Ich teile das, was der Kollege Tschöpe gesagt hat. Wir werden der Bevölkerung nie hundertprozentige Sicherheit vor Anschlägen garantieren. Im konkreten Fall des Attentäters von Berlin spricht jedoch einiges dafür, dass man ihn auf Grundlage der bestehenden Gesetze hätte stoppen können, wenn sie denn nur vernünftig angewandt worden wären und wenn die Behörden vor allem vernünftig zusammengearbeitet hätten.
Ich sage das jetzt hier auch ganz ehrlich: Auch DIE LINKE ist inzwischen bereit, über Strukturreformen und Behördenzusammenarbeit anders zu reden als noch vor zwei Jahren. Ich fand die Erkenntnisse, die wir im Untersuchungsausschuss dazu erlangt haben, auch für mich sehr erhellend, und auf dieser Grundlage bin ich gern bereit, Gespräche zu führen, wie die Sicherheitsarchitektur in der Bundesrepublik und in Europa künftig ausgestaltet werden muss. Aber ich bin dafür, dass wir zunächst erst einmal eine schonungslose Fehleranalyse vornehmen, bevor wir wieder neue Gesetze fordern.
Die meisten Debatten über Gesetzesverschärfungen – die kenne ich übrigens schon seit den Siebzigerjahren zu Zeiten der Anschläge der Roten-ArmeeFraktion – dienen nämlich in erster Linie der Beruhigung der Bevölkerung. Ich kann als Politikerin durchaus nachvollziehen, dass man diesem Begehren des subjektiven Sicherheitsgefühls nachgibt. Das ist völlig verständlich. Aber man muss sich fragen: Ist das zielgerecht?
Zum Beispiel die Unterbringungshaft, die von der CSU abgeschrieben ist! Da hat der Kollege Tschöpe schon zu Recht gesagt, die wird rechtlich in Europa nicht durchsetzbar sein, und aus guten Gründen. Deswegen finde ich, bevor man so etwas in den Raum wirft, sollte man sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen, weil das sonst nachher unseriös ist, und das finde ich auch nicht richtig, denn die Bedrohungslage ist vorhanden.
Ich finde, wir dürfen auch keine falschen Prioritäten setzen, denn wir dürfen nicht nur reagieren, sondern wir müssen natürlich präventiv arbeiten, und wir müssen vor allen Dingen auch Anschläge oder Kriminalität verhindern und nicht nur hinterher die Täter fassen wollen. Über Gründe, Abläufe und Interventionsmöglichkeiten bei der Radikalisierung junger Menschen wird nämlich leider kaum noch gesprochen, und das finde ich, ehrlich gesagt, ziemlich fahrlässig angesichts mehrerer Hundert Gefährder allein in der Bundesrepublik und einer weit größeren Zahl sich radikalisierender junger Männer, viele übrigens davon Konvertiten und ohne Migrationshintergrund.
Wir fordern seit Jahren eine bessere Ausstattung der Präventions- und Beratungsangebote wie kitab. Leider wurde hier bislang jeder Haushaltsantrag von uns dazu abgelehnt. Ich habe mit Freude in dem Papier der beiden Senatoren der SPD gesehen, dass sich das jetzt ändern soll. Ich glaube allerdings, dass es in dem Bereich Schulen, die ein Problem mit radikalisierten jungen Menschen haben, nicht reicht, wenn man den Lehrkräften nur eine Meldepflicht auferlegt. Diese fordern nämlich seit Jahren tatsächlich mehr Unter
stützung, und da ist auch der Vorschlag der beiden Senatoren noch ein bisschen dünn. Ich hoffe, dass wir da noch weiter vorankommen.
Ich will mich auch eigentlich eher mit den Vorschlägen von Innensenator Mäurer und Justizsenator Günthner beschäftigen, weil da durchaus einige Sachen sind, die auch unsere Zustimmung finden, andere wiederum nicht. Ich will einmal ein Beispiel bringen: Seit Jahren, spätestens seit dem bekannten Gefährder René Marc Sepac, der hier Rekruten für Syrien angeworben hat, ist auch das Salafismus-Problem in der JVA Oslebshausen bekannt. Er konnte dort tun und lassen, was er wollte, da unterwegs sein, die Anstaltszeitung nutzen, um Leute zu radikalisieren. Eine Neustrukturierung und auch die angekündigte Aufstockung der Zahl der Stellen halten wir als LINKE mit Sicherheit für sinnvoll.
Was wir – damit komme ich zum Schluss dieser Runde – allerdings kritisch sehen, ist die geplante Aufstockung beim Landesamt für Verfassungsschutz von 50 auf 70 Stellen. Da müssten wir eigentlich erst einmal klären, wofür die da sein sollen, denn beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im islamistischen Bereich dürfen diese Fehler, von denen ich eben geredet habe, nicht wiederholt werden. Ich möchte hier nur noch einmal auf das Beispiel hinweisen, das die „Süddeutsche Zeitung“ vor zwei Monaten aufgedeckt hat, dass nämlich ein 51-jähriger Deutscher als Quereinsteiger beim Bundesamt für Verfassungsschutz gearbeitet hat, der einen islamistisch motivierten Bombenanschlag plante und darüber mit weiteren Salafisten chattete. Der zweite Salafist, mit dem er darüber chattete, war ein V-Mann des Landesamts von Nordrhein-Westfalen. Solche Blüten brauchen wir hier in der Bundesrepublik nicht mehr, und da möchte ich, dass wir sehr genau hinschauen. Dann können wir auch darüber reden, wie die Nachrichtendienste sich anders aufstellen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier eigentlich zwei sehr konkrete Anträge von der CDU vorliegen, sind aber offenbar doch noch einmal in eine allgemeine Debatte eingestiegen. Eigentlich ist die Problematik, mit der wir uns heute beschäftigen, seit vielen Jahren bekannt, insbesondere in Europa. In Deutschland ist sie seit den Anschlägen im Sommer letzten Jahres und durch Berlin näher an uns herangerückt, obwohl das Bundeskriminalamt und auch der Innenminister permanent gewarnt haben, Deutschland stehe im entsprechenden
Prävention, das ist jetzt hier in den Anträgen nicht genannt worden, ist ein wichtiger Baustein. Das hatten wir mehrfach in anderen Debatten erwähnt. Wir brauchen dort mehr Geld, wir brauchen dort mehr Personal, wir brauchen dort mehr Kooperation, wir brauchen dort auch mehr die Zuarbeit von Schule und Ausbildungsplätzen, damit eine Kultur des Hinsehens auf Gefährder wirklich auch vorhanden ist.
Videoüberwachung ist angesprochen. Videoüberwachung wird Terrorismus nicht verhindern. Den einen oder anderen Platz, die eine oder andere Örtlichkeit kann man mit Videoüberwachung zusätzlich versehen. Körperverletzungsdelikte, Raubdelikte werden vielleicht dadurch eher ermittelbar und erfassbar.
Jetzt zu den Anträgen der CDU selbst! Urkundendelikte, Urkundenfälschung oder -betrug, der damit häufig in Zusammenhang steht, wo man sich also geldliche Leistungen durch falsche Angaben verspricht, sind natürlich kein Kavaliersdelikt, sondern schwere Straftaten, die verfolgt werden müssen. Das muss man hier nicht unbedingt wiederholen, aber zur Verstärkung – in Ordnung!
Womit ich Probleme in dem Antrag habe, ist, alle Mitarbeiter der Ausländerbehörde zu verpflichten, an Dokumentenprüflehrgängen teilzunehmen. Das ist, glaube ich, eine Forderung, die ein bisschen sehr weit geht. Jeder sollte das beurteilen können, das ist schwierig. Selbst wer beruflich mit Urkunden zu tun hat, ist manchmal darauf angewiesen, dass die Urkunden an die Heimatländer, an die deutsche Botschaft geschickt werden müssen, um im Einzelnen zu überprüfen, ob das eine echte Urkunde sein kann oder nicht. Aber den Fokus durch den einzelnen Mitarbeiter darauf richten zu können, dass vielleicht in dem einen oder anderen Fall etwas nicht stimmen kann, das weiterzugeben, der Prüfung zuzuführen, das macht sicherlich Sinn.
Zu den weiteren Anträgen, die gestellt worden sind, Folgendes. Sie haben Fußfesseln angesprochen. Wir halten die Einrichtung einer Fußfessel für in Ordnung, für prüfwürdig. Aber es kommt bei diesen Mitteln, bei diesen Maßnahmen immer darauf an: Ist diese im Einzelfall verfassungsrechtlich zulässig? Da liegt immer die Crux im Detail.
Dem zweiten Antrag, der darauf zielt, Unterbindungsgewahrsam einzurichten oder die Abschiebehaftmöglichkeiten zu verbessern, können wir uns nicht anschließen. Es ist hier schon gesagt worden, dass es hier erhebliche rechtliche Bedenken gibt.
Wir haben eine ganze Palette von Möglichkeiten nicht nur in der Strafprozessordnung, sondern auch im Aufenthaltsgesetz, und sehen sie auch im Fall Amri einfach nicht richtig angewandt.
Uns stört, dass nach einer Vielzahl von Fällen immer wieder danach gerufen werden muss. Da muss sich das hinterher noch einmal ein Gutachter im Einzelnen ansehen oder noch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingeschaltet werden. Es kommt darauf an, dass wir die vorhandenen Gesetze endlich innerhalb der Sicherheitsbehörden und der Polizeibehörden gut und sicher und durch entsprechende Zusammenarbeit anwenden!
Es gibt Abschiebungsanordnung, es gibt Ausweisung, es gibt Untersuchungshaft bei Verdunkelungsgefahr, Fluchtgefahr, Wiederholungsgefahr. Wir haben Meldepflichten, wir haben Aufenthaltsbeschränkungen, Wohnsitzauflagen, Kontaktverbote. Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen, die im Einzelfall gar nicht angewandt werden, und es kommt darauf an, die bisherige Gesetzeslage erst einmal voll auszuschöpfen.
Sie sprechen an, die föderale Struktur der Sicherheitsarchitektur zu verbessern. Das können wir teilen, das macht Sinn. Es macht auch Sinn, die Abschiebepraxis dem Bund aufgrund seiner Kontakte zu anderen Staaten aufzuerlegen. Wir halten auch viel davon, die Verfassungsschutzbehörden anders aufzustellen, anders zu organisieren. Die FDP hat sich schon seit geraumer Zeit dafür ausgesprochen, die Verfassungsschutzämter Bremens und Niedersachsens zusammenzulegen, zumindest dass diese gut miteinander kooperieren. Auch bei den polizeilichen Staatsschutzaufgaben kann der Bund durch seine Bundespolizei viel mehr Verantwortung übernehmen, und wir begrüßen, dass der Bundesinnenminister seinen Personalbestand um 3 000 bis 4 000 erhöhen wird.
Letzte Bemerkung! Identitätsfeststellung ist angesprochen, wird auch unsere Zustimmung finden. Wir müssen wirklich wissen: Wer hält sich in unserem Staatsgebiet auf? Darauf muss das Augenmerk gerichtet werden, und da muss noch eine ganze Menge nachgeholt und verbessert werden.
Insgesamt also kann man den ersten Antrag unterstützen. Für den zweiten Antrag beantragen wir, wenn es denn dazu kommt, getrennte Abstimmung. Bis auf Ziffer zwei unterstützen wir den Antrag. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Viel war heute vom Kurswechsel oder von einem Überdenken die Rede. Das ist schön. Das hat natürlich nichts mit der anstehenden Bundestagswahl 2017 zu tun, sondern mit Ihren ehrlichen Sorgen um die Sicherheit in diesem Land, die wir teilen. Das ist fein.
Ich darf nur an zwei Dinge erinnern. Erst einmal ist die glorreiche Legislaturperiode unserer geliebten Kanzlerin fast zu Ende, und verantwortlich ist vor allem im Sicherheitsbereich und in anderen Kontexten die CDU im Bund. Wir entnehmen der Presse Äußerungen von neuen Leitern und Leiterinnen von Bundesbehörden, die der Bremer CDU-Kurswende eigentlich nicht entsprechen, sodass das Gefühl entsteht, dass da doch eine sehr unabgestimmte Aktion der Bremer CDU vorliegt.
Gleichwohl habe ich von unseren Programmatikern einmal ein bisschen prüfen lassen. Zum Teil gehen die beiden Anträge der CDU rechtlich sogar über das hinaus, was die AfD wahrscheinlich in ihrem Bundestagswahlprogramm beschließen wird. Dafür bin ich natürlich sehr dankbar. Zugleich muss ich dem Eindruck entgegenstehen, dass wir hier irgendwie partout einen Sicherheitsstaat haben wollen. Darauf hat Kollegin Vogt sehr, sehr richtig hingewiesen. Irgendein Handeln des Staats vorzuweisen, das andauernd im Bereich der Sicherheitspolitik in irgendeinem Obskurantismus von Landesverfassungsschutzämtern endet, ist auch mit der AfD nicht kritiklos zu machen. Wir sehen vor allem – zwar nicht in Ihren Anträgen, aber insgesamt – die gesamte Überwachung von Facebook und andere Sicherheitsmaßnahmen, die geplant sind, doch sehr kritisch.
Insgesamt aber: Da die Lage so ist, wie sie ist, werde ich den beiden Anträgen der CDU zustimmen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen, sehr geehrter Herr Röwekamp! Es war ja so ein bisschen ein Running Joke hier in den letzten Wochen, was unsere LKR anging, und manchmal weiß man ja nicht, wie wir so wirklich heißen. Heute Morgen war mir nicht so ganz klar, ob ich noch weiß, bei welcher Partei Sie eigentlich tätig sind. Die Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag und in Ihrer Rede gestellt haben, sind aus unserer Sicht zu 100 Prozent zu unterstützen. Nur wundert es mich eben, dass diese Forderungen jetzt von der CDU kommen.
Wie gesagt, den größten Teil Ihrer Rede können wir komplett unterstützen, wobei bei mir die Einleitung mit den Populisten und den Rechtspopulisten die
Frage offen lässt, als was Sie eigentlich die LKR betrachten, als Populisten oder als Rechtspopulisten?
Sie als Bremer CDU fordern jetzt also europäische Anstrengungen. Sie fordern unter anderem, dass wir die Asylbewerber auf europäischer Ebene besser verteilen. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen würden, sich in die Stimmungslage in anderen europäischen Ländern und bei den anderen europäischen Regierungen einzufühlen, würden Sie feststellen, dass außer der Bundesregierung weltweit keine andere Regierung glaubt, humanitäre Notlagen in anderen Ländern, insbesondere in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten, dadurch lösen zu können, dass wir die Leute einfach alle zu uns kommen lassen. Diese Form der Einwanderungspolitik ist auf Deutschland beschränkt, ist eine Singularität, und kein anderes europäisches Land wird willens sein, da mitzumachen. Das ist eine völlige Illusion. Damit steht die Bundesregierung allein da.
Ganz richtig ist natürlich die Forderung, dass wir die europäischen Grenzen besser schützen müssen. Das ist eine Forderung, die auch wir haben. Sie beinhaltet natürlich auch die Frage, wie wir in Zukunft mit Menschen umgehen, die wir aus Seenot retten. Müssen die nach Europa gebracht werden, was im Moment nach Rechtslage deren Anspruch ist, wenn sie auch nur drei Fuß breit außerhalb der Hoheitsgewässer ihrer afrikanischen Herkunftsländer aus dem Wasser gefischt werden? Oder finden wir womöglich eine Lösung, die im Ergebnis dazu führt, dass keiner mehr diese Bootsreise versucht, weil er einfach weiß, dass er damit nicht nach Europa kommt?
Sie fordern auch ganz zu Recht, dass wir die Art und Weise, wie Ausweise verloren werden, nicht weiter tolerieren, und die Identitäten besser feststellen. Das ist auch etwas, was wir fordern. Wir fordern eine biometrische Erfassung der Asylbewerber. Wir fordern auch, dass diejenigen, bei denen die Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, eingehender untersucht werden bis hin zu dem Punkt, dass wir es auch für zielführend halten, die Mobiltelefone anzuschauen, denn ich gehe einmal davon aus, wenn man das wirklich will, wird man feststellen, welche Nationalität jemand hat, der hier bei uns auftritt.
Die weitere Forderung, Ausreisen besser durchzusetzen, teilen auch wir. Hier in Deutschland sind, glaube ich, im Jahr 2016 von den ausreisepflichtigen Ausländern insgesamt weniger als 20 Prozent, 18 Prozent ausgereist. Ausreisen finden also weder im Rah