Wir meinen, dass Bremen in einer haushalts- und finanzpolitischen Falle steckt, und ich werde versuchen, diese Ansicht seriös zu begründen.
Das Erste betrifft die Rahmenbedingungen des am Koalitionsvertrag als Anhang beigefügten Finanzrahmens. Dort gibt es so einen kleinen Appendix, in dem gut dargestellt ist, wie sich die Koalition den Sanierungspfad bis zum Jahr 2019 vorstellt. Eine Rahmenbedingung ist, dass die konsumtiven Ausgaben jährlich nur um 1,4 Prozent steigen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir das schon einmal geschafft haben – auf jeden Fall ist es ein ehrgeiziges Ziel –, aber
wir haben es nicht geschafft, die Personalkostensteigerungen in den letzten vier Jahren auf durchschnittlich 1,4 Prozent zu begrenzen.
Auch in Zukunft sind meines Erachtens die Voraussetzungen dafür nicht gegeben. Wir befinden uns nach 22 Jahren PEP-Quote in einer Situation, in der es an ganz vielen Stellen einfach nicht mehr funktioniert, Menschen durch PCs oder Software zu ersetzen. Man ist dort an der Grenze der Funktionsfähigkeit angekommen, und ich wage zu bezweifeln, dass in den nächsten vier Jahren dieses Ziel der 1,4 Prozent Personalkostensteigerung eingehalten werden kann.
Die Sozialleistungen sollen im Jahr 2016 nur um 2,2 Prozent steigen und bis zum Jahr 2019 auf 1,6 Prozent gesenkt werden. Ganz davon abgesehen, dass wir auch in dem Bereich in den letzten vier Jahren von dem Ziel weit entfernt waren, sagen Sie, wir müssen die Sozialleistungen kürzen, und als Beispiel nennen Sie die Hilfen bei der Erziehung. Ich habe mich gefragt, wer da jetzt von allen guten Geistern verlassen ist.
Jeder Euro, den man an dieser Stelle kürzt – das verspreche ich Ihnen, ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf –, kommt Ihnen aus mehr Sozialleistungen in den nächsten Jahren irgendwann wieder zurück, Kürzungen dort generieren Mehrkosten!
Die Investitionsausgaben sollen eingefroren werde, auch da bin ich relativ sicher, das keine ist gute Idee.
Wir wissen aus den letzten vier Jahren, dass wir beim Straßenbau, bei öffentlichen Gebäuden, bei Ingenieurbauwerken im Hafen und an vielen Stellen in Bremen mittlerweile einen Investitionsstau von einem hohen dreistelligen Millionenbetrag haben, das Problem ist sogar, dass wir die eigentliche Höhe gar nicht kennen. Dann festzulegen, die Investitionen einzufrieren, dazu sage ich Ihnen hier, auch das generiert Mehrkosten für Instandhaltung und Sanierung in der Zukunft und ist deswegen ebenfalls keine gute Idee.
Wir haben Glück, dass die Zinsen Bremens für die finanziellen Schulden historisch niedrig sind. Ich bin mir sicher, dass es vielleicht noch zwei oder drei Jahre so weitergehen wird, aber Experten prognostizieren auch wieder einen Anstieg. Auch in dem Bereich ist also die Annahme, dass ein derart historisch niedriges Zinsniveau bleiben wird, zumindest waghalsig.
Sie rechnen mit Steuereinnahmen in Höhe von jährlich 3,5 Prozent in den nächsten vier Jahren. Das entspricht
der Steuerschätzung auf Bundesebene, aber auch da darf keine Krise dazwischenkommen, und vor allem darf die FDP nicht an die Regierung kommen, denn sonst wird es sofort wieder Steuersenkungen geben, und dann war es das mit den 3,5 Prozent!
Meiner Meinung nach beruht dieser Finanzrahmen erstens auf deutlich unrealistischen oder allzu optimistischen Annahmen, und die Folge wird sein, dass die Kürzungen oder Einsparungen in vielen Fällen zu Mehrkosten führen werden. Wir sind in einer Situation, in der die Falle der Vergeblichkeit darin besteht, dass wir, wenn wir die Haushalte an vielen Stellen kürzen, dann trotzdem den Sanierungspfad nicht halten und zwar auch, wenn wir nicht kürzen. Darin besteht die Falle der Vergeblichkeit.
Es ist nämlich so, dass man bereits in dem jetzt vorliegenden Finanzrahmen feststellen muss, dass es in den Jahren 2018 und 2019 einen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro geben wird, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, das bis zum Jahr 2020 weiterzurechnen. Diese Angaben fehlen von Ihnen! Nach meiner Berechnung haben wir bei den gleichen Annahmen im Jahr 2020 ein Minus von circa 150 Millionen Euro – plus oder minus 20 bis 30 Millionen Euro, das kann man nicht so genau beziffern – und bei dem jetzigen Finanzrahmen mit den derzeit vorgeschlagenen Maßnahmen wird der Konsolidierungspfad nicht eingehalten, und er wird spätestens im Jahr 2017 gerissen. Also müssen wir uns auf weitere Kürzungen über das hinaus einstellen, was angegeben wird, sonst geht es rechnerisch schon einmal nicht auf. Im Klartext bedeutet das unrealistische und gefährliche Annahmen, und Sie kommen im Jahr 2020 nicht ohne Neuverschuldung aus.
Ich mache darauf aufmerksam, dass der Gedanke, dass Haushaltskonsolidierungsversuche auch dazu führen können, dass ständig Mehrkosten produziert werden, so ganz abwegig nicht sein kann. Mittlerweile sind die Kosten für Sozialhilfe, die wir in Bremen zahlen müssen, deutlich höher als die Zinsen.
Insgesamt haben wir ungefähr 1,4 Milliarden Euro – ich komme zum Schluss! –, und diese 800 Millionen Euro Sozialleistungen sind adäquat von weiteren 27 Milliarden Euro Schulden, davor kann man die Augen nicht verschließen.
Ich will mit der Feststellung enden, dass wir drei Aufgaben haben: Erstens müssen wir über höhere Zinsbeihilfen, auch über das Jahr 2020 hinaus, streiten. Wir brauchen zweitens eine Lösung für die Altschulden, die uns vor der Zinsfalle eher schützt, damit wir nicht irgendwann, wenn die Zinsen wieder zwei oder drei Prozent betragen, gegen das Verbot
der Neuverschuldung verstoßen, und drittens brauchen wir einen für Bremen gerechten Länderfinanzausgleich. Damit müssen wir jetzt beginnen, und deswegen lautet meine Bitte, vielleicht irgendeine Form eines interfraktionellen Arbeitskreises zu gründen, in dem über diese Fragen einmal diskutiert werden kann und auch darüber, wann wir denn gemeinsam für eine bessere Ausstattung Bremens auf Bundesebene streiten können. Dafür will ich mich gern zur Verfügung stellen, das wird meine Fraktion ebenso tun. Wir müssen jedoch da auch zu gemeinsamen Ansätzen kommen, denn sonst werden wir aus der Falle der Vergeblichkeit nicht herauskommen. – Vielen Dank!
Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen sieben frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.
Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Wie zusätzlich sind die zusätzlichen Lehrkräfte im Koalitionsvertrag?“. Die Anfrage ist unterschrieben von der Abgeordneten Frau Vogt und Fraktion DIE LINKE.
Erstens: In welchem Umfang handelt es sich bei den im Koalitionsvertrag aufgelisteten 200 zusätzlichen Stellen im Bereich Schule um eine haushaltsrelevante
Aufstockung der bisherigen Gesamtplanzahl und in welchem Umfang um eine interne Umschichtung vorhandener Kräfte beziehungsweise Stellen?
Zweitens: Wird der Bildungsbereich künftig von der Vorgabe einer Personalentwicklungsquote, PEP-Quote, freigestellt, oder, wenn nein, wie hoch ist der vorgegebene jährliche Personalabbau?
Drittens: Wie viele Neueinstellungen von Lehrkräften müssen zum Schuljahr 2015/2016 in Bremen und Bremerhaven vorgenommen werden, um sowohl die Abgänge auszugleichen als auch die vorgesehene neue Gesamtplanzahl zu erreichen?
Zu Frage eins: Bei den 200 Stellen soll es sich um haushaltsrelevante Aufstockungen zugunsten der Unterrichtsversorgung handeln. Zum Haushalt 2016 werden es 120 Stellen, zum Schuljahr 2016/2017 sollen 40 Stellen hinzukommen. Die weiteren 40 Stellen sollen wie geplant zum Schuljahr 2017/2018 zur Verfügung gestellt werden. Zur anteiligen Refinanzierung wurden Effekte aus mittel- bis langfristigen Maßnahmen verabredet.
Zu Frage zwei: In den Jahren 2016 bis 2019 sollen Lehrkräfte von den Einsparvorgaben ausgenommen sein.
Zu Frage drei: Die Abgänge zum 1. August 2015 liegen voraussichtlich bei rund 210 Stellen, die durch reguläre Einstellungen wieder besetzt werden. Zurzeit gibt es noch laufende Personalveränderungen, endgültige Abgangs- und Zugangszahlen können daher erst zum Beginn des Schuljahres 2015/2016 ausgewiesen werden.
Die Erhöhung der Stellenanzahl entsprechend der Antwort zu Frage eins soll ab dem Haushaltsjahr 2016 erfolgen und würde damit eine Eckwertaufstockung im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2016 und 2017 bedeuten. – Soweit die Antwort des Senats!
Wenn Sie sagen, dass im Schuljahr 2015/2016 210 Abgänge zu erwarten sind, muss man festhalten, dass die Lehramtsausbildung eine hoheitliche Ausbildung ist. Planen Sie, ab dem 1. August zu den Einstellungsterminen künftig mehr Referendare einzustellen als bisher vorgesehen?
Aktuell sind wir dabei, Einstellungen vorzunehmen. Wir gehen die Probleme also sozusagen schon tatkräftig an.