Vielleicht ist es einfacher, wenn jemand mit einem 9 Millionen Euro schweren Bettelbrief kommt, ihm zu sagen: Spare dann bitte auch in der Verwaltung! – Wir brauchen aber auch in Bremen eine Personalstruktur reform, wir brauchen Veränderungen im Aufgabenbe reich der Verwaltung. Aus unserer Sicht müssen wir die Digitalisierung als große Chance ergreifen. Das bietet Möglichkeiten, Arbeitsschritte zu sparen und in Zukunft auch Personal zu entlasten und abzubauen. „Verwaltung 4.0“ heißt aus Sicht des Senates – aus der Vorlage des Haushalts- und Finanzausschusses: Wir brauchen einen Online-Kalender, damit die Ter mine besser koordiniert werden können. – Das ist aus der Sicht der Freien Demokraten „Verwaltung 2001“. Richtige Digitalisierung schaffen wir, wenn wir Formulare digitalisieren, wenn wir das OnlineAusfüllen von Formularen ermöglichen, wenn wir dadurch Besuche einsparen, weil die Menschen es
bequem von zu Hause aus schaffen. Heute füllt man sein Formular aus und läuft damit zum Amt. Auf dem Amt wird es vom Formular in die Maske abgetippt, die dort vorliegt. Das ist doppelte Arbeit, das nervt die Bürgerinnen und Bürger in unseren beiden Städten. Dort ist Potenzial, wenn wir es richtig nutzen, um zukünftig nachhaltig Personal einzusparen.
Ein zweiter Punkt, von dem ich mir mehr versprochen hätte, wäre die Kooperation mit Niedersachsen. Es gab vor Kurzem die gemeinsame Kabinettstagung, und ich hatte gedacht, jetzt sprechen Sie endlich einmal darüber, wo wir in der Verwaltung gemein sam Sachen bündeln, Synergien heben und so auch Einsparungen schaffen können, um langfristig die Eigenständigkeit unseres Bundeslandes zu sichern. Auch in diesem Fall fehlen uns aber die Ideen des Senats. Aus unserer Sicht kann man beim Statisti schen Landesamt, beim Verfassungsschutz und auch beim Kampfmittelräumdienst deutlich Einsparungen schaffen, wenn man sich besser vernetzt – und das ist nur der Anfang. Später sollte die Kooperation mit den umliegenden Bundesländern deutlich intensi viert werden, um nachhaltig konsumtive Ausgaben zu sparen.
Wenn ich das zusammenfasse, bleibt es dabei: Das Programm ist ein Gebührenerhöhungs- und Investi tionsverschiebungsprogramm und trägt nur in sehr geringem Maße nachhaltig zur Sanierung des Haus haltes bei. Wir brauchen endlich in Bremen und Bremerhaven den großen Wurf. Wir brauchen Mut, wirklich einmal Dinge wie eine Personalstrukturreform anzupacken. Wir müssen an der Ausgabenschraube arbeiten, wir müssen dazu kommen, dass weniger ausgegeben wird. Die Einnahmen steigen und stei gen, die Ausgaben noch viel stärker.
Jedes Jahr im Rechnungshofbericht das gleiche Lied! Bremen hat ein Ausgabenproblem, kein Einnahmen problem. Deswegen sind wir der Meinung, Bremen braucht
Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Ich fange einmal mit der Überschrift der Aktuellen Stunde an: Bremen braucht eine intelligente Haushaltssanierung. Das heißt ja, dass alles, was bisher gelaufen ist, nicht intelligent war. Das heißt, dass wir schon seit mehreren Jahren die 300 Millionen Euro, die wir von Bund und Ländern bekommen, nicht bekommen haben. Das wird hier unterstellt. Hier wird unterstellt, dass der gesamte Sanierungspfad, wie er insgesamt angelegt und bisher gegangen worden ist, keine Erfolge getätigt hat. Dass die eigenverantwortlichen Strukturverbesserungen für die Laufzeit des Sanierungspfades 900 Millionen Euro betragen, unterschlagen Sie in dieser Darstel lung schlichtweg, und es ist eine Falschmeldung, die Sie hier geben.
Es ärgert mich, dass hier bestimmte Dinge durchei nandergehen. Hier werden zum Teil Dinge wieder aufgerufen, die in den Haushaltsberatungen schon beschlossen wurden. Es geht doch im Kern darum, dass der Stabilitätsrat gesagt hat: Liebes Bremen, was ihr uns vorlegt, akzeptieren wir so nicht. Zeigt uns auf, welche weiteren Maßnahmen ihr erbringen könnt! – Da macht es auch Sinn, sich in die Ebene zu begeben, sich die Mühen der Ebene zu machen und zu schauen: Worum geht es jetzt? Was hat der Senat vorgeschlagen?
Im Übrigen, zu Ihrem Hinweis, dass man eine bessere Kontrolle im Taxengewerbe vornehmen würde als Hin weis auf einen Generalverdacht: Das wäre genauso, als ob Sie sagen würden, jede Betriebsprüfung würde jedes Unternehmen unter einen Generalverdacht stellen. – Nichts anderes macht der Senat hier.
Selbstverständlich ist es richtig, dass die Personalzu weisungen an die Beteiligungsgesellschaften Bremens reduziert werden. Wir erwarten im Kernhaushalt eine Reduzierung der Ausgaben. Selbstverständlich muss das auch in diesem Bereich gelten. Das will der Senat jetzt machen. Es sollen Maßnahmen im Sonderver mögen gestreckt werden. Die Aufgabe besteht darin, die Ausgaben für dieses Haushaltsjahr zu reduzieren. Das war die Aufgabe, die gestellt worden war, und dies ist in diesem Zusammenhang passiert. Deshalb kann ich nicht verstehen, wie Sie darauf kommen, dass dies ein Programm wäre, das den Anforderungen nicht gerecht werden würde.
Dass man eine verstärkte Gewinn- und Vermögens abschöpfung bei Unternehmen vornimmt oder bei Unternehmen, die straffällig geworden sind, Unterneh mensbußen stärker einbezieht, ist in Anbetracht der leider negativ festzustellenden Entwicklung, die wir bei den Unternehmen in Bremen haben, ein realistischer Ansatz. Daher ist es vernünftig, dies auch einzustellen
und so zu bewerten. Dass Gebühren kostendeckend sein sollen, hat Sie wahrscheinlich noch nicht erreicht, dafür kann ich nichts. Wir haben im Übrigen gerade am letzten Freitag die Kostenverordnung für Bremen angepasst, weil die Personalkosten ungefähr um 10 Prozent gestiegen sind, denn selbstverständlich müssen Gebühren kostendeckend sein.
Dass wir eine Neuordnung des Lotteriewesens vor nehmen, um eine Optimierung vorzunehmen, dass es eine Reduzierung von Baustandards geben soll, dass wir Softwareverträge kündigen, die wir nicht mehr brauchen, und damit jedes Jahr eine halbe Million Euro einsparen, sind alles Dinge, die Sie nicht zur Kenntnis nehmen, die Sie in Ihrem nebulösen Beitrag einfach unter „Allgemein“ verbuchen. Es macht eben Sinn, sich die Maßnahmen einzeln anzuschauen und sie einzeln zu bewerten.
Ich finde es völlig richtig, dass jetzt endlich Konse quenzen gezogen werden und der Vertrag mit Nieder sachsen zum Gastschülergeld gekündigt worden ist.
Darauf haben wir sehr lange gewartet und im Haus halts- und Finanzausschuss viel Geduld bewiesen, und zwar alle Fraktionen. Dass dies jetzt finanzwirksam werden soll und muss, ist nichts anderes als richtig, und dass dies mit eingerechnet wird, ist genauso richtig. – Dass wir mit Begleitscheinen für die Ab fallentsorgung nicht nur einen neuen Einnahmetat bestand schaffen, sondern gleichzeitig auch dafür sorgen, dass der Abfall in Bremen gesicherte Wege geht, verbindet zwei richtige Dinge miteinander. Eine Neustrukturierung der Nachlassangelegenheiten für diejenigen, die keine Erben haben, finde ich richtig. Es ist richtig, dies zu organisieren und daraus auch eine Optimierung zu ziehen. Daher ist für mich völ lig unklar, was Sie mit dem Begriff „Abwicklung“ eigentlich meinen.
Was wir leisten, ist, dass wir insgesamt einen Betrag von über 100 Millionen Euro an den geplanten Aus gaben einsparen. Selbstverständlich – das haben wir immer gesagt – bleibt es so, dass wir in der Gesamt summe des Kernhaushalts und der Ausgaben für die Flüchtlingskosten nach wie vor über die Obergrenze hinausgehen. Wir machen aber nach wie vor geltend, dass wir uns in einer Sondersituation befinden, die die Ausgaben für Flüchtlinge herausrechnet. Dass wir dabei auf dem richtigen Wege sind, hat das Gut achten, das Sie ja auch schriftlich bekommen haben, wieder erwiesen.
Im Übrigen müssen wir zur Kenntnis nehmen – das sollten Sie auch –, dass wir in vielen Bereichen der
öffentlichen Aufgabenwahrnehmung oder der Aus gaben, die wir im öffentlichen Bereich vornehmen, bereits an Grenzen sind, und zwar an unteren Grenzen – auch nachweisbar im Bundesvergleich –, unter die wir nicht mehr gehen können, wenn wir den grund gesetzlichen Auftrag tatsächlich wahrnehmen wollen.
Insofern kann ich weder erkennen, dass die Haus haltssanierung nicht intelligent sei, noch, was das mit Abwicklung zu tun hat. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat vorgeschlagen, dass wir uns Gedanken über eine intelligente Haushaltssa nierung machen. Gegen einen solchen Vorschlag ist überhaupt nichts einzuwenden. Wenn man die Qualität der Rede des Kollegen der FDP proportional zu dem Intelligenzpotenzial setzt, das sich dahinter verbirgt, sind wir von diesem Ziel noch etwas weiter entfernt als gewünscht.
Ich habe ja das Vergnügen gehabt, und das muss man anerkennend sagen – im Gegensatz zu anderen Oppositionsparteien hat die FDP ihre Vorstellung von intelligenter Haushaltssanierung in den Haus haltsverhandlungen in Form von Anträgen deutlich gemacht.
(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Fleiß ist aber noch keine Intelligenz! – Abg. Frau Steiner [FDP]: Das verstehen hier leider nicht alle!)
Ein wesentlicher Teil dieser Anträge war, dass man in der Verwaltung Stellen streicht. 232 Stellen in der Verwaltung sollten gestrichen werden.
Ich will das gar nicht kleinreden, aber in der Verwal tung sind die Stellen dann weg. Ich erinnere mich an Debatten, dass das Stadtamt und das Standesamt nicht mehr so richtig funktionieren.
Insgesamt ist die Verwaltung an einem Punkt, an dem es mehr Arbeit gibt als Menschen, die sie verrichten. Diese Synergieeffekte aufgrund von Digitalisierung, die Sie immer großmütig beschwören, sind – das haben wir gestern erfahren – noch weit entfernt. Sie sind noch nicht real. Wenn man dann 232 Stellen kürzt, muss man davon ausgehen, dass viele Arbeiten nicht mehr erledigt werden können. Ich finde das nicht intelligent.
(Beifall DIE LINKE, SPD – Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Intelligenz ist halt eine Frage der Definition! – Abg. Tschöpe [SPD]: Leider richtig! – Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Dünnes Eis, ganz dünnes Eis!)
Ach so? Intelligenz ist also eine Frage der Definition. Dann definieren wir das einmal andersherum. Viel leicht beginnen wir einmal mit einfachen Dingen: Grundrechnung, Addieren und Subtrahieren. Sie haben behauptet, die Einnahmen sind so hoch wie nie. Das stimmt. Sie sagen auch, die Ausgaben sind so hoch wie nie. Stimmt auch! Wenn Sie inflations bereinigt die Ausgaben Bremens von vor 20 Jahren nehmen und mit den heutigen vergleichen, dann werden Sie eine reale Kürzung durch Kaufkraftverlust zwischen 10 und 15 Prozent haben. Das heißt, die Ausgaben von heute sind real niedriger als vor 10 oder 20 Jahren – insgesamt, über alles. Jetzt kommen wir zur Grundrechnung: Wenn wir zur Erledigung der Aufgaben in Bremen, je nachdem, wie man es wertet, ungefähr 4 Milliarden Euro oder 4,3 Milliarden Euro brauchen, und wir nehmen 2010 an Steuern nur 3,2 Milliarden Euro und jetzt vielleicht 3,5 Milliarden Euro ein, dann ergibt sich ein Unterschied, ein Defizit, wenn ich das voneinander subtrahiere.
Solange dieses Defizit nicht ausgeglichen ist, sind die Steuern in diesem Land zu niedrig. Da gibt es gar keine Deutungsmöglichkeit, denn mittlerweile ist auch klar: Öffentliche Verwaltung, öffentliche Daseinsvorsorge, Schulen, Feuerwehr, all das, was unsere Gesellschaft ausmacht, ist in Bremen seit Jahren chronisch unterfinanziert, und es ist nicht so, dass man dort in Größenordnungen noch Potenziale heben kann. Wenn man das realisiert hat, dann muss man wissen, dass es so etwas wie eine intelligente Haushaltssanierung durch weitere Kürzungen einfach nicht gibt. Das müssen Sie realisieren, dann haben Sie einen ersten Ansatz, wie man intelligent den Haushalt saniert.
Ich mache darauf aufmerksam, denn es betrifft mich ein Stück weit auch persönlich: Wir brauchen in diesem Jahr wahrscheinlich nicht so viel Geld wie geplant für Menschen, die aus Fluchtgründen her kommen. Ich weiß, dass diese Tatsache bewirkt, dass mehr Menschen in Syrien durch Bomben ums Leben
kommen, dass mehr Menschen in Flüchtlingslagern verrotten und mehr Menschen im Mittelmeer ertrin ken werden. Das ist für mich keine gute Nachricht, weil diese Menschen eigentlich hier sein müssten, hier in Sicherheit, und nicht auf dem Weg hierher oder sonst wo sterben. Deshalb ist diese Form von Ersparnis keine, über die ich mich freue.
Das Zweite ist: Wenn man in diesem Jahr 40 Mil lionen Euro investive Mittel für bestimmte Dinge nicht ausgeben muss, stellt sich die Frage: Ist das eigentlich eine gute Idee? Ich meine, nein. Wir ha ben an ganz unterschiedlichen Stellen – im Hafen, in der Infrastruktur, bei den Straßen – nachweislich Investitionsbedarf. Wir hätten in diesem Jahr diese Investitionen tätigen können. Wenn man dieses Geld in diesem Jahr für bestimmte Dinge nicht braucht, dann hätte man sich Gedanken machen müssen, dieses Geld für andere notwendige Investitionen auszugeben, solange man es noch kann, denn ab 2020 sitzt man in der Schuldenbremsenfalle, und dann haben wir diese Möglichkeiten nicht mehr. Ich finde es falsch, dass diese Mittel nicht ausgegeben werden, denn sie werden im investiven Bereich dringend gebraucht.