Gefahr.

(Beifall FDP)

Wir können Sie daher nur darum bitten, stellen Sie sich jetzt ihrer Verantwortung, und treten Sie zurück!

(Beifall FDP, CDU, ALFA)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Steiner, ich bin nach Ihrer Rede wirklich erstaunt, wie Sie über die Bremer Landesbank gesprochen haben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Sie reden hier von Ramschratings, von einer Zockerbank und so weiter. Sie sind doch diejenige, die immer

für die mittleren Unternehmen eintreten, und das tut die BLB auch. Insofern verstehe ich nicht, wie man in dieser Debatte auf diese Weise über die Bremer Landesbank reden kann. Sie erweisen damit dem Unternehmen, Sie erweisen der Bremer Landesbank, aber auch den Beschäftigten damit einen Bärendienst, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich bin Herrn Liess, aber vor allen Dingen auch Herrn Rupp dankbar, die nämlich richtiggestellt haben, dass die Bremer Landesbank keine Ramsch- und Zockerbank ist, sondern mit zwei Dritteln ein sehr gutes Portfolio hat, und dass die Schiffsbeteiligungen, die unter einem CDU-Finanzressort damals in die Höhe geschnellt sind, das Problem sind. Ich hätte mir wenigstens, Herr Eckhoff, ein entsprechendes Eingeständnis gewünscht.

(Abg. Imhoff [CDU]: Herr Eckhoff, bitte! – Abg. Kas- tendiek [CDU]: Das tut wirklich weh!)

Man kann jetzt sehen, wie man als Opposition mit einer für Bremen schwierigen Situation umgehen kann. Man kann, wie Herr Rupp, sich mit dem Problem beschäftigen und sogar eine dritte Alternative aufzeigen. Ich bin nicht die Finanzexpertin, Herr Rupp, die am Ende des Tages sagen kann, ob der Vorschlag, eine anteilige Einlage zur Verfügung zu stellen, mit den Beihilferichtlinien vereinbar ist oder nicht, aber für mich zeigt das, dass hier eine Oppositionsfraktion konstruktiv mit der Situation umgeht.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Es gibt aber auch die CDU und die FDP. Ihren Umgang mit der Situation empfinde ich eher als verantwortungslos und unprofessionell, weil sie – und das konnte man aus den Redebeiträgen entnehmen – die BLB schon längst aufgegeben haben. Ich sage es noch einmal: Sie haben einen parteipolitischen Fokus. Sie suchen jetzt einfach einen Schuldigen, und in Ihren Augen ist das Karoline Linnert. Ich sage noch einmal, dass das, was Sie hier machen – auch Ihre Rücktrittsforderung –, nicht im Sinne der Bremer Landesbank ist. Sie schwächen die Verhandlungsposition Bremens und das, finde ich, ist verantwortungslos, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Widerspruch CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Dr. Schaefer und verehrter Herr Liess, damit hier keine

Irrtümer aufkommen: Ich begreife das jetzige Verhandlungsergebnis keineswegs als Erfolg. Die Bremer Landesbank befindet sich perspektivisch nicht mehr in unserem Eigentum. Das ist ein Zustand, den ich nicht als Erfolg werten kann.

(Beifall DIE LINKE, CDU, FDP, ALFA)

Es gehört aber eben auch dazu, die Verhältnisse in der Bremer Landesbank, die Marktverhältnisse und Kreditportfolios mit einem nüchternen Blick zu betrachten, denn wenn man das nicht tut, hat man unter Umständen auch einen falschen Blick auf die Verantwortlichen in dieser Frage.

Ich sage ganz deutlich, wir richten heute einen Controllingausschuss ein. Es wird seine gute Aufgabe sein, tatsächlich sachlich nachzuprüfen, an welcher Stelle es Politikversagen gab und welche Mechanismen dabei eine Rolle gespielt haben, dass uns diese Bank aus der Hand genommen wird.

Deswegen, das habe ich vorhin gesagt, sehe ich nicht nur Frau Linnert in der Verantwortung, sondern auch Herrn Dr. Sieling.

(Zuruf SPD: Eben war es noch einer!)

Ich habe einen vergessen. Ich habe noch nicht gehört, dass unser Wirtschaftssenator mit Schwung für die Bremer Landesbank eingetreten ist. Auch da muss man einmal nachfragen, welche Rolle an dieser Stelle diese Politikerinnen und Politiker eigentlich gespielt haben.

(Beifall DIE LINKE, CDU, ALFA)

Ich möchte das allerdings mit einem nüchternen Blick auf die Tatsachen tun. Wir können darüber reden, wenn wir uns in dieser Frage informiert haben, was das eigentlich für Konsequenzen hat. Wenn man jetzt vorschnell sagt, das sei nur die Verantwortung von Karoline Linnert, trifft man möglicherweise die Richtige, aber möglicherweise nicht alle Richtigen, sondern vielleicht auch die Falschen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als Nächste hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon schwierig, das muss man wirklich sagen, es ist auch ein bisschen frustrierend, ob nun zu früh, zu spät, zur falschen Uhrzeit: Ich habe den Eindruck, dass es nicht so ist, dass meine Informationen im Haushaltsausschuss auch nur irgendeinen Erfolg hatten oder dass man sich etwa auf einer gemeinsamen und unstrittigen Faktenebene verständigen konnte. Ich schaue mir an, welche falschen Tatsachen heute – ich habe irgend

wann aufgehört mitzuschreiben – hier ausgebreitet wurden und mit welchem überbordendem Selbstbewusstsein über eine komplizierte, schwierige und in der Tat vertrackte Lage geurteilt wird, und muss sagen: Alle Achtung!

Gestern Abend hat mir jemand, um mich zu trösten – ich war traurig darüber, dass es mit der Bremer Landesbank gerade so ist, wie es ist –, gesagt: Vielleicht ist Bremen zu klein. Ich wehre mich seit Jahren dagegen, dass wir zu klein sind. Ich glaube vielmehr immer noch, dass wir es schaffen können, bei den Punkten, bei denen es um das Wohl Bremens geht, an einem Strang zu ziehen, sich hier nicht in so einer Art und Weise zu zerlegen und ein Theater gegenüber der gesamten Republik aufzuführen, das am Ende nur ein Ergebnis hat.