Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.
Ich gratuliere dem Kollegen Heiko Strohmann trotz Abwesenheit zu seinem Geburtstag heute ganz herzlich!
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch Folgendes sagen: Heute begehen wir den Weltfrauentrag. Was als Gedenktag für den Streik im Jahr 1908 der International Ladies‘ Garment Workers‘ Union in den Vereinigten Staaten von Amerika begann, bietet heute Frauen in der ganzen Welt Gelegenheit, ihr Engagement für die politische, wirtschaftliche und soziale Gleichstellung zu zeigen. In Deutschland steht der Name Clara Zetkin für den Kampf um die Gleichberechtigung der Frau. Auf der 2. Internationalen Konferenz sozialistischer Frauen in Kopenhagen schlägt sie die Einrichtung eines internationalen Frauentages vor. Das war das Jahr 1910.
Heute haben mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss, aber in den Niedriglohnbranchen sind Frauen immer noch sehr viel stärker vertreten als Männer. Frauen verdienen bei gleicher Arbeit immer noch weniger als Männer. In Führungspositionen sind Frauen nicht in gleichem Maß vertreten wie Männer. Auch sind zu viele Frauen mit der Frage konfrontiert, wie sie Beruf und Familie miteinander verbinden können. Dennoch haben wir seit zwölf
Jahren eine Bundeskanzlerin als Frau, und wir haben eine Verteidigungsministerin. Dennoch sind das die Highlights. Die Zukunft aber liegt vor uns. Ich glaube, es gibt noch viel zu tun. – Trotzdem herzlichen Glückwunsch den Damen heute hier im Plenarsaal!
Für die Aktuelle Stunde liegen zwei Themen vor. Das erste Thema auf Antrag der Abgeordneten Frau Vogt und DIE LINKE lautet „Wie vereinbar sind Familie und Bremen? – Erfordernisse aus dem Bericht zur sozialen Lage.“.
Als zweites Thema liegt auf Antrag der Abgeordneten Frau Kohlrausch, Dr. Buhlert, Frau Steiner und FDP das Thema „Chancen im Spiegel der Wirklichkeit – Anspruch und Realität im Bremer Bildungssystem. Ergebnisse des Chancenspiegels 2017.“ vor.
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann, Frau Senatorin Dr. Bogedan und Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.
Herr Präsident! Das war die perfekte Überleitung. Es gibt noch viel bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu tun, da haben Sie recht. Heute fragen wir uns, wie vereinbar ist eigentlich „Beruf und Bremen“? Aktuelle Stunden sind dazu da, aktuelle Geschehnisse zu debattieren. Man kann nun fragen, was an der Familienunfreundlichkeit Bremens eigentlich noch neu ist. Es ist doch alles schon bekannt. Das haben wir anderswo oder hier auch schon lang und breit diskutiert. Das stimmt. Wir haben hier mehrfach über den Kita-Platzmangel gesprochen. Wir haben über die Elterngeldstelle gesprochen. Wir haben über die Situation Alleinerziehender gesprochen, und wir haben häufiger über Kinderarmut gesprochen.
Passenderweise hat die Arbeitnehmerkammer ihren Bericht zur sozialen Lage, der vor zwei Wochen erschienen ist, der Situation der Familien in unserem Bundesland gewidmet. Darin stellt sie einmal mehr fest, dass Familien in Bremen ein überdurchschnittliches, teilweises massives Armutsrisiko haben. Dass 56 Prozent der Einelternfamilien und 46 Prozent der Familien mit mehr als drei Kindern arm sind, dass diese Situation anhält und sich noch verschlimmert,
Man hat aber leider nicht den Eindruck, dass der Senat in Sachen Armutsbekämpfung und Arbeitsmarktintegration Alleinerziehender in Alarmbereitschaft versetzt ist. Nicht einmal verstärkte Aktivitäten lassen sich erkennen. So zeigt die Arbeitnehmerkammer in ihrem Bericht auf, dass die Fördermaßnahmen für Alleinerziehende noch gesunken sind. Ich finde, dass sich Bremen das nicht leisten kann.
Die Lösung kann jedenfalls nicht heißen, sich daran zu gewöhnen. Wir können und wir werden uns nicht an diesen Status quo gewöhnen und uns damit abfinden. Das kann sich niemand hier im Raum und auch draußen erlauben. Die Situation der Familien ist ein Auftrag für die Politik, tätig zu werden. Die Arbeitnehmerkammer macht dazu viele konkrete Vorschläge. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich zwei Bemerkungen vorwegschicken.
Zum Ersten ist es wichtig festzustellen, dass Familien keine einheitliche Gruppe sind. Nach wie vor leben viele Familien verheiratet. Es gibt aber zunehmend auch Patchwork- oder Einelternfamilien, die immerhin 28 Prozent der gesamten Familien ausmachen. Allein der Familienstand sagt also noch nicht viel aus. Der Bericht enthält dazu einen schönen Satz, den ich nicht besser formulieren könnte:
„So wie der Status ‚Ehe‘ nicht per se über … glücklich oder unglücklich entscheidet, so ist auch der Status ‚alleinerziehend‘ nicht per se defizitär.“
Wichtiger als der Beziehungsstatus, wie Facebook sagen würde, ist der materielle Status, ob reich oder arm.
Zum Zweiten möchte ich feststellen, dass der Bericht der Arbeitnehmerkammer nicht nur Negatives, sondern auch positive Entwicklungen feststellt. Väter haben mehr Zeit für ihre Kinder. Die Vollzeitquote ist auf 70 Prozent gesunken. Man muss aber auch an dieser Stelle etwas Wasser in den Wein schütten. Bei den Vätern ist nicht nur mehr Teilzeitanteil festzustellen, sondern auch mehr Arbeitslosigkeit, die Reduzierung der Vollzeit durch Arbeitslosigkeit.