Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Ich werde in meiner zweiten Runde noch auf die Handlungen des Senats in diesem Feld eingehen und danke erst einmal!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn einmal und eher ausnahmsweise meinen Dank an den Senat richten für diese ausführliche Antwort. Sie haben das sehr ordentlich dargestellt. Wir haben allerdings das Problem, dass einige hier im Raum die Antwort nicht gelesen haben. Insofern hätte ich mir heute gewünscht, Herr Senator Mäurer, dass Sie einmal von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, in aller Ruhe zumindest die Antworten auf die Fragen 16 bis 18 vorzulesen.

Die FDP fragt: „Werden straffällige Ausländer konsequent zurückgeführt?“ Die Antwort des Senats ist: Ja, wenn möglich und rechtlich zulässig.

Zu diesen beiden Punkten will ich kurz etwas sagen. Die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen haben dazu schon Ausführungen gemacht. Es geht um die Frage: Ist es überhaupt möglich?

Wir haben, auch das steht im Übrigen in den Antworten des Senats, die Situation, dass es, selbst wenn die Staatsangehörigkeit eines Abzuschiebenden ermittelt werden konnte, nicht sofort oder manchmal gar nicht möglich ist, ihn in sein Heimatland zurückzuführen. Das ist objektiv so. Das ist auch vollkommen unabhängig davon, ob wir einen Innensenator Ulrich Mäurer haben oder in früheren Zeiten Innensenatoren der CDU, die immer angekündigt haben, wir schieben jetzt möglichst brutal ab, am Ende des Tages aber an der Macht des Faktischen gescheitert sind.

Diese Situation ist überhaupt nicht befriedigend, unter gar keinen Umständen. Auch in unserer Fraktion herrscht die Haltung vor, dass Menschen, die straffällig geworden sind, in besonderem Maße auf Basis der geltenden Gesetze aus diesem Land ausgewiesen werden müssen. Ich finde aber, es gehört zur Ehrlichkeit dazu, anzuerkennen, dass es ewig gedauert hat, bis Länder wie Marokko und Tunesien – diese Namen sind eben schon gefallen – überhaupt die Staatsangehörigkeit anerkennen. Da liegt natürlich auch eine Verantwortung – nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich das jetzt nicht sozusagen in einzelne Parteien aufsplitte! – der Bundesregierung.

Nur deswegen ist ja diese etwas krude Idee der Ausreisezentren geboren worden. Die Länder haben nämlich festgestellt: Wir haben hier Menschen, die wir abschieben würden, für die wir aber kein Aufnahmeland finden, weil sich die Länder nicht an der entsprechenden Aufnahme beteiligen. Das ist ein Versäumnis. Das hat die Bundesregierung jetzt zumindest in einigen Staaten nachgeholt. Es gehört aber zur Wahrheit dazu, auch darüber zu sprechen.

Die zweite Frage! Wann ist eine Abschiebung rechtlich überhaupt möglich? Auch dazu sind hier im Text eine ganze Menge Punkte aufgeführt. Das gilt für Straffällige nicht in der Form, wie es im normalen Ausländerrecht gilt, das stimmt, aber auch da gibt es rechtliche Hürden.

Lesen heißt Lösen. Weil vorhin schon gesagt wurde: „Da wird überhaupt gar nicht zusammengearbeitet“, zitiere ich einmal Seite 14 und die Antwort auf Seite 16:

„Auf Verwaltungsebene sind in Bremen Verabredungen mit den Ausländerbehörden und der Polizei getroffen worden, priorisiert geführte ausländische Straftäter vorrangig zu prüfen und eine Rückführung intensiv zu betreiben. Dazu arbeiten die Ausländerbehörde und die Polizei Bremen eng mit der Staatsanwaltschaft sowie den Ressorts Soziales und Justiz zusammen.“

Wir haben also die soeben bestrittene Zusammenarbeit. Dies wüsste man, wenn man die Antwort gelesen hätte. Man hätte allerdings bis Seite 14 blättern müssen, dann hätte man es finden können.

Dann heißt es hier: Bremen ist es vollkommen egal, ob sie Straftäter sind oder nicht! Auch das ist falsch. Im nächsten Absatz heißt es:

„Die Ausländerbehörde prüft bei priorisiert geführten ausländischen Straftätern Ausreise- und Ausweisungsverfügungen, um eine weitere Aufenthaltsverfestigung zu verhindern, soweit ein Asylantrag gestellt wird, wird das BAMF gebeten, das Verfahren beschleunigt zu bearbeiten.“

Auch hier ist die Aussage, Bremen würde es Straftätern ermöglichen, lange hierzubleiben, falsch. Auch hier hätte ein kurzes Lesen der Antwort des Senats durchaus gereicht.

Dann das nächste Problem:

„Für Straftäter, die volljährig sind oder in naher Zukunft volljährig werden, wird die Rückführung intensiv betrieben. Dazu ist es erforderlich, sie zu identifizieren sowie ihr Herkunftsland festzustellen.“

Dann geht es weiter mit all dem, was ich vorhin schon einmal als Problemaufriss gemacht habe! Wenigstens eine Erwähnung all dieser Punkte in Ihrer Debatte hätte dazu beigetragen, diese Debatte zu versachlichen, und nicht alte, wirklich überholte Behauptungen zu wiederholen. Sie werden dadurch nicht richtiger.

(Beifall SPD)

Liebe Frau Kollegin Lencke Steiner, Sie haben eben gesagt, der Senat betreibe Rechtsbeugung. Das habe ich mir extra aufgeschrieben! Nein, das tut der Senat eben nicht. Natürlich sieht das Aufenthaltsrecht vor, dass es auch in besonderem Maße, in besonderen Situationen Härtefälle gibt, in denen eine Duldung erteilt werden kann. Die Experten sprechen dann immer von Regelungen nach Paragraf 25, und dann folgt ein ganzer Schwung Buchstaben.

Damit bin ich bei dem Punkt der Kollegin Frau Leonidakis, die absolut recht damit hat, dass die Anzahl der Duldungen in Bremen wieder deutlich angestiegen ist. Das hat ehrlicherweise aber nicht nur etwas mit dem Senat zu tun, sondern auch mit der Situation auf Bundesebene insgesamt. Aus grüner Sicht braucht es hier a) eine deutliche Verbesserung im Aufenthaltsrecht und b) eine Altfallregelung für all die Fälle, die schon sehr lange in Duldung sind. Da haben wir, glaube ich, auch einen politischen Konsens.

Ansonsten können wir gern alle zwei Monate diesen alten Kalauer, Bremen schiebe kriminelle Ausländer nicht konsequent ab, wiederholen. Die Verwaltung hat den Text ja jetzt einmal aufgeschrieben, Copy and Paste funktioniert da auch. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Willi, ruhig durchatmen! – Abg. Hinners [CDU]: Ganz ruhig, Herr Kollege! – Abg. Tschöpe [SPD]: Der Kopf ist rot!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Welt, in welcher Welt leben Sie eigentlich?

(Beifall CDU)

Nehmen Sie eigentlich die aktuelle bundesweite Diskussion zum Thema „Aufenthaltsrecht für Geflüchtete“ zur Kenntnis? Nehmen Sie zur Kenntnis, wie sehr die Bundesregierung mit anderen Bundesländern, wie sehr die Bundeskanzlerin mit anderen Ländern darum ringt, diese Rücknahme zu machen?

(Abg. Welt [SPD]: Erfolglos!)

Nehmen Sie das gar nicht zur Kenntnis? Die FDP ist weiß Gott nicht mein Freund, aber: Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass die FDP ein aktuelles Thema aufgreift! Ich bin da schon sehr überrascht.

Die Anzahl der nach Deutschland geflüchteten Menschen in den letzten beiden Jahren muss nach Ansicht und Meinung der CDU-Fraktion im Interesse einer konstruktiven Integrationspolitik dazu führen, dass

wir uns auch über die Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimatländer Gedanken machen müssen,

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Das war nicht die Frage!)

insbesondere dann, wenn diese Personen in Deutschland Straftaten begangen haben oder nach Abschluss rechtsstaatlicher Verfahren keine Bleiberechtsperspektive haben, also die Asylanträge rechtskräftig abgelehnt wurden beziehungsweise ein Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht anerkannt werden kann. Dabei bestehen durchaus rechtliche Probleme, keine Frage! Die müssen wir aber zusammen mit dem Bund lösen, das ist auch keine Frage!

Die FDP-Fraktion hat im Rahmen einer Großen Anfrage den Senat gefragt, ob straffällige Ausländer aus dem Land Bremen konsequent zurückgeführt werden. Aus den Antworten des Senats geht hervor, dass im Jahr 2016 insgesamt 1 183 Asylverfahren ohne Berücksichtigung der Straffälligkeit negativ, also mit Ablehnung abgeschlossen worden sind. Von diesen 1 183 Personen sind 583 freiwillig ausgereist, natürlich mit finanzieller Unterstützung des Senats. Von den verbliebenen 600 Personen sind 72, einschließlich der sogenannten Dublin-Überstellungen, abgeschoben worden, also etwas über zehn Prozent, genau zwölf Prozent.

Allerdings gibt es einen gravierenden Unterschied bei den Abschiebungen zwischen Bremen und Bremerhaven. Herr Welt hat kurz darauf hingewiesen, Frau Leonidakis auch. Während es aus Bremen im Jahr 2016 19 Abschiebungen gab, waren es aus Bremerhaven 53 Abschiebungen. Da formale Abschiebehindernisse wie fehlende Klärung der Identität oder Staatsangehörigkeit, Passlosigkeit, mangelnde Aufnahmebereitschaft der Aufnahmeländer und so weiter diesen Unterschied nicht erklären können, müssen die Gründe für die gravierenden Unterschiede in der Praxis der Ausländerbehörden Bremen und Bremerhaven Vorgaben entweder des Senats in Bremerhaven oder des Senats in Bremen sein.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Oder in der Herkunft der Menschen!)

Dann müsste ja in Bremerhaven eine völlig andere Flüchtlingswelle existieren als in Bremen!

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja! Wir ha- ben ja gerade über einen solchen Fall gesprochen!)

Na ja, glauben Sie das weiter, Herr Fecker! Das heißt, im kleinsten Bundesland in Deutschland wird nicht nach einheitlichen Kriterien abgeschoben, sondern die Stadt Bremen geht durch Vorgaben des Senators für Inneres einen Sonderweg, den der Senator in der Bürgerschaft in der Vergangenheit mit dem

Hinweis „Ich will kein Abschiebeweltmeister sein“ auch mehrfach zugegeben hat. Der Vollzug von ausländerrechtlichen Maßnahmen sollte aber nach Ansicht der CDU-Fraktion nicht nach persönlichen Vorlieben, sondern nach Recht und Gesetz erfolgen.

(Beifall CDU)

Hinsichtlich der Frage, ob mehrfach straffällig gewordene Ausländer regelmäßig abgeschoben werden, kann der Senat keine hinreichende Antwort geben, da „die Anzahl von Personen, gegenüber denen ein Ausweisungsinteresse bestand“, in Bremen statistisch nicht erfasst wird. Ebenso wenig werden Daten erhoben, gegen wie viele Personen mit einem Aufenthaltstitel oder einem Duldungsstatus Strafverfahren anhängig sind beziehungsweise es zur Verurteilung gekommen ist. Frau Steiner hat schon darauf hingewiesen.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Ich auch!)

Für die CDU-Fraktion offenbart sich in den Antworten des Senats im Gegensatz zu dem Verhalten in Bremerhaven ganz eindeutig die Verhaltensweise, wonach Abschiebungen selbst bei mehrfacher Straffälligkeit des Betroffenen nicht prioritär bearbeitet werden. Daten der Straffälligkeit beziehungsweise Verurteilung von Ausländern werden nicht proaktiv erfasst. Man verlässt sich darauf, diese Informationen – Herr Fecker hat darauf hingewiesen – von der Staatsanwaltschaft, vom Gericht oder von der Polizei zu bekommen, ohne sie proaktiv weiter zu bearbeiten. Dies wäre aber erforderlich, um bei Abschiebungen möglichst aktuell Maßnahmen einleiten zu können. Konkrete Prüfungen einer Abschiebung können nicht eingeleitet werden, weil diese Informationen einfach nicht da sind.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident! Ebenso erwarten wir als CDU-Fraktion vom Senator für Inneres, dass er wie in anderen Bundesländern straffällig gewordene Ausländer im Rahmen rechtsstaatlicher Möglichkeiten konsequenter als bisher abschiebt und damit einen konstruktiven Beitrag zur Integrationspolitik im Land Bremen leistet. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Leonidakis.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hinners, Sie berufen sich ja immer auf Recht und Gesetz. Dabei verkennen Sie natürlich – darüber haben wir