Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Wenn nämlich die angedachten Import-Tarifs deutsche Autobauer schon deshalb kaum betreffen, weil sie bereits heute in einem erheblichen Maße in den USA produzieren, VW in Chattanooga, BMW in Spartanburg und Daimler in Tuscaloosa. Hierzu zwei Zahlen aus dem Daimler-Geschäftsbericht des Jahres 2015: Daimler verkaufte 2015 insgesamt circa zwei Millionen Pkws, davon 350 000 in den USA. In den USA wurden über 300 000 Pkws produziert. Die genaue Zahl wird im Geschäftsbericht nicht ausgewiesen, aber es sind annähernd so viele, wie dort verkauft worden sind. Ich kann daher die Gefährdung unserer Autoherstellung nicht erkennen, die sie womöglich in der Zukunft betrifft.

Liebe Grüninnen und Grüne,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wie witzig!)

irgendwie kann ich es Ihnen auch kaum abnehmen, dass es Ihnen in Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde um Bremens Wirtschaft geht. Sie hätten sonst nämlich bei der Diskussion um die Sanktionen gegen Russland die Schäden für Bremens Häfen in den Fokus stellen müssen, sie aber zumindest erwähnen müssen. Die Bremische Bürgerschaft beschäftigt sich ja viel lieber mit salbungsvollen Reden zur Weltpolitik statt mit den vielen ungelösten Bremer Problemen.

(Beifall LKR)

Der „Weser-Kurier“ hat zuletzt im September 2016 berichtet, dass die Export-Umsätze nach Russland aufgrund der Sanktionen auch in Bremen massiv zurückgehen, nicht möglicherweise in der Zukunft, sondern tatsächlich, nachprüfbar, jetzt, letztes Jahr und im Jahr zuvor. Nach einer Analyse der IHK-Nord haben sich zum Beispiel die Einnahmen beim Export von Autos nach Russland in Bremen halbiert. Um sage und schreibe 47 Prozent gingen die norddeutschen Exporte seit der Einführung der Russland-Sanktionen im März 2014 und den dann folgenden Gegensanktionen insgesamt zurück.

100 Prozent Rückgang der Ausfuhr im Bereich Fische und Fischereierzeugnisse, 75 Prozent Rückgang bei Getränken, 40 Prozent bei Kaffee! Im Jahr 2014 wurden von Bremen nach Russland über den Export noch knapp 40 Millionen Euro erwirtschaftet, im Januar 2016 war es noch knapp die Hälfte.

Liebe Grüninnen und Grüne, wo bleibt ihre Sorge um Bremens Wirtschaft bei der Diskussion zu den Russland-Sanktionen? Oder geht es bei Ihrem populistischen Antrag zur Aktuellen Stunde gar nicht um Bremens Wirtschaft?

(Beifall LKR – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/ Die Grünen]: Es gibt gar keinen Antrag! – Abg. Fe- cker [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt sprechen ja die Experten zum Thema Populismus!)

Geht es Ihnen bei Ihrem populistischen Statements nur darum, dass das amerikanische Volk einen Präsidenten gewählt hat, der Ihnen und den anderen etablierten Parteien nicht passt?

(Beifall LKR)

Immerhin hat Donald J. Trump ein Tabu gebrochen,

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Ihnen scheint er ja zu passen! Das ist interessant und gut, dass wir das wissen!)

ein Tabu, das in der Bundesrepublik meines Wissens nach bisher nur zwei Politiker gebrochen haben, nämlich Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß! Beide haben es sich nämlich herausgenommen, nach der Wahl die Politik zu verfolgen, für die sie vor der Wahl geworben haben.

(Abg. Leidreiter [LKR]: Bravo!)

Nun also Donald J. Trump! Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen Sie Ihren Frieden damit.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, ganz bestimmt nicht!)

Akzeptieren Sie die Tatsache, dass der amerikanische Präsident nicht von Parteien ausgekungelt und auf einer bunten Wahlversammlung-Show gewählt wird.

(Abg. Frau Dr. Kappert-Gonther [Bündnis 90/Die Grünen]: Populismus pur!)

Leben Sie damit, dass sich das amerikanische Volk in freier Wahl für einen Präsidenten entscheiden kann, und zwar, ob er Ihnen passt oder nicht.

Lassen Sie uns unsere eigenen Demokratiedefizite angehen, bevor wir mit erhobenem Zeigefinger eine der ältesten Demokratien der Welt belehren!

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Die älteste Demokratie war immer noch in Griechenland und nicht in den USA!)

Hoffentlich können wir uns jetzt wieder bremischen Themen zuwenden! – Vielen Dank!

(Beifall LKR)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Donald Trump ist ein demokratisch gewählter Präsident, das ist wohl so, und das können wir leider überhaupt nicht ändern. Ich glaube, wir müssen uns langsam damit abfinden, und wir müssen das auch respektieren.

Trump hat viel Macht. Das ist natürlich so, und als amerikanischer Präsident ist das ganz klar, aber, ganz ehrlich, er ist auch nicht allmächtig. Er kann auch nicht alles allein entscheiden. Die jüngste Zeit hat ja gerade gezeigt, dass die USA ein funktionierender Rechtsstaat sind, über den sich der Präsident nicht einfach einmal hinwegsetzen kann.

Der diskriminierende Massenban hat beispielsweise bisher vor den amerikanischen Gerichten Gott sei Dank überhaupt keinen Bestand gehabt. Ich bin mir sicher, dass das auch so bleiben wird.

Mauern zu ziehen, ist ebenfalls der falsche Weg. Ich glaube, in diesem Bereich kennt sich keiner so gut aus wie wir Deutschen. Wir wissen, dass der Bau einer Mauer keine clevere Idee ist. Trotzdem ist es absolut legitim, Grenzen zu sichern. Eine starke Grenzsicherung kann vielleicht – wir werden es sehen – dazu führen, dass die Kriminalität eingedämmt wird und der Drogenhandel sich dann andere Wege sucht.

In den USA ist in jedem Fall ein ganz starkes System von Checks and Balances, also der Gewaltenteilung, vorhanden. Ich glaube, wir brauchen in Bremen nicht hysterisch zu werden, sondern wir dürfen erst einmal die Nerven behalten.

Die Grünen haben eine Aktuelle Stunde zu Trump beantragt, genauer gesagt ist der Titel Trumps Abschottungspolitik und die Auswirkung auf den Standort Bremen. Ich muss sagen, das ist von den ehemaligen Gegnern von CETA und TTIP eine sportliche Ansage.

(Beifall FDP, CDU, LKR)

Wer sich bisher von dem Freihandel abschotten will, der darf sich doch auch nicht darüber wundern, dass andere auf die gleiche Idee kommen. Eines ist doch klar: Die Wahl von Trump zum Präsidenten verändert zur Zeit eben nicht nur die USA, sondern sie verändert auch das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland, und sie verändert das Verhältnis zwischen den USA und Europa. Welche Haltung Präsident Trump einnimmt, lässt sich gut aus seinen Äußerungen im Wahlkampf entnehmen und erkennen, aber auch aus seinen ersten Amtshandlungen.

Er hat vorher laut herumgepoltert. Wir haben uns alle aufgeregt. Es gab viele, die gesagt haben: Ach komm, der wird schon wieder normal, lasst ihn erst einmal im Amt sein. Na ja, man kann dem Mann vieles vorwerfen, aber man kann nur feststellen, Donald Trump ist in jedem Fall der erste Präsident, der das, was er im Wahlkampf versprochen hat, umsetzt.

(Beifall LKR)

Donald Trump, auch das ist etwas, was wir hier ganz klar feststellen wollen, vertritt fundamental eine andere politische Haltung als wir Freie Demokraten. Wir lehnen die Angstmacherei und die Diskriminierung komplett ab, und wir setzen uns für Mut und Offenheit ein.

(Beifall FDP)

Ich sage auch: Mir als Frau klappen die Fußnägel hoch, wenn ich mir einige Äußerungen Trumps aus der jüngsten Vergangenheit vor Augen führe. Aber es ist nun einmal Fakt: Er ist demokratisch gewählter Präsident der USA! Es ist unerheblich, dass Hillary Clinton mehr Stimmen bekommen hat, denn das amerikanische Wahlsystem ist eben so, wie es ist, und das wissen alle, die sich dort zur Wahl stellen. Ich glaube, als Politiker tun wir gut daran, die Wahl der amerikanischen Bürgerinnen und Bürger zu akzeptieren und zu respektieren, denn diese Wahl ist auch ein Ausdruck einer jahrzehntelangen Unzufriedenheit, sicherlich auch verursacht durch die andauernde Stagnation der letzten Jahre.

Es ist aber, ehrlich gesagt, nicht unsere Aufgabe, das hier zu beurteilen. Das müssen wir auch nicht.

(Abg. Frau Dr. Kappert-Gonther [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir sollen keine Haltung zum Weltgesche- hen einnehmen?)

Es ist nicht unsere Aufgabe, von Bremen aus jetzt die amerikanische Politik zu bewerten! Donald Trump verdient aber als Staatsoberhaupt den Respekt, den wir allen demokratisch gewählten Staatsoberhäuptern entgegenbringen.

Ich finde es daher viel wichtiger, sich mit den Konsequenzen zu beschäftigen, die wir als Deutsche und als Bremer aus der Wahl ziehen sollten. Es gibt viele Punkte der Trump-Politik, die wir hier spüren werden. Ich bin mir zum Beispiel sicher, dass wir über die Ausweitung des Engagements Deutschlands in der NATO sprechen müssen, denn ich weiß eben nicht, ob uns die Amerikaner unter Trump in einem Bündnisfall bedingungslos beistehen würden. Dann mag das für uns in Deutschland auch bedeuten, dass wir für unsere Truppe höhere Ausgaben in Kauf nehmen werden.

(Abg. Gottschalk [SPD]: Das fehlte uns noch!)

Ich finde, die wichtigste Konsequenz, die sich aus dem Amtsantritt Trumps ergibt, ist: Lassen Sie uns noch einmal über den Freihandel reden. Im vergangenen Jahr haben sich CDU und FDP in einem gemeinsamen Antrag ganz klar pro CETA positioniert. Wir haben die Chance für Bremen und Bremerhaven dargelegt. Vielleicht waren wir wieder einmal etwas zu lösungsorientiert und zu positiv.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Mir kommen die Tränen!)

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir den Grünen erst einmal die Risiken ohne CETA dargelegt hätten, denn scheinbar haben die Risiken die Grünen im Bund dazu bewegt, ihre Haltung massiv gegenüber CETA zu verändern und zu überdenken. Das finde ich gut!

(Beifall FDP, LKR)

Hoffentlich findet auch bei den Grünen in Bremen ein Ruck statt, und es kommt zu einer Entscheidung pro CETA. Ich stelle mit Begeisterung fest, wie Sie, Frau Dr. Schaefer, von den Chancen des Freihandels gesprochen haben. Bremen ist nun einmal ein Exportland, und bei uns wird jeder zweite Euro mit dem Außenhandel verdient. Es darf eben nicht sein, dass sich eine Regierungspartei dem Freihandel verwehrt, und zwar nur aus Angst vor der Konfrontation mit ihrer eigenen Anti-Freihandelslobby, denn das schadet vor allen Dingen uns hier in Bremen.

(Beifall FDP – Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Frau Steiner, das ist jetzt ganz schwach!)

Unsere Haltung ist hier klar: Wir waren pro CETA, als das noch nicht cool war. So sieht es aus! Wir stehen im Übrigen nach wie vor zu unseren Bemühungen zum Freihandelsabkommen TTIP. Mit der Präsidentschaft Trumps wird der Abschluss dieses Abkommens leider unwahrscheinlich, trotzdem heißt es hier nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern weiterhin positiv zu denken. TTIP wäre für das Bundesland Bremen

keine Randnotiz. Wir als Bundesland haben nämlich starke wirtschaftliche Bindungen direkt in den USA.