Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir haben beantragt, dass dieses Parlament Sonderrechte und eine Paralleljustiz zum Schutz von global operierenden Konzernen ablehnt. Wir haben beantragt, dass sich Bremen auf Bundes ebene dafür einsetzt, dass die EU das Vertragswerk CETA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, nicht und schon gar nicht vorläufig in
Ich will im Folgenden versuchen, unseren Antrag zu begründen, auch wenn ich nach wie vor zugestehen muss, dass es nicht einfach ist, sich in diesem Ver tragswerk und dessen Auswertung zurechtzufinden. Es ist insbesondere deswegen nicht einfach, weil es in der Tat im Zuge der Verhandlungen eine ganze Reihe substanzieller oder auch nur vordergründig substanzieller Änderungen gegeben hat. Es stand die interessante Frage im Raum, dass kurzfristig geklärt werden musste, ob die Kritik noch aufrechtzuerhalten ist, die viele Nichtregierungsorganisationen haben, die der Städtetag hat, die 320 000 Menschen haben, die dieser Tage demonstriert haben, oder ob diese Kritik mittlerweile durch erfolgreiches Nachverhandeln soweit entkräftet ist, dass man diesem Abkommen zustimmen kann.
Die Kritik richtete sich im Wesentlich gegen diese sogenannten Investor-Staats-Schiedsverfahren, also Verfahren vor Schiedsgerichten, bei denen auslän dische Investoren einen Staat wegen ungerechter Behandlung, quasi wegen Enteignung auf den Ersatz entgangener Gewinne verklagen können. Mit Recht wurde angeführt, dass sich der Charakter dieser Schiedsgerichte durch CETA geändert hat. Mittler weile sind es Gerichte mit einer anderen Besetzung als vorher. Diese Gerichte gibt es allerdings nach wie vor. Sie haben nach wie vor die gleiche Funktion, ein Sonderrecht für ausländische Investoren einzuführen und eine Paralleljustiz zu schaffen, die im Wesent lichen auf ausgesprochen unklaren Rechtsbegriffen beruht und eben anderen Personen nicht das Recht zu klagen gibt. Viele, die sich damit beschäftigen, kommen nach wie vor zu dem Schluss: Solche Ex tragerichte sind in der Europäischen Union und in Kanada gar nicht nötig, weil es ein funktionierendes Rechtssystem gibt.
Eine zweite Frage ist interessant: Sind eigentlich Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte, ta rifliche Rechte und Schutzrechte Gegenstand dieses Vertrages? Es ist hineinformuliert worden, dass man sich an die Normen der Internationalen Arbeitsorgani sation ILO halten muss. Es sind bestimmte Richtlinien hineinformuliert worden, aber bei genauem Hinse hen kommen Kritikerinnen und Kritiker weiterhin zu dem Schluss, dass dieses Kapitel nicht unter die Streitbeilegung fällt. Das heißt, Gewerkschaften sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nicht das Recht, ihre Rechte vor den zwar abzuleh nenden, möglicherweise aber doch existierenden Sondergerichten einzuklagen. Dieses Recht haben nur Investorinnen und Investoren. Deswegen ist zwar formuliert worden, dass man sich in diese Richtung engagieren will. Es ist aber so vage und unklar, dass es nach diesem Vertrag keine Konsequenzen hat.
Zur Nachhaltigkeit und zum Verbraucherschutz! CETA bekennt sich mittlerweile zum Schutz der Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern. An dem ganz entscheidenden Prinzip, dass jemand, der ein Produkt auf den Markt bringt, beweisen muss, dass es unschädlich ist, ist nicht gerüttelt worden. Das soll dahin gehend geändert werden, dass ein Produkt erst nachweislich gefährlich sein muss, bevor man es vom Markt nimmt. Bei technischen Produkten ist das wahrscheinlich nicht so ein Problem, aber bei Nahrungsmitteln, Medikamenten und Ähnlichem ist das eine interessante Frage. Die Gefährlichkeit von zum Beispiel Asbestbelastung oder Ähnlichem ist eben sehr schwer nachzuweisen. Bis man nachgewiesen hat, dass ein Produkt Krankheiten verursacht, dauert es ewig lang. Es schädigt eine Menge Menschen. Deswegen ist das Vorsorgeprinzip besser.
Die Kritikerinnen und Kritiker sagen, die öffentliche Daseinsvorsorge, also kommunale Wasserwerke, Ab wasserentsorgung, Energieversorgung und Ähnliches, soll liberalisiert werden. Darüber ist offensichtlich auch an der einen oder andern Stelle nachverhandelt worden. Nach wie vor gibt es aber Klagemöglichkeiten für private Investorinnen und Investoren, wenn sie sich durch Regelungen von Nationen oder Staaten beeinträchtigt fühlen. Auch da warme Worte, aber eher wenig Konkretes!
Es gibt ein Fazit, und dieses Fazit würde ich gern kurz nennen: CETA vermag insbesondere nicht die grundsätzlichen Mängel derartiger Abkommen zu beseitigen, dass nämlich den Handels- und Inves titionsinteressen ein höherer Rang verliehen wird als dem demokratisch legimitierten Gemeinwohl. Damit interpretiert CETA die Handelsarchitektur als Privatsache. Um sie zu einer öffentlichen Sache zu machen, wäre die vollständige Streichung des Investorenschutzkapitels eine sinnvolle Konsequenz.
Die Vertragsparteien verfügen jeweils über ausge prägte Rechtssysteme. Das hatte ich schon gesagt. Das Arbeitskapitel enthält keine Sanktionen. Die Ausnahmeregelungen für die öffentlichen Dienst leistungen sind nicht wasserdicht. Die Abschaffung des gesonderten Investorenschutzes würde auf diese Weise ein grundlegendes Hemmnis für die Zustim mung zu CETA beseitigen. Darüber hinaus gibt es auch noch Einwände gegen den demokratischen Kontrollverlust.
Das Fazit! Im jetzigen Zustand kann man CETA nicht zustimmen, und schon gar nicht vorläufig. Zu diesem Ergebnis kommt interessanterweise eine Quelle, von der ich es nicht erwartet hätte. Es gibt ein Positions papier zum Freihandelsabkommen CETA von der Grundwertekommission der SPD vom September 2016 – nicht von Attac oder Campact. Ich meine das gar nicht hämisch. Mir hat dieses Papier sehr geholfen, dieses Vertragswerk aufzuarbeiten und eine Einschätzung von anderen zu bekommen, die sich damit beschäftigen
In diesem Fall hat die Grundwertekommission der SPD vollständig recht. Man darf diesen Vertrag jetzt und schon gar nicht vorläufig verabschieden.
Man muss sich noch einmal das Verfahren ansehen. Großbritannien hatte gerade beschlossen, aus der EU auszutreten. Da kommt ein Herr Juncker und sagt: Zum Handelsabkommen mit Kanada, das deutlich in der Kritik steht, fragen wir die anderen Nationen erst einmal gar nicht. Man muss sich einmal diese Wirkung vorstellen. Schon weil es zwingend not wendig ist, dass die Staaten an solchen Prozessen beteiligt werden müssen, dass man nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden darf, und weil es notwen dig ist, diese Debatte weiterzuführen, halte ich ein Positionspapier zum Handelsabkommen CETA für richtig und wichtig. Ich teile die Konsequenzen, die in diesem Positionspapier stehen, und bitte darum, dass unserem Antrag entsprochen wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Protektionismus ist nicht gut für die wirtschaftliche Entwicklung und schon gar nicht gut für den exportorientierten Standort Bremerhaven und den Industriestandort Bremen.
Meine Damen und Herren, wir reden heute über das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada, kurz CETA genannt, ein, wie wir finden, sehr wichtiges und richtiges Freihandelsabkommen. Der Antrag der LINKEN hat bei uns zu Teilen blankes Entsetzen ausgelöst, denn eigene Ideen finden sich darin wenig wieder. Stattdessen besteht der Antrag aus einer Reihe von Internetgerüchten und diversen zusammenkopierten Postings der CETA- und TTIPGegner. Ich habe das einmal markiert.
Alles, was gelb markiert ist, ist wortlautgetreu von Attac kopiert worden. Viele der Passagen sind zum Überfluss wirklich wortgleich. Es ist erschütternd zu sehen, mit welcher Vehemenz Sie das Negative in den Vordergrund rücken und dabei alle Chancen unter den Tisch kehren!
Gerade wir in Bremen, in einer altehrwürdigen Han sestadt sollten mit positivem Beispiel vorangehen und den Freihandel unterstützen! Dank der Hanse und dank der EU hat sich in Bremen in den letzten Jahrhunderten eine florierende Wirtschaft mit vielen neuen Arbeitsplätzen entwickelt. Unseren heutigen Lebensstandard verdanken wir insbesondere der innovativen Wirtschaft mit ihren mutigen Köpfen und eben nicht den Vorbehalten, Zweiflern und Be denkenträgern.
Meine Damen und Herren, wir Freie Demokraten stellen zusammen mit der CDU einen positiven Antrag. Statt verhindern wollen wir unterstützen, denn CETA ist für Bremen und Bremerhaven eine riesige Chance!
CETA bedeutet den Abbau von 99 Prozent aller Zölle. Doppelprüfungen werden fast vollständig vermieden. Zukünftig werden die kleinen und mittleren Unter nehmen in Bremen und in Deutschland verstärkt nach Kanada exportieren können. Bisher konnten sich oft nur die großen Unternehmen die Doppelprüfung ihrer Produkte leisten.
Ferner ist davon auszugehen, dass mit dem Abbau der Zölle der Warenverkehr zwischen Kanada und der EU zunehmen wird. Bremen und Bremerhaven als Industrie- und Hafenstandorte werden davon massiv profitieren. Besonders im Hinblick auf die prekäre Situation in Bremerhaven erwarten wir von CETA eine signifikante Verbesserung, neue Arbeitsplätze und eine Expansion in den Industrie- und Hafensektoren.
Ich möchte noch kurz die Aspekte aufgreifen, die viele Bürgerinnen und Bürger bewegen und verun sichern. Uns ist es wichtig, diesen Ängsten mit Ernst zu begegnen und zur Aufklärung beizutragen. Viele Bürger haben bedingt durch die Kampagnen von Attac, Campact und anderen Angst, die derzeit dif fusen und nicht Fakten entsprechenden Argumente gegen den Freihandel richtig einzuordnen und zu überblicken. Wir Freie Demokraten sagen ganz klar: CETA wird keine Standards abbauen, weder Arbeit nehmer- noch Verbraucher- oder Umweltstandards. Im Gegenteil, CETA schreibt diese Standards erstmals international fest. Das ist ein wichtiger Meilenstein zur internationalen Anerkennung von Rechten in diesem Bereich!
den Gegnern postulierten intransparenten privaten Schiedsgerichte gibt es nicht. Stattdessen wird ein transparenter Investitionsgerichtshof mit einer Be rufungsinstanz und staatlich bestellten Richtern, der ähnlich wie der Europäische Gerichtshof öffentlich verhandelt, eingerichtet. So wird ein nachhaltiges faires Verfahren zum Umgang mit Investitionsstrei tigkeiten geschaffen.
Ich möchte noch einmal die Bedeutung von CETA für Bremen und Bremerhaven betonen. 2015 wurden Waren im Wert von 212 Millionen Euro nach Kanada exportiert, davon allein Fahrzeuge im Wert von 180 Millionen Euro. Wir haben bereits gestern die Debatte über den Automobilstandort Bremen geführt, und daher wissen wir, dass über 20 000 Mitarbeiter allein in diesem Sektor tätig sind. CETA bietet eine große Chance, diesen Bereich weiter auszubauen. Das un terstützt auch die Tatsache, dass in Bremerhaven der weltweit größte Hafen für Automobilexporte besteht. CETA ist für Bremen, für Deutschland und für die EU gut. CETA wird für mehr Wirtschaftswachstum und für mehr Arbeitsplätze sorgen. Lassen Sie uns CETA nicht aus Angst vor Gerüchten der Kampagnenmacher kaputtreden, sondern lassen Sie uns aktiv für den Freihandel eintreten. Bremen ist als Land gefragt, im Bundesrat für CETA zu stimmen, und Bremen kann ein Zeichen gegen Angstmacherei und für europäisches Selbstbewusstsein, Weltoffenheit und wirtschaftlichen Mut setzen. – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gespenst CETA ist Gegenstand der laufenden Debatte, die wir dem An trag der Fraktion DIE LINKE vom Juli dieses Jahres mit dem Titel „CETA auch von Bremen aus verhin dern!“ zu verdanken haben. Ich nehme an, dass die Autoren dieses Antrags auch zu den Demonstranten am vergangenen Wochenende gehörten,
bei denen in mehreren deutschen Großstädten ver sucht wurde, die Schreckgespenste CETA und TTIP zu vertreiben. Das Ganze hatte zumindest nach mei nem Eindruck mehr den Charakter eines Festivals, eines Happenings im Stil der Anti-Atomkraft-De monstrationen der Achtzigerjahre oder sogar eines Karnevalsumzugs wie in Köln.
Am Montag sahen wir den sichtlich erleichterten SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, der auf dem Konvent der SPD dem linken Parteiflügel eine grundsätzliche Zustimmung zum Freihandelsabkom men mit Kanada abringen konnte, wenn auch unter erheblichen Auflagen. Der Beschluss ist allerdings mit so vielen Bedingungen verknüpft, dass er in der Realität de facto schwer umsetzbar sein wird. Es gilt: CETA ist ausverhandelt, CETA ist das beste und fort schrittlichste Freihandelsabkommen, über das die EU bisher je verhandelt hat. In seiner Funktion als Bun deswirtschaftsminister hat Sigmar Gabriel – das muss man ihm in der Tat hoch anrechnen – erreicht, dass der ursprüngliche Plan der privaten Schiedsgerichte verworfen und durch einen internationalen Investiti onsgerichtshof ersetzt wurde, dessen 15 Richter von Kanada und der EU ernannt werden, der öffentlich tagt und der über eine Berufungsinstanz verfügt.
Mit CETA isst es gelungen, die wirtschaftliche Betäti gung der Kommunen, zum Beispiel die Beauftragung von Eigenbetrieben, verbindlich abzusichern. Den Vertragspartnern ist es möglich, die Daseinsvorsorge nach ihren Vorstellungen zu organisieren, und das Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz bleibt ebenso unangetastet. Das alles war übrigens schon vor dem SPD-Parteikonvent bekannt. Aber die Bremer SPD und insbesondere Bürgermeister Dr. Sieling hatten sich in der Vergangenheit immer an der Kritik um CETA beteiligt und sich eigentlich komplett in ihre linke Ecke verkrochen. Das alles sieht jetzt nach dem Wochenende aber ganz anders aus, und plötzlich sind alle sehr zufrieden, wie wir in dieser Woche in der Zeitung lesen konnten. So geht offenbar Politik.
Aber genug des Spotts! Das Freihandelsabkommen mit Kanada ist viel zu wichtig, und mir liegt daran, die Bedeutung und die Chancen des Abkommens kurz darzustellen.
Wir haben den Antrag gemeinsam mit der FDP ge stellt, um uns damit gegen den Antrag der LINKEN zu stellen. Ein freier und fairer Welthandel ist gerade für den Standort Bremen – das hat Frau Steiner schon gesagt – als achtgrößter Industriestandort und zweitgrößter deutscher Hafenstandort von immenser Bedeutung. Die Hälfte der in Bremen hergestellten Industrie güter geht in den Export. Die Zahlen wurden schon
genannt. Sie stehen auch in unserem Antrag. Von dem Gesamtwarenwert nach Kanada in Höhe von 212 Millionen Euro sind allein für 180 Millionen Euro Fahrzeuge nach Kanada gegangen.
Von CETA werden also insbesondere der Automobil standort in Bremen und der Autoumschlag in Bremer haven profitieren. Doch nicht nur große Unternehmen, sondern auch kleine Unternehmen profitieren vom Abbau der Zölle und der im Moment noch doppelten Genehmigungsverfahren. Weder aus der Sicht Bre mens noch als Außenstehender konnte man deshalb die kritische Haltung eines hochverschuldeten und von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelten Bundeslandes und dessen Regierung nachvollziehen.