Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einsetzung der Zivilklauseln, also der Selbstverpflichtung der Hochschulen, sich dem militärischen Nutzen zu wi dersetzen und friedlich zu lehren und zu forschen, ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte, denn die Bremer Hochschulen haben sich spätestens im Jahr 2012 eigene Zivilklauseln gegeben, und im Jahr 2015 wurde die Zivilklausel sogar im Bremischen Hoch schulgesetz verankert.
Insgesamt 62 Hochschulen in Deutschland haben sich der friedlichen Lehre und Forschung verpflichtet. Man könnte also glauben, dass die Kämpfe um eine friedliche Hochschule frei von Abhängigkeiten von Rüstungsunternehmen und der Bundeswehr gewon nen seien, jedoch weit gefehlt! Immer wieder kam es zu Verstößen gegen die Zivilklausel, und deshalb gab es auch die Hoffnung, durch die Aufnahme der Zivilklausel in das Hochschulgesetz nun endlich Verbindlichkeit zu schaffen.
Jetzt, ein Jahr nach der gesetzlichen Verankerung der Zivilklausel, holt die Hochschule Bremen die Bundes wehr mit ins Boot, um die geringe Bewerberinnenzahl im Studiengang Fraueninformatik aufzupeppen. Das wird nicht an die große Glocke gehängt, es gibt auch keine Pressemitteilung der Hochschule dazu. Man will ja keine schlafenden Hunde wecken.
Die Bundeswehr sieht das natürlich ein bisschen an ders und wirbt im Rahmen ihrer Werbekampagne auch für den Studiengang in Bremen, aber erst durch die Kritik der LINKEN kommt das Thema in die Bremer Öffentlichkeit, und da fragen wir uns ernsthaft: Wie kann die Bundeswehr an eine Hochschule gehen, wo es die Zivilklausel gibt?
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Informatikerinnen für den Frieden und die Jusos sehen hier einen klaren Verstoß gegen die Zivilklausel.
Hochschulintern regte sich auch vorab Widerstand, aber die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages konnte nicht verhindert werden. Deshalb stehen wir heute hier und müssen uns die Frage stellen: Was bedeutet eigentlich die Zivilklausel?
Meine Damen und Herren, bei der Hochschule Bre men ist das eigentlich ziemlich eindeutig: Projekte mit militärischer Nutzung und Zielsetzung haben an der Hochschule keinen Platz, denn diese verpflichtet sich, ausschließlich zu friedlichen Zwecken zu lehren und zu forschen.
Ist die Bundeswehr friedlich? Nein, die Bundeswehr ist eine Armee! Kann man bei der Bundeswehr von militärischer Nutzung ausgehen? Ja, auf jeden Fall!
Aktuell sind fast 3 000 deutsche Soldaten in Ausland seinsätzen. Also, erklären Sie von der Regierung mir bitte, warum wir hier eigentlich gerade stehen und debattieren müssen, wenn die Sachlage so eindeutig ist wie bei der Bundeswehr!
Leider weiß ich ja schon, was jetzt kommen wird, denn frei nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ überlegt man sich, wenn wir hier eine Zivilklausel haben, die uns zum Frieden ver pflichtet, aber die Bundeswehr als Partner anklopft und mit Geld winkt, dann machen wir einfach die Bundeswehr zu einem friedlichen Kooperationspart ner! Einige von Ihnen müssten jetzt eigentlich lachen. Die Bundeswehr friedlich? Wer hat sich denn den Quatsch ausgedacht? Das kann ich Ihnen sagen: Der Quatsch kommt vom Justizsenator, Herrn Günthner. Damit schlägt man natürlich zwei Fliegen mit einer Klappe. Man schmückt sich nämlich einerseits mit der Zivilklausel und lässt sich andererseits gar keine Kooperation durch die Lappen gehen, denn wenn man die Einschätzung des Justizsenators weiter denkt, dann produzieren ja auch Rüstungsunternehmen Waffen für den Frieden, und demnach wird wohl auch der nächste Weltfriedenstag von Rheinmetall Defence ausgerichtet.
Sie merken, bei dieser haarsträubenden Argumenta tion bleibt mir auch nur die Ironie, um das verdauen zu können.
Aber ganz ohne Ironie: Der Verstoß gegen die Zivil klausel liegt bei der Bundeswehr klar auf dem Tisch. Selbst wenn sich durch die Bundeswehr die Studien inhalte nicht ändern würden – was wir bezweifeln! –, so ist allein die Einrichtung des dualen Studiengangs eine aktive Unterstützung des Militärs. Die Zielset zung dieser Ausbildung ist eindeutig militärisch. Die Bundeswehr will Expertinnen für die Entwicklung und Verfeinerung von IT-Systemen für die Bundeswehr im Bereich des Bundesamtes für Beschaffung gewinnen, wo auch alle Rüstungsprojekte angesiedelt sind. Es geht hier also darum, Informatikerinnen für den Krieg in einer öffentlichen Hochschule auszubilden, und das können wir nicht unterstützen!
Deshalb fordern wir die Bremische Bürgerschaft auf, dem vehement zu widersprechen! Wir fordern eine Bekräftigung der Bürgerschaft, dass ausschließlich zu friedlichen Zwecken Forschung und Lehre an öffentlichen Hochschulen betrieben werden darf, und wir fordern die Bürgerschaft auf, deshalb auch die Einrichtung des dualen Studiengangs Frauen informatik unter der Beteiligung der Bundeswehr abzulehnen! Ich bitte um Ihre Unterstützung!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon gehört, vor rund einem Jahr hat die rot-grüne Landesregie rung die Zivilklausel ins Bremische Hochschulgesetz aufgenommen, und jetzt der erste Vorstoß, die An wendung des Gesetzes an den Hochschulen auch zu erproben, zumindest wenn man dem Antrag der Fraktion DIE LINKE folgt!
Was ist passiert? Bleiben wir einmal ganz sachlich: Die Hochschule Bremen bietet bereits seit dem Win tersemester 2000/2001 den internationalen Frauen studiengang Informatik an. Dabei handelt es sich um den ersten sogenannten monoedukativen Studiengang dieser Art bundesweit. Ziel war und ist es, den An teil von Frauen in diesem Bereich durch spezifische Angebote zu erhöhen. In sieben Semestern inklusive Praxisphasen und Auslandsaufenthalt lernen die Studentinnen alles rund ums Programmieren. Das Curriculum bekommt sogar in der Fachpresse, soweit ich es recherchieren konnte, sehr gute Bewertungen.
Vor einigen Monaten wurde bekannt, dass dieser Studiengang einen neuen Kooperationspartner hat, nämlich die Bundeswehr. Von rund 25 Plätzen pro Kohorte werden etwa zehn für die Bundeswehr reser viert. Dass es sich dabei um zivile Angestellte für den Verwaltungsbereich handelt, dass die Bundeswehr diese Studienplätze bezahlt und dass die Hochschule Bremen weitere Kooperationspartner sucht und die Bundeswehr somit auch keine Monopolstellung hat, scheint die Antragsteller dabei herzlich wenig zu interessieren.
Sie stellt damit die für beide Seiten nutzbringende Kooperation infrage und behauptet, die Kooperation mit der Bundeswehr verstoße gegen die gesetzlich verankerte Zivilklausel.
Ich finde das bei aller Toleranz für andere Meinungen eher beschämend, und es ärgert meine Fraktion und mich, wenn die Bundeswehr in einem deutschen Parlament so in Misskredit gebracht wird!
Seien wir doch einmal ehrlich, wir führen hier gar keine wissenschaftspolitische Debatte, sondern eine gesellschaftspolitische! Für die CDU-Fraktion sage
ich klipp und klar: Wir sind dankbar und stolz auf unsere Bundeswehr und lehnen solche Entgleisungen schlichtweg ab!
Wer unseren Antrag aufmerksam gelesen hat, der kennt unsere Einstellung zur Bundeswehr. Sie leistet ihren unverzichtbaren Beitrag zur nationalen und internationalen Sicherheit und Stabilität, auch durch militärische Einsätze, aber eben auch durch Einsätze im Katastrophenschutz, bei Fluten, bei Erdbeben oder, wie im letzten Jahr, zur Rettung von Zigtausend Menschenleben aus Seenot im Mittelmeer. Das gehört nämlich ebenso zu den Aufträgen für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.
Die Bundeswehr ist ein Verfassungsorgan und eine Parlamentsarmee. Ihr sind sehr, sehr enge Grenzen gesetzt, die sich am Grundgesetz und am Völkerrecht orientieren.
Sie ist ein wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft. Die ständigen Versuche, die Bundeswehr und ihre Angehörigen aus unserem alltäglichen Leben zu verbannen, zeugen von unreflektierter Ideologie!
Das scheint auch unser Bürgermeister so zu sehen, denn der hat sich erst vor Kurzem im Rahmen eines Empfangs für die Bundeswehr bei der Bundeswehr für die Unterstützung zur Bewältigung der Flücht lingskrise bedankt.
Kommen wir aber noch einmal kurz auf die wissen schaftspolitische Komponente zurück! In Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Freiheit der Forschung an den Hochschulen festgeschrieben. Sie gibt jedem einzelnen Wissenschaftler das Recht, Themen und Kooperationspartner frei zu wählen. Staatliche Ein griffe sind – und das aus gutem Grund – tabu. Auch die Argumentation, die Selbstverpflichtung durch die Zivilklausel setze hier eine Grenze, wurde bereits durch unser Justizressort widerlegt.
Ich will mich auch hier nicht um Worte streiten, die Bundeswehr ist eine Armee. Ihr Auftrag umfasst auch militärische Operationen zum Schutz unseres Landes und unserer Bevölkerung. Ein Blick über die Grenzen Europas macht uns jeden Tag deutlich, dass das auch bitter nötig ist. Dass wir also unsere Soldatinnen und Soldaten in Krisengebiete schicken, sie aber nicht an unsere Hochschulen lassen, ist in meinen Augen einfach nur grotesk!
Ich für meinen Teil bin froh, dass es diese Koope rationen gibt, und ich glaube, dass es sich auch für beide Seiten um eine Win-win-Situation handelt. Die Hochschule kann den Studiengang aufrechterhalten, und die Bundeswehr erhält gut ausgebildete Mitar beiterinnen. Die Bewerberinnen müssen die gleichen Qualifikationsanforderungen erfüllen wie alle ande ren, und sie durchlaufen auch komplett denselben Studienverlauf. Der Vorwurf der Einflussnahme durch die Bundeswehr ist also weiterhin eine Luftnummer. Dass die Hochschule sich lange Zeit schwertat, ist in meinen Augen auch völlig unnötig, denn es ist letztendlich die Bundeswehr, die den Vertrag, den ich auch gelesen habe, veröffentlicht hat, und das belegt Toleranz im Umgang mit dem Verfahren.
Die CDU-Fraktion hat die Debatte um die Zivilklausel immer schon mit Skepsis begleitet, und wir sehen uns heute einmal wieder darin bestätigt. Nicht nur, dass die Zivilklausel wissenschaftliche Debatten abwürgt, Themen, Sichtweisen und Personengruppen sogar ausgrenzt, sie schränkt auch die Forschungsfreiheit massiv ein. Zusätzlich wird die Debatte auch als Deckmantel genutzt, um Menschen, die sich jeden Tag für unsere Freiheit und unsere Sicherheit enga gieren, zu diskreditieren.
Wir lehnen den Antrag der LINKEN ab und auch den mit heißer Nadel gestrickten Antrag der FDP. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Reden wir über das Verhältnis, das dort deutlich wird, zu den Zivilklauseln und zum Umgang damit? Oder reden wir über das Verhältnis unserer jeweiligen Fraktionen zur Bundeswehr? Ich glaube, wir tun alles drei, und das ist auch richtig.
Wir haben nicht so ein übersteigertes, euphorisches Verhältnis zur Bundeswehr wie die Union. Deswegen waren wir auch dazu gezwungen, einen eigenen Antrag zu stellen, aber wir haben durchaus ein realis tischeres Verhältnis zur Bundeswehr als DIE LINKE. Auch Menschen wie ich, die Zivildienst gemacht haben, weil sie gewisse Tätigkeiten nicht ausüben können und auch für sich in Anspruch nehmen, dass das nicht geht, wissen, dass es eine Bundeswehr braucht, denn jedes Land hat eine Armee, und wir befürworten, dass es die eigene ist.